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Saul um Haupteslänge das übrige Volk überragte, saß zulezt ganz gebeugt und zusammengebrochen da, so schwer lastete die Fülle der Toaste, die auf sein Haupt herniederfielen, auf dem lieben Manne. Einen vermißte ich unter dieser Fülle von persönlichen Toasten, den auf den König. Das ist auch charakteristisch. Holland ist zwar eine Monarchie, aber die ganze Verfassung ist durchaus republikanisch und der König nur eine Null. Und doch hängt das Volk mit aller Liebe und Verehrung an diesem Könige, dem Sproß von dem Stamme der Oranier, - aus einer achtungsgebietenden Pietät gegen das Fürstenhaus, das ihm einst geholfen, seine Freiheit vom spanischen Joche zu erkämpfen. Mich wundert nur, was weiter aus Holland wird? Der alte König ist bis jest ohne männliche Erben und die nächsten Ansprüche an den Thron haben fremde Fürsten. Am Ende benüßt Holland die Gelegenheit, das Ueberbein des Königthums wegzuwerfen und auch dem Namen nach das zu werden, was es in der That schon längst ist, eine Republik. Zwei Republiken, an der Wiege und am Grabe des Rheins, köstlicher Gedanke!

Den offiziellen Schluß des Tages bildete die openbare vergadering, die öffentliche Versammlung, zu der Jedermann Zutritt hat und in der jeweilen Gegenstände besprochen werden, die von allgemeinem Interesse sind. Der Ehrenvorsigende, ein ehemaliger Prediger, der unter die Politiker gegangen, de Meyier eröffnete die Versammlung mit einem Rückblick auf die Bedeutung Gouda's in der Geschichte der holländischen Reformation und mit einem Ausblick auf die Ziele des Protestantenbundes. Weiter ausge führt wurde der letztere Gegenstand in der Rede von Loenen-Martinet über den Beruf des Protestantenbundes". Das war offenbar der Glanzpunkt des heutigen Tages und ich hoffe den Lesern des Protestantenblattes eine Freude und eine Stunde der Erbauung zu bereiten, wenn ich ihnen später diese herrliche und tiefgründige Ansprache ausführlich vorlege. Ich vergaß oft ganz, daß ich in fremdem Lande war und saß wieder im Geiste in der St. Peterskirche in Zürich, so sehr haben mich die ergreifenden Worte Loenen's über die centrale Bedeutung der Religion, „die der Grundschlag unseres Lebens und der Quell ist, aus dem Kunst und Wissenschaft und alle soziale Thätigkeit ihre Kraft schöpft," an Lang erinnert.

Nun nahte die Stunde, der ich längst schon mit Bangen entgegen gesehen. Als ich vor 3 Jahren dem Feste in Deventer beiwohnte, gab ich in einer leichtfertigen Stunde das übereilte Versprechen, ein nächstes Mal holländisch sprechen zu wollen. Dies Versprechen hat mich manchen Schweißtropfen gekostet und manchen schönen Sommerabend saß ich über meiner holländischen Grammatik. Jezt sollte der Schuß fallen. Ich weiß nicht wie ich gesprochen habe; aber wenn ich daran denke, wie die holländische Sprache so reich ist an prägnanten charakteristischen Ausdrücken, dann bin ich überzeugt, daß es sehr primitiv war. Desto freundlicher war die Aufnahme und desto größer die Ueberraschung, als ich anfieng: Waarde vrienden! Ich erinnerte an die alten Bande zwischen Holland und der Schweiz, an unsere gemeinsamen Ziele und gab ein kleines Bild von den Erfolgen unserer Bestrebungen in unserem Vaterland. Darauf referirte ein Dr. Kramer über seinen Besuch des deutschen Protestantentages in Neustadt und hob

hervor, wie er bei der Bekanntschaft mit unserem Zw. Wirth recht gefühlt habe, daß die Schweizer ihnen eben doch näher stehen als die Deutschen. Endlich folgte noch die Verhandlung über die Abschaffung des Eidzwanges, eingeleitet durch eine interessante Uebersicht des gegenwärtigen Standes der Frage von P. H. Hugenholz. Wie es nicht anders möglich war, sprachen sich die Redner mit Ausnahme eines einzigen entschieden gegen den Eidzwang aus, ebenso sehr aus Liebe zur Freiheit, als aus Liebe zur Religion.

Es rückte gegen Mitternacht, als die Versammlung geschlossen wurde und es blieben nur noch wenige Stunden übrig, um von alten und neuen Freunden Abschied zu nehmen. Ich habe nur schöne Erinnerungen von diesem Protestantentage, von Land und Leuten in Holland, heimgebracht und ich möchte alle reiselustigen Leser ersuchen, auch einmal dorthin ihren Schritt zu lenken, in ein Land, das für uns ebenso interessant ist und ebenso viel bietet in seiner Art als unsere gewohnten Reiseziele und zu einem Volke, das uns versteht und liebt wie fein anderes in der Welt.

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P. B.

"

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, Gott! wie floh dem Gold die Treu,
Wie vor dem Wirbelwind die Spreu!
Das Söldnerschwert, d'rum wirf es ab,
Dir ziemt des Friedens Hirtenstab;
„Das Schwert, nur in der Heimat Noth,
Da flamm' es tausendfachen Tod!
Das Gnadenkettlein wirf von dir,
Der Troß sei deines Nackens Zier!
„Wirf weg des Soldgolds blut'gen Schein,
Das Gold der Freiheit halte rein!"
So spricht von heil'gem Zorn entbrannt
Ein Priester dort im Glarnerland;
Und aus des Volks andächt'gem Chor
Steigt tiefer Dank zu ihm empor.
Doch der im Gnadenkettlein dort,

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Der ballt die Faust und spricht das Wort: ,,Du frecher Pfaffe, laß' dein Schrei'n, Sonst quält dich einst der Reue Bein; „Der Reue, wenn ein Söldnerschwert Geschweigend über's Maul dir fährt!" Doch Zwingli's gottestroz'ger Muth Schüßt wandellos der Freiheit Gut!

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Doch wer noch lebt und webt gesund,

Es bleicht die Angst ihm Wang' und Mund. -
Nur Einem noch, da Alles bebt,

Sein Gott die Seele trägt und hebt;
Nur Einer noch, da Jedem graut,

Auf Gottes Hülfe baut und traut.
Nur Einer betet fromm und still:
„Gott mach' mit uns, wie er will."
Er kommt vom Bad, aus Pfäffers Fluth,
Zurück zu seiner Heerde Hut;

Und bringt des Bibelbuches Trost

Den Sterbenden als süße Kost.

Wohl warnt der Freund, daß nicht das Gift
Getrösteter den Tröster trifft:

Was kümmert ihn des Todes Pfeil,

Er lebt, er stirbt, Gott ist sein Theil! -
Und Jeder sieht auf Zwingli's Bild

Als Zürichs starkem Schirm und Schild.

Im jungen Hausstand. Praktische Winke zur Begründung des häuslichen Glücks und wohlgemeinte Rathschläge in Beziehung auf Kinderpflege und Erziehung, von Heinrich Reiser. Druck und Verlag Ferd. Riehm. Zu haben in jeder Buchhandlung. Geh. Fr. 2.-. Geb. Fr. 2.50.

Der in Rheinfelden wohnende Verfasser dieses ganz neuen Büchleins wendet sich an seine eigenen neuvermählten Kinder. Was er in langjähriger Lehrthätigkeit über Kinderpflege und Erziehung sich an Beobachtungen und Er fahrungen gesammelt hat, also keine luftigen Theorien, sondern im Leben bewährte Weisheit, das bindet der Vater den Kindern auf's Herz, in schlichtem, vertraulichem, andringendem Wort. Ein zartes sittliches Gefühl und treue Liebe ist die Religion, welche das Büchlein durchweht, und manche hübsche Poesie schmückt es. Die Ausstattung ist für den Preis ungewöhnlich gut. Es sei Vätern und Müttern als Weihnachtsgeschenk bestens empfohlen. Ein Kuchen wird aufgegessen, ein Spielzeug zerbricht und ein neues Kleid ist bald abge tragen; aber so ein Büchlein bleibt ein treuer Freund, unser Lebenlang. A.

Poetische Festgabe. Die in der vorgehenden und dieser Nummer abgedruckten Zwinglilieder von Oskar Brändli sind einer Sammlung entnommen, welche die nächsten Tage im Druck erscheint und für 50 Cts. zu haben ist. Diese Festgabe möge bei bevorstehender Weihnacht und dem Zwinglifest in den evangelischen Familien Basels und der Schweiz recht viel Freunde finden. 6. S. Herzlichen Dank für die Gutscheine zur Armenbescheerung. A. Basler Kirchenzeddel Sonntag den 16. Dezember. St. Leonhard St. Theodor

Morgenpredigt 9 Uhr Stockmeyer

E. Stähelin

(Communion)

Altherr

Schaffner (Communion) E. Linder

Münfter

St. Peter
Böhringer

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Brändli

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(nur für Laufen)

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Preiswerk Miville

H. Barth

Abends 5 Uhr zu St. Leonhard: Abendfeier.

Drud und
ab Expedition von J. Frehner, Steinenvorstabs 19, Basel.

Herr Pfr. Brändli.

Sechster Jahrgang.

No 51.

Samstag, 22. Dez. 1883.

Schweizerisches Proteftantenblatt

Herausgeber:

Pfr. A. Altherr und E. Linder in Basel, Pfr. Bion in Zürich.

Wir sollen nur nicht in Sinn nehmen, daß der heilige Geist gebunden
sei an Jerusalem, Rom, Wittenberg oder Basel, an deine oder eine andere
Person. In Chrifto allein ist die Fülle der Gnade und Wahrheit.
Decolampad an Luther.

Erscheint jeden Samstag. Man abonnirt auf jedem Postamt der Schweiz und des Auslandes. Preis halbjährlich franko zugesandt 2 Fr. Wer das Blatt in Basel gratis erhalten will, kann dasselbe in der Buchdruckerei J. Frehner, Steinenvorst. 19, abholen.

Zur Weihnachtsfeier.

Ueber dem Dorf Twann am Bielersee befindet sich eine Felsenhöhle, in welcher nach einer weitverbreiteten Sage die Heiden der Borzeit ihre Gottesdienste ausübten. Es ist bezeichnend für den verstorbenen Bißius, daß er am Weihnachtsfest 1877 seine Predigt folgendermaßen anfieng :

„Falls wirklich die Höhle da über uns am Bergabsturz einst eine heidnische Opferstätte umschloß, dann leuchtete, lange bevor der Christenglaube in unsere Gegend kam, gerade in diesen Nächten ein mächtiges Feuer weithin über den stillen See, wilde Gesänge tönten herab und rasselnd schlugen Schwerter und Schilder an einander. Denn gerade jezt feierten unsere heidnischen Vorfahren ihr höchstes Fest vom ganzen Jahre; kaum fühlbar noch begann nun der Nächte Dunkel wieder abzunehmen, wieder einmal hatte der Sonnengott über alle Mächte der Finsterniß gesiegt und durch die Seelen zog das erste frohe Ahnen des nahenden Frühlings. Meine Lieben! Unsere Vorfahren waren Naturkinder, ihre Religion Naturdienst, auch dieses Fest wie alle ein Naturfest, sie feierten die Sonne, ihr helles, glänzendes Licht, ihre holde Wärme, ihre Leben erzeugende Kraft; auch liebten sie die Gegensäge: sie freuten sich des Lichtes in der Nacht, der Wärme mitten in der Kälte, des Lebens, während die Natur unter weißem Leichentuch begraben lag. Das war ihre Weihnacht. Grad auf diese Zeit verlegten die Väter unserer Kirche unser Christfest, da feierten sie Jesu Geburt, denn ich brauche euch gewiß nicht erst zu sagen, daß Niemand weiß, in welchem Monat und an welchem Tag unser Heiland das Licht der Welt erblickte. Die christliche Kirche war daher frei in ihrer Wahl und verdrängte allmälig durch das Fest der Geburt Christi dasjenige der Sonnenwende. So mußte es kommen. Denn nun war auch im Reich des Geistes geschehen, was bisher blos im Reich der Natur, nun war in Christo der Seele, dem Menschenherzen die Sonne aufgegangen, welche leuchtet, erwärmt und neues Leben weckt, und auch hier scheinet das Licht hinein in's Dunkel, hält die Wärme Einzug in die kalte Welt, und bricht aus geistigem Tod neues Leben hervor. Darum sprechen wir noch heute

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