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die Vereinigung der lutherischen und reformirten Religionsformen war. Er war vermählt mit Charlotte von Hessen, gebürtig aus einem für die Sache des Protestantismus eifernden Geschlechte. Vermuthlich hat das Bild jener Familie angehört. Die erwähnte Charlotte war eine Enkelin des gelehrten Landgrafen Moritz (1572-1632), dessen Uebersetzung der Psalmen auch wegen des merkwürdigen Einbands, zu den Kuriosa der Bibliothek des „Zeenwschen Genootschap" gehört. Er war der Enkel des Landgrafen Philipp, genannt der Großmüthige (1504-1567) der sich um die Reformation sehr verdient gemacht hat. Dieser Fürst, ein Geistesverwandter des sanften, liebreichen Schweizers, setzte alles daran, um die streitenden Reformatoren zu vereinigen, und lud im Oktober 1529 Luther und Zwingli zu einer Zusammenkunft zu Marburg ein. Die Fruchtlosigkeit dieses Gespräches ist bekannt. Ich glaube fast mit Gewißheit annehmen zu dürfen, daß das in Nede stehende Portrait zu jener Zeit verfertigt wurde. stellt einen gesezten Mann dar, und Zwingli, geb. 1484, war damals 45 Jahre alt; zwei Jahre darauf fiel er in der Schlacht. Es besteht eine unverkennbare Aehnlichkeit zwischen diesem Bilde und einem Bildniß in Profil, das vorkommt in les vrais pourtraits des hommes illustres en piété et doctrine" par Theod. de Besze (Genève) 1581, pag. 82, obgleich der Reformator auf jenem noch jünger aussieht. Auf die Frage nach dem Maler kann ich leider keine Antwort geben. Nach dem Urtheile mehrerer Kenner zeugt das Werk von vielem Talente. Wenn ich an die Zeitgenossen Zwingli's denke, fommt mir ein Freund Luthers und der Reformation in den Sinn, der Wittenberger Bürgermeister Lukas Sunder, bekannter als Lukas von Cranach (1472-1558).

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Die Aufschrift zeigt, daß schon zu Anfang des 18. Jahrhunderts dieses Gemälde nicht gering geschätzt wurde. Aus obenerwähntem geht hervor, daß es immerhin eine historische Merkwürdigkeit besißt, aber eher in eine Gemäldegallerie von Reformatoren gehört als in die Sammlung von dem Zeenwsch Genootschap.

Middelburg, 4. März 1880.

Nagtglas.

Zur Lutherfeier haben, wie der „Christl. Volksbote“ mittheilt, am 10. Nov. verschiedene Bankette stattgefunden, für St. Leonhard im Börsensaal (221 Mann), für St. Peter im Engelhof, für das Münster im Musiksaal (mehr als 600 Männer und Frauen), für St. Theodor in der Burgvogtei (900 Personen). Ansprachen hielten eine Menge Pfarrer und Laien, selbst der Herr Antistes. „Noch nie haben wir Arm und Reich in solcher Weise vereinigt gesehen." Die Reichen bezahlten dabei für die Armen, und der „Volksbote“ sagt, es sei eine Lüge, daß durch diese „Liebesmahle“ die Reichen die Armen auf die bevorstehenden Wahlen hätten gewinnen wollen.

Basler Kirchenzeddel Sonntag den 25. November.

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Sechster Jahrgang.

No 48.

Samstag, 1. Dez. 1883.

Schweizerisches Proteftantenblatt

Herausgeber:

Pfr. A. Altherr und E. Linder in Basel, Pfr. Bion in Zürich.

Wir sollen nur nicht in Sinn nehmen, daß der heilige Geist gebunden
sei an Jerusalem, Nom, Wittenberg oder Basel, an deine ober eine andere
Person. In Christo allein ist die Fülle der Gnade und Wahrheit.
Oecolampad an Futher.

Erscheint jeden Samstag. Man abonnirt auf jedem Postamt der Schweiz und des Auslandes. Preis halbjährlich franko zugesandt 2 Fr. Wer das Blatt in Basel gratis erhalten will, kann dasselbe in der Buchdruckerei J. Frehner, Steinenvorst. 19, abholen.

Morgen und Abend.

Wenn du nach dem erquickenden Schlummer der Nacht dich in der Frühe von deinem Lager erhebst und freudigen Herzens den neuen Morgen begrüßest, den Gottes Güte auch dir wieder geschenkt, wie fühlst du dich neugeboren, gekräftigt, frisch und tüchtig zu der Arbeit, die nun auf's Neue deiner wartet! Aber bevor du dich hineinwirfst in den wogenden Strom der Thätigkeit, der dich rings umrauscht und während der Stunden des Tages kaum zu dir selbst kommen läßt, halte noch eine kleine Weile inne. Dem Wandrer gleiche du, der auf weiter Reise durch fremde Lande am Kreuzwege sich zuerst orientirt, um die Richtung, die er eingeschlagen, nicht durch Abwege zu verfehlen, das Ziel, das er sich vorgesetzt, durch Umwege hinauszuschieben. Es stehen der Wegweiser an deiner Straße ja genug, die dich leiten und warnen können.

Beginne den Tag mit einem Ausblick zu Gott, der dich an treuer Hand bis hieher geführt. Und wenn es auch schon lange her ist, seit deine gute, fromme Mutter dich die kleinen Händchen falten und ein lautes Gebet nachsprechen lehrte, wenn du im reiferen Leben ein tieferes Verständniß des ewigen Wesens gewonnen hast, und es nicht mehr vermagst, dein frommes Empfinden und Ahnen in Worte zu kleiden, so wird deine Andacht darum nicht weniger heilig, und dir dennoch zum Segen sein. Sie verleiht dir die Kraft, bei dem schweren Werke, das dir vielleicht obliegt, getreulich auszuharren; das Schöpfen am Quell der Vollkommenheit lehrt dich, das Gute zu wollen; und ist es auch mit guten Vorsägen allein nicht gethan, so sind sie doch stets der Anfang zur guten That. Des Tages Unruhe führt dich nothwendig unter die Menschen, mitten unter vorgesetzte oder untergebene, wohl- und übeldenkende, geliebte und ungeliebte, ja verhaßte

Menschen hinein; du mußt mit ihnen verkehren, das Band der Gemeinschaft verfettet dich unauflöslich mit ihnen. Wie manigfach sind aber deine Pflichten gegen sie Alle; wie mußt du wachen über dein Herz, daß es sich nicht zum Stolz und zur Ueberhebung über die einen, zur Schwachheit in der Liebe gegen die andern, zum Zorn und zur Leidenschaftlichkeit gegen dritte verleiten lasse, sondern daß du ihnen in christlicher Liebe dienest, ohne sie indessen jemals mehr als Gott zu fürchten! Läßt du dich aber täglich vom Gefühl deiner eigenen Unvollkommenheit recht tief durchdringen, so wirst du auch den manigfachen Versuchungen, die deiner warten, leichter widerstehen, den Gefahren, die dich etwa bedrohen mögen, ausweichen können und darfst dann getroster hinaus in's Leben und an dein Werk gehen, daran zu wirken so lange es Tag ist für dich.

Man sagt, daß dem Glücklichen keine Stunde schlägt. Auch dem unermüdlich Arbeitenden entgeht oft der Stundenschlag; und ist die Arbeit noch so hart, das Sorgen und Schaffen noch so mühselig und unerquicklich, war er mit ganzer Seele dabei, so sieht er überrascht am Abend die Sonne sinken und seufzt wohl gar im Herzen über die allzu eilige Flucht der Zeit, da er so Vieles heute noch zu vollbringen gedachte. Er zieht sich zurück in seine stille Kammer und vergleicht, eifrig rechnend, den Erwerb und Gewinn des heutigen Tages mit dem Tribut, den seine leiblichen Bedürfnisse von ihm forderten; er rastet nicht, bis er sich darüber klar ist, ob er gewonnen oder verloren hat. Und du wolltest dich zu Ruhe legen, ohne ernstlich darüber nachgedacht zu haben, welche der beiden Waagschalen deines Lebens, die des Wollens oder die des Vollbringens heute die schwerere, die inhaltreichere war? Ach, das Gewissen ist ein unbestechlicher Zeiger und wird in den meisten Fällen nach der Seite der am Morgen gefaßten guten Vorsäge weisen, an deren Verwirklichung dich unbezwingliche Gewalten wie du entschuldigend dir selbst einredest in Wahrheit aber deine große Schwachheit und dein Leichtsinn hinderten. Die verflossene Spanne Zeit hat wohl kein schweres Vergehen, feine offenkundige Schuld auf deine Seele geladen; du hast vielleicht kein ausdrückliches Gebot Gottes oder der Obrigkeit verlegt; und doch fehlt dir nun die rechte Befriedigung im Innersten, du kannst des vergangenen Tages nicht wie du möchtest froh werden. Hier bist du in einen alten Fehler zurückgefallen, dort hat eine neue, glänzende Versuchung dich bestrickt und hingerissen; und die Gelegenheit, deinem Bruder gegenüber ein früheres Unrecht gut zu machen, haft du aus Bequemlichkeit oder aus kleinlichen Beweggründen versäumt. Du haft geschwiegen, als er dir treuherzig die Hand zur Versöhnung bot und ein Wort der Abbitte Alles, Alles gut gemacht hätte, oder du hast deinem

Unmuth und deiner Zunge die Zügel schießen lassen über ein Unrecht, das dir selbst widerfahren, ja du hast in Worten und Gedanken, vielleicht lieblos und ungerecht geurtheilt über einen Menschen, der es wohl meinte, und dessen Thun du nur nicht verstanden. Und selbst wo du zu lieben wähntest, hast du nicht vielmehr geschadet? deine Kinder, Menschen die dir sonst anvertraut sind und die auf dich als ihr Vorbild schauen, durch übles Beispiel verleitet, oder ihre Fehler zu nachsichtig, zu leichtsinnig entschuldigt und bedeckt? Endlich bist du jener unerklärlichen Mißstimmung und übeln Laune zum Opfer gefallen, die nicht allein dein Gemüth, sondern auch deine ganze Umgebung trübte, auf Allen wie ein Alp lastend und eine ganze Reihe von kleinen Fehlern mit sich ziehend, die du jest inne wirst und herzlich bereust. Ach mehr und mehr steigt die leichte Waagschale deines Verdienstes, deiner früheren Selbstzufriedenheit und Eigenliebe, und die Thräne in deinem Auge spricht laut und lauter von so mancher Verirrung, die du in dieser stillen Abendstunde, wenn alles schweigt, dir selbst und deinem Gotte gestehst.

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Aber getrost! Manches was du gewollt, ist dir ja auch gelungen. Was du erstrebt und erreicht, es bleibt dir unbenommen und wahrer Gewinn. Dein Vater will ja auch den guten Willen für die That nehmen, und dir verzeihen, wo du aus Schwachheit gefehlt: welche Ermuthigung zu neuem Kampfe! Ein neuer Tag muß neue Erfolge bringen, wenn du nur nicht matt und müde wirst. Wohl dir aber einst, wenn am letzten Abend deiner Pilgerfahrt das schöne Ziel erreicht ist, das dir in jugendlichen Tagen als Ideal vorgeschwebt! wenn die Summe des vollbrachten Guten, Schönen und Edeln deinem frühen Hoffen und Streben das Gleichgewicht hält! wenn der Gehalt deines Lebens die Erwartungen aufwiegt, die treu liebende Seelen je auf dich gesezt! Wie wird dein Ruhekissen sanft, dein Schlummer friedlich sein! E. R.

Reiseerinnerungen aus Holland.

II. Im nordischen Venedig.

Es giebt nichts langweiligeres als eine Eisenbahnfahrt von Antwerpen nach Amsterdam, durch diese endlosen, sandigen Ebenen, denen nichts Leben verleiht als zahllose Viehheerden und riesige Windmühlen, die ihre mächtigen Flügel gespensterhaft in der Luft drehen. Und doch zeigt uns gerade diese Fahrt so recht die Eigenthümlichkeit Hollands, das Alles, was es ist und besigt, nur sich selbst,. seiner eigenen Kraft verdankt und es in steten Kämpfen den Naturmächten abringen muß, dem gefräßigen Meer und dem Rhein, dem sonst so trägen Gesellen, der in seinen alten Tagen sich noch gelegentlich seiner überschäumenden Jugendlust erinnert und in wilder Aus

gelassenheit Ufer und Dämme zerreißt. Großartig und von wunderbarer Kühnheit sind die Wasserbauten, die einen eignen Staat im Staate, den sog. Waterstaat bilden; und auch wenn man nur im Fluge auf der Eisenbahn an diesen Bauten vorbeieilt, z. B. an der enormen, 2600 Meter langen Hollandsch-diep-Brücke, die bei Dortrecht über einen Meeresarm führt, bekommt man Respekt vor solch' riesiger Menschenarbeit und Energie, und man begreift jenes stolze Wort eines holländischen Dichters: „Die Natur hat nichts für uns gethan, ihre Gaben hat sie uns vorenthalten, und Alles, was man in unserem Lande sieht, ist das Werk des Fleißes, der Arbeit und der Industrie".

Abends spät kam ich in Amsterdam an und nur mit Mühe fand ich in der Menschenmenge meinen Kollegen und Namensvetter, den Pfarrer Böhringer an der lutherischen Gemeinde, der mir für Leib und Seele der liebenswürdigste und geistvollste Gastfreund und Führer gewesen ist und mir dadurch meinen Aufenthalt doppelt schön und erinnerungsreich gemacht hat. Fern von dem Gelärme der Menschheit, an einem Ende der Stadt hat er seine Wohnung aufgeschlagen und für den Mangel eines FamilienLebens Ersatz gesucht in einem gewissen Komfort, der überall den feinsinnigen, kunstliebenden, durch keine Familiensorgen geplagten Junggesellen verräth. Wenn sich am Morgen der erste Sonnenstrahl und es schien jeden Tag die Sonne durch die Vorhänge in mein stattliches Himmelbett hineinstahl und mich aus meinen Träumen weckte, schaute mein Auge statt der Dede eines Kellergäßchens das schöne, blaue Wasser eines Kanals, das langsam der Amstel zutrieb und nur von einigen harmlosen Kähnen freundlich belebt war.

Den ersten Tag widmete ich einem Gang durch die Stadt, die auf 90 Inseln gebaut, durch 300 Brücken zusammengehalten, ein zweites Venedig, das Venedig des Nordens ist. Noch im 12. und 13. Jahrhundert ein einfaches Fischerdorf, ist sie heute eine Stadt mit 300,000 Einwohnern, die Hauptstadt von Holland. Deutschland hat ganze Wälder hergeben müssen für die Unzahl von Pfählen, die in die sumpfigen Torflager eingerammt worden sind, um für menschliche Wohnungen, für eine moderne Pfahlbautenstadt den Untergrund zu gewinnen. Darum sind denn auch die Häuser so hoch, die Treppen so steil und entsprechend der Höhe der Häuser die Miethszinse groß und das Leben überhaupt theuer. In Amsterdam muß man Geld haben. Während Antwerpen den Eindruck des ruhigen Erwerbens macht, ist Amsterdam ein Bild des Reichthums und des noblen Genusses desselben. Da sind nicht nur glänzende Kaufläden, wenn man vom Damm, dem Mittelpunkte der Stadt, dem Siz der Börse und des königlichen Palastes, durch die Kalverstraat, die Damstraat u. a. wandelt, nicht nur herrliche Hotels, sondern auch großartige Wohlthätigkeitsanstalten, wie ich sie in dieser Menge noch in keiner Stadt gesehen. Aber auch in keiner Stadt habe ich mich so schwer zurecht gefunden: die Unzahl von Kanälen, von seg. Grachten, machen Amsterdam für den Fremden zu einem wahren Labyrinth. Obgleich ich mit einem guten Stadtplan versehen war und mich sonst leicht orientire, habe ich mich jeden Tag, so oft mein besorgter Gastfreund meiner Freiheit die Flügel nicht beschnitt, regelmäßig

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