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rückgewiesen werden doch beschränkte man sich bei dieser Ausscheidung so viel als möglich, um jüngere, strebsame, wenn auch noch sehr unfertige Künstler nicht zu entmuthigen, sondern ihnen Gelegenheit zu geben, zu zeigen, was sie leisten wollen und vielleicht auch später wirklich leisten können. Und es fehlt der Schweiz nicht an einem Nachwuchs solcher jüngerer Künstler und Künstlerinnen, die, z. Z. noch in Paris, Berlin, München und Italien ihren Studien obliegend, zu den schönsten Hoffnungen berechtigen und dafür sorgen werden, daß auch dieses heilige Feuer auf den Altären unseres Volkes nicht erlöschen, sondern in hellem Glanze fortbrennen wird.

Die Arbeit der Basler Geißtlichen.

W. B.

Jüngst las ich von meinem Freund Dr. Manchot in Hamburg, derselbe habe in den ersten drei Monaten seiner dortigen Wirksamkeit 190 Kinder getauft, das gäbe, wenn's so fortginge, im Laufe eines Jahres 760 Taufen, notabene Haustaufen, also 760 Taufreden und wohl auch einige hundert Taufessen! In der Stadt Zürich gibt es Pfarrer, welche 70 bis 100 Konfir= manden auf einmal unterrichten, und im Kanton St. Gallen ist eine Landgemeinde, deren Pfarrer jedes Jahr seine 100 Leichen kirchlich beerdigt. Das gab mir Veranlassung, an der Hand des kirchenräthlichen Berichts pro 1882 unsern Lesern zu sagen, wie viel oder wenig Casualien die Pfarrer in Basel haben.

1. Taufen: Münstergemeinde (mit 6 Geistlichen) 216, im Durchschnitt auf 1 Pfarrer 36; St. Petersgemeinde (mit 3 Geistlichen) 171, im Durchschnitt auf 1 Pfarrer 57; St. Leonhardsgemeinde (mit 3 Geistlichen) 270, im Durchschnitt auf 1 Pfarrer 90; St. Theodorsgemeinde (mit 4 Geistlichen) 397, im Durchschnitt auf 1 Pfarrer 99; Riehen mit 1 Pfarrer 50; Kleinhüningen mit 1 Pfarrer 25; Spital mit 2 Pfarrern 163, Summa 1292 Taufen der reformirten Landeskirche. Ueberladen scheint in dieser Beziehung Niemand, am wenigsten die 6 Domherren. Auffallend ist, woher die 163 Taufen im Spital kommen, wo sich Kranke und Alte aufhalten; es scheint eben, daß sehr viel arme Frauen oder auch verlassene ledige Frauenzimmer in der dortigen Gebäranstalt ihre Stunde überstehen gratis sed non frustra.

2. Eheeinsegnungen: Münster 95, St. Peter 25, St. Leonhard 36, St. Theodor 77, Riehen 3, Kleinhüningen 4, Summa 240 im ganzen Jahr. Im Münster trifft es im Durchschnitt auf 1 Geistlichen 15/16 (wegen der Bibelstunde), St. Peter 8/9, St. Leonhard 12, St. Theodor 19/20. Auch hier haben die Amtsbrüder von St. Theodor die höchste und doch immer noch eine sehr bescheidene Zahl.

3. Beerdigungen: Münster 146, St. Peter 113, St. Leonhard 125, St. Theodor 266, Riehen 38, Kleinhüningen 12, Spital 146, Zuchthaus 1, Summa 847 kirchliche Begräbnisse. Trifft im Durchschnitt auf 1 Geistlichen im Münster 24/25, St. Peter 37/38, St. Leonhard 41/42, St. Theodor 66/67. Die große Zahl der Spitalbeerdigungen erklärt sich daher, daß viele Leute meinen, fie müssen Kranke, welche dort sterben, auch von dort aus beerdigen lassen, was durchaus nicht der Fall ist. Zieht man die Bevölkerung

in Betracht, so scheint St. Leonhard die weitaus gesundeste und St. Theodor die weitaus ungesundeste Gemeinde zu sein.

4. Konfirmanden: Münster 206, St. Peter 122, St. Leonhard 104, St. Theodor 89, Riehen 45, Kleinhüningen 42, Waisenhaus 8, Summa 616. Fallen auf 1 Geistlichen im Münster 34/35, St. Peter 40/41, St. Leonhard 34/35, St. Theodor 22/23. Eine ganz auffallende Erscheinung ist die große Zahl im Münster, wohin offenbar sehr viele aus andern Gemeinden zur Konfirmation gehen müssen, und ebenso merkwürdig ist, daß St. Theodor bei der größten Zahl von Taufen und Beerdigungen doch weitaus die kleinste Zahl von Konfirmanden aufweist.

5. Wochenkinderlehrschüler: Münster 398, St. Peter 244, St. Leonhard 236, St. Theodor 269, Riehen 45, Kleinhüningen (mit den Zöglingen der Richter-Linder'schen Anstalt) 141, Waisenhaus 76, Summa 1409; fallen auf 1 Geistlichen im Münster 66/67, St. Peter 81/82, St. Leonhard 78/79, St. Theodor 67/68. Diese Zahlen beweisen, daß viele Eltern aus St. Leon= hard und St. Theodor ihre Kinder zu Geistlichen der beiden andern Gemeinden schicken, wozu sie das Recht haben, so lange dort keine Ueberfüllung eintritt. Dieser Fall trat im Jahr 1882 bei einem Geistlichen zu St. Peter ein, der deshalb angehalten wurde, die bei ihm eingeschriebenen Kinder aus St. Leonhard an diese Gemeinde zu entlassen, wodurch nun einem Geistlichen dieser Gemeinde (es ist Herr Pfr. Roth) Hülfe geschaffen werden muß.

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Sonst scheint Niemanden eine Ueberlast zu drücken. Die 6 Geistlichen im Münster haben zusammen 26, die 3 zu St. Peter zusammen 14, die 3 zu St. Leonhard zusammen 14, die 4 zu St. Theodor zusammen 18 wöchentliche Kinderlehrstunden, trifft auf einen 4 bis 6 Stunden Wochenkinderlehre im Durchschnitt, während Zürcher Pfarrer oft in weit entlegenen Filialen über ein Dußend Unterrichtsstunden haben. Es muß jedoch sehr bemerkt werden, daß sich die Arbeit unter die Geistlichen einer Gemeinde durchaus nicht etwa gleich vertheilt. Die seit 20 bis 40 Jahren wirkenden älteren Pfarrer erfreuen sich in der Regel eines größern Zuspruchs als diejenigen, welche erst wenige Jahre in Basel arbeiten, besonders wenn diese noch des Glaubens" wegen angefochten werden, und dann macht die Mode oder Gewohnheit auch gar viel. Einer genießt das Vertrauen mehr für Taufen, ein Anderer mehr für Hochzeiten, ein Dritter für Krankenbesuch und Leichenpredigt. Es sind mancherlei Gaben und Liebhabereien; jeder Geistliche aber wird, so viel ihm Gott Gnade schenkt, bei allen seinen Amtshandlungen das Eine verkünden: Gott will, daß allen Menschen geholfen werde und Alle zur Erkenntniß der Wahrheit kommen! das theuer werthe Wort, daß Christus Jesus in die Welt gekommen ist, die Sünder selig zu machen.

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Basler Kirchenzeddel Sonntag den 24. Juni.

A.

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Sechster Jahrgang.

No 26.

Samstag, 30. Juni 1883.

Schweizerisches Proteftantenblatt

Herausgeber:

Pfr. A. Altherr und E. Linder in Basel, Pfr. Bion in Zürich.

Wir sollen nur nicht in Sinn nehmen, daß der heilige Geist gebunden
sei an Jerusalem, Rom, Wittenberg oder Basel, an deine oder eine andere
Person. In Christo allein ist die Fülle der Gnade und Wahrheit.
Decolampad an Futher.

Erscheint jeden Samstag. Man abonnirt auf jedem Postamt der Schweiz und des Auslandes. Preis halbjährlich franko zugefandt 2 Fr. Wer das Blatt_in Basel gratis erhalten will, kann dasselbe in der Buchdruckerei J. Frehner, Steinenvorst. 12, abholen.

Erwecke die Gabe Gottes in dir!*

In einem Gebet für Schiffer, wenn sie zur See gehen, kommt die Stelle vor: Halt mich, o Gott, denn mein Boot ist so klein und das Meer so groß! Das können wir beten, ohne Schiffer zu sein, denn das Leben ist auch ein Meer und unser Fahrzeug ist zerbrechlich. Es umgibt uns eine Natur, die räumlich grenzenlos, in ihrer Triebkraft unerschöpflich, in ihren Wundern unausferschlich st! Wir sehen eine menschliche Arbeit, die unermeßliche Reichthümer zu Tage fördert, unzählige Entdeckungen macht, unerschöpfliche Quellen des Genusses und des Schmerzes erzeugt. Jedes von uns steht in diesem Leben wie in einem wogenden Meer von Freuden und Leiden, die sich beide nie erschöpfen, die sich immer neu erzeugen. Und unser Boot ist so klein! Schließlich hat ja doch jeder Mensch nur sich selber und sein kleines Boot. So unendlich reich das Leben ist, so muß doch jeder sehen, wie er sich hindurchringe. Ueber unser Dasein entscheidet zuletzt immer das, was wir aus uns selbst machen. In deiner Brust sind deines Schicksals Sterne; die Quelle deines Lebens und deines Todes ist das eigene Herz. Paulus, von seinem lieben Timotheus getrennt, weist ihn daher zum Troft nicht auf die unendliche Natur hin und nicht auf den Reichthum des Menschenlebens, sondern Paulus heißt Timotheus in sich selbst gehen: ich erinnere dich, daß du erweckest die Gabe Gottes, die in dir ist. (2. Tim. 1, 6.) Erwecke die Gabe Gottes, die in dir ist.

1. Die Gabe Gottes. Erwecke die Gabe Gottes, die in dir ist. Jeder Mensch hat eine Gabe Gottes. Wir sagen freilich nur ausnahmsweise bei besonders hervorstechenden, ganz ausgezeichneten Gaben von Jemand, er sei zu Etwas geboren. Nur wenn die Anlagen und Talente An die Anonyme: Hiemit wird Ihr Wunsch erfüllt.

*

ganz unzweifelhaft auf einen bestimmten Beruf hinweisen, reden wir von einem geborenen Maler oder Kaufmann oder Musiker. Oder wenn mit der Abstammung von gewissen Eltern das Erbe gewisser Würden und Titel und Besigthümer verknüpft ist, reden wir von geborenen Edelleuten, von geborenen Fürsten, von geborenen Millionären. Aber wir andern Alle, die wir ohne so ganz bestimmt ausgeprägte und hervorragende Anlagen und Titel in die Welt kommen, sollten wir deshalb ohne Gabe Gottes, zu keiner Bestimmung, für Nichts da sein?

O, das ist ein trauriger, das ganze Leben lähmender Gedanke, den wir nie in unser Herz kommen lassen sollen, daß wir keine Gottesgabe und keinen Beruf nach Gottes Willen haben. Diesem Gedanken gab zu seinem größten Verderben der Schalksknecht im Evangelium sich hin, der da hinging und sein Pfund in die Erde vergrub. Weil er nicht fünf Pfund und drei Pfund empfangen wie seine Kameraden, schalt er seinen Herrn im Herzen einen harten Herrn, hielt es nicht der Mühe werth, mit seiner Gabe etwas anzufangen, meinte, daraus lasse sich ja doch nichts Rechtes machen. und ist dafür am Tage der Rechenschaft zu Schanden und hinausgeworfen worden, wo Heulen und Zähneklappern ist. Christus hat uns mit diesem Gleichniß warnen wollen vor der großen Gefahr, welcher im besondern ausgesetzt sind Alle, die in der Nangordnung der Schule oder des Lebens auf den letzten Plägen sizen, die bescheidensten Stellungen einnehmen, die am wenigsten in die Augen fallende, schlechtbezahlte Arbeit verrichten; warnen wollen vor der großen Gefahr, daß kein Soldat im Heere oder Ziegelstreicher beim Hausbau, kein dienendes Glied der Familie sich einrede: ich habe nichts Rechtes empfangen und bin zu nichts Rechtem da in der Welt. Nein, jeder Mensch hat eine Gabe Gottes. Es gehört freilich zur Art dieser Welt, daß sie nur das Hervorragende achtet und nur das an ausgezeichneter Stelle Geleistete lobt. Nur des Meisters Namen schmückt das vollendete Bauwerk, nur der General einer siegreichen Armee wird in der Geschichte verewigt, nur der glückliche Erfinder kehrt ruhmgekrönt von der Ausstellung heim. Aber wenn dies der Welt Art ist und bleiben wird, so achtet Gottes Wort und Gottes Geist auch dessen, was nicht vor Augen, sondern in stiller Verborgenheit geschieht. Gottes Wort und Gottes Geist sagen: wie kämen die großen Werke der Menschen zu Stande ohne die Treue auch des letzten Mitwirkenden? Wie könnten granitene Berge durchgraben werden ohne den muthigen Arbeiter, der im finstern Schacht bei seiner Lampe Schein die Mine gräbt, Gesundheit und Leben opfernd? Wie könnten wir's wagen, unsern Leib dem Eisenbahnzuge anzuvertrauen, wenn wir nicht bauten auf die Gewissenhaftigkeit des Taglöhners, der in Nacht und Sturm

die Weichen richtig stellt? Was würde aus dem Behagen und der Reinlichkeit einer Stadt, wenn's nicht auch Hände gäbe, die fleißig Straßen und Häuser kehrten bis in die Winkel hinein? Gottes Wort und Gottes Geist sehen und lohnen nicht nur die an vorderster Stelle wie die Welt; sie schreiben ins Buch der guten Thaten die Tapferkeit auch des vergessenen Soldaten, der an einer Hecke für das Vaterland stirbt; Gottes Wort und Gottes Geist machen im Buch der Vergeltung das Unrecht der Welt gut, indem sie den treuen Seelen jeden Standes einen Himmel aufthun. „Die Treue steht zuerst, zuleßt, Im Himmel und auf Erden; Wer ganz die Seele dreingesetzt, Dem muß die Krone werden."

2. Was ist Gottes Gabe? Was Gabe Gottes sei, auf diese Frage gibt's nur die Antwort: alles Gute. Was sich Gutes an mir findet, das ist, o Herr, dein Werk in mir; selbst den Trieb hast du entzündet, daß mich, Gott, verlangt nach dir.“ Ein vielgelesener Schriftsteller unserer Tage fängt sein neuestes Buch, eine Reisebeschreibung, mit den Worten an: „Durch Gottes Barmherzigkeit habe ich ein paar gute Augen.“ Das klingt so einfältig und ist doch wahrhaftig weise gesprochen. Statt weit in der ganzen Welt herumzusuchen nach besondern Gaben sollen wir fortfahren und sagen: durch Gottes Barmherzigkeit habe ich ein paar starke Hände. Und ein dritter: durch Gottes Barmherzigkeit habe ich eine gute Stimme. Und ein vierter: durch Gottes Barmherzigkeit habe ich einen hellen Kopf. Und ein fünfter: durch Gottes Barmherzigkeit habe ich ein fröhlich Gemüth u. s. w. Schließlich müßte auch der letzte, einsamste, verlassenste Mensch im hintersten Winkel der Barmherzigkeit Gottes zu danken haben für etwas. Und das ist in der That die erste Bedingung zu einem glücklichen Menschenleben, an eine Gabe Gottes zu glauben, und hier gilt das Wort buchstäblich: ohne Glauben könnet ihr nichts thun; nur der Glaube kann Berge verseßen.

Der Apostel schreibt aber ausdrücklich seinem Tim.: erwecke die Gabe, die in dir ist. Du sollst nicht meinen, eine Gabe erwecken zu können, die dir nun einmal versagt ist. Es ist eine traurige Zeitverschwendung und Kraftvergendung in eines Menschen Erziehung, ihn zu etwas machen zu wollen, wozu ihm alle Anlagen und Bedingungen fehlen. Es ist eine grausame Art moderner Folter und Tortur, unter der viele Kinder unserer Zeit ⚫ leiden dadurch, daß sie durch Eitelkeit und Unverstand der Eltern mit Gewalt sollen Künste treiben, wofür sie Gott der Herr ein für alle Mal nicht bestimmt hat. Auf den Stubenboden streut man sonst keinen Samen und im hohen Norden pflanzt man sonst keine Feigen; aber unzählige Eltern und Erzieher quälen sich und ihre Kinder ab mit solcher Thorheit; es ist Gottes Strafe dafür, daß sie im heiligsten Beruf den es gibt, nur ihre Eigenliebe zu befriedigen suchen. Da heißt es: trachtet nicht nach hohen Dingen. Erwecke die Gabe Gottes, die in dir ist.

Ja, Lieber, nur die Gabe Gottes, die in dir ist. Laß Andern ihre Gabe und halte du dich an die eigene. Laß sie fliegen, wenn sie einmal Flügel dazu haben, und gehe du fröhlich an der Erde hin auf deinen zwei Füßen. Laß sie Künste treiben, zu denen Gott sie in seinem Reichthum befähigt hat, und vergende die kurze kostbare Lebzeit nicht mit ewig unfruchtbaren Versuchen. Laß sie sich aufschwingen in die vordersten Stellen, in die Führer

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