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streit im eigenen Hause ist man England regiert, wie sie will. meinde keine Himmelfahrt feiert.

dann los. So eine freie Gemeinde in Man denke, daß die oben genannte GeMan denke, eine religiös lebendige Ge

meinde von Christen, ohne daß sie Himmelfahrt feiern und Niemand ärgert sich darüber! Was doch für kuriose Leute in diesem England sind! A.

Die schweizerische Landesausstellung in Zürich.

II.

Jeder, der Gelegenheit hat, die Ausstellung häufig zu besuchen, wie es uns Bewohnern Zürichs vergönnt ist, thut meines Erachtens wohl daran, zuerst einige mal einen Gang durch die gesammten Ausstellungslokalitäten zu machen, um sich einen Gesammteindruck zu verschaffen und dann erst später Abtheilung für Abtheilung genauer zu besehen. Freilich ein solcher Gang allein nimmt schon mehrere Stunden in Anspruch, und wenn man meint Alles, wenn auch freilich oberflächlich genug, gesehen zu haben, so entdeckt man bei einem zweiten und dritten „cursorischen“ Besuche neue Räume mit neuen, nicht minder interessanten Gegenständen. So wollen denn auch wir in unserer Schilderung zunächst die Ausstellung in ihrer Gesammtheit und den Eindruck, den sie macht, besprechen. Derselbe ist ein großartiger, ja geradezu überwältigender. Ich habe mit Verschiedenen ge= sprochen, welche die Landesausstellungen in Stuttgart, Mailand und Nürnberg nicht blos gesehen, sondern gründlich kennen gelernt haben und sie bezeugen einstimmig, daß die schweizerische im großen Ganzen jene alle übertreffe. Ich sprach mit solchen, welche die großen Weltausstellungen der letzten Jahrzehnte als Experten besucht und studirt haben und sie urtheilen übereinstimmend, daß, natürlich ganz abgesehen von den räumlichen Verhältnissen und der Anzahl der ausgestellten Gegenstände, die schweize= rische Landesausstellung sich in Bezug auf Anordnung und Schönheit und Trefflichkeit einzelner Partien gar wohl neben jene hinstellen dürfe. So soll die Ausstellung in Seide, Baumwolle und Stickereien derjenigen in Paris nicht nachstehen, die Maschinenabtheilung Ausgezeichnetes vorweisen, die Karthographie mit den Reliefs bisher unerreicht und das Hotelwesen noch nie in dieser Weise dargestellt worden sein. Und das sagen notabene nicht etwa blos Schweizer, die möglicherweise hierin kein ganz unbefangenes Urtheil haben könnten, sondern auch Ausländer. Dieser Tage bekannte mir ein solcher, daß er und einige Freunde mit sehr kritischen Ababer sichten hiehergekommen seien und gerne ein bischen getadelt hätten

als sie die Sache näher angesehen, da seien sie hingerissen worden zur freudigsten Anerkennung, ja Bewunderung. Das Projekt einer schweizerischen Landesausstellung hatte anfänglich auch in Zürich viele Gegner. Man konnte hie und da von diesem „Schwindel“ reden und ihn hart verurtheilen hören. Erfahrene Kenner solcher Ausstellungen schüttelten bedenklich den Kopf und äußerten ihre Zweifel, ob die Schweiz für sich allein im Stande sein werde, ein vollständiges und schönes Bild von allem dem zu geben, was menschliche Arbeit und Kunst in unserer Zeit hervorbringen. Nun sind alle Zweifel verstummt, Niemand spricht mehr von Schwindel, sondern es ertönt in allen Kreisen der Bevölkerung und unter den von Nah und Fern herbeiströmenden Tausenden nur eine Stimme der Freude und des Lobes. Man sagt mir, daß die Ausstellung noch viel bedeutender geworden wäre, wenn unser Volk das Gesetz über den Schuß der Erfindungen angenommen statt verworfen hätte. Gerade das Feinste, Schönste und Interessanteste, das namentlich ein Bild von der unserm Volke eigenen Erfindungskraft auf praktischem Gebiete gegeben hätte, sei aus Furcht, es möchte nachgeahmt und der Erfinder so um den Lohn seiner Mühe und Arbeit gebracht werden, nicht ausgestellt worden. Ich vermag dies nicht zu beurtheilen und bin mit vielen Andern zufrieden mit dem was vorliegt.

Zu dem ausgezeichneten, ja geradezu erhebenden Eindruck, den die Auzstellung in ihrer Totalität hervorbringt, wirkt allerdings neben der vortrefflichen und geschmackvollen Anordnung, die überall ächt schweizerische Solidität und Propertät kundgibt, wesentlich der Ausstellungsplaß mit. Derselbe könnte kaum schöner gewählt worden sein. An zwei Flüssen, der Limmat und der Sihl, gelegen, die an seinem Ende zusammenströmen, bildet er einen herrlichen natürlichen Park, in welchem unter möglichster Schonung der ursprünglichen Anlagen ein Theil der Ausstellungsgebäulichkeiten in höchst malerischer und anmuthiger Weise plazirt ist. Während in andern Städten erst Bäume und Gesträucher gepflanzt werden mußten, die dann doch meistens zu keiner rechten Triebkraft und Blätterfülle gelangten, stehen hier alte, mächtige Bäume, die weithin fühlenden Schatten verbreiten. Mitten drinn sehen wir, selbstverständlich unversehrt gelassen, wie es war, das Monument des Idyllendichters Geßner und die Büste desselben schaut, dem jovialen Charakter des Mannes angemessen, beifällig in das diesem Orte bisher ungewohnte Gewoge und Getriebe der Kinder eines andern Geschlechtes. Freilich mit der Idylle dieses Plates wird es auch in Zukunft nicht mehr weit her sein, denn zweifelsohne bleibt Manches von dem, was die Ausstellung da umgeändert und verbessert hat, stehen (ich nenne beispielsweise nur das Aquarium) und dürfte der Park zu einer stark be

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suchten Promenade der Bevölkerung Zürichs werden. Das in edlem Style erstellte Kunstgebäude erhebt sich mit langgestreckter Front in der Nähe der Tonhalle am anmuthigen Seegestade und neben ihm ist eine Festhalle für Concerte und größere Versammlungen in gefälligen Formen errichtet.

B.

Basler Synodalwahlen vom 20. Mai 1883. Münstergemeinde: Stimmberechtigte 1777, gültige Stimmen 1043. Gewählt Dr. Ad. Burckhardt 671; Dr. Ed. Thurneisen 647, Carl Sarasin 640, Pfr. S. Preiswerk 642, Carl Wick-Merian 638, Prof. J. Riggenbach 625, Ed. Bernoulli 623, W. Schneider 610, Pfr. Arnold 609. Mit 409 biz 371 blieben in Minderheit M. Bölger, M. Siegrist, H. Salathe, Ed. Eckenstein, Zolldirektor Fehr, Balth. Fischer, Emil Forkart, J. Garnjobst, G. Thommen.

Petersgemeinde: Stimmberechtigte 1084, gültige Stimmen 649. Gewählt Prof. Ed. Hagenbach 618, Pfr. Oser, 358, Dr. E. Brenner 345, Oberst Bischoff 334, Fr. Bertolf 331, J. J. Dietschy 331. Mit 330 bis 316 Stimmen blieben in Minderheit Vest, Pfr. A. Linder, Dr. C. Bernoulli.

Leonhardsgemeinde: Stimmberechtigte 1894, gültige Stimmen 1098. Gewählt Pfr. Roth 614, W. Müller 587, Dr. Zutt 578, Ed. Bruckner 576, G. Senn 569, B. Collin. 569, N. Wassermann 565, Fr. Hörler 559, E. Schaub 556, Dr. C. Burckhardt 555, Chr. Gaß 555. Mit 553 bis 521 Stimmen blieben in Minderheit D. Zäslin, G. J. Koch), Prof. v. Orelli, Prof. R. Stähelin, W. Bernoulli, Ed. Preiswerk, Dr. E. Probst.

Theodorsgemeinde: Stimmberechtigte 1721, gültige Stimmen 958. Gewählt A. Geßler 554, Oberst Trueb 551, Inspektor Jenny 547, Pfr. Th. Barth 544, Oberst Loß 526, R. Mechel 510, A. Raillard 505, Dr. J. Balmer 504, A. Schäfer 491, Bollinger 483. Mit 472 bis 439 Stimmen blieben in Minderheit J. H. Abt, E. Mazinger, A. Vest, R. Großmann, J. Kern, R. Wohnlich, Fr. Brändlin, A. Tuchschmid.

Riehen: gültige Stimmen 176. Gewählt Pfr. G. Linder 101, N. Löliger 94.

Das Münster wählte 9 Orthodoxe, St. Peter 3 Orthodoxe, 1 Vermittler, 2 Freisinnige, St. Leonhard 5 Orthodoxe und 6 Freisinnige, St. Theodor 11 Orthodoxe. St. Peter und St. Leonhard haben also vorwiegend freisinnig, Münster und St. Theodor ausschließlich orthoder gewählt, aber die Basler Synode ist nun wieder vorwiegend orthodox. Die Gut

müthigkeit ist also den Freisinnigen übel bekommen. In ihrer Gutmüthigkeit haben sie zu St. Leonhard 4, zu St. Peter 2 und zu St. Theodor 3 Size freiwillig den Orthodoxen offen gelassen, weil sie sagten: Herr X ist ein braver Mann, Herr Y ist ein guter Mann, Herr 3 ist ein frommer Mann! Dagegen die Orthodoren haben auch bei dieser Wahl wieder rücksichtslos auf Entfernung aller Freisinnigen hingearbeitet, wie sie das immer gethan haben und immer thun werden. Sie haben zum hundersten Mal bewiesen, daß sie mit allen Mitteln daran arbeiten, das freisinnige Element, dem sie in der christlichen Kirche kein Recht zuerkennen, zurückzudrängen in die Stellung Solcher, die man bloß duldet, so lange man durchaus muß. Die Freisinnigen haben nun in der Synode gerade so viele Stimmen zu wenig für eine feste Mehrheit, als sie in ihrer Gutmüthigkeit selbst dem Gegner überließen. Wir möchten diese Freisinnigen bitten, die von der orthodoxen Partei vertheilten Wahlaufrufe aufzubewahren, die darin enthaltenen falschen Anklagen und Drohungen wieder und immer wieder zu lesen, um sich ganz klar zu werden, daß sie in der Lage von blos Geduldeten sind, denen neuerdings Sammlung, treues Zusammenstehen und ausharrende Geduld in Leiden mancher Art nothwendig ist.

Zürich. Der große Rath hat legten Dienstag seine mehrtägigen Debatten über den von der Synode ihm vorgelegten Entwurf zu einem neuen Kirchengeseze geschlossen. Nachdem er nahezu mit Einmuth die in demselben enthaltene Verpflichtung zur Taufe verworfen hatte, lehnte er auch noch mit 77 gegen 58 Stimmen die beantragte Einführung einer gemischten Synode ab, indem er das Gesetz an den Regierungsrath mit der Weisung überwies, an Stelle der gemischten Synode die Geistlichkeitssynode zu sehen. Es läßt sich nach diesem letzten Entscheide wohl fragen, ob es sich überhaupt noch der Mühe lohne, ein neues Kirchengesetz zu schaffen und man nicht besser thäte, einfach die noch gültigen Bestimmungen des alten zusammenzustellen. Hie und da lassen sich Stimmen vernehmen, man solle sich direkt an das Volk wenden, welches diesfalls andere Anschauungen haben dürfte, als seine Repräsentanten. Jedenfalls geht aus den Verhandlungen und Beschlüssen der letztern deutlich der Zug nach möglichst großer Freiheit und gänzlicher Trennung der Kirche vom Staate hervor. Ob derselbe auch im Volke so mächtig sei, ist fraglich.

Telefrüchte.

Martin Luther sagte über Christus: „Da er geboren war, hat er geweint wie ein anderes Kind. Maria hat sein müssen warten und pflegen,

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ihn säugen, äßen, waschen, heben, legen, tragen, wie eine andere Mutter ihr Kind. Da sie nach Herodis Tod wieder gen Nazareth gekommen sind, ist er den Eltern unterthan gewesen, wird ihnen oft Brod, Trinken und Anderes geholt haben. Maria wird auch wohl zu ihm gesagt haben: Jesicher, wo bist du gewesen? Kannst du nicht daheim bleiben? Und als er nun erwachsen war, wird er Joseph haben helfen zimmern. An dieser schwachen, geringen Gestalt und verächtlichem Wesen sich nicht ärgern ist große, hohe Kunst und Weisheit, ja Gottes Gabe und des heiligen Geistes eigen Werk. Viele ärgern sich daran, daß wir zuweilen auf der Kanzel sagen, Christus sei ein Zimmergesell gewesen; so es doch ein viel größeres Aergerniß ist, daß er als Gotteslästerer und Aufrührer ans Kreuz geschlagen zwischen zwei Uebelthätern gehangen hat. - Christus schrecket und betrübet Niemand, sondern das ist sein recht Amt, daß er ein furchtsam, erschrocken und blödes Gewissen nur tröstet und sich gegen ihn auf's Allerfreundlichste stellet. Er hat sich selbst für uns dahin gegeben, für keine Krone noch Königreich, auch gewißlich nicht für unsere Gerechtigkeit und Heiligkeit, sondern für unsere Sünde, nicht für erträumte oder gemalte, sondern für wahrhaftige Sünden, nicht für kleine, geringe, sondern für überaus große und grobe; nicht für eine oder zwei, sondern für alle; nicht für überwundene und getilgte, sondern für unüberwundene, starke und gewaltige Sünden!“

Und die Sonntagsheiligung, sagte Bismarck, das ist doch eine ganz schreckliche Tyrannei. Ich erinnere mich, als ich das erste Mal nach England kam und in Hull landete, daß ich da auf der Straße pfiff. Ein Engländer, den ich an Bord kennen gelernt hatte, sagte zu mir, ich sollte doch nicht pfeifen. Ich fragte: warum nicht? ist das hier verboten? Nein, sagte er, aber '3 ist Sabbath. Das verdroß mich so, daß ich gleich ein Billet auf einem andern Dampfer nahm, der nach Edinburg fuhr, da es mir nicht gefiel, nicht pfeifen zu dürfen, wenn ich Lust hatte. Ich bin sonst durchaus nicht gegen Sonntagsheiligung. Im Gegentheil, ich thue als Gutsherr dafür was ich kann. Nur will ich nicht, daß man die Leute zwinge. Jeder muß wissen, wie er sich am besten aufs künftige Leben vorbereitet. Auch dagegen ist nichts zu sagen, daß unsere Bauern in der Ernte, wenn es lange geregnet hat und es Sonnabends schön Wetter werden will, ihr Heu oder Korn des Sonntags einbringen. Ich würde es nicht übers Herz bringen, das meinen Pächtern etwa im Kontrakt zu untersagen. Ich selber kann mir das gestatten, da ich den etwaigen Schaden eines Montagsregens mit ansehen kann." (Aus „Graf Bismarck und seine Leute.") Anzeige. Das Referat von Pfarrer Bion über den deutschen Protestantentag folgt in nächster Nummer.

Basler Kirchenzeddel Sonntag den 27. Mai.

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