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treue Anhänglichkeit an's rein Göttliche, an's Evangelum, in seiner Einfachheit, ohne Künsteley, so habt Ihr auch für dessen bürgerliche Wohlfahrt ein unzerstörbares Fundament gelegt.“

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Zwingli gegen das Söldnerwefen.

"Freyen Schweizern? Gnadengelder? - von Fürsten und Fürstenknechten?? Wo denkt Ihr hin? Da soll man es in alle Ohren und Herzen hineindonnern, möcht' ich sagen, und auf den Dächern predigen, welch namenlosen Schaden dieser, jedes edle Gefühl erstickende, und das Herz vergiftende Gewinnst bringe; wie Einigkeit, Volksglück, Vaterlandswohl, Bürger-Eintracht, häusliches Glück, Ehefrieden, Kindersegen Alles, Alles darunter leiden, ja unwiederbringlich verloren gehen muß. —— Je größer der Gewinn, und je schwerer das Fürstengold ist, nur desto schlimmer! Alle Habsüchtigen und nach fremdem Golde Lüfternen, fallen in Versuchung und Stricke. Sie laufen Gefahr, Landesverräther zu werden, Störer der öffentlichen Ruhe, Feinde der Wohlfahrt des Volkes, Schlangen und Natergezüchte, eigentliche Satane, so bald das Interesse des Fürsten, in deffen Sold die Römlinge stehen, mit dem Wohl des Cantons, dem sie angehören, oder der Staatsfamilie, deren Glieder sie sind, in Widerspruch kömmt. Da ist keine andere Wahl, als, entweder sind sie treulos am Vaterland, oder an dem Fürsten, an den sie verkauft sind. Wie viele nüßliche Anstalten, Anordnungen, Geseze finden, in ihrem Entwurf und bey der Ausführung, überall Anstoß und Hindernisse, so bald unsre Kronenfresser dazu zu reden haben! Wie ist ihnen jede Anstrengung, Aufopferung zu viel! Wie zittern sie vor jeder Ausgabe zum Besten des Volkes! Wie verläumden und verfolgen sie jeden redlichen Bürger, der edlen uneigennützigen Verwendungen das Wort spricht! Laßt uns mit Muth und Kraft, mit der Bibel in der Hand, im Geiste Christi, der die Geldmäckler aus dem Tempel jagte und nicht wollte, daß des Vaters Haus eine Mördergrube würde; Lasset und des Vaterlandes Wohl im Auge behaltend, allen denen zu Leibe gehen, und ihre Schändlichkeit mit starken Farben zeichnen, welche, hinter dem Rücken unsrer Obrigkeit, Troß aller Landesgesehe und geschwornen Briefe, einzig ihren Beutel berücksichtigend, sich selbst und das Volk damit verkaufen, sich vom Blutgeld nähren und namenloses Unheil, Schaden und Verwirrung anrichten. Der Herr vergelte ihnen nach ihren Werken!"

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Zwingli über sein Hauswesen und Einkommen.

Im Jahr 1525 dedizirte Zwingli dem Landrath von Toggenburg eine Schrift über das Predigtamt, worin er u. A. schreibt:

"

Mir ward weit über hundert Gulden von guten Freunden und Bürgern jährlich zugesagt: Und hätten Meine Herren mir hundert dazu gegeben, und hätte ich mich sonst auch in den Guzel geschickt (d. i. mich auf zudringliche, bettelhafte Bewerbungen verstanden), wie viel zuträglicher wäre mir das gewesen, als eine Pfründe. Was wäre aber daraus erwachsen? Daß auch meine Nachkommen, gleich wie ich, den Guzel

weg gegangen wären (sich größeres Einkommen würden erbettelt haben) und wär' alle Tapferkeit (Furchtlosigkeit) der Lehre zu einem Schmeichlen verkehrt worden. So nun dem Geiz niemand zu wißig noch zu stark ist (gerade wie andern Anfechtungen) und Gott uns auf mancherley Weise versucht, hab' ich mich an einer einfältigen Chorherrenpfründe wohl lassen genügen: Darum daß ich sehe, daß es weit das Beste ist, daß man einem Pfarrer eine ziemliche bestimmte Nahrung alle Jahr gebe; dann darf ihm niemand heimlich etwas zuschieben: Denn, wer sich des Guzels (des Bettelns) gewohnt ist, der stellt sich allweg, als ob er nichts habe, und nimmt damit Alles, was ihm werden mag. Wenn wir, in Zürich, im Rufe stehen, wie große Pfründen wir haben, so verhält es sich damit also: „Im vergangnen Jahr, 1524, hätt' ich nicht einmahl mögen zu sechzig Gulden kommen, wenn mir nicht Propst und Capitel sechszehn Stücke (d. i. sechszehn Mütt Korn oder sechszehn Eimer Wein) zum Vortheil gegeben hätten. Ich bezeuge bey dem Gott, der mich erzieht und nährt, daß ich mich wohl begnüge, und wann ich zu bedauren wäre nicht mehr zu haben, so wäre es allein um der Armen willen, denen ich so reichlich nicht habe zu helfen, als etwa früher, da ich mehr gehabt habe."

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Wann die fremden Prediger-Emissarien (die sich wohl selbst gesendet haben) dem armen, einfaltigen Volke das Seinige abgeeffen und abgetrunken, so sie doch Gold und Gelt in der Tasche gehabt, so will ich ihnen, ohne mir ihre Heiligkeit zuzuschreiben, dagegen anzeigen, was ich im Brauch gehabt, so oft ich auf dem Land gepredigt habe. Ich bezahlte mit meinem Pfenning meine Nahrung, und wo man mir Geld anbot, oder andere Schenkungen nahm ich es nicht an. — Bist du nun ein treuer Diener Gottes, so wirst du die Pfründe zur Ehre Gottes brauchen, wo nicht, so wirst du nach schnödem Gewinn und Guzel stellen. Dabey gefallen mir auch sehr übel, die Prädicanten, denen man so große Summen geben muß, oder aber, sie wollen nicht predigen. Ich weiß nicht, ob sie würdig sehen, daß man sie Prädicanten nenne."

Zwingli's Tod.

(Aus den Zwingli-Liedern von Oskar Brändli.)
Geschlagen ist der Zürcher Heer,
Zerbrochen Zürichs Schild und Wehr;
Gefället durch des Schwerts Gewalt

Sein schönster Wuchs im Männerwald.
Wer einst als schlichter Baum geschmückt
Den Wald, liegt da, wie Rohr geknickt;
Der wetterkühne Eichenbaum

Starrt hingestreckt auf weitem Raum;
Die Säule, die das Rathhaus trug

Ist hingestürzt dem scharfen Pflug;
Der Pfeiler aus des Höchsten Haus
Zertrümmert liegt in blut'gem Graus.
Und der auf seinem Schulterpaar

Das Rathhaus trug und den Altar;

Der oft im Sturm sich schon erprobt,
Der ihn, wie keinen noch umtobt:
Es blutet todesschweißbedeckt

Beim Birnbaum Zwingli hingestreckt.
Gestürzt hat ihm den Eisenhut

Vom Haupt von Steinen eine Fluth;
Und aus der Stirn', die Höchstes sann,
Das Leben roth zur Erde rann.
Noch ist die Seele nicht entfloh'n,
Und leise hallt des Herzens Ton;
Und leise noch des Lebens Gluth
Auf seinen Wangen schimmernd ruht;
Und leise noch die Lippe bebt,

Nach oben groß das Auge strebt.
Das schließt in seinen engen Kranz
Noch einmal ein des Himmels Glanz ;
Und sieht im Geist der Edeln Chor
Dort hinter jenem Sternenthor,
Und fühlt in sel❜gem Vorgenuß
Schon ihren Brudergruß und Kuß.
Mit Fackeln eine Siegerschaar
Erschaut den Helden im Talar.
"Ein Keherpfaffe! Seht, er lebt!
Sein Athem geht! die Lippe bebt!"
So beichte Keber! Bösewicht!"

"

Doch Zwingli blickt in's Sternenlicht,
Und jedes Wortes schon beraubt

Winkt: Nein! sein edles Dulberhaupt.
Man preßt ein Kreuzbild ihm zum Mund:
"Küß oder stirb zu dieser Stund!"
Doch Zwingli winket wieder: Nein!
Sein Auge ruht im Sternenschein !
Da loht des Kezerhasses Glut,

Bockinger's Schwert es flammt in Wuth:
"So stirb, du Keber!" Er durchsticht
Des Helden Brust, sein Auge bricht.
Und friedlich blickt die Sternenwelt

Herab auf Kappels Leichenfeld

Und flicht aus ihrem lichten Glanz

Um Zwingli's Haupt des Ruhmes Kranz!

Die

Zur Beachtung. Die geehrten Abonnenten, welche das Schweizerische Protestantenblatt durch die Post beziehen, sind ersucht, das Abonnement zu erneuern. übrigen geehrten Abonnenten erhalten das Blatt, ohne besondere Anmeldung, auch fernerhin. Nichtabonnenten erhalten diese Nummer gratis zur Einsicht. Die nächste Nummer bringt die Festrede von Herrn Obersthelfer Zwingli Wirth am Basler Münster. Wer sich auf das Blatt abonniren will, kann es an jedem Postbüreau thun oder durch Anmeldung bei der Expedition, Steinenvorstadt 19, Basel.

Druck und Expedition von J. Frehner, Steinenvorstadt 19, Basel.

Sechster Jahrgang.

No 2.

2. Samstag, 13. Januar 1883.

Schweizerisches Proteftantenblatt

Herausgeber:

Pfr. A. Altherr und E. Linder in Basel, Pfr. Bion in Zürich.

Wir sollen nur nicht in Sinn nehmen, daß der heilige Geist gebunden
sei an Jerusalem, Rom, Wittenberg oder Basel, an deine oder eine andere
Person. In Christo allein ist die Fülle der Gnabe und Wahrheit.
Oecolampad an Luther.

Erscheint jeden Samstag. Man abonnirt auf jedem Postamt der Schweiz und des Auslandes. Preis halbjährlich franko zugesandt 2 Fr. Wer das Blatt in Basel gratis erhalten will, kann dasselbe in der Buchdruckerei J. Frehner, Steinenvorst. 12, abholen.

Rückblick auf 1882.

Es war ein trübes Jahr. Bei allem Dank gegen den Herrn der Zeit, der uns jedes Jahr, das gute wie das schlimme, schenkt, und bei aller Anerkennung dessen, was auch anno 1882 an humanen und technischen Fortschritten geschehen ist, müssen wir doch sagen: es war ein trübes Jahr. Das ist der Gesammteindruck, den wir alle haben.

Schon in materieller Hinsicht (von der Politik wollen wir gar nicht reden) ein Jahr bitterer Enttäuschung. Wir hofften nach den sieben magern Jahren wieder einmal ein fettes zu erleben; aber die Hoffnungen des Landmanns sind auf's Neue zu Wasser geworden, der niedergedrückte Muth der Geschäftsleute ist nicht gehoben und bis in die leßten Tage hinein kamen die Hiobsposten und Trauernachrichten in erschreckender Zahl und Größe zu unsern Ohren. Die materielle Noth ist zu Ende des Jahres 1882 größer denn je, und Gelegenheit zu guten Werken gibt es gegenwärtig für alle, die helfen wollen, mehr als sie bewältigen können. Möge die christliche Liebe, die weder durch Wasser noch durch Feuer ertödtet wird, sich wie ein glänzender Hoffnungsstern über all der Nacht des Elendes erheben, unter dem jest in der Nähe und Ferne Tausende seufzen!

Das schwerste Ereigniß des Jahres liegt übrigens für uns auf dem Gebiet des idealen Strebens: es ist der fatale 26. November. Hatte auch schon seit einiger Zeit, wie mannigfache Anzeichen errathen ließen, die Reaktion Boden gewonnen, so haben wir wir gestehen es offen — eine solche Verleugnung der idealen Interessen, einen solchen Schlag gegen die der Volksbildung freundlichen Bestrebungen nicht erwartet. Wir be= trachten den 26. November als ein nationales Unglück. Es mögen von Seiten derer, die unterlegen sind, Fehler begangen worden sein, man

mag zu wenig mit der wirklichen Meinung des Volkes gerechnet, d. h. man mag sie eben als gebildeter tarirt haben, als sie wirklich war, die Enttäuschung bleibt dennoch und das Resultat aller sachbezüglichen Betrachtungen wird doch immer sein: wir trauten unserem Volke einen bessern Sinn und mehr Opferwilligkeit zu, als es wirklich hat. Die Leute vom „Schulvogt" und den ihm verwandten Blättern hatten diesmal Recht; sie hielten das Volk für dümmer oder doch wenigstens eigennütziger als wir. Und sie benützten den richtigen Moment, nämlich die schlechte Zeit. Schlechte Zeiten sind den idealen Bestrebungen bekanntlich nicht günstig. Der sonst schon gedrückte Mann zieht sich von allem zurück, was für das allgemeine Wohl berechnet ist, ihm selbst aber für's erste einige Zumuthungen auflegt; darauf war die Agitation gegen den Schulartikel berechnet. Es ist ja jezt konstatirt, daß vorzugsweise das Landvolk, d. h. eben derjenige Theil der Bevölkerung, welcher die verbesserte Schulbildung am nöthigsten gehabt hätte, gegen dieselbe gestimmt hat. Darin liegt aber für uns ein Trost. In einem alten Kirchenbuche fand ich einst einen lateinischen Spruch verzeichnet, mit welchem ein Pfarrer seinen Aerger über schlecht gelieferte Zehnten aussprechen wollte (die Pfarrer der alten Zeit schrieben ihre Schmerzen gerne in die Kirchenbücher ein); der hieß so: Rustica gens, optima flens, pessima gaudens, zu deutsch: das Bauernvolk ist am besten zu behandeln, wenn es ihm schlecht geht, am. schlechtesten, wenn es ihm gut geht. Das war noch ein conservativer Pfarrer und hat als solcher den Nagel auf den Kopf getroffen. Ja, das sind die besten Zeiten für den Triumph der konservativen und reaktionären Bestrebungen, wenn die große Masse des Volkes durch schlechte Zeit gedrückt, entmuthigt und für Fortschritte abgeneigt ist; da vergißt es gerne über der leiblichen Noth das Höhere und Allgemeine; da wird es abhängig von den Mächten des Geldes und der Vornehmheit; da ist es flügellahm und kann leicht gefangen werden. Aber daraus folgt der ganz richtige Schluß, daß bessere Zeiten wiederum den fortschrittlichen Bestrebungen günstig sind, daß die Volksseele, wenn sie nicht mehr gehindert ist durch ausschließlich ökonomische Sorgen, sich doch wieder erhebt und erkennt, was zu ihrem Heile dient. Also gedulden wir uns, bis die Ideale wieder sich regen, bis die drückenden Nebel der Sorge und des Mangels wieder sich zerstreuen, bis das Licht von oben wieder siegt, bis des Volkes Stimme wieder Gottesstimme sein wird!

Der Fortschritt auf religiösem und kirchlichem Gebiet war im vergangenen Jahr ein ruhiger und stetiger. Das Gesammtvaterland hat zwar einige schwere Verluste von Männern zu verzeichnen, welche mit voller Kraft einst für die Sache des freien Christenthums gearbeitet hatten, zumal unsres,

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