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Könnt' er es nur verhüllen,
Daß er verleht im Stillen
Des Meisters strengen Willen,
Der Alles ja erkennt!
Da siche, die Frau Anne
Sie schiebt dem schwachen Manne
Das letzte aus der Pfanne
Wohl unter'n Pilgerhut behend.

Er dankt mit großer Freude,
Und bringt die süße Beute
Den Brüdern, die zur Seite
Des Wegs im Schatten ruh'n.
Doch ob auf seinen Zügen
Auch Wonne und Vergnügen?
Dem Herrn, dem Feind der Lügen,
Mißfällt sogleich sein ganzes Thun.

Er spricht, die Stirn in Falten:
„Hast du auch Wort gehalten,
Und nichts für dich behalten?
Sag mir in Wahrheit an."
Und er mit innerm Bangen:
Hier ist, was ich empfangen;
Nicht wollt ich mehr verlangen,
Als je ein Küchlein für den Mann!“

Da spricht der Herr voll Schmerzen,
Der Keuner aller Herzen:

Wohl wirst du noch verscherzen Der Seele Seligkeit! Trop manchem Wort der Treue, Troh deiner bittern Reue Brichst du doch stets auf's Neue Dein Wort und die Wahrhaftigkeit.

Du der sich sicher glaubte,
Den Hut hinweg vom Haupte!
So kommt das unerlaubte
Gelüsten an den Tag!"
Und er gehorcht mit Bangen.
Daß er zu viel empfangen,
Daß er Betrug begangen,
Liegt offen da mit einem Schlag.
Doch mehr noch ist zu schauen:
Von seinem Haupt, dem grauen,
Sie sehen's all voll Grauen
Rundum versengt das Haar.
In wunderbarer Weise,
In abgemess'nem Kreise
Zu seiner Schuld Beweise
Ein Fleck, so groß der Kuchen war!
Der Fleck ist ihm geblieben,
Mocht's ihn auch sehr betrüben;
Kein Haar hat mehr getrieben
Des Hauptes schuld'ger Theil.
Ihn ernstlich des zu mahnen:
Nicht unter Lügenfahnen
Nur auf der Wahrheit Bahnen
Erblühe Segen, Trost und Heil!
So, sagt man, sei entstanden
Dort in den rhät'schen Landen
Der Lüge Schuld zu ahnden,
Das Zeichen der Tonsur!
Wie es sich zugetragen,

Wer kann das jetzt noch sagen?
Doch Allen, die es tragen,

Will jezt das Zeichen sagen:

folgt der unverfälschten Wahrheit Spur!

Basler Kirchenzeddel Sonntag den 1. April.

Morgenpredigt 9 Uhr E. Stockmeyer A. Linder

F. 3.

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Vereinsversammlung. Da am den 15. April die

P. & P. Mfatimätenfe der vier freisinnigen Kirchgemeindevereine, findet die Monat

fizung von P. & P. ausnahmsweise nächsten Dienstag den 3. April statt, St. Johannvorstadt zur Mägd, präzis 8 Uhr Abends. Wir werden bei diesem Anlaß das Vergnügen haben, Herrn Pfarrer Altherr von Luzern seinen versprochenen Vortrag „Die Religion auf dem Boden der natürlichen Weltanschauung“ halten zu hören. Die Vereinsmitglieder sowie Freunde und Gesinnungsgenossen werden hiezu freundlichst eingeladen.

Drud und Expedition von J. Frehner, Steinenvorstadt 12, Basel.

Sechster Jahrgang.

No 14.

Samstag, 7. April 1883.

Schweizerisches Proteftantenblatt

Herausgeber:

Pfr. A. Altherr` und E. Linder in Basel, Pfr. Bion in Zürich.

Wir sollen nur nicht in Sinn nehmen, daß der heilige Geist gebunden
sei an Jerusalem, Rom, Wittenberg oder Basel, an deine oder eine andere
Person. In Christo allein ist die Fülle der Gnade und Wahrheit.
Decolampad an Luther.

Erscheint jeden Samstag. Man abonnirt auf jedem Postamt der Schweiz und des Auslandes. Preis halbjährlich franko zugesandt 2 Fr. Wer das Blatt in Basel gratis erhalten will, kann dasselbe in der Buchdruckerei J. Frehner, Steinenvorst. 12, abholen.

Antwort auf eine Frage, betreffend die Auferstehungsberichte.

Geehrter Herr!

Sie haben sich brieflich an den Unterzeichneten gewendet, um Auskunft in einer Sache zu erhalten, die Sie, wie Sie bemerken, schon lange gerne erledigt gesehen hätten.“ Bezugnehmend auf einen Sah in meiner lezten Osterpredigt richten Sie an mich die Frage, wie man in dem Falle, daß man die Annahme einer leiblichen Auferstehung Christi nicht theile, „die Berichte der Evangelisten (von Johannes abgesehen) nicht nur von der Auferstehung selbst, sondern von den persönlichen Begegnungen der Jünger mit Christus, und vor Allem, wie man die Stelle 1. Cor. 15, 5-7 aufzufassen habe." Sie erwähnen speziell die in dieser Stelle enthaltene Angabe von den Fünfhundert, denen der Auferstandene auf einmal erschienen und von denen nach des Apostels Versicherung damals die meisten noch lebten, und sagen: „Dieser Bericht des Paulus ist doch so unumstößlich, wie jeder historische Bericht, der auf eigener Anschauung beruht. Man pflegt ja doch in der Geschichte immer so viel als möglich auf die unmittelbarsten, auf eigener Anschauung beruhenden Quellen zurückzugehen. Sollte hier diesem Grundsahe aller historischen Kritik dürfen in's Gesicht geschlagen werden, oder sollten etwa fünfhundert Menschen so veranlagt gewesen sein, daß sie, wie die heutigen Spiritisten, Geister sahen, wo keine waren ?" Und endlich fragen Sie: „Sollen wir an den Gräbern auf ein Wiedersehen hoffen dürfen und zwar auf kein geistig verschwommenes, oder ist wirklich das Christenthum nur die Religion des diesseitigen Lebens, und wie verhält es sich dann mit dem Wort des Paulus (1. Cor. 15, 19): „Hoffen

wir allein in diesem Leben auf Christum, so sind wir die elendesten unter allen Menschen?""

Da Ihre Fragen und Bedenken wohl von Manchen getheilt werden, so lasse ich Ihnen die Antwort auf diesem öffentlichen Wege zukommen. Von einer „Erledigung der Sache“ kann nun freilich von vornherein keine Rede sein. Die Frage nach dem geschichtlichen Kern der Ueberlieferungen über die Auferstehung Christi wird ohne Zweifel noch lange eine Frage bleiben, ja sie wird wohl kaum je mit vollkommener und allseitig einleuch tender Evidenz beantwortet werden. Es verhält sich auch mit andern Punkten der evangelischen Ueberlieferung so, und wie sehr wir auch diesen Mangel bedauern mögen, so ist er doch für das religiöse Leben und das praktische Christenthum von keiner entscheidenden Wichtigkeit. Ich muß Ihnen nämlich zum voraus bekennen, daß ich der ganzen Frage die fundamentale Bedeutung nicht zuschreiben kann, die ihr von der sogenannten „positiven" Seite zugeschrieben wird, genauer gesprochen: daß sie nach meiner Ansicht keinen eigentlich religiösen, sondern nur einen historischen Werth hat. Sie ist lediglich eine Frage der Wissenschaft, der geschichtlichen Forschung, von deren Entscheid der wesentliche Inhalt des christlichen Glaubens durchaus unabhängig ist. Wie immer man sich die Auferstehung Christi vorstellen oder auch nicht vorstellen, die evangelischen und paulinischen Berichte über die Erscheinungen des Auferstandenen erklären oder auch nicht erklären mag, das ist für die Wahrheit des Christenthums, für die Stellung und Bedeutung Christi und die Wirksamkeit seines Geistes in der Menschheit völlig gleichgültig. Daß er in ihr fortlebt und fortwirkt und „bei uns ist alle Tage bis an der Welt Ende": das ist doch wohl nicht durch die Wiederbelebung seines Leichnams bedingt, ebenso wenig als die Hoffnung auf ein jenseitiges Leben und eine persönliche Unsterblichkeit.

Eine gründliche Erörterung der von Ihnen aufgeworfenen Frage, wie man denn aber bei Umgangnahme von einer leiblichen Auferstehung die bezüglichen Berichte sich zurechtlege, würde hier zu weit führen und ich muß Sie, sofern Sie sich auf diese Untersuchungen näher einlassen wollen, auf die einschlägigen Schriften, insbesondere auf Keim's „Leben Jesu“ verweisen. Dem Eindrucke jedoch kann sich auch der einfache Bibelleser, wenn er offene Augen hat, kaum verschließen, daß, was zunächst die Berichte der Evangelien (auch der drei ersten, auf die Sie sich zunächst berufen) anbelangt, dieselben an manchen Widersprüchen leiden und überhaupt weit mehr den Charakter sagenhafter Ueberlieferung, als klarer und in sich übereinstimmender Geschichtserzählung an sich tragen. Wo ist nach diesen Berichten der Auferstandene seinen Jüngern erschienen? Nach Matthäus in Galiläa, nach Markus und Lukas in Jerusalem selbst. Und wie ist er ihnen erschienen? Mit dem wirklichen irdischen Leibe, den er vorher getragen? Ja, denn er zeigt ihnen seine Wundmale, läßt sich betasten, nimmt Speise zu sich. Und doch wieder nicht; denn er nimmt verschiedene Gestalten an, die nächsten Freunde kennen ihn nicht, er kommt und verschwindet plöglich bei verschlossenen Thüren wie eine Geistererscheinung. Wer kann sich nach diesen Berichten ein anschauliches Bild von der Sache machen? Und wie ist's weiter gegangen? Nach Matth. zeigt sich Jesus den Jüngern auf einem

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Berge in Galiläa und spricht jene bekannten erhabenen Abschiedsworte dann fällt plötzlich der Vorhang. Bei Markus und Lukas wird er nach den Abschiedsworten gen Himmel entrückt, und zwar in der Nähe von Jerusalem und schon am Abend des Auferstehungstages, in der Apostelgeschichte erst vierzig Tage später und mit reicherer Szenerie. Sieht das Alles nach) müd)= terner Geschichtsschreibung aus? Läßt sich da der Fortschritt der Sagenbildung nicht mit Händen greifen?

Doch Sie legen das Hauptgewicht mit Recht auf das Zeugniß des Apostels Paulus, das unzweifelhaft älteste und allgemein als ächt anerkannte. Nun ist aber wohl zu beachten, daß Paulus in der betreffenden Stelle (1. Cor. 15, 5-8) die Erscheinungen des Auferstandenen an Kephas oder Petrus, an die Zwölfe, an die Fünfhundert u. s. w. ganz auf die gleiche Linie stellt und mit den gleichen Ausdrücken bezeichnet wie diejenige, die ihm selber später auf seiner Damaskusreise zu Theil geworden ist, welch lettere doch unbestreitbar einen visionären Charakter an sich trug. Jedenfalls aber ist es nach der eigenen Auffassung des Apostels nicht der irdische oder noch auf Erden wandelnde, sondern der erhöhte, verklärte, in den Himmel aufgenommene Christus, der ihm „erschienen“ ist, wie denn Paulus überhaupt zwischen Auferstehung und Himmelfahrt keinen Unterschied macht. Unter der Auferstehung Christi versteht er zugleich seine Erhöhung in den Himmel, womit sich dann die weitere Vorstellung verbindet, daß dieser erhöhte und verklärte Meister in Bälde wieder vom Himmel herabkommen wird zur Vollendung seines Reiches. Das Alles gehört bei Paulus unzertrennlich zusammen; es bildet ein sinnlichgeistiges Gesammtbild, von welchem man nicht beliebig ein Stück festhalten und das andere fahren lassen kann. Wenn nun aber der Apostel hinsichtlich des letztern Punktes, der baldigen Wiederkunft des verherrlichten Christus, sich erwiesener Maßen geirrt hat und wenn selbst Prof. Kaftan in seiner neuesten Predigtsammlung diesen Irrthum „eine freundliche Täuschung des himmlischen Vaters" nennt: liegt es dann nicht nahe, diese freundliche Täuschung" schon etwas früher beginnen zu lassen und auch auf andere, damit im engsten Zusammenhang stehende Vorstellungen jener Zeit anzuwenden?

Also das Christenthum schließlich auf einer Täuschung beruhend? Daz sei ferne! Der Glaube der Jünger an den auferstandenen oder, was im Sinne des Paulus dasselbe sagen will, an den im Himmel verklärten Christus, der den Seinigen als solcher erschienen ist: dieser Auferstehungsglaube der Jünger ist eine unzweifelhafte geschichtliche Thatsache und er wurde das Fundament der christliche Kirche. Aber über der Geburtsstunde dieses Glaubens schwebt ein schwer zu lüftender Schleier. Wie der gewaltige Umschwung aus der furchtbaren Enttäuschung des Charfreitags zu jeuem zuversichtlichen und thatkräftigen Auferstehungsglauben sich vollzogen hat, wie in jenen entscheidungsvollen Tagen im Herzen der durch die entsetzliche Katastrophe des Kreuzestodes erschütterten, zerschlagenen, zerstreuten, vernichteten Jünger sich die Ueberzeugung emporrang: Und dennoch ist er der Messias troß alledem; und dennoch lebt er und siegt er und ist sein Wort Wahrheit und sein Reich ein ewiges Reich, das auch der Hölle

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Pforten nicht überwältigen werden!" dieses „Wie“ ist eben das historische Problem, das verschiedene Erklärungen zuläßt. Eine der plausibelften scheint mir diejenige von Langhans zu sein, wenn er sagt: „Der Grund des Auferstehungsglaubens ist weder ein äußeres Ereigniß noch die Sinnentäuschung krankhaft überreizter Nerven; der Auferstehungsglaube war durchaus eine geistige That der Jünger, er war der aus der Tiefe des Schmerzes und der Liebe geborne unerschütterliche Glaube an ihn, ihren Meister, er war die Ueberzeugung, daß solch eine Geistesherrlichkeit, wie er sie in Wort und That bewährt hatte, nicht könne des Grabes Beute sein, daß sein Reich, das er stiften wollte, müsse gestiftet werden, so wahr Gott lebe. Von da an, wo es den Jüngern triumphirend fest stand, daß Jesus lebe und als Messias wiederkommen werde, aber erst von da an waren als sekundäre Erscheinungen allerdings auch eigentliche Visionen möglich, die dann allmälig, durch die Ueberlieferung in's Sagenhafte vergrößert und plastisch und poetisch abgerundet, sich in Wunder umseßten und den eigentlichen geistigen Glaubensgrund, dem sie ihr Dasein verdankten, vergessen ließen."

Ich nehme indessen keinen Anstand, zu gestehen, daß auch bei dieser Auffassung manche Schwierigkeit übrig bleibt; aber ich beruhige mich mit dem schon anfangs ausgesprochenen Gedanken, daß der Christenglaube von dieser rein historischen Frage ganz und gar unabhängig ist. Für die ersten Jünger Jesu war nun einmal der sinnlich-geistige Auferstehungsglaube die Form, in welcher überhaupt der Glaube an die Siegesmacht Christi und seines Evangeliums bei ihnen zum Durchbruch kam und zum Mittelpunkt ihres geistigen Lebens wurde, während sie dem heutigen Bewußtsein fremd geworden ist und wir ihrer auch nicht mehr bedürfen, um von der Siegeskraft Christi und seines Geistes uns zu überzeugen. Was Christus für die Menschheit ist, was er für sie gethau, geleistet, erworben hat, das ist er und hat er geleistet durch seine ganze einzigartige Persönlichkeit, durch das unvergängliche, gotterfüllte Geistesleben, das er in sich getragen und als unendlich fruchtbare Saat in den Acker der Menschheit eingepflanzt hat.

Dies ist in Kürze unsere Anschauung von der Sache, die wir übrigens Niemandem aufdrängen wollen. Wir lassen Jedem gerne seinen Glauben, wissen aber auch, daß Vielen ein großer und für ihr religiöses Leben unentbehrlicher Dienst geleistet wird, wenn man ihnen zeigt, daß die ewige Wahrheit des Christenthums unabhängig ist von der orientalischen Hülle, in die es sich zuerst gekleidet hat und kleiden mußte. Vielleicht wird Ihnen dieser Unterschied auch noch einmal deutlich werden. Inzwischen empfangen Sie meinen achtungsvollen Gruß.

Das Jerichowunder.

3. W.

Die Erzählung von der Eroberung Jerichos durch die Israeliten (Buch Josua Kap. 6) ist eine der bekanntesten Wundergeschichten des alten Testamentes, eine von denjenigen, welche sowohl zu mühsamer Vertheidigung wie zu salzlosem Spott ungemein viel herhalten mußten.

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