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Zweites Kapitel.

Die Spanier in Amerika (1492—1542).

§. 1.

Nach der glücklichen Eroberung Granada's gewährte Isabella dem Genuesen Christoph Columbus (Colon) die längst erbetenen Mittel, um auf dem Seewege nach Westen Ostindien aufzufinden. Colon fuhr am 3. August 1492 mit drei kleinen Schiffen aus dem andalusischen Hafen von Palos aus. Am 12. October entdeckte er Westindien, d. i. die östlichsten Inseln von Mittelamerika. Von da aus entdeckte er die grosse Insel Cuba. Er glaubte, in der Nähe China's, etwa 100 Meilen von der Stadt Zaitun, sich zu befinden, und schickte sich an, einen Brief der Könige" an den vermeintlich in der Nähe befindlichen Gross-Chan der Mongolen abzugeben. An dieser Täuschung hielt er fest, so lange er lebte. Am 4. December 1492 gab er der Insel Cuba zu Ehren des spanischen Thronerben den Namen Juana. Am 6. December erreichte er die Insel Haiti (Hayti). Wegen ihrer Aehnlichkeit His- mit andalusischen Landschaften nannte er sie Española (Hispaniola)'). paniola Er baute eine kleine Festung „Navidad". Am 16. Januar 1493 wurde mingo). die Rückfahrt nach Spanien angetreten. Am 23. März erreichte Colon wieder den Hafen von Palos). Am 31. März, dem Palmsonntag, hielt.

(S. Do

"

') Hier hörte er von den menschenfressenden Cariben (Caraiben). Colon ver stand aber Caniba (oder Cannibalen). Durch ihn kam der Ausdruck „Kannibalen". statt (menschenfressende) Kariben in Umlauf. Er meinte, Caniba könne nichts anderes bedeuten, als Völker des Chans (der Mongolen), also müsse der Chan ganz nahe residiren.

2) Wash. Jrving, A history of the life and voyages of Christ. Columbus, Lond. 1828, 4 vol. 8°. (Deutsch: Leben und Reisen des Columbus, Frankf. 1828; 1832. I, S. 264.)

1

Colon's erste Fahrt u. Rückkehr. Papst Alexander VI. u. d. neue Welt. 95 Columbus seinen Einzug in Sevilla '). Auf die Einladung des Hofes Colon vom 30. März reiste er sogleich nach Aragonien. Sechs Eingeborne in Spa(aus Westindien) begleiteten ihn, vier liess er in Sevilla zurück.

§. 2.

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wieder

Dien

1493.

Birce

1493.

Fonseca

In der Mitte des April erschien er vor den „Königen" in Barce- Colonin lona. Mitten auf dem Markte war der Thron aufgeschlagen. Auf dem lona, Throne sassen die „Könige" und der Erbprinz, welche sich vor Colon April erhoben. Dem Colon wurde neben dem Throne ein Sessel zum Niedersizen geboten, die höchste Ehre, welche spanische Könige einem Unterthanen zu erweisen vermochten"). Diess dürfte der schönste Tag in dem Leben Colon's gewesen sein. Eine neue Flotte wurde ausgerüstet. Der Decan von Sevilla, Juan de Fonseca, später Bischof Juan de von Badajoz, Cordova, Valencia und Burgos (1496-1524), sollte die ColoRüstung und den Aufwand für dieselbe überwachen. Bald wurde er Minister der Colonieen oder Vorsizender des Rathes von Indien. Dreissig Jahre lang verwaltete er mit grossem Geschicke diesen Posten, der, wie Las Casas sagt, eher einem Basken, als einem Geistlichen zukam. Ferdinand Colon, der Sohn des Christoph, hat den Ruf Fonseca's angeschwärzt; andere suchen ihn zu vertheidigen. Er wahrte mit Energie, vielleicht auch mit Härte das Interesse der Krone, und trat darum den übertriebenen Ansprüchen der Entdecker und Eroberer entgegen.

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§. 3.

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nister.

Durch Bulle vom 3. Mai 1493 ertheilte Papst Alexander VI. der Krone Spanien die Herrschaft über die Inseln und Festlande im westlichen Theile des Ocean, nur mit dem Vorbehalte etwaiger früherer Rechte eines christlichen Fürsten. Schon am 4. Mai 1493 erging eine zweite Bulle. Der Papst zog, um jede weitere Streitigkeit abzuschnei- Die den, eine Grenzlinie vom Nordpol bis zum Südpol. Der Krone Castilien verlieh er alle Gebiete, Inseln oder Festlande, westlich von dieser Linie, bulle gegen Indien oder sonst wohin gelegen. Dieser Meridian sollte von jeder xander's der azorischen oder capverdischen Inseln einen westlichen und südlichen

') Andr. Bernaldez, los reyes catolicos, 1856, I, p. 277. Ausgabe von 1870, T. I, p. 369.

2) Erst später kam dazu das Wappen mit der bekannten Inschrift: Für Castilien und für Leon eine neue Welt fand Colon (por Castilla y por Leon nuevo mundo hallo Colon). Die Erzählung von dem Ei des Columbus" ist ein Mährchen ohne geschichtliche Grundlage.

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Thei

lungs.

P. Ale

VI.

Abstand von 100 spanischen Meilen entfernt sein'). Am 25. September 1493 erliess der Papst eine dritte Bulle. Er erweiterte die Schenkung, die er zuvor den „Königen" gemacht, auf alle neuen Entdeckungen, sie mögen Inseln oder Festland umfassen, welche bereits gemacht, oder noch zu machen seien, mögen sie auf der Fahrt gegen Westen oder Osten sich finden, mögen sie im westlichen, oder südlichen und östlichen Theile, und in Indien liegen 2). Die beiden Kronen Castilien und Portugal traten über die Theilung der „neuen Welt“ selbst in Unterhandlungen. Am 7. Juni 1494 wurde ein Vertrag abgeschlossen, nach welchem ein Mittagskreis, nicht wie die Bulle Alexander's VI. es gewollt, 100, sondern 370 Leguas westlich von den u. Por- Inseln des grünen Vorgebirges als Grenzlinie (raya) für die Entdecktugal ungen der beiden Länder gezogen wurde. Alles Land westlich sollte eich. Castilien, alles Land östlich sollte Portugal zufallen.

Spanien

theilen

§. 4.

Wenige Tage, bevor die „Könige" Barcelona wieder verliessen, baten die Indier um die Gnade der heiligen Taufe, nachdem sie den Unterricht in der christlichen Religion empfangen hatten. „Die Könige" freuten sich sehr, dass sie Gott diese Erstlinge aus der Heidenwelt darbringen durften. Mit grosser Feierlichkeit wurden sie in der Chathedrale getauft. Die Könige" und der Prinz Juan waren ihre Pathen3).

Bernard Boil1), aus Tarragona stammend, Benediktiner in Monserrat, hatte das Ordenskleid vor dem Jahre 1481 genommen. Ihn

') Navarrete, Mart. Fernandez, Coleccion de viages y descubrimientos que hicieron por mar los Españoles desde fines del siglo XV, con varios documentos, etc., Madr. 1825-1829. 37, 5 vol. 4o. — t. II, n. 17; 18. quae linea distet a qualibet insularum, quae vulgariter nuncupantur: „de los Azores et Cabo Verde“, centum leucis adversus occidentem et meridiem.

2) Ora esten en las partes Occidentales ó Meridionales y Orientales y de la India. Die zwei ersten Bullen stehen in dem Bullarium, ed. Cherubini, Luxemb. 1742, t. I, p. 453. t. X, p. 3. In dem neuesten Turiner Bullarium steht nur die zweite Bulle vom 4. Mai 1493, t. V, A. Taur., 1860, p. 361–364. Die dritte Bulle steht nur in der spanischen Uebersezung bei Navarrete, Viages, t. II, p. 405. J. G. Kohl, Die beiden ältesten Generalkarten von Amerika. Ausgef. in den Jahren 1527 und 1529 auf Befehl Kaiser Carl's V. Weimar, 1860, S. 11. Friedr. Kunstmann, zur Entdeckungsgeschichte Amerika's, in Histor. - Polit. Blätter, 1861, I, p. 765-779 (Bd. 47). Osc. Peschel, Die Demarkationslinie des P. Alexander VI., Leipz. 1865. (Ders.,,in Zeitalter der Entdeckungen", 1858, S. 230-231.)

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*) Illescas, Historia pontifical y catolica, 1564, (1652), t. II, lib. 6, cp. 22, (112).

') Auch Boyl, Buil, Bueil.

Der Missionär B. Boil. Zweite Fahrt Colon's.

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wählten die „Könige" als Haupt einer Gesellschaft von Missionären aus, welche mit Columbus in die neue Welt ziehen sollten. Es wurden ihm 12 Begleiter aus verschiedenen Orden, und auch Weltpriester, beigegeben. Der Papst wurde von dieser Wahl in Kenntniss gesezt. Ausschmückungen dürften es sein, dass B. Boil als legatus a latere" des Papstes, oder als erster Patriarch von Indien nach Westindien gereist sei'). In der Instruction der „Könige" an Colon vom 29. Mai 1493 sprachen sie von der Bekehrung der Indier; um diese zu fördern, senden ihre Hoheiten dorthin den gelehrten P. Fr. Boil, zugleich mit B. Boil. andern Religiosen. In einem Schreiben an B. Boil selbst sagen sie: „Der König und die Königin dem frommen Bruder Boil: „Eben sind von Rom die Bullen angekommen, um welche Wir dahin gesandt haben, sowohl in Betreff dessen, was Euch angeht, als dessen, was in den neuen Inseln vorzukehren nothwendig ist").

Am 4. August schrieben sie ihm wieder von Barcelona aus, sandten ihm eine Abschrift der Bulle Alexander's VI., und beauftragten ihn, sie von Allem in Kenntniss zu sezen, was von da an sich ereignen würde. Es scheint, dass B. Boil von Sevilla aus sich über das Betragen Fonseca's gegen Colon beschwert habe, denn die Könige sagen, es sei ihr innigster Wunsch, dass der „Admiral" so sehr als möglich geehrt werde.

§. 5.

See

fahrt,

Am 25. September 1493 fuhr die neue Flotte und mit ihr Zweite Fr. B. Boil aus dem Hafen von Cadix ab. Am 3. November sah man eine bergige Insel, welche sie dem Sonntag zu Ehren Dominica 1493nannten. Von da landeten sie auf der flachen Insel Marigalante. Am 1494. 6. November sahen sie den berühmten Vulkan von Guadeloupe. Colon hatte den Mönchen von „Unserer Frau zu Guadeloupe" in Spanien versprochen, eine Insel nach ihrem Kloster zu benennen3). Hier wohnten Caraiben. Vom 10. November ap fuhr das Geschwader in der Richtung von Española. Am 15. November erreichten sie die Insel Puertorico, von Colon San Juan genannt. Am 25. November gelangten sie in die Bucht von Montecristi auf Epañola, und befanden sich vor der Festung Navidad. Am 28. November stieg Colon an's Land, und fand nur Brandtrümmer an der Stätte der Festung. Die

') Nach Alf. Sanvitores, Historia de la orden de S. Benito Regionar-Bischof ernannt.

2) Navarrete (II), Document., nr. 45 et 52.

Bernaldez, I, p. 127.

Game, span. Kirche. III. 2.

wurde er zum

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Stadt Isabella.

dort liegenden Spanier hatten in Kämpfen mit den Eingebornen ihr Leben verloren. Colon sah sich gezwungen, diese Gegend zu

verlassen.

In der Nähe davon gründete er die Stadt Isabella. Das Fieber, an dem auch er lange litt, hemmte den Fortbau. Die Verlegenheiten mehrten sich. Die Lebensmittel für die Colonisten mussten aus Spanien herbeigeholt werden. Zu einiger Entschädigung versprach Colon, Caraiben als Sklaven nach Spanien zu senden. Er kam also einem ähnlichen Plane des Barth. Las Casas zuvor. Der Unterschied war aber, dass es sich dort nicht um die Erhaltung der Indianer, sondern um Geld und Geldeswerth handelte 1). Schon wurden Meutereien gegen den Admiral angezettelt. Colon liess den Zahlmeister Bernal de Pisa, der ein Complott organisirt hatte, in Ketten werfen, um ihn mit Gelegenheit nach Spanien zu senden. Von jezt an verfiel der Admiral dem allgemeinen Hasse, und galt für einen grausamen Mann, sowohl in den Colonien, als in dem Mutterlande 2). Von Isabella brach Colon am 12. März 1494 nach dem Goldlande Cibao im Innern von Española auf. Auf dem Wege dahin liess er das Blockhaus San Tomas befestigen. In Isabella war die Lage trostlos. Ein Aufstand der Indianer brach zwischen Isabella und San Tomas aus. Colon sezte einen Verwaltungsrath ein, der aus dem Benedictiner Fray Boil, Fernandez Coronel als oberstem Vogt der Insel, und zwei andern Beamten bestand. Präsident war sein jüngster Bruder Diego, der sich dem geistlichen Stande widmen wollte.

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Am 5. Mai 1494 wurde die Insel Jamaica entdeckt, am 8. Mai lief Colon in den Hafen Puerto Bono ein. Das gesuchte Gold aber wurde nicht gefunden. Am 18. Mai kehrte der Admiral nach Cuba zurück. Weder Colon, noch die Eingebornen wussten, ob Cuba eine Caba, Insel sei. Colon glaubte immer, er befinde sich in Asien, und ganz land. nahe den chinesischen Städten Zaytun und Shangai. Am 12. Juni

Fest

liess Colon sämmtlichen Piloten und Matrosen vor dem Notar den Eid abnehmen, dass sie Cuba für ein Festland, und nicht für eine Insel hielten. Man sei der Küste in einer Länge von 335 spanischen Meilen gefolgt3). Man dürfe schliessen, das asiatische Festland vor sich zu haben. Wollten die Schwörenden ihre Aussagen widerrufen, so würden die Officiere mit Verlust der Zunge, vom Schiffsvolk aber

') Memorial para los Reyes Catholicos, ap. Navarrete, I, p. 225 sq.

*) Las Casas in s. Brevisima relacion de la destruycion de las Indias occidentales por los Castellanos, Sevilla, 1552 gesteht, diess allgemeine Vorurtheil vor seiner Reise nach Westindien getheilt zu haben. Lib. 1, cp. 90.

') Aber Colon hätte ja schon nach 1-2 Tagen das Cap San Antonio, das westliche Ende der Insel, erreicht.

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