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Die Hoffnungen der Katholiken gingen nicht in Erfüllung. Die Ehe Philipp's und Maria's blieb kinderlos. Die Opposition gegen die Königin wuchs. Philipp kehrte, von seinem Vater abberufen, nach Belgien zurück- September 1555.

§. 16.

Niedergebeugt durch körperliche Leiden und beständige Missgeschicke in den lezten Jahren wollte der Kaiser der Regierung entsagen. Am 25. October 1555 trat er zu Brüssel die Herrschaft über die Niederlande an seinen Sohn ab'). In seiner Abschiedsrede sprach der Kaiser u. a. gegen seinen Sohn den frommen Wunsch aus: „Möge der Allmächtige dich mit einem Sohne segnen, welchem du, wenn du einst alt und von Krankheit heimgesucht sein wirst, deine Königreiche mit der nämlichen Gesinnung zu übergeben vermagst, mit welcher ich dir jezt diese Niederlande übergebe." Dieser fromme Wunsch ging in keiner Weise in Erfüllung. Don Carlos wuchs nicht zum Troste, sondern zum bittersten Herzeleid seines Vaters heran. Die Augen Philipp's (III.) aber schauten ängstlich umher, ob nicht Jemand da sei, dem er gehorchen könnte. Wenn aber ein unbeschränkter Monarch nur gehorchen, nicht befehlen kann, so gehet sein Volk und Land den Krebsgang. Da Philipp II. des Flämischen nicht mächtig war, so sprach er nur einige französische Worte zu den Vertretern der 17 Staaten Philipp der Niederlande, und liess statt seiner den Cardinal Granvella eine wohlgesezte Rede halten"). Am 16. Januar 1556 übertrug Carl zu Brüssel seinem Sohne die Reiche Castilien und Aragonien, nebst deren Nebenländern, in Gegenwart von Mitgliedern des spanischen Adels. Am 15. September 1556 schiffte sich der Ex-Kaiser nach Spanien ein, um den Rest seiner Tage im dem Hieronymiter - Kloster S. Just bei

in Belglen.

übers. von Salis, Bd. VII, Frankf. 1828, S. 203-212. p. 69-130.

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') Coleccion de Documentos inéditos para la historia de España, t. VII, Madr. 1845. Forme de que usò el emperador cuando hizo cesion de los PaisesBajos en la persona del rey Felipe II, p. 534 sq. Gachard, Analectes Belgiques, Paris 1830, p. 75-81. Weiss, Charles, Papiers d'État du cardinal de Granvella, Paris 1843, t. IV, p. 486. Prescott, 1. c., I, p. 2—24.

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') Warum auch, fragt Baumstark, hatte Carl seinen Sohn nicht französisch, oder flämisch, oder Beides lernen lassen? Hatte er es selbst doch auch gelernt (S. 29, Philipp II. König von Spanien, Freib. 1875). Der berühmte Donoso Cortes, mehrere Jahre spanischer Gesandter in Paris, war durchaus nicht im Stande, die französische Sprache zu erlernen. Philipp II. stand eben an geistiger Begabung vielleicht so weit hinter Carl V. zurück, als Philipp III. hinter Philipp II. zurückstand.

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Placentia zu verleben. Er zog sich keineswegs, wie man früher geglaubt hat, und wie es vielleicht sein Vorsaz war, von allen weltlichen Angelegenheiten zurück, lebte aber dennoch in ernster Vorbereitung auf die Ewigkeit. In seiner Einsamkeit starb er am 20. September 1558.

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„Am 20. September", schreibt der Reformator Melanchton, diesem Jahre 1558 ist Carl V., römischer Kaiser und König in Spanien, nachdem er grosse Dinge ausgerichtet, selig entschlafen in Spanien, im Kloster, darin er Ruhe halber entwichen, und fast zwei Jahre mit Beten und Lesen zugebracht hat, wie er denn sonderlich gern in Bernardo gelesen.

Im Jahre 1521 forderte er die deutschen Fürsten gen Worms. Damals sagte sein Kanzler Mercurinus, ein weiser und vortrefflicher Mann, zu dem Kanzler des Herzogs und Curfürsten Friedrich von Urtheile Sachsen: „Die deutschen Fürsten haben wohl daran gethan, dass sie Carl v. Carl zum Kaiser gemacht haben; denn er wird ein weiser und frommer Herr werden. Dass aber diese, eines solchen Mannes Worte nicht aus Heuchelei, sondern aus der Wahrheit und wohlbedachtem Gemüthe hervorgegangen sind, hat der Ausgang bezeuget." Ueber sein Betragen gegen Franz I. von Frankreich und den Papst sagt er: „Diese Handlungen, darinnen sich der Kaiser gar bescheiden gehalten, zeigen genugsam an, dass er ein weiser, glimpflicher und gutthätiger Herr gewesen ist." Er lobt auch den grossen Muth des Kaisers. Es sei von Anfang an der Wille des Kaisers gewesen, die Sache der Reformation gütlich auf einem Concile auszutragen. Diess habe ich, schliesst er, an dem Orte von dem Kaiser Carl anzeigen wollen, dieweil es in andern Historien ausgelassen ist'). Es sind viel herrliche, grosse Tugenden in ihm gewesen. Denn für sich selbst war er ein eingezogener mässiger Herr. Im Regimente aber sind viele Anzeichen einer hohen, grossen Weisheit. Und dass er in dieser Regierung Gerechtigkeit und Gelindigkeit gehabt und gebraucht, weiset seine ganze Historie aus, als dass er so viele gefangene Fürsten hat wieder los gelassen nämlich Franz, König von Frankreich, Papst Clemens, Herzog Johann Friedrich, Curfürsten von Sachsen, und Philipp, Landgrafen von Hessen").

Ein anderer seiner Zeitgenossen, der Venetianer Cavalli, sagt im Jahre 1551 über ihn:,,Die Lebensweise des Kaisers ist die eines Christen und eines Privat-Cavaliers. Er sucht sich frei zu erhalten

') Das ist in Sleidanus, Jo., De statu religionis et reipublicae, Carolo quinto Caesare, commentarii, Argentorati, 1555, 1559, 2°.

2) Corpus Reformatorum, opp. Melanchtonii, IX, p. 702-708 (cf. II. 430).

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von allen Fehlern, und ich weiss an ihm keine Unvollkommenheit. Vielmehr ist er in allen seinen Handlungen, bis zu den geringsten herab, so ruhig, so besonnen, so umsichtig, in Geberden und Worten so maassvoll, dass er die allgemeine Bewunderung verdient. Er ist immer leutselig, wallt niemals auf, wird niemals ungestüm, sondern redet so überlegt, so sachgemäss, so voll Gottvertrauens, dass man sagen darf, er spreche weder ein Wort, das an sich Tadel verdient, noch ein solches, das seiner Sache schade"). Ein anderer Venetianer, Contarini, sagt über ihn: „Der Kaiser ist ein tief religiöser Mann, durchaus gerecht, frei von jedem Laster, in keiner Weise dem Vergnügen ergeben, wie gewöhnlich die Leute seines Alters (der Bericht ist aus dem Jahre 1525-1526), noch hat er Gefallen an irgendwelchen Spässen. Er ist ein Mann von wenig Worten und von sehr bescheidenem Wesen. Er erhebt sich nicht sehr im Glücke, noch lässt er sich niederbeugen im Unglücke. Freilich ist er empfänglicher für Traurigkeit, als für Heiterkeit, gemäss der Beschaffenheit seines Charakters, den ich als zur Schwermuth neigend bezeichnet habe. Wahrlich nach jenem so grossen Siege über den König von Frankreich (1525) benahm er sich mit solcher Mässigung, dass es wie ein Wunder

I war.

Man sah in ihm kein Zeichen der Ueberhebung, weder in Worten, noch irgend welchen Geberden. Jedoch hat er eine nicht sehr löbliche Eigenschaft. Gemäss dem nämlich was mir sein Beichtvater sagte, der Franciscaner, der in Valladolid starb, mit dem ich ziemlich vertraut war, ist der Kaiser von Natur der ihm angethanen Beleidigungen eingedenk, und kann sie nicht so leicht vergessen“ 2). - Die Schwermuth, welche ihm anhing, hatte er eben von seiner Mutter Johanna geerbt, und vererbte sie auf seinen Sohn Philipp.

') Berichte der venetianischen Gesandten: Relazione degli ambasciatori veneti al Senato, raccolte ed edite da E. Alberi. Firenze, 1839-1862, 15 vol. in 8o. Serie I. Relazione degli stati Europei trañe Italia; 2 Serie Relazione d'Italia; 3 Ser. Relazione degli Stati Ottomani (Serie I, tom. II, p. 195).

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1) E naturalmente Cesare memore delle injurie fattegli, nè le può dimenticare facilmente (Relazione, Serie I, t. 2, p. 62 sq. In seinem Werke: Carl V. und die deutschen Protestanten 1545-1555, nebst einem Anhange von Actenstücken aus dem spanischen Staatsarchiv von Simancas, Düsseld. 1865 hat Wilh. Maurenbrecher diese Worte aus ihrem Zusammenhange gerissen, und sagt u. a.: „Leidenschaftlich schimpfend und tobend fuhr er (Carl V.) oft seinen Gegner an; und dabei war er eigensinnig, und hielt zäh an dem einmal ergriffenen Gedanken fest. Eine empfangene Beleidigung vermochte er nicht zu vergessen, seine Rachsucht war von nachhaltiger Dauer (Contarini 62). Und im Grunde war er doch ein durchaus ernster Charakter, dem Tiefe des Gefühls und Tiefe des Gedankens nicht abzusprechen ist. Bei aller Leidenschaftlichkeit, die in spätern Jahren allerdings durch seine Kränklichkeit noch gesteigert wurde, war doch der Geist des Fürsten stets auf ernste Aufgaben gerichtet (1. c., S. 171).

Aber er wusste sie mehr, als dieser, zu beherrschen. Tiefe Religiosität war es, welche ihn, als er zum lezten Male die Erde Spanien's betreten, drang, niederzuknieen und zu sagen: Nackt bin ich hervorgegangen aus meiner Mutter Schoosse, und nackt werde ich zurückkehren in den Schooss der Erde. Das Kloster San Jeronimo de Yuste, in welches sich der Kaiser zurückzog, lag bei Plasentia 1).

In Spanien hat zuerst als Lobredner Carl's Petrus de Salazar herausgegeben: Coronica del Emperador Carlos V. en la qual se

') In der vortrefflichen Literaturgeschichte der Orte Estremadura's, in welcher Provinz San Yuste liegt (Catalogo razonado y critico de los libros, memorias y papeles impresos y manuscritos, que tratan de las provincias de Estremadura, compuesto por Vicente Barrantes, 4o, Madr. 1865), findet man unter dem Artikel: S. Yuste die Literatur über das Klosterleben Carl's V. (p. 231-242) recensirt, neun Schriften nämlich, darunter mehrere M. S., namentlich von dem gleichzeitigen Hieronymiten, Fray Martin de Angulo und einem Ungenannten um 1580. Im Jahre 1578 liess Philipp II. den Leichnam seines Vaters in den Escorial bringen.

Lettres de Guill. de Male sur la vie intérieure de l'empereur Charles Quint, publ. pour la première fois par le baron de Reiffenberg. Bruxell, 1843. Cloister-life of the emperor Charles V., by Will. Stirling, 3 edition enlarged. London, 1853. (Wilh. Stirling, das Klosterleben Carl's V., aus dem Englischen von Lindau, Dresd. 1853). Rétraite et mort de Charles - Quint au monastère de Saint-Yuste. Lettres inédites publiées par M. Gachard. Bruxell, 1854-1855. 3 vol. in 8°. Relation des ambassadeurs Vénitiens sur Charles-Quint et Philippe II., publ. par L. P. Gachard. Bruxell. 1856. Charles Quint, son abdication, son séjour et sa mort au monastère de Juste, par F. A. Mignet, 3 édit. Par. 1857. W. Prescott, Klosterleben Carl's V., aus dem Englischen, Leipz. 1857. (W. Prescott, † 1859, hat eine neue Ausgabe der Geschichte Carl's von W. Robertson besorgt, und ihr beigefügt: An account of the emperor's life after his abdication, Boston, 1856. (1857, 3 vol. 8°.) Des Kaisers Carl V. Correspondenz. Aus dem königlichen Archiv und der Bibliothek von Bourgogne zu Brüssel, mitgetheilt von Carl Lanz (1513-1556), Leipz. 1844-1846. 3 vol. 8°. Cartas al emperador Carlos V., escritas en los años 1530-1532 por su confesor (Garcia de Loaysa) aus dem Archiv von Simancas, publ. par C. Heine. Berlin 1848. Dieselben Briefe erschienen in: Coleccion de documentos inéditos, t. XIV, Madrid 1849 (Correspondencia del Cardenal de Osma (Loaysa, Cardinal 1530, Bischof von Osma 1525–1532, von Siguenza 1532-1539, zulezt Erzbischof von Sevilla) con Carlos V.). Correspondance of the emperor Charles V., and his ambassadors at the court of England and France, from the original letters in the imperial family archives at Vieña, published by Will. Bratford. Lond. 1850, 2 voll.

Mit Bezug auf das genannte Werk von Maurenbrecher vom Jahre 1865 erschien eine: „Studie über den Kaiser Carl V., von einem protestantischen Forscher, in Historisch - polit. Blätter, Bd. 60, S. 1-17, 109-131, 213-232, 345–364, 433-451.

Kervyn de Lettenhove, Histoire de Flandre (792-1792), Bruxell. 1847-1855, 6 voll. (Desselb. Commentare Carl's V.) Les grandes et solennelles pompes funebres faites à Bruxelle pour le service de Charles-cinquièsme, Paris, 1559 — 8o). Will. Robertson, History of the Emp. Charles V., Lond. 1769, 3 t. 4°. (Deutsch von Remer, Braunsch. 1792, 3 Bde., neue Ausgabe von Prescott, Boston. 1856-1857).

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trata la justisima guerra, que su Magestad moviò contra los Luteranos y rebeldes del Imperio, y los sucesos que tuvo. Hispali 1552; (Italienisch, Neapoli 1548. fol.) Gegen dieses Werk erschien, als Manuscript, eine Satyre: Epistola Bachalauri Arcadis, von Didacus Hurtado de Mendoza 1). Eine sehr unparteiische Geschichte des Kaisers schrieb der Zeitgenosse und Augenzeuge Joann. Genesius Sepulveda aus Cordova: De rebus gestis Caroli V. Imperatoris. Aber dieses Werk blieb, vielleicht gerade wegen seines Freimuths, ungedruckt. Andr. Schott (in seiner Bibliotheca Hispana) sagt:,,Es werde von unsern Königen aufbewahrt1) (d. i. unter Verschluss gehalten). Nicolaus Antonio vermuthet nur, es sei lateinisch geschrieben. Erst im Jahre 1780 erschienen: Sepulvedae Cordubensis Opera tum edita tum inedita, accur. regia histor. Academia (edente Fr. Cerda y Rico), Matriti 1780, 4 vol. in 4o., wovon die zwei ersten Bände die bis dahin ungedruckte Geschichte Carl's V. enthalten.

Carl V. war in Spanien zu Lebzeiten nicht populär. Das Blut der Spanier floss in Strömen in seinen auswärtigen Kriegen. Seine beständige Geldnoth zwang ihn zu beständigen Erpressungen. Dazu kamen die Erinnerungen an die ersten Jahre seiner Regierung, die harte Behandlung der niedergeworfenen „Comuneros", und die Misshandlung oder doch Missachtung der Cortes. Das Angesicht des grossen Kaisers, das freundlich erschien den Belgiern, den Deutschen, den Italienern und den Bewohnern der „neuen Welt", es leuchtete nicht holdselig den Spaniern. Sie mussten immer zahlen und immer bluten. Erst nach seinem Tode, unter Philipp II., und noch mehr unter Philipp III., wurde Carl V. populär auch in Spanien, wegen des Glanzes seiner Regierung, deren Druck nun nicht mehr gefühlt wurde, und erst so spät konnten Lobwerke über ihn erscheinen, unter denen das des Bischofs Prudent. de Sandoval hervorragt: La vida hechos del empey rador Carlos V.")

') Ticknor - Julius, II, p. 759-760.

Valladolid, 1604; Pamplona, 1618, 1634; Antwerpen, 1681.

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