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bloßen Schweifung auch nicht entfernt auf den Mittelbruch und die verschiedenen Besagungen folgern kann. Vermag der Makkener nicht das Schloß mit dem Echeder gehörig zu fondiren, und sich durch das Gefühl von der Construction desselben zu unterrichten, so überzieht er den Bart eines in das Schlüsselloch pafsenden Schlüssels mit Wachs, oder schneidet, nachdem er die Tiefe des Schlosses sondirt hat, einen passenden hölzernen Schlüsselbart, überzieht denselben mit Wachs, und dreht diesen in das Schloß gesteckten hölzernen Schlüssel gegen die Besaßung, welche sich nun deutlich auf das Wachs abdrückt. Glückt es aber dem Schränker beim Baldowern sogar den Schlüssel des zu öffnenden Verschlusses auch nur einen kurzen Moment in die Hand zu bekommen, so wird ein rascher Abdruck auf eine in der Handfläche verborgene weiche Wachsplatte 1) genommen, was schon durch einen leichten Druck möglich wird, da es nicht auf ein vollständiges Modelliren, sondern nur auf ein leichtes Markiren der Form und der Einschnitte des Barts ankommt. Es ist daher unvorsichtig, wichtige Schlüssel frei hängen zu lassen, oder gar jemand auch nur einen Augenblick in die Hand zu geben. Oft genügt schon der bloße Blick auf den Schlüssel, um den geübten Makkener zu zeigen, wie dem Schlosse beizukommen ist.

Wie bei den Schränkern die Klugheit und die Kunstehre erfordert, die Spuren eines Einbruchs möglichst zu verbergen, so auch leidet die Makkenerehre nicht, daß der aufgeschlossene Verschluß, nachdem der Massematten gehandelt ist, unverschlossen bleibe. Die Schlösser werden daher vom Makkener soviel wie möglich geschont und wieder zugeschlossen. Zum raschern Wiederzuschließen sucht der Makkener, wenn er mit dem Echeder operirt hat, soviel wie möglich jedes namentlich größeres Schloß auf halben Schluß, d. h. den Schließriegel so zu stellen, daß die Zuhaltung beim Aufschließen nicht in den lezten Riegeleinschnitt (Tafel II, Figur 1 x) fällt, worauf sich der Schließriegel viel

1) Es werden dazu auch wol auf Leinen oder Leder gestrichene und daher unverdächtig erscheinende harzige Pflaster genommen.

rascher und leichter mit dem Echeder wieder zuschieben läßt. Wie endlich die Schränker immer mit Klamoniff versehen sind, so führen auch die Makkener, namentlich wenn sie belaile handeln, mindestens einen Jadschabber, oder auch einen Brunger, Vorleger, oder Pezire und Magseire bei sich. Auch haben sie meistens um den bloßen Leib oder unter dem Rock Leilekissimer gewickelt und noch andere Schränkerrequisite, welche bei Baldowern als etwa nüglich erkannt worden sind.

Sunfzigstes Rapitel.

8) Die Verbesserungen von Chubb, Bramah und Newell.

In dem Wettkampf, in den die Schlosserkunft mit dem Makkenen gerathen ist, hat sie in neuester Zeit endlich eine Verbesserung gemacht, welche, statt der bisherigen auf die Erschwerung der Schlüsselbewegung beschränkten Kunst, nunmehr auch die Bewegung des Riegels selbst genauer berücksichtigt, und bei zunehmender Vervollkommung einen immer vollständigern Sieg über das Gaunerthum verheißt. Es sind die Schlösser, welche die eng lischen Mechaniker Chubb und Bramah, sowie der Nordamerikaner Newell (mit seinen Permutation bitt-keys) erfunden haben. Alle drei Arten Schlöffer haben ganz vorzüglich die Kunst auf die Bewegung des Riegels verwandt, wobei der Schlüffel in höchst einfacher Construction erscheint. Die nebenstehende, mit der Zeichnung (Taf. III) aus dem „Grundriß der Schlosserkunft“, von Johann König, S. 78, entlehnte Beschreibung gibt einen deutlichen Begriff von der trefflichen Construction des von Chubb erfundenen Schlosses.

,,Das Chubbschloß besteht aus sechs verschiedenen und genau. doppeltourigen Sperrungen (tumblers), mit Hinzufügung eines Angebers, durch welchen jeder Versuch des Nachschlüssels beim Gebrauche des rechten Schlüssels verrathen wird. Die umstehende Abbildung ist eine Darstellung eines nach folgenden Principien gebauten Schlosses.

,,A ist der Riegel, B die viereckige Studel, welche inwendig vernietet ist und einen Theil des Riegels bildet; C sind die Sperrungen, sechs an der Zahl, welche sich auf dem Centralkegel D bewegen; sie sind eine über die andere gelegt, aber vollständig isolirt und gesondert, um jeder Sperrung zu erlauben, in verschiedener Höhe emporgehoben zu werden; E ist eine getheilte Feder mit sechs verschiedenen Sprüngen, die auf die Enden der sechs Sperrungen treffen; F ist die Anzeigefeder. Es muß bemerkt werden, daß der Grundsperrer einen Zahn nahe der Anzeigefeder hat; G ist eine Studel oder Schraube, inwendig befestigt und einen Theil der untersten Sperrung bildend, und O ist der Schlüssel. Tafel III.

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Nun ist es ersichtlich, daß alle Sperrungen genau zu der verschiedenen erforderlichen Höhe gehoben werden müssen, um der viereckigen Studel B zu erlauben, durch die Längendurchschnitte der Sperrungen zu passiren, so, daß der Riegel fortgezogen werden kann. Wir brauchen nicht zu sagen, was geschieht, wenn eine oder die andere Sperrung zu hoch, oder nicht hoch genug gehoben wird; noch weniger kann die Combination dieser sechs Sperrungen entdeckt werden, und wenn ein falscher Schlüffel eingebracht wird, und eine der Sperrungen sollte übermäßig gehoben werden, so fängt die Anzeigefeder F den Grundsperrer C und hält ihn fest, Avé-Lallemant, Gaunerthum. II.

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sodaß der Riegel nicht passiren kann, und bei der nächsten Anwendung des wahren Schlüssels, wird man also bald sehen, daß der Versuch einer widerrechtlichen Oeffnung des Schlosses gemacht wurde, da man mit dem richtigen Schlüssel das Schloß nicht mit dem gewöhnlichen Verfahren auf einmal öffnen kann. Dreht man jedoch den Schlüssel in umgekehrter Weise, so wird der Sperrer wieder in seine vorige gewöhnliche Lage kommen, dem Riegel erlauben sich vorwärts zu bewegen und die Studel B in die Kerbe I zu fassen. Der abgeschrägte Theil des Riegels A wird sodann die Anzeigeseder F aufheben, und dem Bodensperrer C erlauben, in seinen alten Plaz zu fallen. Das Schloß ist nun zu seiner gewöhnlichen Stellung zurückgebracht und kann wie sonst geschlossen und geöffnet werden. Es ist ersichtlich, daß, wenn das Schloß angezeigt hat, es sei falsch berührt, nur der wahre Schlüffel dafselbe wieder in den gewöhnlichen Zustand bringen kann.

„Bei Schlüsseln, nach dieser Art construirt, können ungemein viele Wechsel der Formen angewandt werden. Der klein gezeichnete Schlüssel L, welcher aus sechs Stufen und Einschnitten besteht, ist 720 Abänderungen fähig, während, da bei den größern Schlüsseln diese Zacken 30 mal und die Riegeleinschnitte 20 mal verändert werden können, sich die Summe von 7,776,000 möglicher Abänderungen ergibt."

Das Chubbschloß ist 1846 und noch später vom Erfinder verbessert worden, wie aus der von König gemachten Beschreibung, S. 80 und 81, und aus Tafel 40 des dazu gehörigen Atlas erhellt. Die Verbesserung besteht zunächst in einem, aus vier verschiedenen Schlössern zusammengeseßten Schloß, das durch einen mit vier verschiedenen Bärten versehenen Schlüssel geschlossen wird, und ferner in der Anbringung einer Metallblende, welche im Innern hervortritt, und Schlüsselblech und Werk deckt, sobald ein falscher Schlüssel eingebracht wird. Das von Bramah erfundene Schloß ist der Kleinheit wegen besonders zu Schreibtischen, Kästchen, Portefeuilles, Vorhängeschlössern u. s. w. geeignet, und hat eine ganz eigenthümliche Riegelbewegung und Zuhaltung, auf welcher leztern die großen Vorzüge des ganzen Schlosses wesent

lich beruhen. Eine Beschreibung ist bei König, a. a. D., S. 82 fg., enthalten.

Auf ähnlicher Grundlage hat Newell seine Permutation bittkeys construirt, zugleich aber dadurch, daß er auch den Schlüfselbart theilweise beweglich machte, das Vollkommenste erreicht, was bis dahin die Schlofferkunst aufzuweisen hat. Der Bart des Schlüffels, Fig. 1 u. 2, a c, b d, ist vorn am Rohre

festgeschweißt.

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Durch den Vorderzapfen b d geht bei e eine

Schraube bis in f auf den Zapfen a c. Die mit einem Schraubenloch versehenen sechs Zapfen von verschiedener Länge sind zum Herausnehmen, und können zwischen e und f in den verschieden

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