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für das Judenthum, sondern auch für alle christliche social-politische Verhältnisse von schlimmen Folgen gewesen ist. Im „Jüdischen Baldower" zeigt sich die Auctorität des „, Entdeckten Judenthums“ 1) von Eisenmenger in der Criminalrechtspflege deutlicher als sonst in irgendeiner Untersuchung des vorigen Jahrhunderts. Schon 1644 hatte Müller in seinem „Judaismus“ 2) und 1681 Wagenseil in seinen „Tela ignea Satanae" 3) einen wüthenden Kreuzzug gegen die Juden unternommèn. Beide Werke, besonders ersteres, mit wie großem Haß und blinden Eifer sie auch geschrieben find, hatten doch weniger directen Nachtheil für die richtige Beurtheilung des Judenthums, da sie sich immer doch nur auf dem Gebiete dogmatischer Polemik bewegen und bei weitem mehr den christlichen Eifer der Verfasser als die Verworfenheit des Judenthums documentiren. Eisenmenger polemisirt eigentlich gar nicht. Er stellt einzelne aphoristische judenfeindliche Säße apodiktisch trocken und dürr hin und gibt nun mit erstaunlicher Belesenheit aus dem Talmud und aus den besondern hebräischen Werken von 199 talmudistischen Schriftstellern und den verdächtigen Büchern von acht jüdischen Convertiten des 16. u. 17 Jahrhunderts, ohne Berücksichtigung des Zusammenhanges, der Zeit und Person seiner Gewährsmänner, eine Unzahl von Excerpten als Belegstellen zu seinen Paradoren. Seiner innern Geltung nach würde das „ Entdeckte Judenthum" gar nicht die Aufmerksamkeit erregt und die

1),, Joh. Andreä Eisenmenger's, Professors der orientalischen Sprachen bei der Universität Heydelberg, Entdecktes Judenthum oder gründlicher und wahrhaffter Bericht, welchergestalt die verstockte Juden die hochheylige DreyEinigkeit, Gott Vater, Sohn u. Heil. Geist, erschrecklicher Weise lästern und serunehren.“ Zwei Theile. (Zweite Auflage, Königsberg 1711.)

2),,Judaismus oder Judenthumb. Das ist Außführlicher Bericht von des Jüdischen Volkes Unglauben, Blindheit und Verstockung, durch Johannem Müllern der H. Schrifft Dr. und Pastor der Hauptkirche zu St. Peter in Hamburg" (1644).

3) Johann Christoph Wagenfeil, Dr. jur. Prof. der orient. Sprachen zu Altdorf,,,Tela ignea Satanae, hoc est Arcani et horribiles Judaeorum adversus Christum Deum et Christianam religionem libri anecdotoi" (1681).

Auctorität erhalten haben, die ihm wirklich geworden ist, wenn nicht das Werk an sich als bibliographische Erscheinung überhaupt ein auffälliges Schicksal gehabt hätte. Als Eisenmenger 1693 als kurfürstlich pfälzischer Archivar mit der kurfürstlichen Regierung nach Frankfurt geflüchtet war und hier sein Werk herausgegeben hatte, erwirkten die über das Buch empörten Juden ein kaiserliches Inhibitorium gegen den Verkauf desselben. Ueberall wurden die bereits vertriebenen Eremplare von den Juden aufgekauft und vernichtet, sodaß die Eremplare dieser Originalausgabe sehr selten geworden sind. Im Jahre 1711 ließ jedoch der König von Preußen, aus dessen Landen die Juden schon seit länger als hundert Jahren vertrieben waren, das Buch von neuem drucken, mit einem Privilegium versehen und in der Mehrzahl der Exemplare den Erben des (1704 gestorbenen) Eisenmenger zugute kommen. Durch diese Protection gewann das Buch wieder an Verbreitung und an Ansehen. Ein Beweis davon ist der „Jü- . dische Baldober", der namentlich Kap. 10 u. 11 und ganz besonders in dem S. 62 im Auszuge mitgetheilten Gutachten des Propstes von der Hardt an das Oberappellationsgericht zu Celle, · ganz auf Eisenmenger und seine judenfeindlichen Thesen zurückgeht. Troßdem ist die Untersuchung gegen die koburger Inquisiten tüchtig geführt und gibt wichtige Aufschlüsse über das damalige Treiben der jüdischen Gauner. Leider sind die offen zu Tage liegenden, weit durch Deutschland reichenden Verbindungen der Bande nicht weiter nachgeforscht und dadurch sehr bedeutende Erfolge verfehlt worden.

Actenmäßige Nachricht von einer zahlreichen Diebsbande, welche von

einem zu Hildburghausen in gefänglicher Haft sizenden jungen Dieb entdeckt worden, nebst einem Anhang aus denen wider die anno 1745 allhier hingerichteten Gaudiebe Johann Georg Schwarzmüller und Friedrich Werner verführten Inquisitions. Actis,'auch Verzeichniß vorgekommener Wörter von der Spißbuben Sprache Anno 1753.

Diese sehr wichtigen Nachrichten sind, nach der im Eingang

enthaltenen Mittheilung des unbekannten Referenten, auf Befehl der Regierung aus den Acten gezogen und gedruckt worden. Troß dieser epitometalen Kürze weist das Werkchen auf 52 Folioseiten sehr viel Interessantes und Belehrendes auf. Um nach chronolo gischer Ordnung mit dem Anhang zu beginnen, so enthält derselbe die von dem am 21. April 1745 zu Hildburghausen gehenkten Hanns Georg Schwarzmüller unmittelbar nach Publication seines Todesurtheils gemachten Geständnisse und Aufklärungen über die Bande, zu welcher er gehörte, und die damals schon länger als 50 Jahre in einer Stärke von 150 Mitgliedern bestand, bis an den Rhein durch Schwaben, Baiern, Sachsen, Böhmen, Hannover und Hessen sich verbreitet und den Krummfinger - Balthasar zum Haupte gehabt hatte, welcher unter der Bande das „, Plattenrecht" handhabte und eine eigenthümliche scharfe Disciplin übte, auch ein bestimmtes Siegel und ein geschriebenes Gaunerwörterbuch führte, das in den Versammlungen durch Beiträge bereichert, und aus dem die Mitgliedschaft belehrt wurde. Ueberraschend und merkwürdig sind die von dem sechszehnjährigen Johann Andreas Lorenz Mahr, welcher beim Einschleichen in das herzogliche Schloß zu Hildburghausen am 24. Januar 1753 angehalten wurde, gemachten Geständnisse, in denen Mahr nicht nur Auskunft gibt über Person und Namen von 137 Mitgliedern seiner Bande, sondern auch über die unglaubliche Verbreitung und Thätigkeit ders selben durch ganz Mittel- und Norddeutschland, über ihre Eintheilung und Anführung durch August Beck 1) von Mühlhausen, ihre Unternehmungen und gaunerische Politik. Verschiedene Mitglieder der Bande reisten als Laubstumme, Mahr selbst war zur Simulation der Epilepsie abgerichtet. Die ganze Bande war im Besitz der gesammten theoretischen und praktischen Hülfsmittel, welche allen gaunerischen Unternehmungen förderlich waren. Es ist zu bedauern, daß die Acten nicht ausführlicher bearbeitet sind.

1) August Beck von Mühlhausen, eigentlich Just Mengling, unter der Bande Just Schwengel genannt, fam im Ectober 1752 auf Lebenszeit in die Karre nach Magdeburg.

Bei der Reichhaltigkeit des von Mahr gegebenen Materials hätte sich schon damals eine ziemlich vollständige rationelle Darstellung des Gaunerthums geben lassen. Am Schlusse ist endlich ein aus den Acten gezogenes in alphabetischer Folge geordnetes und aus 434 Vocabeln bestehendes Gaunerwörterbuch beigegeben, das eine sehr wichtige und beachtungswerthe Stelle in der Gaunerlerikographie einnimmt.

Beschreibung derer berüchtigten Jüdischen Diebes- Mörder- und NäuberBanden. Welche seither geraumen Jahren, hin und wieder im Reich viele gewaltsame Beraubungen Mordthaten und Diebstähle begangen haben, vornehmlich hiesigen hochfürstlichen, sodann auch, denen umliegenden Churfürftlichen, Gräflichen und Ritterschaftlichen Landen, desgleichen verschiedenen Reichs- und Hansee-Städten, sammt allen deren Criminal-Gerichten, bey vorkommenden Fällen, zum nüßlichen Gebrauch. Von J. J. Bierbrauer. Caffel 1758.

Dies Werk ist im Grunde nichts anderes als eine Gaunerliste mit sehr kümmerlichen Signalements, aber durch seine`numerische Reichhaltigkeit und specifische Beschränkung auf jüdische Gauner bemerkenswerth, deren es nicht weniger als 362 aufführt. Der Verfasser, welcher binnen fünf Jahren diese weitläufige Lifte und darbei gefügte sonstige Nachrichten mit`groffer Mühe durch starke Correspondenz und merkliche auf geheime Kundschaft verwendete Kosten gesammelt" hat, muß Justizbeamter gewesen sein, obschon seine Arbeit in keinerlei Weise auf irgendeine amtliche Stellung oder auf eine bestimmte amtliche Untersuchung hindeutet. Doch repräsentirt sich der Verfasser recht scharf als abstoßender Typus der verknöcherten, verstumpften und herzlosen Beamtenschaft seines Zeitalters, welche ihre Gegnerschaft nicht geistig zu erfassen und zu beherrschen und, in diesem Bewußtsein der eigenen Ohnmacht, nur mit Haß und Verachtung auf das gesammte Judenthum herabzublicken weiß. Nachdem der Verfasser zur Erleichterung der Inquisition fol. 4b-5b des Vorberichtes einige

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kümmerliche Nachrichten über Beschneidung und Namen, über das dreizehnte Lebensjahr jüdischer Knaben (Bar mizwo), über Benschen, Namensveränderungen und über die Jüdischen Jahres-, Monats- und Tages - Rechnungen gegeben hat, stellt er, fol. 6, zwanzig flache und irrelevante Frageformeln als zweckdienliche Musterfragen auf, und schließt fol. 6b seinen Vorbericht in barbarischer Roheit, welcher nicht einmal die Tortur mehr genügt, mit den Worten:,,Kommt er dann aber endlich so weit, daß er (der jüdische Inquifit) zur Tortur genugsam qualificiret ist, so wird er doch dadurch schwerlich, hingegen per remedia - extraordinaria veritatis eruendae absonderlich durch die Knoten- Peitsche auf der hiesigen (kaffeler) Bank, oder durch dünne HaffelStöcke auf der koburger Bank, viel leichter zur Confession gebracht, dann ein Jude kann dergleichen ohnerwarteten dolorem praesentem et vehementem von heftigen Streichen, deren Dauer und Wiederholung ihme unbekannt ist, nicht ausstehen, auf die Inne oder Folter aber, worvon er weiß, daß sie nur eine Stunde währet, hat sich dieses schädliche Räuber-Geschmeiß schon vorhin gefaßt gemacht und wie unter ihnen zuweilen geschiehet, durch wirkliche Anlegung derer Tortural-Instrumenten präpariret."

Dennoch bleibt der Vorbericht sehr merkwürdig dadurch, daß er zuerst eine Classification der jüdischen Gauner nach den verschiedenen Industriezweigen (fol. 2-4) aufführt und dabei, in richtigem Verständniß der Gaunerterminologie, zutreffende Definitionen gibt. So classificirt er: Schränker, Boskenner (Posschener), Roller (,,lassen sich die Bärthe völlig abscheeren, geben sich alsdann vor Christen aus, kommen gegen Abend in die aufm Lande an denen Haupt-Strassen gelegenen Wirthshäuser, worinnen Fuhr- und Handelsleute logiren, legen sich zu selbigen auf die Streue und sobald diese ermüdete Leute hart eingeschlafen seynd, schneiden sie ihnen entweder die Kazen mit dem Geld vom Leibe herunter, oder ziehen die Geldbeutel aus deren Kippen gemächlich heraus und schleichen davon“), Schottenfeller oder Uffthuner, Marschandiser (Chalfen), Kuttenschieber (Kittenschieber), Es ck ocker oder Lohu, Jommacke

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