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aber in ihrem unverföhnlichen Haß gegen die Dynastie, ein Verbrechen, wegen deffen man im Jahre 1849 die halbe Monarchie in Fesseln legen müßte. Und dies ist denn auch, Dank sei dafür dem finnreichen Erfinder des Belagerungszustandes, in der That geschehen. Die Gefangenen schmachteten bis zum 9. Oktober des Jahres 1848 in Szegedins Kerkern, aus welchen sie die ungarische Regierung, welche nicht länger die Kosten für ihre Erhaltung tragen wollte, befreite. Die freie Preffe, die nach dem Aprilentwurfe des Preßgefeßes beinahe zur Zwanzigbogenfreiheit herabgesunken wäre, so ehrlich war es mit der Aufrechthaltung der Errungenschaften gemeint, ward nach dem feierlichen Autodafé, welches mit dem Entwurfe abgehalten worden, mit aller Perfidie der JuliBourgeoisie zu den dynastischen Intereffen verwendet. Man sah auf Staatskosten Journale entstehen, aber die Journale gingen zu Grunde, denn man hatte zwar den Willen und die Absicht, aber nicht die Talente, die der Louis-Philippistischen Politik dienten, geerbt; Beamte, die bisher allergehorsamste und allerunterthänigste Berichte geliefert, wurden durch Ministerialschreiben zu Staatspublizisten umgewandelt, die natürlich eben so schlecht die Maßregeln ihrer Brodherren vertheidigten, als erstere an und für sich waren. Es war schwer zu entscheiden, wer der Oeffentlichkeit schlechtere Produkte lieferte, der Minister oder sein Leibjournalist das Volk nahm nur wenig Theil an den ministeriellen Journalen, obgleich fie meist unentgeltlich vertheilt oder zu Spottpreisen verkauft wurden. Als die österreichische Konstituirende zusammentrat, waren mehr als ein halbes Dußend bereits den Weg alles Fleisches gewandelt und an ihrer Stelle eben so viel Neue wieder aufgetaucht.

Die regierende Familie, die durch die Mairevolution

um ihr Oberhaus gekommen, sah nicht ohne Bangen den Wahlen zu dem ersten Reichstage entgegen. Obgleich es an Umtrieben zu Gunsten des loyalen Adels, Klerus und der Büreaukratie nicht fehlte, und ungeachtet des traurigen Finanzzustandes Gold in Massen verschwendet wurde, fielen die Wahlen doch keineswegs zu Gunsten der Regierung aus. Das Landvolk, welches wohl wußte, wie es bei den Verhandlungen über die Ablösungsfrage von Adligen und Geistlichen vertreten werden würde, gab keinen Einflüsterungen Gehör und die Regierung feßte nur wenige von ihren Kandidaten durch. Mit Ausnahme Violands und mehrerer Polen war indeß kein einziger revolutionärer Charakter in die Kammer gewählt worden und die große Mehrheit derselben bestand aus beschränkten, ihrer alltäglichen Lebenssphäre entriffenen und in cine ihnen ganz fremde Bahn hineingeworfenen Männern, die sich wohl wie die römischen Auguren nicht ohne Lachen betrachten konnten. Sentimentale Patrioten, loyale Ueberschwängliche, politische Phantasten à la Schufelka und ehrgeizige Abenteurer hatten gleichfalls ihren Weg zu der Wiener Reitschule gefunden, die Regierung konnte bei dem Zusammentritt der Reichsversammlung auf keine Majorität in derselben zählen, denn sie wußte nicht, was fie von den Slawen zu erwarten hatte. Ihre bisherigen Maßregeln gegen diefelben waren nicht der Art, daß sie auf große Sympathien zählen konnte, denn die Dynastie hatte nach dem beliebten Divide et impera die Slawen gegen Magyaren und Deutsche und umgekehrt geheßt, gegen Beide aber stets wie ein orientalischer Despot gegenüber einem besiegten Volke verfahren. Die flawische Politik entwickelte sich erst später zum Unheil der eignen Pläne wie dem ihrer natürlichen Verbündeten. Die Slawen, vergefsend die hundertjährigen Bedrückungen

D883 F4

Seinem

Freunde und Landsmanne

Dr. Ph. J. Fallmeraver

widmet diese Blätter

zu

freundlicher Erinnerung

der Verfasser.

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