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Auf, auf, zu den Waffen, Magyaren! Wer dem Geseße nicht gehorcht, welches der König selbst beschworen hak, der ist ein Verräther; wer aber ein Verräther ist, den nehmt gefangen und liefert ihn dem Geseße aus.

Unser Vaterland ist unser Alles. Das Vaterland ist Alles, das Vaterland retten ist die erste Pflicht! Retten wir das Vaterland, so retten wir uns selbst!

Wer in einem Dorfe, in einem Kömitat den geringsten Einfluß hat, ergreife eine Fahne! Hören wir auf den Flächen Ungarns keine andere Musik als den traurig- ernsten Rakoczymarsch; er sammle um sich 10-20-50-100-1000 Menschen, wie viel er vermag, und führe sie gegen Veszprim; in der Gegend Veszprims soll sich das ganze magyarische Volk versammeln, so wie sich die auferstandene Menschheit am Tage des Gerichtes versammeln wird, und dann gegen den Feind! Singet den heiligen Gesang, den Ihr kennt:

„Erhalte, Gott, unser Land,

Unser magyarisches Vaterland:

Vernichte unsre Feinde,

Die uns verfolgen!"

Auf! Auf! Zu den Waffen!! Mit uns ist Gott'und die

Gerechtigkeit!

Lajos Kossuth.

Wiener Oktobertage.

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III.

Wiener Zustände.

Die Presse. Das Ministerium.
Reichstag. Die Aula.

Der

Nach dem Sturze der octroyirten Aprilverfaffung und des provisorischen Preßgefeßes sehen wir in Folge der Maierrungenschaften die erste konstituirende, aus indirekten Wahlen hervorgangene Kammer in Oesterreich. Keine Kammer der österreichischen Lande! Dieser Frühlingstraum der Dynastie und des durchlauchtigen oder hochgebornen Adels war zerstoben vor einigen feurigen Reden, die an einem schönen Maimorgen gehalten, an einigen Barrikaden, die wirklich, und an tausend, die in der schreckensreichen Fantasie der Ci-devants gebaut wurden. Kein Oberhaus, kein Senat, der Herr Graf, der Herr Hofrath konnten in die peinliche Lage kommen, mit Bauern oder untergebenen Aneßisten auf denselben Bänken zu sißen, ja sogar fie als Gegner zu treffen, die Leute, die bisher nie eine andere Meinung gehabt, als die, welche man den weisen Herren zu haben befohlen hatte. Das mit der Janitscharenmusik des Königs Michel heimgesandte Preßgefeß aus der Fabrik Pillersdorf, Hye u. Comp. waltete nicht mehr schüßend über den Privatbeluftigungen der bureaukratischen Miniatur - Regenten und den ehrenwerthen Inhabern voller Geldsäcke und leerer Köpfe war durch Aufhebung der Zeitungskautionen das beneidenswerthe Monopol entgangen, allein gemäßigt liberal" oder reaktionär zu sein. Es war eine traurige, schlechte Zeit für alle Ci-devants und Parvenu's. Hatte

die naseweise Jugend es doch gewagt, bei dem Wiedereinzuge Sr. kaiserl. Majestät in Dero Residenzstadt das liebliche Fuchslied aufspielen zu lassen und bei dem gänzlichen Mangel an Religion sogar vergessen, pflichtschuldigft Vivat zu rufen. Es war nothwendig, daß es so kommen mußte, denn der Religionsprofeffor trieb in der Kammer Politika, anstatt den jungen Menschen die Lehre von der Erbsünde und die zehn Gebote zu erklären. Die Bürger ließen es sich ihrerseits einfallen, mit dem F. k. Militär in Genauigkeit der Handgriffe konkurriren zu wollen und während es früher ein beneidenswerthes Vorrecht der Lieutenants erster und zweiter Klasse war, den mächtigen Schleppfäbel durch die Straßen klirren zu lassen, ließ es sich nun jeder ordinäre Nationalgardist beikommen, außer Dienst, auf eigene Gefahr und Rechnung mit dem genannten Lieutenantsprärogative Staat zu machen. Es war, wie wir schon sagten, eine betrübte Zeit. Jeden Tag ein Krawall oder Kaßenmusik; die Kanaille wurde jeden Tag übermüthiger, man mußte sie durch Hunger zu Paaren treiben. Die Herren Kavaliere zogen mit ihren Familien und Maitressen auf's Land oder in's Ausland, und wenn die Kaufleute und Handwerker ihre Nechnungen einreichten und fich zu ferneren Bestellungen empfahlen, hieß es: Geht nur auf die Aula, die soll Euch beschäftigen. Aber auch auf dem Lande bekamen die Herren Vieles zu hören, was ihren Salonohren gar widerlich klang - die schlechte Presse und Herr Hans Kudlich, der Vater des Ablösungsgeseßes, hatten troß Kreisamt und Landrichter oder Pfleger das gute Landvolk über Dinge belehrt, von denen sie bisher geglaubt, der liebe Gott habe das seit Anfang der Welt so gemacht. Wir sagten schon früher, das österreichische Volk liege noch in den Flegeljahren der Politik; denn es schreite rasch vorwärts und begreifen überaus schnell.

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Die Presse, so unbeholfen und linkisch sie auch war, der äußern Form, wie theilweise ihrer Taktik nach, wirkte mächtig auf Stadt und Land, und während in den übrigen deutschen Provinzen, die bis zum Jahre 1848 an dem Hungertuche des Schein - Konstitutionalismus genagt, es dem gefinnungstüchtigsten und geistreichsten Blatte Riesenarbeit und Opfer koftete, einige tausend Abonnenten zu erlangen, um seine Existenz

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friften zu können, ward sie in Oesterreich zur Quelle eines lukrativen Einkommens, sobald sie einer der extremen Parteien angehörten. Die goldene Mittelstraße, das selige JusteMilieu hatte keinen Erfolg und wer halb kaiserlich, halb konftitutionell sein wollte, verdarb es mit dem Publikum, dessen gesunder Sinn etwas Ganzes wollte. Die konftitutionelle Donauzeitung, welche den konftitutionellen Liberalismus als Devise führte, dabei aber den vermoderten k. k. Absolutismus nicht vor den Kopf stoßen wollte, ging zu Grunde, weil sie es keiner Partei recht machen konnte. Nur in vollkommen politisch ausgebildeten oder depravirten Staaten ist eine Juste-Milieu-Politik möglich, nie aber bei einem Volke, das seine staatlichen Zustände erst konstituirt. Da giebt es nur zwei Parteien, die des Aufbauens und die des Konservatismus, des Stillstandes. So auch in Oesterreich! An kaiserlich gesinnten Journalen, die unter der offiziell gewordenen Maske des Konstitutionalismus das System der unumschränkten Macht und die dynastischen Interessen vertheidigten, zählte man von Mai bis Oktober folgende: Die Wiener Zeitung. Als sie, die bisher nur Metternichsche Machtsprüche und Hurtersche Experimente zu Tage gefördert, plößlich als konstitutionelles Organ eines verantwortlichen Minifteriums fungiren sollte, benahm sie sich wie eine keusche fünfzigjährige Maid, die sich auf Befehl ihrer betagten Eltern verheirathet. Es ist in der That eine eigenthümliche Erscheinung, daß alle deutschen ministeriellen Organe, ohne Ausnahme, beispiellos schlecht redigirt und noch schlechter geschrieben find. Es ist, als ob sich die deutschen Minister das Wort gegeben hätten, die Vertheidigung ihrer Politik nur den eminentesten Dummköpfen anzuvertrauen, und so giebt es denn auch in der That kein offizielles Organ in Deutschland, das zur Fristung seiner · Existenz nicht der Subvention bedürfte, möge dieselbe nun in klingender Münze oder dem Monopol der Anzeigen bestehen. Und hat ein Kabinet irgend einen geistreichen Publizisten aufgegabelt, dessen Gewissen oder Börse sich mit der ministeriellen Politik vereinbaren laffen, so wendet er seine Thätigkeit gewiß nicht dem offiziellen Journal zu, weil er es nicht liebt, die Kinder seines Geistes in schlechte Gesellschaft zu bringen. Die

Wiener Zeitung machte, wie schon erwähnt, keine Ausnahme aus der Gesellschaft und die Wahl eines Kunstkritikers, der sich bis zum Frühling des Jahres 1848 aus Pflichtgefühl wie Neigung nicht mit der leidigen Politik.befaßt, zum Staatspubliziften und Redakteur des ministeriellen Blattes, beweift hinlänglich die Richtigkeit unserer Bemerkungen. Herr Eitelberger that auch sein Möglichstes, um seine hohen Gönner so schlecht und so langweilig als möglich zu vertheidigen. Die Preffe, Eigenthum eines abenteuernden, aber talentvollen und gewandten Menschen, Namens Zaegg, ehemaligen öfterreichischen Offiziers, dann Bäckermeister in Paris und endlich Journalist, war in ihrer Art das bestredigirte Journal Wiens. Sie vertheidigte die Interessen der Aristokratie und obgleich bedeutend unterstüßt, war sie oft nichts weniger als ministeriell, speziell, so lange Bürgerliche Portefeuilles in Händen hatten. Sie erfreute sich, bei aller Perfidie und Niederträchtigkeit ihrer Politik, doch eines großen Vorzugs vor der gesammten Wiener Preffe: fie artete nie in gemeine Persönlichkeiten und Schimpfereien aus und hatte unstreitig mehr politischen Takt, als die große Mehrheit ihrer Wiener Kollegen. Die allgemeine öfterreichische Zeitung, zu deren Redakteur man, auf eine, Allen denen, die Herrn Schwarzers geistige Potenzen näher kannten, unbégreifliche Weise Herrn Schwarzer machte, zählte zu ihren Hauptmitarbeitern nur zwei Leute von entschiedenem und politisch ehrenwerthem Charakter: F. Marquardt und H. Jellinek. Herr Schwarzer selbst, den sein Mißgeschick zum Minister machte, hat nie einen Gedanken gehabt, nie einen selbstständigen Artikel geschrieben, und wie er als Beamter des Lloyd nur in dessen Ideen machte, so auch in feinem Blatte nur die Gedanken Anderer debitirt. Einem seiner Hauptmitarbeiter, Herrn Stifft jun., werden wir auf einem andern Blatte dieses Buches begegnen. Die Politik der Allge= meinen Oesterreichischen Zeitung war zuerst entschieden liberal, verlor, als Herr Schwarzer Minister wurde, jedoch Farbe und Takt, wurde nach Schwarzers Abdankung wieder deutsch-liberal und hatte außer einigen gut geschriebenen Artikeln Marquards und Jellineks nichts Bedeutendes aufzuweisen. Ihr politischer Einfluß war gleich Null, während die „Preffe“ auf die Bour

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