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Inhaltsverzeichnis.

Erftes Kapitel. Der Ausgang des Mittelalters

Politische (1) und wirtschaftliche Verhältnisse (19). Finanzen (29). Geistiges

Leben (41). Schulen (43). Universitätsbesuch (49). Kirchliche Zustände (53).

Organisation (54). Materielle Lage der Pfarrer (59). Patronatsverhältnisse (66).

Klöster (70). Kirchl. religiöses Leben (87). Klosterreformationen (88). Juden-

verfolgungen (98). Ablaß (102). Werktätigkeit (104). Wallfahrts- und Pro-

zessionswesen (117). Heiligenkult (122). Bruderschaften (126). Die Predigt (129).

Rezerische Sekten (132). Sittliches Leben (133). Verhältnis des Klerus unter

sich und zu den weltlichen Ständen (147).

Bweites Kapitel. Die Anfänge der reformatorischen Bewegung 1521-1525.

Allgemeines (175). Die Herrschaft Arnstadt (178). Das Amt Arnstadt (183).

Caspar Guttel in Arnstadt (184). Die übrigen Ämter (193). Johann Thal

im Amt Clingen (197). Die Herrschaft Leutenberg (199). Die Herrschaft Sonders-

hausen-Frankenhausen (201). Cyriakus Taubenthal in Ringleben (205). Rück-

blick (207).

Drittes Kapitel. Die Gründe des Aufruhrs der Stadt- und Landbewohner 1525

Zinsen und Abgaben (209). Fronden (226). Zölle (235).
Zölle (235). Heeresfolge

(236). Herrschaftliche Vannrechte (237). Materielle Lage des Volkes (241).

Wucher (253). Andere Notstände (254). Schlechte Rechtspflege (261). Andere

rechtliche Mißstände (267). Soziale Stellung des gemeinen Mannes (268).

Geistige Einflüsse (270). Kommunistische Ideen (271). Die alte Kirche (274).

Revolutionäre Strömungen (275). Soziale Notstände in den Jahren 1520–1525

(276). Die reformatorische Bewegung (278). Strafenstatistik 1520-1525 (283).

Rückblick und Resultat (283).

Viertes Kapitel. Der Aufruhr in der Oberherrschaft .

Erstes Kapitel.

Der Ausgang des Mittelalters.

Das edle Geschlecht der Grafen zu Schwarzburg'), der Regenten der schwarzburgischen Herrschaften, war hervorgegangen aus dem alten thüringischen fevernburg-schwarzburgischen Grafengeschlecht, in dessen Besit sich die beiden Stammvesten, die Kevernburg) und die Schwarzburg, befanden und dessen erster urkundlich beglaubigter Ahnherr Graf Sizzo III. (1109-1160) sich bald Graf von Kevernburg (1141, 1143, 1144), bald Graf in Thüringen (in pago Süd Thuringia) nennt, in einer Urkunde v. Jahre 1123 aber auch als Graf von Schwarzburg bezeichnet wird. Die beiden Söhne dieses Grafen (Günther III. und Heinrich 1.) wurden seit 1160 die Stifter der beiden Grafenhäuser Kevern= burg und Schwarzburg als getrennter Linien, indem dem ersteren bei der Teilung der väterlichen Besißungen das Stammschloß Kevernburg, dem zweiten die Schwarzburg zufiel. Die Grafenlinie Kevernburg erlosch schon im Jahre 1385 (mit Graf Günther XV. 1376-1385). Bei einer Wallfahrt ins gelobte Land erlag der lezte kevernburgische Graf einem hißigen Fieber, seine Besitzungen gelangten zwar (1387) zunächst erb- und eigentümlich an die Landgrafen von Thüringen, aber schon im Jahre 1446 erhielt sie der angesehene Graf Heinrich XXVI. von Schwarzburg (1444-1488) durch Herzog Wilhelm III. von Sachsen für 10000 rheinische Gulden in Wiederkauf und 1467 wurde er mit der Kevernburg und den zu ihr gehörigen 27 Dörfern ganz belehnt. Der Stifter des gräflich schwarzburgischen Hauses, welches nach Aussterben der Linie Kevernburg berufen war, die Geschichte des Hauses Kevernburg-Schwarzburg allein fortzuführen, Graf Heinrich I., starb kinderlos;

1) ct. folg. Litteratur: Jovius, Schw. Chronik in Schöttgens und Kreysigs diplom. et script. Hist. Germ. med. aev. (Altenburg 1753-60) Tom. I., Heidenreich, Hist. d. Hauf. Schwarzb. Erfurt 1743; Treiber, Geschlechts- u. Landesbeschr. des Durchl. H. Schwarzb. Arnst. 1718 u. 1756; Hellbach, Archiv von u. für Schwarzburg 1787/89; Junghaus, Gesch. der Schwarzb. Regenten, 1821; Apfelstedt, Gesch. d. Sch. Hauses, Sondershausen 1856; Oskar Vater, das Haus Schwarzburg-Rudolst. 1894 u. die da angegebene neuere Litteratur. Die Berichte in Chron. des Jovius sind im allgemeinen zuverlässig, er hat über Quellen verfügt, die jezt verloren gegangen sind nur in den Daten laufen ihm wiederholt Ungenauigkeiten unter. Ueber die Zählung der schw. Grafen ist noch keine rechte Einheit erzielt. (Im folg. cf. J. Apfelstedt und Vater.)

2) Die Burg lag südöstlich von Arnstadt, unweit des Dorfes Oberndorf.

daher erhielt ein Sohn Graf Günthers III. von Kevernburg als Graf Heinrich II. von Schwarzburg die Herrschaft Schwarzburg (v. 1185-1231 regierend). Von zwei Enkeln dieses Grafen stammen diejenigen schwarzburgischen Grafenlinien ab, welche in der Folgezeit regieren, nämlich 1. von Graf Günther IX. die Hauptlinie Schwarzburg-Schwarzburg (1275-1397). Sie verzweigt sich noch in die beiden Nebenlinien Schwarzburg-Wachsenburg (1348[46]-1450) und Schwarzburg-Leutenberg (1362-1564). Es kommt deshalb von der Hauptlinie Schwarzburg-Schwarzburg für den Ausgang des Mittelalters und auch für die Reformationszeit nur die Nebenlinie Schwarzburg-Leutenberg in Betracht. Die zweite Hauptlinie des schwarzburgischen Grafenhauses, die Linie Schwarzburg - Blankenburg, deren Stifter ein anderer Enkel Graf Heinrichs II., Graf Heinrich V. (v. 1275-1282 reg.) war, blühte bis 1552; sie verzweigte sich von da ab in die beiden jezt noch regierenden schwarzburgischen Herrscherlinien. Werfen wir einen Blick auf die Geschichte unseres Grafenhauses bis hin gegen das Ende des Mittelalters es ist eine für ein Grafenhaus reiche, ja für Thüringen und teilweise selbst für Deutschland bedeutsame Geschichte. Wir erinnern nur an jenen „Glanzpunkt in der Geschichte Schwarzburgs", an die Regierung Graf Günthers XXI. (reg. 1324-49), der, weil er als ein gar rechtgläubiger, edler, mächtiger und beherzter Mann, der, durch tugendsamen Wandel vielfach empfehlungswert, geschickt sei, des Reiches Rechte zu handhaben und zu schirmen, zu bessern und im Frieden zu fördern" gewürdigt ward, als Gegenkaiser Karls IV. die deutsche Kaiserkrone allerdings nur wenige Monate zu tragen. Sein frühes tragisches Ende rief große Trauer hervor: Klage hube sich an dem Rhein und auch in Thüringen üm den neuen König, Herrn Günthern von Schwarzburg, da die seinen mit Betrübniß zu Lande wieder kamen, und sageten von seinem schnellen Tode, und seiner kurzen Herrschaft". (1349). Doch auch sonst zeichneten sich nicht wenige Glieder des Grafenhauses durch kriegerische Tüchtigkeit und vortreffliche Geistesgaben aus, welche sie befähigten, in verantwortlichen und einflußreichen Ämtern vor allem dem Reich und den Landgrafen von Thüringen, später den Churfürsten und Herzögen von Sachsen hervorragende Dienste zu leisten, z. B. als Geheime Räte, Statthalter, oberste Kammer- und Landrichter, Kriegsoberste u. s. w. Nicht minder angesehen waren sie, was gleich hier wenigstens angedeutet sein soll, als Träger hoher kirchlicher Würden, als Mitglieder des Ordens der Deutschritter, dem das schwarzburgische Grafenhaus eine stattliche Anzahl bedeutender Herren geschenkt hat, als eifrige Förderer der Wissenschaften namentlich an der blühenden Universität Erfurt. Für die Erweiterung der Grenzen ihrer Herrschaften waren sie im Krieg und Frieden unausgesetzt und meist mit Erfolg bemüht, so daß schon frühzeitig und zwar hauptsächlich im 14. Jahrhundert, troß vielfacher Gebietsveränderungen durch Kauf und Vertrag, Belehnung oder Erbe, der Grund zu dem ansehnlichen Umfang ihres Gebietes, welches die beiden Territorien am

Thüringerwald im Süden und an der Hainleite und dem Kyffhäuser Gebirge im Norden umfaßte, gelegt und ein gewisser Abschluß hinsichtlich ihrer Besißverhältnisse erreicht war.') Der drohenden Gefahr der staatlichen Zersplitterung durch wiederholte Erbteilungen begegnete man durch weise, die Einheit und Zusammengehörigkeit wahrende Bestimmungen in den Erbverträgen, oder man stärkte sich auch durch wichtige politische Verträge mit anderen, besonders mit den benachbarten Grafenhäusern Wichtig war z. B. der mit den Hohnsteinern 1325 geschlossene und 1347 erneuerte Erbvertrag, demzufolge 1356 den Schwarzburgern die Herrschaft Sondershausen zufiel.) Nicht wenig trug auch der Erbverbrüderungsvertrag mit den Grafen von Stolberg und Hohnstein vom Jahre 1433, nach welchem bei Aussterben der männlichen Linie des einen Hauses die andern succedieren sollten, zum Ansehen und zur Machtentwicklung des schwarzburgischen Hauses sowie zum Schuß seiner Interessen gegenüber der wachsenden Macht der benachbarten Städte (Nordhausen, Mühlhausen, Erfurt) und gegenüber etwaigen Übergriffen mächtiger Territorialherren bei. Allerdings fam im Laufe des Mittelalters das Grafenhaus in eine drückende Lehnsabhängigkeit, besonders von den mächtigen sächsischen Grenznachbarn) und vom Reich. Troßdem — als Herren eines ansehnlichen Gebiets waren sie als Bundesgenossen hochgeschäßt, als Gegner gefürchtet, sie besaßen die Würde und Freiheit eines unmittelbaren Reichsstandes, sie wurden zu den Reichstagen berufen, stellten eine bestimmte Anzahl von Ritterpferden und von Fußtruppen zur Reichshülfe, leisteten ihre Beiträge in die Reichskasse und besaßen für ihr Gebiet die Regalien reichsunmittelbarer Grafen; ihnen war das Reichsjägeramt übertragen (1356); sie gehörten mit den Grafen von Eleve, Cilley und Savoyen zu den Viergrafen des heiligen römischen Reiches (1356); sie selbst schreiben sich von Gottes Gnaden", nennen sich Grafen und Herren ihrer Besizungen; die Landgrafen von Thüringen bezeichnen sie als ihre „licben Ohmen“; der Kaiser nennt sie „Unsere und des Reichs lieben Getreuen“. Bis zu der Auszeichnung mit dem Titel „Wohlgeboren“ (1530) führten sie den Titel „Edel“ (nobiles et generosi).

Einer der angesehensten Grafen der Hauptlinie Schwarzburg-Blankenburg, (die neben der Nebenlinie Schwarzburg - Leutenberg für die Geschichte der

1) Einen besonders hohen politischen Aufschwung nahm das Grafenhaus in der 1. Hälfte des 14. Jahrh. (cfr. 1306 bez 1332 Erwerbg. v. Arnstadt, 1326 desgl. v. Leutenberg, 1335 pfandweise Erwerbg. der Leuchtenburg mit Roda und Kahla, 1340 Erwerbg. v. Frankenhausen und Rottleben etc.)

2) Erwähnung verdient ferner der i. J. 1334 zwischen Gr. Heinrich X. v. Schwarzb. u. seinen Schwager, dem Grafen Otto VII. von Orlamünde in bezug auf die Stadt Rudolstadt und die beiden dortigen Schlösser, geschlossene Vertrag, nach welchem sich Otto verpflichtete, das obere Schloß an keinen anderen als an Heinrich zu verkaufen; zugleich erklärte Otto, daß, wenn er ohne Leibeserben sterben würde, das untere Schloß und der dazu gehörige Stadtteil ebenfalls an Heinrich fallen solle. (1360 fiel Rudolstadt an die Schwarzburger).

3) Besonders hob der seit 1342 ausgebrochene „Grafenkrieg“ die Macht der Landgrofen in dem er zugleich die Orlamünder vernichtete. In diesen Krieg waren auch die Schwarzburger verwickelt, denen er viel an Wohlstand und Gebiet kostete. Damals mußten sie Rudolstadt und König dem Kaiser Karl IV. als böhmisches Lehn auftragen.

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