Gotthold Ephraim Lessings als Theologe: ein Beitrage zur geschichte er Theologie im 18ten Jahrhundert

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Pfeffer, 1854 - 232 Seiten
 

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Beliebte Passagen

Seite 1 - Wenn Gott in seiner Rechten alle Wahrheit und in seiner Linken den einzigen immer regen Trieb nach Wahrheit, obschon mit dem Zusatze, mich immer und ewig zu irren, verschlossen hielte und spräche zu mir: «Wähle!» - ich fiele ihm mit Demut in seine Linke und sagte: «Vater, gib! Die reine Wahrheit ist ja doch nur für dich allein!
Seite 1 - Nicht die Wahrheit, in deren Besitz irgend ein Mensch ist, oder zu sein vermeinet, sondern die aufrichtige Mühe, die er angewandt hat, hinter die Wahrheit zu kommen, macht den Wert des Menschen. Denn nicht durch den Besitz, sondern durch die Nachforschung der Wahrheit erweitern sich seine Kräfte, worin allein seine immer wachsende Vollkommenheit bestehet. Der Besitz macht ruhig, träge, stolz...
Seite 211 - Denn gründen alle sich nicht auf Geschichte? Geschrieben oder überliefert! - Und Geschichte muß doch wohl allein auf Treu' Und Glauben angenommen werden? - Nicht? Nun, wessen Treu' und Glauben zieht man denn Am wenigsten in Zweifel? Doch der Seinen? Doch deren Blut wir sind? doch deren, die Von Kindheit an uns Proben ihrer Liebe Gegeben? die uns nie getäuscht, als wo Getäuscht zu werden uns heilsamer war? Wie kann ich meinen Vätern weniger Als du den deinen glauben? Oder umgekehrt. Kann ich...
Seite 212 - Es eifre jeder seiner unbestochnen Von Vorurteilen freien Liebe nach! Es strebe von euch jeder um die Wette, Die Kraft des Steins in seinem Ring
Seite 37 - ... einmal einen in Berlin versuchen, über andere Dinge so frei zu schreiben, als Sonnenfels in Wien geschrieben hat; lassen Sie es ihn versuchen, dem vornehmen Hofpöbel so die Wahrheit zu sagen, als dieser sie ihm gesagt hat; lassen Sie einen in Berlin auftreten, der für die Rechte der Untertanen...
Seite 96 - Lieber mag der gemeine Haufe noch eine Weile irren, als daß ich ihn, obwohl ohne meine Schuld, mit Wahrheiten ärgern und in einen wütenden Religionseifer setzen sollte. Lieber mag der Weise sich des Friedens halber unter den herrschenden Meinungen und Gebräuchen schmiegen, dulden und schweigen; als daß er sich und andere durch gar zu frühzeitige Äußerung unglücklich machen sollte.
Seite 136 - Kurz: der Buchstabe ist nicht der Geist; und die Bibel ist nicht die Religion. Folglich sind Einwürfe gegen den Buchstaben, und gegen die Bibel, nicht eben auch Einwürfe gegen den Geist und gegen die Religion.
Seite 72 - Ich danke dem Schöpfer, daß ich muß; das Beste muß. Wenn ich in diesen Schranken selbst so viel Fehltritte noch tue: was würde geschehen, wenn ich mir ganz allein überlassen wäre? einer blinden Kraft überlassen wäre, die sich nach keinen Gesetzen richtet, und mich darum nicht minder dem Zufalle unterwirft, weil dieser Zufall sein Spiel In mir selbst hat?
Seite 150 - Ich habe gesagt, wenn man auch nicht im Stande sein sollte, alle die Einwürfe zu heben, welche die Vernunft gegen die Bibel zu machen, so geschäftig ist: so bliebe dennoch die Religion in den Herzen derjenigen Christen unverrückt und unverkümmert, welche ein inneres Gefühl von den wesentlichen Wahrheiten derselben erlangt haben.
Seite 27 - Je zusetzender die Schriftsteller von beiden Teilen wurden — und das wurden sie so ziemlich in der nämlichen Progression*: der neueste war immer der entscheidendste, der hohnsprechendste— desto mehr glaubte ich zu empfinden, daß die Wirkung, die ein jeder auf mich machte, diejenige gar nicht sei, die er eigentlich nach seiner Art hätte machen müssen. War mir doch oft, als ob die Herren wie dort in der Fabel: der Tod und Liebe, ihre Waffen vertauscht hätten!

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