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Dom; in Jerufalem die hl. Grabeskirche; die Geburtskirche in Bethlehem; mehrere Kirchen in Konstantinopel, in Zentralsyrien u. s. w.

Zu der Basilika gesellt sich seit dem 5. Jahrhundert der durch die Forderung größerer Prachtentfaltung und den Mangel an Holzgebälk im Orient hervorgerufene Zentral- oder Kuppelbau. Seine Charakteristika find: kreisrunder oder polygonaler Grundriß, ein dem entsprechender Mauercylinder von beträchtlicher Dicke und eine auf diesem ruhende Kuppel. Um= gänge vertreten die Seitenschiffe. Zwar kannte schon das Altertum den Zentralbau (z. B. Pantheon), und die älteren christlichen Bauten schließen sich an diese Vorbilder noch ziemlich genau an;

aber bald wird der Stil von den christlichen Architekten in Gemäßheit der praktischen Bedürfnisse des Kultus selbständig ausgebildet. Der Orient geht hier voran (byzantinischer Stil), und der neuen Bauweise gelingt es dort, die Basilika fast vollständig zu verdrängen, während sie im Abendlande zwar Eingang findet (S. Stefano rotondo in Rom, S. Vitale in Ravenna), aber nicht zu herrschendem Einflusse gelangt. Die höchste Leistung dieses Stiles ist die unter Justinian durch die beiden berühmten Architekten Anthemius von Tralles und Ifidor von Milet im Jahre 537 erbaute So= phienkirche (Ayía Zogía d. h. Aóyos) in Konstantinopel, in welcher der zentrale Aufbau mit einm basilikalen Grundriß vortrefflich vereinigt ist (Fig. 28).

fig. 28. Grundriß der Hagia Sophia.

Ihre klassische Vollendung findet die kirchliche Baukunst im Mittelalter. Im Übergange der älteren in die mittlere Zeit wirkte die altchriftliche Architektur noch bestimmend; unter ihrem Einflusse steht die lebhafte Bauthätigkeit der Karolinger, doch vollzieht sich zugleich die Weiterbildung, welche im 10. Jahrhundert die Form des sog. frühromanischen Stils erreicht, dessen höchste Ausbildung dann das 12. Jahrhundert vollzieht. Das romanische Kirchengebäude ruht auf dem Grundrisse der Basilika (Fig. 29); auch die Weise des Aufbaues ist dieser entnommen. Neu ist die Einfügung eines Mittelstücks zwischen Querschiff und Apfis als Erweiterung des Chores, die Krypta unter dem erhöhten Chor mit der Bestimmung als Grabstätte für geehrte Personen und in der Gestalt einer Kirche im Kleinen, endlich der mit dem Gebäude organisch verbundene Turm, der ursprünglich fortifikatorisch gedacht ist, hernach aber zu einem schönen, eindrucksvollen Schmuck der Kirche sich gestaltete. Eine weitere Stufe der Loslösung von dem überkommenen bezeichnet die Einwölbung zunächst des

Chors und der Seitenschiffe, dann auch des Mittelschiffes, wobei das schon dem Altertume bekannte Tonnengewölbe zur Anwendung kam. Aus diesem entwickelte sich das romanische Kreuzgewölbe (Schema: zwei sich durchschneidende Tonnengewölbe, Fig. 30). Das anfangs einfache Außere der romanischen Kirchen bereicherte sich allmählich. Die charakteristischen Stücke der Außenseite sind der Rundbogenfries und die Lisene. Die Plastik kam zur Wirkung in der Ausfüllung der tief geschrägten Portale und bemächtigte sich bald auch des Kapitäls. Andererseits forderten die schweren Massen des Ge= bäudes, welches den Eindruck festen Ernstes macht, daß die leichte Säule durch den kräftigen Pfeiler ersetzt wurde. Die großen Wandflächen des Innern boten eine willkommene Gelegenheit zur Entfaltung von Malereien. Das verhältnismäßig geringe Licht, welches durch die im allgemeinen kleinen Fensteröffnungen eintrat, ließ die kräftigen Formen und den ernsten Charakter dieser Bauweise um so schärfer hervortreten. Wohl ist im romanischen Stil die vorwiegende Längenrichtung der Basilika überwunden, aber auf Kosten architektonischer Gefälligkeit. Dennoch bezeichnet der romanische Stil einen Fortschritt, denn er erhebt die kirchliche Architektur aus dem Geiste der Antike in die christlich-mittelalterliche Sphäre. Die hervorragendsten Bauten romanischen Stils weist in Deutschland die Rheinebene auf (Mainz, Speyer, Worms,

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fig. 29. Klosterkirche
zu Hecklingen.
(12. Jahrhundert.)

Köln). Aber auch in den niederund obersächsischen Ländern (Hil= desheim, Quedlinburg und Naum= burg), sowie in Süddeutschland (Regensburg, Bamberg) und in Westfalen hat diese Bauweise sich zu hoher Blüte entwickelt. Dagegen ist in den romanischen Ländern der Stil nicht zu freier Entfaltung gelangt und auch in England lokal begrenzt ge= blieben.

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Eine Eigentümlichkeit der romanischen Architektur sind die übrigens seltenen Doppelkapellen, deren oberer Raum zu gottesdienstlichen Versammlungen diente, während der untere Begräbnisstätte war (Beispiele in Eger, Nürnberg, Landsberg bei Halle).

fig. 30. Romanisches Gewölbesystem.

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In dieselbe Zeit 13. Jahrhundert -, in welcher der romanische Stil von seiner klassischen Höhe herabsteigt, fallen die Anfänge der Gotik. Die Heimat derselben ist Nordfrankreich, aber erst auf deutschem Boden hat sie ihre höchste Vollendung erreicht, und zwar im 14. Jahrhundert.

Der Grundriß des gotischen Kirchengebäudes offenbart das Streben, Chor und Langhaus möglichst zusammenzufassen. Daraus ergab sich eine

Verkürzung, meistens aber eine vollständige Beseitigung des Querhauses. Der Chor erhielt vorwiegend polygonale Form (Fig. 31); die Krypta fiel weg. Von besonderer Wichtigkeit war, daß im Gewölbe an Stelle des Halbkreises der Spitbogen trat. Dadurch wurde die Möglichkeit hergestellt, die schweren Mauermassen aufzulösen und die Gewölbefelder in jedem beliebigen Abstand, nicht mehr nur über dem Quadrat, zu konstruieren. Dem noch vorhandenen Mauerschub wirkten innere und äußere Strebepfeiler entgegen; die Verbindung wurde durch (gleichfalls innere und äußere) Strebebögen hergestellt, die mit einfachen Schrägen (Pulten) oder Fialen gekrönt waren (Fig. 32). Das Überwiegen der Vertikalen, ein Charakteristikum des gotischen Baustils, sprach sich im Innern aus in dem hohen Aufbau des Gewöl

bes und den schlanken, reich belebten Rundpfeilern (Pfeilerbündel), am Äußern in den anfangs quadratisch, dann achteckig aufsteigenden Türmen, deren Helm die nach dem Himmel sich öffnende Kreuzblume zierte. Dasselbe Streben nach oben beherrschte die reiche Ornamentit und die kleineren Bauteile (Arabben, Fialen, Wimperge u. f. t.). Mit besonderer Vorliebe pflegte die Westfassade plastisch und architektonisch ausgestaltet zu werden (die Fensterrose, die Giebel), und hier wiederum wurde das Portal ausgezeichnet. Die weiten Fenster, deren Lichtfülle das Glasmosaik milderte, teilten und belebten Säulchen und Maßwert.

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Die

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So wie das romanische Gotteshaus die Basilika voraussetzt, so das gotische die romanische Baukunst. Es ist eine gerade Linie der Weiterentwickelung, und zwar in aufsteigender Richtung. Gotik ist der vollendetste architektonische Ausdruck des christlichen Gedankens, ein in ein Kunstwerk umgesetztes sursum corda. Das romanische Kirchengebäude ist wohl ein Abbild des starken, geschlosse= nen, einheitlichen Kirchentums seiner Zeit, aber nur in unvollkommener Weise ein Zeugnis des christlichen Geistes in seinem unendlichen Streben nach der jenseitigen Welt. Die Basilika ist ganz diesseitig, das romanische Gotteshaus diesseitig und jenseitig, die Gotik jenseitig. Daraus folgt freilich nicht die Verwerfung des romanischen Stils in seiner Anwendung auf das evangelische Kirchengebäude, sondern nur seiner unveränderter Herübernahme. Besonders empfiehlt sich dafür der auf die Gotik hindrängende sogen. Übergangsstil (13. Jahrhundert), dem eine Reihe trefflicher Denkmäler angehört (Münster in Basel, die Dome in Magdeburg, Lübeck, Cammin, Osnabrück, Bremen, Marienkirche in Soest u. a.).

J.

fig. 31. Grundriß des Kölner Doms.

Deutschland besitzt einen großen Reichtum von gotischen Kirchen. Der klassische Boden ist auch hier die Rheinebene (Köln 1248; Freiburg i/B. 13.-15. Jahrhundert; Straßburg 13. und 14. Jahrhundert). Im übrigen Deutschland seien nur genannt: die Elisabethkirche in Marburg (seit 1235), Handbuch der theol. Wissenschaften II. 3. Aufl.

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die Dome zu Meißen, Ulm, Regensburg, Halberstadt, die Wiesenkirche in Soest, die Dome in Prag, Kuttenberg, St. Stephan in Wien u. a. - Jnnerhalb dieses Stils liegt mit manchen, durch das Material bedingten Eigenheiten der Backsteinbau, der im norddeutschen Tieflande seine Heimat und Ausbildung hat. Es ist hier alles masfiger, größer und schmuckloser als in

fig. 32. Konstruktiver Teil von der Kathedrale in Amiens. Strebepfeiler mit Fiale, Strebebogen, Kreuzgewölbe, Triforium.

oder mit fremden Elementen (in Italien z. B. mit Elementen) versetzt wurde.

der reinen Gotik; bald wird die Gotik verkürzt (Eingliederung der Strebepfeiler, Beseitigung der Fialen, Krabben u. s. w.), bald überschritten (das Ornament, die großen Mauerflächen). Dennoch beansprucht

diese eigenartige Ent= wicklung ein großes baugeschichtliches Interesse (die Marienkirchen in Lübeck, Danzig, Rostock, Stralsund, der Dom zu Schwerin, die Cisterzienserkirchen in Eldena, Chorin und Doberan, die Katharinenkirche in Brandenburg). Sie be= ginnt schon in romanischer Zeit, etwa im 12. Jahrhundert

Die reine Form der Gotik findet sich fast nur in Deutschland und Frankreich (St. Denis, Chartres, Rheims, Amiens), während in England (York, Canterbury, Westminsterabtei), noch mehr aber in den romanischen Ländern (ausgenommen Nordfrankreich) der Stil von vornherein abgestumpft antiken und romanischen

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In der Baugeschichte des Mittelalters spielen auch die Klöster eine Rolle. Der unter Ludwig dem Frommen angefertigte Bauplan des Klosters von St. Gallen (S. 324) zeigt, wie breit sich schon damals das klösterliche Leben entfaltete. Hernach dehnten sich vorzüglich bei den Karthäusern, Cisterziensern und Prä

monstratensern die Klosteranlagen ins Große aus (die Cisterzienserklöster Bebenhausen, Maulbronn [Fig. 33], Oliva, Eldena, Chorin). Im allgemeinen standen ganz naturgemäß die Klosterkirchen an Umfang hinter den Pfarrkirchen zurück. Die Bettelorden, welche die Predigt betonten, begünstigten einschiffige Kirchen ohne Querhaus. Der Turm fehlte in der Regel den Klosterkirchen; ihn ersehte der Dachreiter.

Der an bischöfliche Erlaubnis geknüpfte Kirchenbau begann in der Regel mit dem Chor und wurde durch eine feierliche Grundsteinlegung eingeleitet. Der Altar hatte jezt seinen festen Platz im Osten; die Baulinie Ost-West wurde, wo nicht Ungeschicklichkeit die

Ursache war, nur unter dem
Drucke besonderer Verhältnisse
aufgegeben oder wenigstens nicht
genau innegehalten. In den
Städten lag die Hauptkirche
meistens in der Nähe des Markt-
plazes oder an oder auf demsel=
ben; auf dem Lande war die
Sitte weitverbreitet, den außer-XXI
halb des Dorfes gelegenen Got=
tesacker als Kirchbauplah zu be-
nußen; nicht selten waren die
Kirchen in diesem Falle durch
Wall und Graben geschützt oder
sonst zur Verteidigung einge-
richtet. - Die Oberaufsicht über
den Bau des Gotteshauses, mochte
derselbe von geistlichen oder von
weltlichen Personen ausgeführt
werden, lag in der Hand der
Kirche. Bis zum 13. Jahrhun-

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fig. 33. Grundriß der Cifterzienserabtei Maulbronn. dert war diese in dem Grade den Jahrhunderten a-d) Kirche mit gradlinigem Ghorabschluß Trägerin der kirchlichen Kunst, e) Kreuzgang f) Brunnenkapelle g) Refektorium der Laienbrüder h) Herrenrefektorium (zwischen beiden die Küche) i) Winterrefek daß Kleriker oder Mönche unmit- torium k) Dorment 1) ehemalige Bruderhalle (frateria) m) Kapieltelbar den Bau leiteten. Seit- saal mit n) Johanniskapelle o) Herrenhaus. – Die Abtswohnung (zerstört) lehnte sich öftlich an das Dorment (k) an. Die Wirtdem bemächtigten sich mehr und schaftsgebäude lagen westlich in einiger Entfernung von der mehr des Kirchenbaues die sog.

Beginn des Baues 1147, Fortsetzung bezw. Umbau in den folgen

Klausur.

Bauhütten, das sind Zünfte, deren Angehörige durch ein Statut, welches auch fittlich-religiöse Forderungen enthielt, unter der Vorsteherschaft eines „Meisters“ (magister) zusammen gehalten wurden.

Allgemeine Literatur.

Grüneisen, über die Ursachen u. Grenzen des Kunsthasses (Tüb. Kunstbl. 1831 Nr. 28 ff.). K. Schnaase, über das Verhältnis der Kunst zum Christent. und bef. zur ev. Kirche. Berlin 1852. E. Chr. Luthardt, über kirchl. Kunst, 1. Aufl. Leipz. 1864; 3. Aufl. 1878. M. A. v. Bethmann-Hollweg, Christent. und bildende Kunst. Bonn 1875. G. Portig, Religion und Kunst. 2 Bde., Iserlohn 1879 (I, S. 340 ff.). Wernicke, Christentum und Kunst (Christl. Kunstblatt 1886 S. 5 ff.). F. X. Kraus, Synchronist. Tabellen zur christl. Kunstgesch. Freibg. 1880.

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