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fig. 24. Altchristlicher Sarkophag (Lateranmuseum).

Arche. Die übrigen drei Darstellungen illustrieren das Landleben. 4. Jahrhundert.

Oben links die Auferweckung des Lazarus, in der Mitte Quellwunder und Aufsammlung des Manna; unten Scenen aus dem Leben des Jonas und Noah in der

Darstellungen beziehen sich auf die Heilige Geschichte oder zeitgenössische Verhältnisse und Ereignisse (Familienporträts, Szenen des Zirkus, Handwerkerleben). Die Abneigung der altchristlichen Kunst gegen das Sta= tuarische erklärt sich in erster Linie daraus, daß der antike Götterglauben sich in der Form der Statuen verkörperte; auch erfor= dert die Statue ein Maß künst= lerischen Könnens, das im allgemeinen in der Kirche fehlte. Zu

den wenigen uns erhaltenen alt= christlichen Statuen zählen meh= rere Standbilder des guten Hirten, die bekannte Hippolytusstatue, die aber nur bis etwa über den Gürtel hinauf ursprünglich ist, und das Erzbild des Petrus in der Peterskirche, dessen christlichen Ursprung zu be= zweifeln kein Grund vorliegt.

In der kirchlichen Kunst des Mittelalters gewinnt die Plastik eine größere Bedeutung als in den vorhergehenden Jahrhun= derten, bleibt aber im letzten Grunde doch nur ein Hilfsmit= tel der Architektur. Das Relief findet reichliche Verwertung in den Diptychen, den Vasa sacra, ja fast an allen Gegenständen der kirchlichen Kleinkunst. Noch ziemlich lange beobachtet man an den geschnitten Elfenbeintäfelchen (Buchdeckel, Altärchen) das Nachwirken der Antike. An und in dem Kirchengebäude selbst boten Portal, Altar, Kanzel, Taufbecken, Chorgestühl, Grabmäler u. s. w. Veranlassung zu

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Reliefschmuck. Daneben erzeugte die Plastik schon in frühromanischer Zeit auch freistehende Bildwerke, Statuen, für welche besonders die auf künstlerische Ausstattung gerichtete Gotik Verwendung hatte. Seit dem 12. Jahrhundert beginnt die Skulptur zu vollendeten Leistungen sich zu erheben; bald nachher

treten bestimmte Schulen oder wenigstens Kunstrichtungen hervor, so im 13. Jahrhundert die sächsische Schule (Kanzel und Altar zu Wechselburg; Goldene Pforte zu Freiberg), die rheinische (Trier), die fränkische (Bamberg); im 14. und 15. Jahrhundert die schwäbische (der Hochaltar in Blaubeuren 1496), die Nürnberger (Adam Krafft † 1507; Veit Stoß aus Polen † 1533). Die romanische Bildhauerkunst pflegte das Ornament und faßte die Figuren kräftig, gedrungen und in feierlicher Haltung. In der gotischen Zeit wurden die Gestalten schlanker, zierlicher; ein subjektiver Zug macht sich geltend, gegen Ende des 15. Jahrhunderts sogar ein frischer, oft auch derber Naturalismus.

Das Material der Plastik bildeten vorwiegend Stein und Holz. Die größeren Schwierigkeiten der Technik erklären es, daß der Erzguß lange Zeit im Hintergrunde stand. In

Deutschland bemühte sich der Bischof Bernward von Hildesheim († 1022) um Einbürge= rung desselben (Reliefs an der Domthür, Erzsäule, Leuchter in Hildesheim). Doch erst die gotische Zeit machte ihn popu= lärer. Grabmäler, Kronleuch= ter (sog. Radleuchter), Taufbecken, seltener Reliefs an Kirchenthüren waren Gegenstand des Erzgusses (Beispiele: Domthüren zu Augsburg, Laufbecken in Hildesheim, Lüttich, Brandenburg und sonst, Kronleuchter inHildesheim, Camburg, Aachen, Effen). Dagegen fand in ItaLien, wo sich eine gewisse Kenntnis des Erzgusses aus dem Altertum erhalten hatte, derselbe eine viel reichere Verwendung; vorzüglich forderte ihn die Renaissance. Die vollendetste Leistung des deutschen Erzgusses gehört dem 16. Jahrhundert an: das Sebaldusgrab in S. Sebaldi zu Nürnberg von Peter Vischer 1508-1519.

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fig. 25. Romanischer Radleuchter im Dom zu Hildesheim.

In Italien empfing, wie die Malerei, so auch die Plastik im 13. Jahrhundert Anregungen von der Antike. Der erste klassische Zeuge dafür ist Niccola Pisano (geb. um 1215); sein und noch mehr seines Sohnes Giovanni Pisano Einfluß verschafften dieser Richtung Einfluß, auf welcher die italienische Frührenaissance (Lorenzo Ghiberti † 1455, Donatello † 1468) ruht. So wurde hier die mittelalterliche Kunstanschauung schon in einer Zeit überwunden, als sie in den nordischen Ländern noch in ungeschwächter Kraft herrschte.

Was den Inhalt der bildlichen Darstellungen der mittelalterlichen

Kunst anlangt, so nehmen die historischen Stücke, die in der Mehrzahl der Legende entstammen, den breitesten Raum ein. Sie sind im allgemeinen leichtverständlich. Größere Schwierigkeiten bieten die symbolischen Darstellun= gen, in welchen die ältere Auslegung alle möglichen geheimnisvollen Gedanken fand. Dieselben haben ihren Stoff der heiligen Schrift, besonders den Pfalmen, entlehnt, ferner der Legende, dem geistlichen Schauspiel, einzelnen popu= lären mystischen Schriften, dann den unter dem Namen Physiologi verbreiteten moralisierenden Naturbeschreibungen und einigen andern Quellen untergeordneter Art. Mit diesen Hilfsmitteln läßt sich bis auf einige Ausnahmen der meistens sehr einfache Inhalt mit ziemlicher Sicherheit feststellen. Von den altchristlichen Symbolen haben sich nur wenige in das Mittelalter hinein er

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halten. Die mittelalterliche Symbolik hat sich in der Hauptsache neu aufgebaut. Zu den Tiersymbolen des MA. gehören: das Einhorn (Christus), der Löwe (ebenfalls), die Löwin (Maria), Pelikan (Opfertod Christi), das Schwein (Judentum). Wilde Tiere sind im allgemeinen Sinnbilder der bösen Mächte; schwache (Reh, Hase) stellen die menschliche Seele vor. Auch die Farbensymbolik und die Zahlensymbolik (7, 8 15 u. f. w.) waren von Bedeutung und treten oft eigenartig hervor. Die Zahl dieser Sinnbilder ist sehr groß; ein einheit= licher Inhalt fehlt, die Beziehungen find mannigfache. Darin liegt ein Hauptunterschied von der altchristlichen Symbolik. Aber in vielen Fällen pflegt als Symbol aufgefaßt zu werden, was in Wirklichkeit nur phantastisches Ornament ist, z. B. die Tierfiguren an den Säulenkapitälen, die sich häufig erst aus dem Blattwerk des Ka= Geweiht 549. Dreifchiffige Basilika mit erhöhter pitäls entwickelt haben.

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fig. 26. S. Apollinare in Claffe in Ravenna.

Tribuna und 2 Seitentribunen. Das Atrium ist erst durch neuere Ausgrabungen festgestellt wor= den. Der Turm aus späterer Zeit.

Der Höhepunkt altchristlicher KunstLeistung liegt in der Architektur. Was diese in der vorkonstantinischen Zeit war, können wir freilich nicht ermessen, da uns das Quellenmaterial fehlt. Unter Konstantin erschloß sich ihrer Thätigkeit mit den geänderten Verhältnissen ein größeres Feld, als vordem der Fall gewesen war. Die Verwüstungen der diokletianischen Verfolgung, das rasche Anwachsen der christlichen Gemeinden und das begreifliche Streben der Kirche, ihrer neuen Stellung entsprechend sich in ihren Bauten zu repräsentieren, stellten an die kirchliche Architektur gesteigerte Ansprüche und gaben ihr dadurch Gelegenheit zu weiterer Entwicklung. Freilich schafft sie keinen neuen Stil: fie verharrt zunächst bei der durch die Tradition ihr angebotenen Basilika, bildet sie aber nach mancher Seite hin aus und gibt ihr eine erweiterte Grundlage.

Die Basilika (= basilica, scl. porticus, aber hier in dem auch der An

tike bekannten Sinne Prachtbau", "Halle") ist nicht aus der antiken Marktbasilika erwachsen, wie man durch den Namen irregeleitet, lange vermutete, noch aus dem antiken oder dem jerusalemitischen Tempelgebäude, noch weniger aus der legendarischen Katakombenkirche (Martigny, Kraus), sondern aus dem antiken Privathause, in welchem in apostolischer und nachapostolischer Zeit die gottesdienstlichen Versammlungen der Christen stattfanden; und zwar wurde der zurückliegende Teil des Hauses, das Peristylium, zu dem Langhause (vaós), das Atrium zu dem Vorraume (atrium) der Basilika. Der apsidale Abschluß des Langhauses ist ein in der antiken Architektur sehr gc= bräuchliches Hilfsmittel. Während das Atrium mit seinem Brunnen für den Vollzug der Taufe und als Aufenthaltsort der Büßenden der ersten Grade diente, sammelte sich in dem länglichen Hauptraume die Gemeinde.

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fig. 27. Inneres der alten Basilika St. Peter in Rom (4. Jahrhundert).

An dem einen Ende des Langschiffes, das fast ausnahmslos in drei Lagen (Hauptschiff und Seitenschiffe) zerschnitten war, befanden sich in dem apsidalen Anbau die Size des Klerus und zwar in Form eines Halbkreises (Fig. 26). Am Scheitelpunkte stand der Thron (góvos, cathedra,) des Bischofs; daran schlossen links und rechts die Plätze der Presbyter (corona presbyterorum). Der Altar hatte seine Stelle auf der Scheidelinie zwischen Schiff und Apsis. In unmittelbarer Nähe wahrscheinlich stand das Lektorium, ein einfaches hohes Katheder mit doppeltem Aufgange, aus dem sich später die Kanzel entwickelte. Ob die Sitte, es für den jedesmaligen Gebrauch herbeiund hernach wieder wegzuschaffen, allgemein gewesen, ist unbekannt. Der zunächst an den Chor stoßende Raum des Langhauses (solea, senatorium) blieb den niederen Geistlichen und angesehenen Laien reserviert. Die Geschlechter saßen geschieden. Im Oriente pflegte wohl gar ein Vorhang zwischen

Männern und Frauen gezogen zu werden, oder lettere nahmen ihren Plaz in Emporen.

Die Wände der Basilika waren mit Teppichen behängt und sonst mit Marmor und vergoldeter Täfelung dekoriert. Durch schmale Einschnitte drang das Licht in das Innere ein. Ob der Dachstuhl offen war oder nicht, läßt sich nicht mit Gewißheit entscheiden, doch ist das erstere wahrscheinlicher. (Fig. 27). Das Äußere haben wir uns sehr einfach zu denken. Die älteste Basilika stellt sich als ein langgestreckter, niedriger Bau mit im allgemeinen harmonisch bemessenen Dimensionen dar.

Von diesem Grundschema aus bildete sich die Basilika zunächst weiter dahin aus, daß zwischen Apfis und Gemeinderaum das Querschiff (Transept) gezogen wurde; dadurch gewann man für Aufstellung des Altars größeren Plaz, brachte aber auch die Scheidung zwischen Klerus und Gemeinde in dem gottesdienstlichen Versammlungshause zu um so schärfern Ausdruck.

Der geräumige Chor wurde jezt auch erhöht (daher ßhua, von Saiveır) und durch Holz oder Eisengitter (cancelli) von dem übrigen Raume abgeschieden. Durch das Querschiff, das anfangs noch sehr schmal ist und über die Breite des Langhauses nicht hinausschreitet, wird die architektonische Wirkung des Gebäudes um ein Bedeutendes gesteigert. Unmittelbar in seinem Gefolge erscheint der Triumphbogen (die Bezeichnung nicht symbolisch, sondern nach dem antiken arcus triumphalis), das feierliche mit Mosaiken geschmückte Eingangsthor zu dem Chor, dem Ehrenplatz der Geistlichkeit. Eine weitere Neuerung bezeichnet die Beseitigung des quadratischen Atriums und die Ersehung desselben durch eine schmale Vorhalle (ferula, vάons). Der Grund liegt in dem Aufgeben der älteren Bußdisziplin und den mancherlei Unzuträglichkeiten, welche der Vollzug der Taufen in diesem, dem Eingange vorgelagerten Raum mit sich führte. Die Taufe wird nunmehr innerhalb des Langhauses unmittelbar neben dem Eingange vollzogen, oder es wird ein eigenes Gebäude, Baptifterium (βαπτιστήριον, φωτιστήριον, κολυμβήθρα), δα seinen Platz in der Regel an der Langseite des Kirchengebäudes hat, dafür errichtet und zwar fast ausnahmslos in Form eines von einer Kuppel überdeckten Cylinders (Baptisterien in Ravenna). Außer dem Baptisterium finden sich als An- und Nebenbauten der Basilika noch: Bibliotheken, Katechisationsräume (xαоvueror), Beratungs- (secretum, secretarium) und Empfangs= zimmer (salutatorium, oixos doлαστixós), Kammern zum Aufbewahren der kirchlichen Gewänder und Wertsachen (camera paramenti, yağogvháxior), die carceres (decanica, dixarixa) u. a. Auf die richtige Orientierung der Kirche scheint Wert gelegt zu sein, indem der Altar meistens seinen Platz im Westen erhielt (Constt. Apost. II, 57); doch kommen schon früh auch Abweichungen vor die sich nicht immer aus den Terrainverhältnissen erklären lassen, und in der Folgezeit sich mehren, bis die mittelalterliche Kirche wieder eine festere Sitte schafft, und zwar so, daß sie den Altar im Osten aufrichtet.

Zu den wichtigeren altchriftlichen Basiliken, deren keine übrigens die ursprüngliche Form intakt bewahrt hat, gehören in Rom: S. Agnese, S. Clemente, S. Maria Maggiore, S. Paolo fuori le mura; in Ravenna: S. Apollinare in Classe (549 geweiht), S. Apollinare nuovo; in Trier der

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