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eine Hierarchie gab!) -,,Man soll wissen, daß Licht oder Erkenntniß nichts ist oder taugt ohne Liebe." (,,Wer nicht lieb hat, der kennt Gott nicht“) und nichts Göttliches, (,,denn Gott ist die Liebe."),,Das mag man merken, ob ein Mensch gar wohl wüßte, was Tugend oder Untugend ist. Hat er Tugend nicht lieb, er ist oder wird nicht tugendhaft; er folgt der Untugend nach und läßt die Tugend. Meinet er aber Tugend," (ist's ihm wirklich darum zu thun),,so folgt er der Tugend, und die Liebe macht, daß er der Untugend feind wird u. f. w.",,So ist's auch um Gerechtigkeit, Wahrheit 2c." ,,Siehe, also ist es auch um Gott, und das Gott zugehört, daß ein Mensch Viel erkennt von Gott und das Gott zugehört," (was Gott eigen ist,),,und meint, er wisse und erkenne auch, was Gott ist. Hat er nicht Liebe, so wird er nicht göttlich oder vergottet. Liebe vereinigt den Menschen mit Gott, daß er nimmermehr davon ge= schieden wird." (1. Joh. 4, 7. 15.),,Wenn es (das falsche Licht) also hoch kommt, daß es meinet, es erkenne Alles und über Alle, so steht es in seinem höchsten Lust und Gloriiren; und es hat (hålt) Erkennen für das Beste und Edelste, und darum lehrt es die Liebe, sie solle das Erkennen und Wissen lieb haben für das Beste und Edelste. Sieh, allda wird das Erkennen und Wissen, das

es selber ist, mehr geliebt, denn das er kannt wird." (Welche einfache, naive Beschrei bung von der Vielwisserei, Tiefforscherei unserer Zeit, blos um zu wissen und zu forschen, was die Wisser und Forscher selbst sind!),,Das eine wahre Gut liebt das eine, wahre, vollkommene Gut, und das eine, wahre, vollkommene Gut wird geliebt von dem einen wahren vollkommenen Gut; und in diesem Sinne spricht man und ist wahr: Gott hat sich selber nicht lieb als sich selber. Denn wäre icht (irgend etwas) Besseres denn Gott, das håtte Gott lieb und nicht sich selber." (Eine auffallende, aber richtige Darstellung von der Selbstlosigkeit wahrer Liebe!) — ,,Dieses mag man merken bei den Aposteln und Mårtyrern; die litten gern, was ihnen zu leiden zustand, und begehrten nicht von Gott, daß ihnen das Leiden oder die Pein kürzer, leichter oder minder würde, sondern allein, daß sie ståt und beständig blieben. In der Wahrheit: Alles, das göttlicher Liebe zu= gehört, in einem wahren, vergotteten *) Menschen,

Gern habe ich dies fremdlautende, aber der Analogie nach nicht undeutsche Wort beibehalten, weil es schon an sich mehr sagt als göttlich; nåmlich durchdrungen von der Gottheit, nicht blos mit etwas

das ist so gar einfältig, recht und schlecht, daß es mit rechtem Unterschiede nie gesprochen oder ge= schrieben ward, oder auch nie erkannt ward, denn allein, daß es ist, und daß (da, wo) es nicht ist, da kann man sein nicht glauben, wie sollte man es denn wissen?" (Das ist bei jeder Liebe der Fall; Liebe ist die einzige Anschauung für Liebe. Wer nie Etwas geliebt hat, dem kann man Liebe eben so wenig beschreiben, als man einem Blindgebornen einen Sonnenaufgang auf der See beschreiben kann.),,Man möchte sagen: Soll man Alles lieb haben, soll man denn auch Sünde lieb haben? Man antwortet, nein! Wenn man spricht: Alles, so meint man Gut; und Alles, das da ist, das ist gut, in dem als es ist (insofern es ist). Der Teufel ist gut, in dem als er ist. In dem Sinn ist Nichts bós oder ungut. Aber Sünde ist, anders wollen, begehren oder lieb haben denn Gott; und das Wollen ist nicht Wesen, darum ist es auch nicht gut. Kein Ding ist gut, denn so viel es in Gott oder mit Gott ist. Nun sind alle Dinge wesentlich in Gott und wesentlicher denn

Göttlichem versegt. Auch wird der Ausdruck: gått= lich jest so gemißbraucht, daß es göttliche Schauspielerinnen, Tänzerinnen gibt, zum Beweis, was die Gott: heit des Tags ist.

in ihnen selber; darum alle Dinge gut sind nach dem Wesen; und wäre ichts (irgend Etwas), das nicht wesentlich in Gott wäre, das wäre nicht gut zc." (Hat je ein Philosoph die Frage scharfsinniger und richtiger beantwortet?)

Ich brauche Sie kaum aufmerksam zu machen auf den hohen, heiligen Geist des Christenthums, der in diesen Auszügen weht; auf die schöne Ver: bindung der kindlichsten Willenlosigkeit mit der månnlichsten Festigkeit, da der religiöse Mensch, sich bewußt, daß er für sich Nichts wolle, als was Gott will, durch Bibel und Schicksale den Willen Gottes erkennt, an diesem aber so fest hålt, daß keine Verführung, keine Bestechung irgend einer Art, kein Leiden, keine Schmach ihn von seinem Gange wegschmeicheln, wegdrohen, wegverfolgen kann. Ihnen, der so innig liebt und so innig ge= liebt wird, entgeht es auch gewiß nicht, auf welche feine Art die Selbstsucht, das Ich, Mir, Mein, wie unser Theolog sagt, vernichtet wird als Zweck, und doch befriedigt wird als natürliche Folge, nämlich durch Liebe, weil der Geliebte unser besseres Ich ist, weil wir also genießen, indem wir entbehren, uns bereichern, indem wir weggeben, und so, ohne an uns selbst zu denken, für uns am besten sorgen. Wie oft haben Sie das wohl schon bei Ihrer liebenswürdigen Gattin,

bei Ihren hoffnungsvollen Kindern empfunden! Der Ausspruch Jesus:,,wer sein Leben, Genuß, Glück verliert, verlieren will um meinetwillen, aus Liebe zu mir, der wird's finden," gilt nicht blos von seinen ersten Schülern, sondern von allen Christen; nicht blos von Christen, sondern von Jedem, der liebt.

Endlich haben Sie gewiß bemerkt, was unserm Theologen Tugend ist: das höchste Ideal unserer Moralisten. Ihm ist sie nicht das Höchste, obgleich Sieg über Laster. Sieg seht Kampf voraus, und sein Christ weiß von keinem Kampfe mehr. In ihm ist Alles Friede, Ruhe, Einheit. Er will Nichts als lieben, und der Liebende will nichts Anderes, als was der Geliebte will. Def= sen Willen thun ist ihm so natürlich als das Athmen; und ist dessen Wille, immer recht zu thun, so thut er immer recht. Das kostet ihm keinen Zwang, er weiß es nicht anders.,,Der Mensch ist, was seine Liebe ist. Liebst du Erde, so bist du Erde; liebst du aber Gott was soll ich sagen? — so bist du Gott," (vergottet, wie unser Theolog sagt.) Selbst Weltmenschen haben manchmal von dieser so natürlichen Mystik eine Ahnung gehabt. ,,S'il en coute, d'être vertueux, on est bien mal né, sagt der Prinz von Ligne, den Niemand im Verdacht der Schwärmerei oder des My=

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