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wurde. Die Barfüßer wurden, als sie sich nicht fügen wollten, am 28. August aus der Stadt verwiesen.

Das Vorgehen gegen das Kloster St. Michaelis war wiederum ein Eingriff in die Rechte des Herzogs, denn nicht dem Rate, sondern dem Landesfürsten war dasselbe unterstellt. Ebenso auch das Abkommen des Rates mit dem ebenfalls landständischen Kloster Heiligenthal. Die Zahl der Bewohner desselben war auf ein Minimum reduziert; außer Prior und Senior befanden sich nur noch zwei Konventualen im Kloster. Verschiedene Male hatte bereits wegen starker Verschuldung Klostergut verkauft werden müssen. Am 20. Juli 1530 übergaben die Mönche das Kloster nebst allen Besizungen an den Rat, welcher dasselbe in ein Hospital umwandeln wollte und den austretenden Mönchen 50 Mark auf Lebenszeit zusicherte.

Während dieser religiösen Streitigkeiten ruheten die Verhandlungen mit dem Herzoge nicht. Bereits im Jahre 1528 wurde. die Sache auf einem Landtage verhandelt, und die Stände erklärten die Forderungen des Herzogs für völlig berechtigt.19) Sie (die Stände) hätten das Ihrige gethan, jezt solle auch Lüneburg seine Pflicht thun, sonst würden auch sie jede weitere Leistung verweigern. Der Rat hatte jedoch auf diesen Landtag keinen Vertreter entsandt; dem Herzoge erklärte er, man habe unter Heinrich dem Mittleren so viel geleistet, daß man jezt billig dessen enthoben wäre.20) Auf eine nochmalige Aufforderung des Herzogs 21) erwiderten sie, sie seien bereit etwas zu leisten, wenn eine Reihe von „Mißbräuchen", wie sie es nannten, abgestellt würden. Man verlangte Zollfreiheit in Gifhorn, Celle und an der Elbe und zwar für alle Güter der Stadt und nicht bloß für die zum Gebrauche der Bürger bestimmten. Von den außerhalb der Stadt im Fürstentume belegenen Gütern Lüneburger Bürger soll der Herzog keine Schahung erheben dürfen. Klagen, welche von den Bürgern und gegen dieselben erhoben werden, sollen vor dem Rate entschieden werden. Man fordert Holzrecht und Jagd auf drei Meilen im Umkreis der Stadt. Die Brücke bei Bütlingen soll beseitigt werden, weil sie den Handel von Lüneburg schädigt. Außerdem soll alles gebessert werden, von dem man noch nachträglich findet, daß es gegen die

Privilegien der Stadt verstößt; die Leistungen aber, zu welchen sich der Rat nach Erfüllung aller dieser Punkte herbei lassen wird, sollen vom Herzoge ausdrücklich als freiwillige anerkannt werden.

Der Herzog hielt viele dieser Klagen für unberechtigt, versprach aber Untersuchung und Abstellung der wirklichen Mißbräuche; doch sei es unbillig, ihn der Nvt des Landes wegen zu Zugeständnissen zu drängen, welche gegen jedes Recht seien. Allein troß aller Vorstellungen und immer wieder erneuten Verhandlungen vermochte der Herzog weder seine Geldforderungen, noch die Huldigung, welche er vor dem Besuche des Augsburger Reichstags von 1530 so dringend wünschte, durchzusetzen. Nur die unmittelbare Not des Fürstentums konnte ihn bestimmen, die Verhandlungen mit der Stadt wieder aufzunehmen.

Ein neuer Grund zur Klage wurde dem Herzog geboten durch das schon erwähnte Abkommen des Rates mit den Mönchen von Heiligenthal. Auch das Kloster, so behauptete Ernst, als er davon erfuhr, gehöre zu seinen, ihm vom Kaiser verliehenen Regalien, und seine Rechte als Landesherr und Patron seien durch diesen Vertrag verlegt. Er verweigerte deshalb die Anerkennung desselben, und ließ, als der Streit heftiger wurde, im Jahre 1532 alle außerhalb Lüneburgs belegenen Güter des Klosters einziehen. Besonders mußte es den Fürsten erbittern, daß die Stadt, obwohl dem äußeren Anschein nach lutherisch, nicht aufhörte seinen reformatorischen Bestrebungen sich zu widerseßen und allen ihm feindlichen Elementen als Stüße zu dienen.

Nach seiner Rückkehr vom Augsburger Reichstage, wo er mit den andern evangelischen Ständen zusammen die Augsburgische Konfession unterschrieben hatte, machte Ernst dem Rate von Lüneburg Mitteilung von den dortigen Verhandlungen und verlangte, daß derselbe der Erklärung der evangelischen Stände beitreten solle. Dieselbe Forderung wiederholte er auch, als er der Stadt den Abschluß des Bündnisses von Schmalkalden anzeigte. Der Rat hatte früher um Bedenkzeit gebeten; auf die lette Nachricht blieb er die Antwort schuldig, und wir finden auch nicht, daß man sich nach irgend einer Seite hin entschieden hätte, als der Herzog am 29. Juli 1531 abermals sein Verlangen

wiederholte. Weil das Evangelium bei ihnen reichlich gepredigt würde“, so schrieb Ernst damals, „habe er gute Hoffnung gehabt, daß sie von der erkannten göttlichen Wahrheit nebst ihm und andern evangelischen Kurfürsten, Fürsten, Grafen und Städten sich nicht würden abdrängen lassen; um Christi willen sei man schuldig, ihn auch offen vor den Leuten zu bekennen." Die Sache war nicht ohne ernste Bedeutung, denn im Fall eines Krieges konnte der Herzog an dem Rate einen Feind im eignen Lande haben, Lüneburg konnte ein Stüßpunkt für etwaige Operationen katholischer Fürsten werden. Jedenfalls mußte Ernst Gewißheit über die Stellung der Stadt erlangen.

IX.

Der „Ratschlag zu Notdurft der Klöster“. Urbanns Rhegius und seine Wirksamkeit in der Stadt Lüneburg.

Den en Klöstern des Landes gegenüber war Ernst inzwischen weiter vorgegangen. Als er dort evangelische Prediger eingesezt hatte, forderte er von den Klosterpersonen auf das strengste die Anhörung der evangelischen Predigt. Er hatte sich dies, wie wir sahen, an einigen Orten zusichern lassen, aber das Versprechen wurde nur kurze Zeit gehalten. Dann begannen die Nonnen auf alle mögliche Weise die evangelischen Geistlichen am Predigen zu hindern, und denselben das Leben so sauer zu machen, wie sie nur konnten. Ihre Gottesdienste hielten sie nach wie vor, und in Medingen erteilte Ernst daher schon 1529 den Befehl, die Messe abzustellen.

Die fortdauernde Verachtung der evangelischen Predigt veranlaßte ihn, schärfer gegen die Klosterfrauen einzuschreiten. Auf seinen Wunsch verfaßten im Anfang des Jahres 1530 die lutherischen Prediger den „Ratschlag zu Notdurft der Klöster". Gerade die Klöster, so sagt die Vorrede, sind von des Teufels Stricken besonders hart gefesselt; sie sind jedoch dem Herzoge nicht weniger Gehorsam schuldig, als alle anderen Unterthanen; „denn bliebe das Exempel jezt ungebessert und ärgerlich, wie sollten sich die Nachfolger desselben erwehren." Vor allem, wird in dem Ratschlage weiter gefordert, ist es nötig, daß das Wort Gottes lauter und rein gelehrt wird; der weltlichen Obrigkeit kommt es zu, hierfür zu sorgen, da es die Bischöfe nicht thun.

Ferner muß die Obrigkeit die Mißbräuche abschaffen, wie das „Gefängnis der Klosterpersonen", das Verbot des Ehestandes u. a. Die Bewohner der Klöster müssen das göttliche Wort hören, und wenn sie es nicht thun, so sollen sie durch fürstlichen Befehl dazu gezwungen werden, damit sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen. Diese fehlt ihnen, weil sie mehr Singen und Lesen, als Auslegung der heiligen Schrift haben und durch Klostersitte, Kleidung und dgl. den Himmel zu verdienen glauben. Wer aber der Obrigkeit widerstrebt, der widerstrebt Gottes Ordnung.

Die Predigt an Sonn- und Festtagen soll ihren Fortgang nehmen. Weil aber die Klosterfrauen häufig meinen, es werde ihnen zum Hohn und Spott geredet, so soll der Prediger zweimal wöchentlich in geschlossener Kirche den Nonnen in Gegenwart ihres Beichtvaters ein Hauptstück aus der Schrift auslegen oder im Zusammenhange erklären. Dabei sollen dann aber alle Bewohner des Klosters zugegen sein. Die Beichtväter müssen des Wortes Gottes mächtig sein, denn ein Blinder kann den andern nicht führen. Sie sollen häufig wegen ihres Glaubens, ihres Lebens und ihrer Lehre geprüft werden, namentlich vor ihrer Wahl durch den Konvent. Wählt dieser dann aber nicht richtig, so soll der Herzog die Beichtväter einsehen.

Die Officien von der Zeit“ (die sonn- und festtäglichen Chordienste) sollen bleiben, die „Officien von den Heiligen" aber abgeschafft werden, damit durch die größere Uebereinstimmung des Gottesdienstes in den Klöstern und in den Gemeinden „der Wille und die Gunst des Volkes unter einander wachse und sich vermehre." Die Klostergelübde sollen aufhören, denn sie sind nicht von Gott und der christlichen Freiheit entgegen; auch ohne sie kann ein christliches Leben geführt werden. - Die Klostergefängnisse, die Prassunen, sollen aufgehoben werden. Wer straffällig wird, den soll die Obrigkeit strafen. Wer erkannt hat, daß das Klosterleben sein Gewissen beschwert, der soll von der Obrigkeit unterstüßt und ihm zu einem besseren Leben verholfen werden.

Dieser Ratschlag wurde im Anfange des Jahres 1530 gedruckt und den Frauenklöstern mit der Weisung übersandt, sich in Zukunft danach zu richten. Er rief jedoch einen sehr heftigen

Wrede, Ernst der Betenner.

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