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The fretful porcupine:] QA und FA treffen hier wieder in der richtigen Lesart 'fretful' zusammen; QB folgg. haben: fearful. Sämmtliche alte Drucke lesen übrigens 'porpentine' st. 'porcupine'. Delius Sh.-Lex. 182.

This eternal blazon] 'Blazon' bedeutet nach Webster ursprünglich die Kunst, Wappen zu zeichnen, zu beschreiben und zu erklären; dann überhaupt eine Auslegung, Darstellung oder Verkündigung: diese ewige Verkündigung, d. h. diese Verkündigung ewiger Dinge passt nicht für Ohren von Fleisch und Blut. Diez, Etym.

Wörterb. 57 u. Blasone.

List, list, O list!] So QB folgg. FA: List, Hamlet, O List! O God!] Pope, Theobald und Warburton: O heaven! aus FA?

Ob

Haste me to know 't,] Sämmtliche Qs. FA: Haste, haste me 47 to know 't, was keiner Widerlegung bedarf.

As meditation &c.] Warburton fasst 'meditation' in dem von den Schwärmern ihm beigelegten Sinne: Andacht, so dass also Hamlet die Schnelligkeit seiner Rache mit dem Fluge der Andacht und Liebe vergleicht.

That roots itself] So sämmtliche Qs. FA: rots. Steevens zieht, nach Delius Sh.-Lex. 182, 'rots' vor, weil das Wurzeln doch immer eine Art Thätigkeit ausdrücke, das erstere also die stumpfe Trägheit besser bezeichne. Die Lesart der Qs giebt jedoch einen so guten Sinn, dass kein Grund vorhanden ist, von dieser ältesten Textüberlieferung abzuweichen. Douce II, 223 vermuthet nicht ohne Wahrscheinlichkeit, dass Shakespeare hier auf das Bilsenkraut anspielt, das allerdings vorzugsweise auf Schutthaufen und wüsten Plätzen (Lethe wharf) wächst und eine einschläfernde und betäubende Wirkung hat, daher in Deutschland auch Schlafkraut genannt wird. An denselben Orten wächst auch der Schirling, und Shakespeare zeigt hier wie anderwärts eine merkwürdige Beobachtung und Kenntniss der Natur. Vgl. die Anm. zu: Chough §. 222.

Lethe's wharf,] Die Mischung griechischer und christlicher Vorstellungen ist eine so allgemein verbreitete Dichterfreiheit, dass sie uns am wenigsten bei Shakespeare in Erstaunen setzen darf.

In my orchard] So lesen QA, StR (ohne Variante), Pope, Theobald, Warburton und Steevens. Collier: mine.

O! my prophetic soul!] QA: O my prophetic soul! My uncle,
Diesen Ausruf hat Fletcher wiederholt, The Double

my uncle.

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Marriage (nach 1618) II, 4: Duke: Who stole her? Oh, my prophetic soul!

Adulterate] adulterous. Nares s. Adulterate.

=

With traitorous gifts] FA fälschlich: hath traitorous gifts. What a falling-off] In QB-QF fehlt der unbestimmte Artikel. Will sate itself] So FA. QA: fate, indem der Setzer aus dem langen s ein f gemacht hat. QB folgg.: Will sort itself. Die Übereinstimmung von QA und FA ist hier wieder entscheidend.

Within my orchard,] So lesen auch hier QA und StR; Pope, Theobald, Warburton, Steevens und Collier dagegen: mine.

In the afternoon,] QA und FA: QB folgg.: of the afternoon. Hebenon] QA und StR: Hebona (in letzterem ist es wie die Eigennamen cursiv gedruckt); die Lesart der übrigen Drucke kennen wir nicht. Eine wahre 'crux interpretum'! Nach Nares s. Hebenon kommt 'heben wood' (= ebony) bei Spenser, und 'The juice of hebon' in Marlowe's Jew of Malta vor, wo es heisst: In few, the blood of Hydra Lerne's bane, The juice of hebon, and Cocytus' breath, And all the poisons of the Stygian pool.

Douce II, 225 sq. führt an, dass in Batman's englischer Übersetzung des Bartholomæus de Proprietatibus Rerum, eines zu Shakespeare's Zeit sehr bekannten Buches, der vom Ebenholz handelnde Abschnitt überschrieben ist: Of Ebeno, Chap. 52. Dadurch wird es allerdings sehr wahrscheinlich gemacht, dass wir hier an den Saft des Ebenholzes zu denken haben, den man zu des Dichters Zeit für ein tödtliches Gift gehalten haben muss. Die von Dr. Grey aufgestellte Vermuthung, dass 'Hebenon' eine Metathesis 'Henebon = henbane' sei, ist durch keinerlei Gründe unterstützt und kann daher auf keine ernstliche Beachtung Anspruch machen. Denn die nach seiner Angabe im Plinius vorkommende Stelle, dass in's Ohr geträufeltes Schierlingsöl das Gehirn beschädige, haben wir nicht aufzufinden vermocht. Wenn das Citat aus Marlowe sicher ist, so möchte wol auch in unserer Stelle am Besten zu lesen sein:

für

With juice of cursed hebon in a phial. Oder soll man vielleicht an 'hemlock' denken, dessen Saft gleichfalls für ein starkes Gift galt?

The leperous destilment] 'Leperous' bedeutet hier nicht aussätzig, sondern aussätzig machend. S. die Anm. zu: with bisson rheum, §. 97. At once despatch'd:] So lesen QB folgg. und Fs. QA: deprived; MC: despoil'd. Dyce (A few Notes on Shakespeare, London

1853) hat die ursprüngliche Lesart mit Recht gegen MC in Schutz genommen. 'Despoil'd', sagt er, giebt bloss den Begriff der Beraubung, 'despatch'd' drückt zugleich die Plötzlichkeit derselben aus.

Unhousel'd, disappointed, unanel'd;] 'Unhouseled' heisst Jemand, der das Abendmahl, namentlich das Viaticum, nicht erhalten hat, von 'housel', ags. husel (vom lat. hostiola), Abendmahl. To housel' bedeutet Jemandem das Abendmahl reichen. 'Disappointed', wofür ganz ohne Noth 'unanointed' conjicirt worden ist, hat Johnson mit Recht für gleichbedeutend mit 'unappointed', d. h. 'unprepared' erklärt. In Measure for Measure III, 1 sagt Isabella zu ihrem Bruder, der am andern Tage hingerichtet werden soll: Therefore your best appointment make with speed, und die Herausgg. erklären ‘appointment' an dieser Stelle durch 'preparation'. Theobald liest: unappointed. Man kann bei 'disappointed' immerhin an die Absolution denken. ‘Unaneled', vom ags. ele = Öl, ist derjenige, welcher die letzte Ölung nicht erhalten hat. Pope erklärt es kurzweg: no knell rung, ist aber von Theobald desshalb zurechtgewiesen worden. Nach dem Teutschen Merkur 1778, II, 85 folg. ist im Gentleman's Magazine 1777 'unknelled' dafür conjicirt worden, was jedoch nicht einmal in's Versmass passt. S. Nares s. Anele. Disappointed. Housel. Unaneled. Unhouseled. Vgl. Haml. 219: not shriving time allowed. Beaumont und Fletcher, The Maid's Tragedy V, 2: Stir not! If thou dost I'll take thee unprepared &c. W. Scott, Ivanhoe (Edinb. 1820) II, 317. III, 344.

Sent to my account] Nach Douce II, 226 hat Heywood in: A Woman kill'd with Kindness, diese Stelle folgendermassen nachgeahmt:

and send them, laden

With all their scarlet sins upon their backs

Unto a powerful judgment.

O horrible! &c.] Als Johnson die von einer Dame gegen ihn gemachte Vermuthung mittheilte, dass dieser Vers, den QB folĝg. wie die Fs dem Geiste zutheilen, höchstwahrscheinlich von Hamlet gesprochen werde, wusste er noch nicht, welche Bestätigung diese nicht weniger geschmackvolle als gelehrte Verbesserung durch QA erhalten würde. Zwar sind hier die Worte: O horrible, most horrible! ebenfalls dem Geiste in den Mund gelegt, allein Hamlet unterbricht die Rede unmittelbar darauf mit dem Ausruf: O God! Es ist einleuchtend, dass dieser Vers eine eben so passende Unterbrechung in Hamlet's Munde ist, wie er für den Geist unpassend und zwecklos ist, und wir haben daher kein Bedenken getragen, diese Emendation, welcher auch Garrick bei der Aufführung des Hamlet folgte, in den Text aufzunehmen.

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A couch for luxury] 'Luxury' ist gleich 'lewdness, incontinence' nach Nares s. Luxury.

The matin to be near,] QA: Martin. Bei Drake 539 steht 'matins' gedruckt. Das schwerlich anderswo vorkommende 'matin' ist in der That geeignet, Verdacht zu erwecken, und man fühlt sich versucht, es in 'matins' zu ändern.

=

His uneffectual fire:] Uneffectual wirkungslos, kraftlos; ‘shining without heat' sagt Warburton. Bei Hawthorne, The House of the Seven Gables 245 (Stand. Amer. Auth. Vol. XII.) heisst es von einem Geiste: 'See! he lifts his ineffectual hand, and tries the frame'.

Adieu, adieu, adieu, remember me.] So lesen QB folgg. QA: Hamlet, adieu, adieu, adieu &c., wodurch der Vers sechsfüssig wird. Die Lesart der FA: Adieu, adieu, Hamlet &c. sieht aus wie eine Correktur der QA, um den Vers auf sein richtiges Mass zurückzuführen.

O fie!] Dieser Ausruf findet sich nach Steevens nur in QB und QC. In QA fehlt er. Er hat allerdings das Aussehen eines Einschiebsels, das obenein das Versmass verdirbt. Die folgenden Worte lauten in StR: Hold, my heart, mit der Variante: hold, hold, my heart; MC: hold, heart. Die Lesart der Fs kennen wir nicht. Pope und Theobald: And shall I couple hell? oh, hold my heart.

Bear me stiffly up!] QA hat diese Worte nicht; die übrigen Qs lesen: bear me swiftly up.

Yes, by heaven.] QA und FA mit der bekannten Verdoppelung: Yes, yes, by heaven.

O, most pernicious woman!] Der MC hat diesen Halbvers vervollständigt: O most pernicious and perfidious woman. Mommsen, P.-S. 366, 80 giebt zwar zu, dass Shakespeare den katalektischen Dimeter und andere kürzere Verse häufig, vorzugsweise am Schlusse der Scenen und Akte, gebraucht, erklärt jedoch den akatalektischen und hyperkatalektischen Dimeter, die gerade um einen Fuss oder eine Silbe kürzer sind, als der regelmässige Fünffüssler, für den ungeschicktesten und misstönendsten aller kürzern Verse und entscheidet sich desshalb für die Aufnahme des vom MC gemachten Zusatzes. Allein es liegt auf der Hand, dass die Begriffe und Gesetze der antiken Metrik keine Anwendung auf Shakespeare gestatten, und dass wir am wenigsten ihnen zu Liebe eine Änderung des Textes vornehmen dürfen, wenn dieselbe nicht aus anderweitigen innern oder äussern Gründen nothwendig erscheint. Auch mitten im Dialoge kommen bei Shakespeare und noch mehr bei

.

Beaumont und Fletcher akatalektische und hyperkatalektische Dimeter häufig vor, und der ganze Hudibras ist in diesem Versmasse geschrieben. In QA fehlt diese Erwähnung der Mutter

gänzlich.

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My tables &c.] FA verdoppelt wieder: My tables, my tables. 52 Der Gebrauch der Schreibtäfelchen (meist von Schiefer oder Elfenbein) oder Taschenbücher war zu Shakespeare's Zeiten ganz allgemein, sogar in der Kirche und im Theater, wo man sich während des Spiels besonders bewunderte oder sonst auffällige Stellen aufzeichnete, was uns zugleich einen Fingerzeig für die Entstehung der unrechtmässigen Quartausgaben giebt. Drake 451. Douce II, 227 folg. Nares s. Tables und Table-book. K. Henry IV, P. 2, IV, 1. Haml. 75: If I had play'd the desk or table-book. Haml. 113: I have Thus set it down, (wo der König auch etwas in sein Taschenbuch geschrieben hat). Cymbeline II, 2: I will write all down. Fletcher, The Woman - Hater, Prologue, und III, 3: Yonder's my informer and his fellow with table-books. Shakespeare bezeichnet mit diesem treffenden Zuge Hamlet als Denker und Gelehrten im Gegensatz zum Manne der That.

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Writing.] Diese Bühnenweisung fehlt in StR.

There you are.] QA verdoppelt diese Worte in der bekannten Weise.

Now to my word;] 'Word' ist hier so viel als 'watch-word', Losung.

My lord! my lord!] QA und StR (die Lesart der übrigen Drucke wird nicht angegeben) haben schon hier die Bühnenweisung Enter Horatio and Marcellus, während das fünfmalige 'Within' wegfällt.

Heaven secure him!] QA und StR: Heavens.

Hillo, ho, ho, boy! come, bird, come. e.] So FA. QA: Ill, lo, lo, so, ho, so, come boy, come. QB folgg. Hillo, ho, ho, boy and come. come, Dies sind Jagdrufe, mit denen die Falkoniere den Falken aus der Höhe herablockten. Shakespeare hat öfters Anspielungen auf die Falkenjagd und bedient sich der dabei üblichen Kunstausdrücke. Der auf seine Gelehrsamkeit stolze B. Jonson klagt in Every Man in his Humour I, 1, dass ein Mann, der nicht in der Jägersprache bewandert sei, heut bei Tage keinen Pfifferling werth sei, und dass man sich derselben mehr befleissige, als des Griechischen und Lateinischen. Vgl. Haml. 87: little eyases; 92: we'll e'en to 't like French falconers. Romeo and Juliet II, 2: Hist, Romeo, hist! O for a falconer's voice &c. III, 2: Hood my

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