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An die Spitze des diesjährigen amtlichen Berichtes über die

Veränderungen und Leistungen der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften im abgelaufenen Jahre muß ich Ereignisse stellen, die uns alle mit tiefem Schmerz erfüllen!

Zwei unserer berühmtesten Mitglieder finden wir diesmal nicht mehr an den Plätzen, an welchen wir sie durch eine Reihe von Jahren mit wahrer Befriedigung zu sehen gewohnt waren.

Der Präsident der Akademie, Freiherr Andreas v. Baumgartner, und Dr. Ferdinand Wolf, der Secretär ihrer philosophisch-historischen Classe seit Gründung der Akademie im Jahre 1847, sie weilen nicht mehr unter uns!

Nicht blos die Akademie, auch jeder Einzelne von uns, hat durch den Tod dieser ausgezeichneten Gelehrten, auf welche das Vaterland stets mit Stolz blicken wird, einen beklagenswerthen, schwer zu ersetzenden Verlust erlitten. Stand doch ihr Wirken mit unserer Thätigkeit in so inniger Beziehung! Wie mannigfache geistige Anregung, wie viele Berührungspunkte, welcher reiche uns so lieb gewordene Austausch von Gedanken wurden uns durch diesen Verlust entrückt! So verschieden die Wege waren, die beide Männer im Leben wandelten, so hatten sie doch das gemein, daß ihnen die Wissenschaft, und zwar die Wissenschaft um ihrer selbst willen, als das Höchste erschien, und daß das Bestreben sie zu erweitern, das Ziel ihres Wirkens bildete. Sie waren Akademiker im eigentlichen Sinne des Wortes

und wären es auch ohne Akademie gewesen; denn was sie anstrebten, ist ja auch die einzig richtige Bestimmung aller Akademien. Wenn wir in Baumgartner den vortrefflichsten Lehrer und hervorragenden Vertreter seines Faches, den productiven Administrativ-Beamten und den gewissenhaften Staatsmann unterscheiden und bewundern, so sehen wir in Wolf den in sich abgeschlossenen Gelehrten, der mit seltener Ausdauer und Consequenz seine ganze Thätigkeit in einer Richtung concentrirte, in der Erforschung der romanischen Literaturen und ihrer Geschichte! Auf diesem Gebiete bilden aber auch seine Leistungen und Funde ein unvergängliches Denkmal deutschen Fleißes und deutscher Gründlichkeit. Um aber die Verdienste dieser Männer richtig zu würdigen, muß man auf die Verhältnisse zurückblikken, unter welchen sie sich entwickelt haben. Dies geschieht in den Nekrologen, welche sich am Ende dieses die Gesammtakademie betreffenden Theiles des vorliegenden Berichtes befinden.

Doch wenden wir uns zu einem für die Akademie erfreulichen Ereignisse. Als ein solches müssen wir vor Allem bezeichnen, daß es der Akademie vergönnt war Seine kaiserliche Hoheit den durchlauchtigsten Herrn Erzherzog Stephan ihren Ehrenmitgliedern einreihen zu dürfen. Seine kaiserliche Hoheit hat seine Liebe zur Wissenschaft so vielfach bethätigt und bei jeder Gelegenheit so viel zu ihrer Förderung beigetragen, daß die Akademie nur eine ihr sehr angenehme Pflicht durch diese Wahl erfüllte. Wenn auch die fortschreitende Entwickelung der Wissenschaft eine unaufhaltsame ist, wie dies ihre Geschichte unwiederleglich lehrt, so ist es doch gerade in unserer Zeit, wo sich so manche Stimmen erheben, die mehrere ihrer wichtigsten Zweige ohne weitere Unterscheidung verurtheilen, von Wichtigkeit hervorzuheben, wie sie in jenen höchsten Kreisen, auf die jeder Österreicher mit Vertrauen zu blicken gewohnt ist, stets hochgeachtet und eifrig gepflegt wurde.

Seine kaiserliche Hoheit bethätigte diese Gesinnung neuerdings, indem Höchstderselbe einen Preis von 1000 fl. für die gelungene Lösung einer in das Gebiet der mathematisch-naturwissenschaftlichen Classe gehörenden Aufgabe aussetzte, über welche das Nähere im weiteren Verlaufe dieses Berichtes angeführt werden wird. Ehe ich jedoch zu dem Theil desselben, der speciell von den beiden Classen handelt, übergehe, habe ich noch über den Fortgang der Herausgabe des großen Reisewerkes der Expedition Seiner Majestät Fregatte „Novara“ zu berichten.

Durch den Tod Seiner Excellenz des Freiherrn v. Baumgartner verlor die mit der Herausgabe dieses Werkes betraute Commission ihren Präsidenten. Die Commission glaubte ganz im Interesse dieses mit so großer Munificenz von Seiner Majestät dem Kaiser ins Leben gerufenen Unternehmens zu handeln, wenn sie um diesen Verlust zu ersetzen, an die Stelle Baumgartner's Seine Excellenz Freiherrn v. Wüllerstorf wählte, unter dessen umsichtiger Leitung dieses dem Vaterlande so sehr zum Ruhme gereichende Unternehmen mit so glänzendem Erfolge durchgeführt wurde.

Von dem durch diese Commission herausgegebenen NovaraReisewerke sind im Laufe des letzten Jahres erschienen: Vom I. Bande des zoologischen Theiles die Classe der Vögel, bearbeitet von Herrn August v. Pelzeln, 22 Bogen Text mit 6 chromo-lithographischen Tafeln; von der Classe der Fische, bearbeitet von Herrn Prof. Dr. Rud. Kner, das 2. Heft mit 20 Bogen Text und 6 Tafeln.

Vom II. Bande, 1. Abtheilung, wurden die Formiciden und Hemipteren, von Herrn Dr. G. L. Mayr bearbeitet, ausgegeben. Die Formiciden umfassen 15 Bogen Text mit 4 Tafeln und die Hemipteren 26 Bogen Text und 5 Tafeln.

Vom II. Bande, 2. Abtheilung, ist das 2. Heft der von den Herren Dr. Cajetan Felder und Dr. Rudolf Felder bearbeiteten

Lepidopteren beendigt. Dasselbe umfaßt 22 Bogen Text und 26 Tafeln. Das 3. Heft der Lepidopteren ist unter der Presse. Ferner erschien vom II. Bande die Abtheilung der Neuropteren, bearbeitet von Herrn Dr. Friedrich Brauer, 131⁄2 Bogen Text mit 2 Tafeln.

Von der Abtheilung der Hymenopteren, von Herrn Dr. Saussure in Genf bearbeitet, hat der Satz gleichfalls bereits begonnen.

Von der 3. Abtheilung des II. Bandes sind die Crustaceen, bearbeitet von Herrn Prof. Dr. Camil Heller, erschienen, 35 Bogen Text und 25 Tafeln enthaltend.

Vom geologischen Theile ist der II. Band unter der Presse, und Bogen 1 -14 bereits gedruckt.

Vom botanischen Theile ist die Abtheilung der Diatomaceen, bearbeitet von Herrn Dr. A. Grunow, im Satze begriffen.

Für den kraniologischen Theil, bearbeitet von Herrn Prof. Seligmann, sind sämmtliche Schädel gemessen und gezeichnet.

Von dem linguistischen Theile, bearbeitet durch Herrn Dr. Friedrich Müller, sind die I. und II. Abtheilung beendigt. Erstere behandelt die afrikanischen Sprachen und umfaßt 9 Bogen, letztere die indischen Sprachen, 20 Bogen. Die 3. Abtheilung: „Australische Sprachen" befindet sich unter der Presse.

Der von Herrn Dr. Carl v. Scherzer bearbeitete ethnographische Theil, welcher in Folge der nöthig gewordenen Restrictionen einer Kürzung unterzogen werden muß, wird gleich dem kraniologischen und dem linguistischen Theil noch im Laufe dieses Jahres druckfertig sein.

Endlich habe ich noch anzuführen, daß Seine k. k. Apostolische Majestät außer der mit Allerhöchster Entschließung vom 1. Juni d. J. allergnädigst genehmigten Wahl Seiner kaiserlichen Hoheit des Herrn Erzherzogs Stephan zum inländischen Ehrenmitgliede der kaiserlichen Akademie der Wissen

schaften, mit derselben Allerhöchsten Entschließung zu wirklichen Mitgliedern der Akademie für die mathematisch - naturwissenschaftliche Classe den Professor der Physik an der Universität und Mitdirector des physikalischen Institutes in Wien Dr. Joseph Stefan und den Vorstand des Hof-Mineralien-Cabinets Dr. Moriz Hörnes allergnädigst zu ernennen und die von der Akademie getroffenen Wahlen Allerhöchst zu genehmigen geruht haben und zwar die Wahl:

Des Capitularpriesters des Stiftes Raygern und mährischständischen Historiographen Dr. Beda Franz Dudík zum inländischen correspondirenden Mitgliede der philosophisch-historischen Classe; des Professors der Mineralogie und Geologie am polytechnischen Institute in Wien Dr. Ferdinand Ritter v. Hochstetter, des k. k. Oberstlieutenants und Commandanten des Zeugs - Artillerie - Commando Nr. 17 in Wien Franz Ritter von Uchatius, des Professors der Mineralogie an der Universität zu Prag, Victor Ritter v. Zepharovich, des Professors und der Zeit Rectors des polytechnischen Institutes in Prag Carl Kořistka und des Inspectors der Staatstelegraphen in Wien Dr. Hermann Militzer zu inländischen correspondirenden Mitgliedern, ferner des kaiserlich - russischen Staatsrathes und Präsidenten der kaiserl. Akademie in St. Petersburg Carl Ernst v. Baer zum ausländischen Ehrenmitgliede und des Professors der Zoologie und vergleichenden Anatomie an der Universität zu München, Dr. Carl Theodor v. Siebold, zum ausländischen correspondirenden Mitgliede der mathematisch-naturwissenschaftlichen Classe der kaiserl. Akademie der Wissenschaften.

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