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Hahn.

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Seine zahlreichen Schriften zeichnen sich besonders durch einen so geglätteten Brosaftil aus, das cher Gbarakter und alle Eigenthümlichkeit dadurch verwischt ist, geben aber Zeugniß von einem frischen Auf fassungsvermögen und einer jugendlichen Lebendigkeit. Seine ,, Deutsche Erzählungen",,, Bermischte Ge dichte“, „Geiftliche Sprüche des Angelus Sileñus“ u. a. gehören der romantischen Richtung an. unter seinen, Denkwürdigkeiten“ und „Biographien“ sind zu merken: „Biograph. Denkmale“, „Leben des Gene: rals Winterfeldt“, „Leben der Königin von Preußen, Sophie Charlotte“, „Leben des Feldmarschalls Keirb“, Hans von Held" u. a. m. Seine Briefe und Gespräche mit Aler. v. Humboldt, nach beider Tod ven Barnhagen's Richte Ludmilla Affing herausgegeben, haben durch die scharfen Urtheile über hochgestellte Persönlichkeiten großes Aufsehen erregt und manchen Anstoß gegeben. Varnhagen's Gemablin Rabel war nicht blos berühmt als Mittelpunkt eines sie bewundernden geistreichen Kreises von namhaften Beríönlic keiten und wegen ihres ausgebreiteten brieflichen Verkehrs, sondern auch durch ihre wohlthätige Birksamkeit in Zeiten der Noth und Bedrängniß. — Ida Gräfin von Hahn-Hahn, geb. 1805 im Mecklenburg'schen, Tochter eines sonderbaren Mannes, der durch thörichte Theaterunternehmungen den größten Theil seines Sermögens verschwendete, war drei Jahre (von 1826 – 1829) mit dem reichen Grafen von Hahn vermählt, ließ fich dann aber von ihm scheiden und führte seitdem ein unftetes Wanderleben, während dessen sie nicht bles fast alle Länder Europa's, sondern auch den Orient bereiste und zum Gegenstand ihrer schriftstellerischen Thätigkeit machte („Jenseits der Berge“, „Reisebrtefe“, „Erinnerungen aus und an Frankreich“, „Ein Reiseversuch im Norden“, „Orientalische Briefe"). Von ihren in den exclusiven Kreisen beliebten Romanen folgten rasch auf einander: „Aus der Gesellschaft“, „der Rechte“, „Gräfin Fauftine“, „Ulrich“, „Sigismund Forster“ und als Fortiehung „Cecil". Auch als lyrische Dichterin ist sie aufgetreten. Ihr Streit mit dem Operateur Dieffenbach wegen ihrer Augenkrankheit und mit der Redaction der Allgem. Zeitung wegen ungünstiger K. Vich Recensionen beweisen ihren unverträglichen Charakter. — Karoline Pichler, geb. zu Wien 1769, Tecter des Hofraths von Greiner, genoß einer vortrefflichen Erziehung unter der Leitung ihrer Mutter, die einst Maria Theresia als Watse zu sich genommen und zur Vorleserin gebildet hatte. 1796 vermählte ste sich mit dem Regierungsrath Andr. Pichler. Nach einigen „, Idyllen“ und unbedeutenden Dichtungen verfaßte sie thren berühmtesten Roman Agathokles", worin sie im Gegensaz zu Gibbons christenfeindlichen Urs theilen (Lehrb. §. 670),, den wohlthätigen und beglückenden Einfluß des Christenthums auf die Beredlung der Menschheit“ darzustellen versuchte. Ihre übrigen meistens historischen Romane (,, die Grafen von Hoben: berg",,, Ferdinand II.“, „die Belagerung Wiens von 1683“, „, Henriette von England“ u. a. m.) find weniger bedeutend und die erst nach ihrem Tode als Nachlaß erschienenen Denkwürdigkeiten aus meinem I. Scho- Leben“ leiden an breiter Geschwäßigkeit. Johanna Schopenbauer, geb. 1766 in Danzig, führte ein be: penhauer. wegtes, wechselrolles Leben und starb 1838 in Jena. Als Künstlerin und Kunstkennerin machte sie sich zuerst in der schriftstellerischen Welt bekannt durch ihres Freundes,,Fernow's Leben“; dann folgten eine Anzahl Reiseschriften und Novellen (,, Reise durch England und Schottland“, „Reise durch das füdl. Frankreich bis Chamouny“, „Ausflucht an den Rhein“ n. a.,,Novellen, fremd und eigen“) und endlich ihre Romane, worunter Gabriele", die Tante“, „Sidonia“ am bekanntesten sind. Von ihrer Tochter Adele Sch. rühren her: „Haus-, Wald- und Feldmärchen“ u. a.

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§. 109. Literarische Rundschau der Gegenwart und jüngsten Bergangenheit. Waren in früheren Zeiten einzelne Gegenden vorzugsweise die Size der Dichtkunst, so daß diese mehr oder minder ein bestimmtes landschaftliches oder örtliches Gepräge annahm, so kann es als Beweis von dem zunehmenden Nationalgefühl und Einheitsbestreben des deutschen Volks gelten, daß in unserm Jahrhundert die Literatur überall ziemlich gleichmäßig gepflegt und verbreitet war, daß sie einen nationalen Charakter annahm und daß einzelne Richtungen und gewisse politische oder religiöse Parteifärbungen nicht hie und da ausschließlich vorwalteten, sondern das ganze Vaterland durchzogen. Daß die Residenzstädte mit ihren Theatern, Kunstsammlungen und anregenden geselligen Verbindungen, die Universitätsstädte mit ihren Bibliotheken und ihrem wissenschaftlichen Verkehr, die Hauptsite des Buchhandels, wie Leipzig, Berlin, Stuttgart, Frankfurt u. a., vorzugsweise die Sammelplätze der Schriftsteller und Dichter wurden, liegt in der Natur der Sache; ebenso daß die vorherrschenden Eigenthümlichkeiten dieses oder jenes Volksstammes, die geistige Richtung des Landes oder einzelner hervorragender Persönlichkeiten nicht ohne Einfluß auf den Charakter der Literatur blieben; aber einen geistigen Mittel- und Brennpunkt, von wo aus sich die Strahlen nach allen Richtungen ausgebreitet hätten, wie in frühern Jahren die sächsischen und thüringischen Länder, wird man vergebens suchen. Blieb auch Berlin vorzugsweise der Siß der Philosophie und aller auf Speculation und Systematik beruhenden Wissenschaften, München die Pflanzschule der schönen Künste und das Bollwerk des ultramontanen Katholicismus, Leipzig und Dresden der Mittelpunkt der literarischen Bestrebungen auf dem Gebiete der Kritil,

der dramatischen Kunst und der Belletristik, so wird man doch auch in andern Gegenden ein selbständiges geistiges Leben und Wirken gewahr.

Die Rhein

a) Am Rhein. In den regsamen Städten des Nheins, namentlich in Düsseldorf, wo eine der Münchener ebenbürtige Kunstschule (Schadow, Lessing, Schirmer (beide gegenden. jezt in Karlsruhe thätig), Bendemann (später mit Hübner an der Dresdener Gallerie angestellt), Achenbach, Sohn u. A.) eine große Wirksamkeit entfaltet; in Bonn mit seiner weitberühmten Universität, wo Arndt, Dahlmann u. A. wirkten und wo Beethoven (1770-1827), der phantasievollste Tondichter, das Licht der Welt erblickte; in dem bewegten Frankfurt mit seinen historischen Erinnerungen, seinem Wohlstand und seiner ehrsamen für Kunst, Literatur und jegliche Bildung empfänglichen Bürgerschaft wurden die mannichfachen Gebiete der Literatur, Wissenschaft und Kunst mit Eifer und Erfolg bearbeitet. K. Immermann (Anh. §. 96), als Dramatiker und Romandichter unter dem Geschlechte der Nachgebornen (,,Epigonen") in der Vorderreihe, der Dramendichter Chrift. Grabbe (1801-1836), ein verwildertes und verkommenes Talent, bei dem die gährende Leidenschaft nie zur Klarheit durchzudringen vermochte (,,Herzog Theodor v. Gothland“; „Hannibal“; „Friedrich Barbarossa“; „Heinrich IV.“; „Herrmannsschlacht“ u. a. m.), der Lyriker Christ. Maherath, der jung verstorbene Ad. Schults aus dem Wupperthal („Martin Luther. Ein lyrisch-epischer Cyklus“; „Ludwig Capet"), der Bearbeiter und Sammler altdeutscher Heldensagen und Volkslieder K. J. Simrock, der dichterische Domherr W. Smets in Aachen, der Kritiker und Romanschriftsteller Levin Schücking (,,Schloß am Meer“; „Ritterbürtigen" u. a.), der beliebte Lustspieldichter Rob. Benedix (,,Dr. Wespe“ u. A.), der phantasievolle Dichter und Kunstkenner Gottfried Kinkel (Anh. §. 106) u. A. m. lebten oder leben noch an den romantischen Ufern des Rheins, dessen Sagen die Dichterin Adelheid v. Stolterfoth, Karl Geib, Wolfg. Müller von Königswinter gesammelt und bearbeitet haben. In den Gedichten des letztern „spiegeln sich neben den Rebenhügeln des Rheins auch die Trümmer der Vergangenheit wieder, die ernst und still in den königlichen Strom niederschauen und mit seine allerschönste Zierde bilden." Auch der durch Bildung und durch Welt- und Menschenkenntniß ausgezeichnete Novellist Rehfues, Verfasser mehrerer kunstvoller Romane (,,Scipio Cicala“; „die neue Medea“ u. a.), hatte bis zu seinem Tod (1842) seinen Wohnsitz in Bonn und der durch seine zahlreichen Schriften über Italien's Geschichte, Landeskunde und Kunstgeschichte bekannte preußische Legationsrath Alfred Neumont wurde 1808 zu Aachen geboren. Wie im Alterthum der römische Dichter Ausonius die Mosel, so hat Pfarrius von Köln das Nahthal besungen. Frankfurt, die Vaterstadt Goethe's und Klinger's, Frankfurt. zog von jeher strebsame Männer an, doch besaß es nicht immer Kraft genug, sie auf die Dauer zu fesseln. Das Städelsche Institut mit seinen alten und modernen Kunstschätzen, dem Künstler wie Beit, Steinle († 1860), Passavant u. A. ihre Kräfte zuwandten, und das naturhistorische Museum, wofür Reisende wie Rüppel thätig waren, geben ein ehrenvolles Zeugniß von dem Bildungssinn der Einwohner. Darmstadt, von den kleinern Residenzstädten eine der rührigsten, wo der Bureaukratismus stadt. nicht jede künstlerische und literarische Regung erdrückte, ist die Vaterstadt vieler talentvoller Männer, von denen einige, wie Lichtenberg (aus Ober-Ramstadt) und Gervinus, zu den ersten Größen der deutschen Literatur zählen. Wenn gleich von der frühern künftlerischen Höhe heruntergekommen, ist doch Darmstadt auf dem Gebiete der Wissenschaft und Literatur nicht schlaff geworden. Offenbach war der Wohnort des deutschen Sprachkenners und Grammatikers Karl Ferd. Becker, und an der Bergstraße weilt die Dichterin (,,Gedichte", der Sonettenkranz „Abälard und Heloise“ und die niederländische Sage,,Marieken von Nymwegen", ein weiblicher Fauft und Tannhäuser) und gewandte Uebersetzerin ausländischer Dichter Luise v. Plönnies (Anh. §. 108). Heidelberg, die freundliche HeidetNeckarstadt mit ihrer altehrwürdigen Universität und dem historischen Hauch, der über berg. Schloß und Stadt ausgegossen ist, war vor einigen Jahren der Hauptsig romantischer

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Bestrebungen, als sich die weltberühmte Kunftsammlung der Brüder Boisserée dafelbft befand, als die „Studien“ von Daub und Creuzer das Organ poetisch - philosephischer Forschungen bildeten, als die durch ihr tragisches Ende, wie durch Bettina's Briefe berühmte Günderode in dieser Musenstadt weilte und die hohe Gestalt des kraftvollen Thibaut für die „,Reinheit der Tonkunft" wirkte. Selbst das Gegengewicht, das die romantische Richtung und Creuzer's symbolische Mythenerklärung, wornach in den griechischen Göttersagen die Grundideen einer orientalischen Urreligion verhüllt liegen, an dem rüstigen Voß fand, war der Literatur im Allgemeinen ersprießlich. In Friedr. Wilh. Karl Umbreit († 1860) erstand der bebräischen Poefte ein Erklärer und Ueberseyer Karls im Geiste Herder's. In Karlsruhe lebten Max von Schenkendorf (Anh. §. 100), ein frommes, vaterländisches Gemüth, und Peter Hebel (Anh. §. 87), der die schwarzwälder Gemüthlichkeit, die sich in seinen „allemanischen Gedichten“ ausspricht, und die praktische Lebensweisheit, die seine Erzählungen" offenbaren, auch im geselligen Leben, im Kreise der Freunde kund gab. Auch der dramatische Dichter Jos. von Auffens berg (geb. zu Freiburg 1798), der Verfasser von „Pizarro“, „die Flibustier“, „Wallas“, „die Syrakusaner“ u. a., gehört Baden an und der geistreiche Graf von Benzel-Sternau (geb. zu Mainz 1767; geft. zu Constanz 1851), als Humorist in Jean Paul's Manier nur weniger idealistisch („das goldene Kalb“, „der steinerne Gaft“), Dramatiker („Der Geist von Canossa“ u. a.) und vielseitiger Schriftsteller voll sittlichen Ernstes und warmer Begeisterung für menschliche und bürgerliche Freiheit bekannt („Gespräche im Labyrinth“, „der alte Adam"), wirkte längere Zeit im badischen Staatsdienst. In dem lieblichen BadenBaden hielt sich Aug. Lewald, geb. zu Königsberg 1793, langjähriger Herausgeber der vielgelesenen Zeitschrift „Europa“ und Verfasser vieler beliebter Reiseschilderungen und Freiburg. Novellen, längere Zeit auf. Freiburg mit seinem altehrwürdigen Münster hat als Universität keine hervorragende Bedeutung, dagegen war es vor einigen Jahrzehnten eine politische Macht, als die liberalen Deputirten Rotteck, Welder, Duttlinger u. A. daselbst lebten und die beiden ersten das auf die öffentliche Meinung so einflußreiche Staats lexicon" gründeten. Als vorzügliche Bildungsanstalt für katholische Theologen besitzt Freiburg großes Ansehen und ausgedehnte Wirksamkeit in kirchlichen Dingen; früher mehr der freien Richtung huldigend, wird es jetzt durch den Einfluß der Curie bestimmt; doch galten Hirscher und der gelehrte Staudenmaier († 1856) lange für die Zierden ihrer Kirche. In Constanz lebte und starb (1860) der frühere Bisthums» verweser Ign. Heinr. Karl Freiherr von Weffenberg (Lehrb. §. 814) in stiller Oppesition gegen den römischen Ultramontanismus, seine Muße mit lyrischen und epischen Dichtungen (,, Blüthen aus Italien“; „Julius oder die Pilgerfahrt“ u. A.), historischen und philosophischen Studien (,,die großen Kirchenversammlungen des 15. und 16. Jahrh“, ,,Gott und die Welt") würdig ausfüllend Treu seiner Ueberzeugung hat er mit ehrenhafter Consequenz den kirchlichen Freimuth, verbunden mit echter Frömmigkeit des Herzens und Wandels, aus einer freiern Zeit bis zu seinem Tode treu bewahrt. Zu Eppishausen an den lieblichen Rebgeländen des Bodensee's verbrachte der Freiherr von Laßberg († 1855), ein lebendiges Abbild mittelalterlicher Jäger- und Ritterzeit, unter Studien und Sammlungen aus längst entschwundenen Zeiten (,,Liedersaal“) seine spätern Lebensjahre, über der Verehrung einer untergegangenen Welt voll Romantik und Feudalität die Gegenwart vergessend. In der Schweiz haben sich in neuester Zeit Jeremias Gotthelf (eig. Alb. Bizius † 1854) durch gelungene Volksbücher in Pestalozzi's Geist, nur mit minder edler Haltung und mit allem derben Naturalismus („Bauernspiegel“, „Uli der Knecht“ u, a.) und durch seine Bilder und Sagen aus der Schweiz“, der Maler und Dichter Gottfried Keller (,,Der grüne Heinrich. Ein Roman“;,,Gedichte“ u. A.) und der Romanschreiber Charles Sealsfield durch geschickte Bearbeitung amerikanischer Stoffe (,, Lebensbilder aus beiden Hemisphären“, „Süden und Norden“; „Virey“ u. L.) einen Namen erworben und im Elsaß hält noch das Brüderpaar August und Adolf

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Stöber den deutschen Dichtergeist lebendig. Basel, seit alten Tagen mit Deutschland innig verwachsen, zog viele seiner bedeutendsten literarischen Kräfte aus unserm vielgespaltenen Vaterlande (de Wette [Lehrb. §. 817], Wilh. Wackernagel, Dichter und Sprachforscher u. A.). Hagenbach, der Kirchenhistoriker und Dichter, und H. Gelzer, der Literarhistoriker, gehören dagegen auch durch ihre Geburt der Schweiz an.

b) Schwaben. Die größte dichterische Regsamkeit aber herrscht in Schwaben, der alten Heimath der Lieder und des Gesangs. In Stuttgart, wo Cotta, der König unter den Buchhändlern und der Verleger mehrerer Zeitschriften mannichfachen Inhalts, einen Thron aufgeschlagen hat, um den sich eine vielgeschäftige Schaar von Schriftstellern in rastloser Thätigkeit bewegt, wo Wolfg. Menzel mit schulmeisterlicher Autorität den kritischen und kunstrichterlichen Stab im Dienste der wissenschaftlichen „Umkehr“ schwingt, wo der frühverstorbene With. Hauff seine anmuthigen Novellen und Märchen dichtete, und sein älterer Bruder Hermann Hauff die Redaction des vielgelesenen Morgenblatts leitet; wo Fr. Haug (1761-1829), der wißige Lieder- und Epigrammendichter, seine zweihundert Hyperbeln auf Herrn Wahls große Nase“ verfaßte, und Hadländer seine durch lebendige Schilderungen und gesunden Realismus ausgezeichneten „Bilder aus dem Soldatenleben“ entwarf, da regten und regen sich Kräfte mannichfaltiger Art. Neben Ludw. Uhland, dem gemüthlichen Sänger und kräftigen Borkämpfer liberaler Ideen, wirkten hier Gustav Schwab († 1851), Dichter und Uebersetzer, Sammler deutscher Lieder und Sagen und Biograph von Schiller; Paul und Gustav Pfizer, Rud. Tanner († 1849 in Aarau), Karl Mayer, Herm. Kurg, Karl Grüneisen, der lyrisch-epische Dichter Fischer, dessen „Bilder vom Bodensee“ durch Schönheit der Schilderung wie durch sittlichen Ernst hervorragen, der fromme Alb. Knapp, Wilh. Zimmermann, der Verfasser der demokratischen „Geschichte des Bauernkriegs", der Buchdrucker und Natursänger Niklas Müller, der Orientalist Ernst Meier, bekannt als Uebersetzer orientalischer Dichtungen (Nal und Damajanti; Sakontala) und Sammler schwäbischer Sagen u. A. m. Bei dem in der Geschichte der schwäbischen Vorzeit berühmten Weinsberg bewohnt in ländlicher Stille der finnige und menschenfreundliche Dichter und Arzt Justinus Kerner (geb. 1786) ein gastliches Haus, das, trotz der Gespenster, womit der Verfasser der,,Seherin von Prevorst" die Umgegend heimsuchen läßt, als ein Sitz behaglicher Lebensfreude weithin bekannt ist; seine lyrischen Gedichte sind der wahre Ausdruck einer gemüthvollen Schwabennatur; nicht fern davon dichtet Ed. Mörike seine ansprechenden Lieder, Idyllen und Novellen („Maler Nolten“, „Idylle vom Bodensee“), und Hölderlin, der für das Hellenenthum schwärmende Verfasser des Brief - Romans Hyperion" und vieler schwungvoller Gedichte in antiken Rhythmen, dessen phantasiereicher Geist, von einer ungeftillten Sehnsucht nach unerreichbaren Zielen verzehrt, frühe durch die Nacht des Wahnsinns umhüllt ward, bis er in hohem Alter sein bewußtloses Leben in Tübingen schloß (1843), war bei Heilbronn geboren. Sein Landsmann Waiblinger, der 1830 in Rom starb, überließ sich einer wülden Natürlichkeit ohne „die Zucht der Bildung." - Im Hohenlohe’schen verbrachte K. Jul. Weber (1767-1832), Verfasser der satirischen Briefe eines in Deutschland reisenden Deutschen", des,, Demokritos oder hinterlassene Papiere eines lachenden Philosophen“, Sammlungen von Scherzen und Späßen, „, an einen humoristischen Reflexionsfaden gereiht und mit Lesefrüchten aus verschiedenen Wissenschaften ausgefüllt“, und einiger historischen Werke (,,die Möncherei“, „das Nitterwesen“) sein einförmiges Leben.

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c) Franken. Franken, von einem gemüthlichen, kunftsinnigen Volksstamme be- Franken. wohnt, wo Nürnberg, die Geburtsstätte des Meistergesangs und im Reformationszeitalter der Mittelpunkt deutscher Kunst, als ein herrliches Denkmal mittelalterlichen Städtewesens in die Gegenwart hineinragt, hat manche literarische Kräfte hervorgebracht, besaß

Bayern.

aber nicht die Macht, sie festzuhalten. K. L. v. Knebel aus Wallerstein, als ernster Lyriker und Uebersezer bekannt, wurde Prinzenerzieher am Weimarer Hof und blieb bis zu seinem Tod (1834) ein Mitglied jener geistreichen Kreise, die sich in Weimar und Jena um Goethe und Schiller, um Herder und Wieland sammelten. Friedr. Rückert aus Schweinfurt wählte zuerst Erlangen als Wirkungskreis seiner dichterischen Thätigkeit und seiner orientalischen Studien, bis ihn der preußische König nach Berlin berief (Anh. §. 101); Aug. v. Platen von Ansbach, der Heimath des Anakreontikers Uz und des Dichters Cronegk (Anh. §. 69), der sprach und formgewandte Lyriker und der satirische Dramatiker in aristophanischem Geiste, suchte unter Italiens hellem Himmel Heilung für seine Schwermuth und beschloß sein unstetes Leben im fernen Syrakus (Anh. §. 101). Ein bohes Talent,,, konnte er in der großen Umgebung von Rom und Neapel doch die Erbärmlichkeiten der deutschen Literatur nicht vergessen.“ Nürnbergs literarische Lebensfäbigkeit scheint mit seiner reichsstädtischen Freiheit untergegangen zu sein; denn weder Grübel's Liever im heimischen Dialekt, die einer frühern Periode angehören, noch die kirchenfeindlichen Bestrebungen einiger philosophischen Schriftsteller der Gegenwart (unter denen Fr. Daumer, der Ueberseßer des Hafis und Berfünder einer neuen auf orientalischer Sinnlichkeit und junghegelischer Abstraction auf gebauten Religion der Zukunft den Reigen anführte, bis er im weiten Schooß der römisch - katholischen Kirche Heilung suchte) können als Beweis großer geistiger Triebkraft gelten. Die religiös gemüthliche Bürgerschaft zehrt noch an den Erinnerungen ihrer großen Vergangenheit auf dem Gebiete der Kunst und Literatur. Auch die Universität Erlangen mit ihrer strenggläubigen Richtung vermag, bei aller Thätigkeit einiger strebsamen Männer (Aug. Schaden † 1853), die literarische Dede nicht zu beleben und sowohl Bamberg mit seiner geschichtlichen und künstlerischen Vergangenheit (welche Joseph Heller, 1798-1849, durch zahlreiche Schriften und Sammlungen erläutert hat) als Würzburg mit seiner mehr dem Realen als Idealen zugewandten Universität leiden an den Nachwirkungen geistlicher Herrschaft. Selbst das gemüthliche Oberfranken, wo einst Jean Paul sein reiches Seelenleben lebte, scheint gegenwärtig ven den Musen verlassen zu sein.

d) Bayern, sonst ein gesangreiches Land, blieb bis vor Kurzem an dichterischem Ruhm hinter andern Staaten zurück, so reich auch das Volk von jeher an poetischen Sagen und künstlerischen Traditionen war. Einige Lieder und Poesien in Musenalmanachen und einige Gedichte in verschiedenen Volksdialekten (Kobell) lieferten einen schwachen Beweis von der poetischen Thätigkeit der Bayern. Erst in neuerer Zeit hat sich daselbst ein regerer Sinn für Poesie kund gegeben, wenn auch größtentheils unter fremder Einwirkung. In München, dem Hauptsig antiker und chriftlicher Kunst, voll herrlicher Kirchen und Bauwerke, herrscht ein bewegtes Künstlerleben mit regem Wit und frischem Humor (,, fliegende Blätter"), welches König Ludwig, der Freund und Bes förderer aller schönen Künste, bervorrief und hegte. Aber die einseitige Begünstigung des strengen Katholicismus hat früher manche bedeutende Männer in andere Länder getrieben. Zog doch der größte Maler, Peter Cornelius, und der berühmteste Philosoph der Neuzeit, Fr. W. J. Schelling, nach Berlin, und der große Naturforscher Lorenz Ofen (1779 1851) und der gründliche Kenner der neugriechischen und orientali lischen Welt Fallmerayer mußten, jener dauernd, dieser vorübergehend, in der Schweiz eine Zufluchtsstätte gegen politische Verfolgungen suchen. Nur Friedrich Thiersch (1784-1860), der geistreiche Kenner des griechischen Alterthums in seinen künstlerischen und literarischen Erzeugnissen, und Schelling's Jünger, der Ergründer der Natur und der Menschenseele, Gotth. H. Schubert aus Sachsen (geb. 1780), „ein bibelfester, glaubenstreuer, mystisch - kühner Apostel der Nachtseiten der Natur und

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