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ras't, als derjenigen, die in einigen gefährlichen Paragraphen der Reichsverfaffung schleicht", hoffte es die Fürsten zu gewinnen und durch die in Aussicht gestellte Errichtung eines Bundesstaates mit einer kräftigen einheitlichen Executivgewalt und einer Nationalvertretung im Staatenhaus und Volkshaus wollte es die Einheitsbestrebungen der Nation befriedigen und dadurch auch deren Zuneigung erwerben. Aber in beiden Hoffnungen ging es fehl. Die Regierungen der kleinern deutschen Staaten mußten schon aus Furcht vor der drohenden Macht der Demokraten und der unterwühlten Volksmasse bei der Anerkennung der Reichsverfassung und der Frankfurter Centralregierung beharren, und die Könige zeigten wenig Neigung, in das Verhältniß der Unterordnung unter Preußen zu treten. Es kam nun sehr bald zu Tage, daß der Weg der Unterhandlung nicht zu dem gewünschten Ziele führe, daß die deutschen Regierungen sich wohl in die Nothwendigkeit einer Anerkennung der Reichsverfassung unter Preußens Vorangehen gefügt hätten, daß sie aber nimmermehr sich freiwillig ihrer selbstherrlichen Stellung begeben und der Krone Preußen sich unterordnen würden. An dem Regierungs-Congreß in Berlin, wo die deutsche Verfassung abgeändert werden sollte, betheiligten sich nur Hannover, Sachsen und Bayern und von diesen trat das letztere bald zurück, so daß nach einigen Wochen die revidirte Reichsverfassung nur als Grundlage eines,,Dreifönigsbundes" erscheinen konnte, dessen lose Verbindung jedoch bald klar ward *). Daß aber die große Masse des Volks sich von der Zeit an grollend von Preußen abgewendet habe, bewies die Theilnahmlosigkeit bei allen folgenden Wahlen. Zu dieser Theilnahmlosigkeit trug besonders das neue sowohl für Preußen als für den deutschen Reichstag entworfene Wahlgefeß bei, in Folge dessen in Zukunft die Wähler in drei nach der Größe der Steuersumme bestimmte Klassen getheilt werden sollten, so daß jede der in Höchst-, Mittel- und Mindest-Besteuerte gesonderten Klassen eine gleiche Zahl Wahlmänner zu stellen habe. Da nach diesem Wahlgesetz die schwielige Hand des Arbeiters" keinen Stimmzettel abgeben konnte, so zogen sich die Demokraten seit dem schmollend von den Wahlen zurück. Unbekümmert um diese widerstrebenden Elemente trat nunmehr Preußen in den Vordergrund des handelnden Lebens, weniger auf sein Recht, als auf seine Macht und die Nothwendigkeit sich stüßend. Es bekämpfte den Aufruhr, wo er sich zeigte, und stellte sich die Aufgabe, in dem ver wirrten und zerrissenen Reiche Ordnung zu schaffen und das Ansehen der Geseze und der Obrigkeit wiederherzustellen. Im Vertrauen auf die neuen Zusagen blickten die über die zunehmende Verwilderung des Volks bekümmerten Patrioten theilneh mend und billigend auf die kraftvolle Haltung der preußischen Regierung, die mit Gewalt der Waffen einen gesetzlichen Zustand zurückführte und Leben und Eigenthum sicherstellte; nur in Einem Lande verleßte sie das Nationalgefühl der Deutschen auf eine empfindliche Art und entfremdete sich die Herzen eines edeln, hochsinnigen Volksstammes in Schleswig-Holstein.

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*) Der,,Entwurf der Verfassung des deutschen Reichs", der dem,,Dreitönigsbunde" als Grundlage dienen und einem künftigen Reichstag zur Annahme und Revision vorgelegt werden sollte, hielt sich an das Frankfurter Verfassungswerk, verlieh demselben aber durch wesentliche Aenderungen einen andern Charakter. Im I. Abschnitt: „das Reich" wurde die „Frankfurter Aufstellung“ dahin ermäßigt, daß das deutsche Reich (der deutsche Bundesstaat) nur diejenigen Staatsgebiete umfassen solle, welche die Reichsverfassung an erkennen. Im II. Abschnitt: „,die Reichsgewalt" wird in dem 1. Artikel die völker, rechtliche Vertretung Deutschlands durch die Centralgewalt so aufgefaßt, als ob dies in Folge einer freiwilligen Uebertragung des Gesandtschaftsrechts der Einzelregierungen an die Centralgewalt geschehe, und durch mildere und unbestimmte Fassung denselben ein Schein von Selbständigkeit nach Außen bewahrt; im 2. und 3. Art. wird die Macht der

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Centralgewalt über das Heerwesen wesentlich beschränkt, der Eid der Treue gegen das Reichsoberhaupt aus dem Fahneneid entfernt und nur den obersten Feldherren vorbehalten, die Einrichtung des Heeres den Einzelregierungen überlassen und die Verfügung über dasselbe nur im Krieg und in Fällen nothwendiger Sicherheitsmaßregeln“ der Centralgewalt anheimgegeben. In den folgenden Artikeln sind die Befugnisse des Reichsoberhaupts über die Schifffahrtsanstalten, die Hafen- und Flußzölle, die Eisenbahnen und Heerstraßen, das Zoll- und Postwesen u. dgl. m. zu Gunsten der Einzelstaaten modificirt, boch so, daß die im Interesse der Einheit so nothwendige Centralisation nicht aufgehoben wird. Die bedeutendste Aenderung erfuhr der III. Abschnitt: „das Reichsoberhaupt", wo die höchste Würde nicht einem „Kaiser der Deutschen“, sondern einem „Reichsvorstand an der Spitze eines aus sechs Stimmen bestehenden Fürstencollegiums übertragen wird. Diese Vorstandswürde ist mit der Krone Preußen verbunden; die Civilliste des Kaisers fällt weg; der Reichsvorstand umgibt sich mit einem verantwortlichen Ministerium, aber in wichtigen Dingen ist er an die Zustimmung des Fürstencollegiums gebunden. Im IV. Abschnitt: „dom Reichstag" erfuhren die Artikel über das Staatenhaus keine wesentlichen Abänderungen; in den Artikeln über das Volkshaus dagegen fiel das suspensive Veto weg, die einjährige Budgetperiode ward in eine dreijährige verwandelt und bei streitigen Positionen die Entscheidung nicht endgültig dem Volkshause vorbehalten, sondern beiden Häusern gemeinschaftlich zugewiesen; auch ist dem Hause die Macht entzogen, „die Aufhebung der Haft oder Untersuchung eines Mitglieds bis zum Schlusse der Sizungsperiode zu verfügen." Der V. Abschnitt: „das Reichsgericht", an dessen Statt bis zur endlichen Vereinbarung ein provisorisches Schiedsgericht der verbündeten Staaten trat, erlitt blo8 in dem einen Punkt eine Abänderung, daß die Anklage der Minister der Einzelstaaten nur dann dem Reichsgericht zugewiesen werden sollte, wenn die Gerichte des Einzelstaates nicht competent sind. Im VI. Abschnitt, welcher die Grundrechte des deutschen Volkes enthält, wurde zunächst die Aufhebung des Adels als Stand, sowie das Verbot der Titel und Orden entfernt, die Todesstrafe wieder hergestellt, gegen Mißbrauch der Preßfreiheit größere Sicherheit geschaffen, die Glaubens- und Gewissensfreiheit von dem Zusatz befreit, daß Niemand verpflichtet sein solle, seine religiöse Ueberzeugung zu offenbaren, den Religionsgesellschaften,,der Besiß und Genuß der für ihre Cultus, Unterrichts- und Wohlthätigkeitszwecke bestimmten Anstalten, Stiftungen und Fonds" gewährleistet, die Geistlichkeit nicht von dem Beaufsichtigungsrecht des Unterrichts- und Erziehungswesens ausgeschlossen und die Aufhebung des Schulgeldes für die Volksschulen gestrichen. Ferner wurde das Petitionsrecht beschränkt, das Vereinsrecht ermäßigt und die Theilbarkeit und Veräußerlichkeit des Grundeigenthums, so wie die Ablösbarkeit aller Feudallaften und Zehnten und die Entschädigung für den Ber. luft der Jagdgerechtigkeit der Landesgesetzgebung anheimgestellt. Den Gemeinden war die Ortspolizei entzogen. In dem VII. Abschnitt: „die Gewähr der Verfas. fung" ist der angefochtene Satz, daß eine Aenderung ohne Zustimmung des Reichsoberhaupts eintrete, wenn in drei Sißungsperioden derselbe Reichstagsbeschluß unverändert gefaßt worden sei, entfernt. Was endlich das Reichswahlgeset betrifft, so wurde dasselbe gänzlich umgestaltet: indirecte und offene Wahlen nach dem oben angege benen Drei - Klassensystem auf Grund des Steuer-Census und dabei Erhöhung des zur Wählbarkeit befähigten Alters von 25 auf 30 Lebensjahre.

§. 877. Schleswig-Holstein. (Vergl. §§. 806. 852.) Die Bevölkerung der vereinigten Herzogthümer Schleswig-Holstein hatte bisher mit eben so viel Beharrlichkeit als Mäßigung ihr Ziel, selbständige Verfassung und Anschluß an das ftammverwandte Deutschland, verfolgt. Selbst in den stürmischsten Tagen hatte das Volk nie die ruhige Besonnenheit verloren, hatte sich fern gehalten von allen jenen

1849.

maßlosen Ausschweifungen demokratischer Volksmassen, die in den meisten übrigen Staaten Deutschlands den Patrioten mit Widerwillen erfüllten. In der richtigen Einsicht, daß sie nur durch deutsche Hülfe ihren gerechten Kampf durchführen könn ten, hatten sie sich selbst dem wenig ehrenvollen Waffenstillstand von Malmö (§. 859) gefügt, der in Frankfurt jene Scenen roher Grausamkeit hervorgerufen. 3m März 1849 hatte dieser sein Ende erreicht und da die mittlerweile gepflegenen Friedensverhandlungen zu keinem Ergebniß geführt hatten, so kündigte Dänemark den Waffenstillstand zu einer Zeit, wo es von seiner Seemacht Gebrauch machen konnte. Die von Preußen und Dänemark gemeinschaftlich für die Dauer des Waffenstillstandes in den Herzogthümern ernannte Regierung legte ihre Macht nieder, worauf die Frankfurter Centralgewalt eine Statthalterschaft für beide Lande be stellte (Wilh. Beseler, Graf Reventlow, Preet). Nun rückten die deutschen Reichstruppen von Neuem in Schleswig ein; der Herzog von Coburg-Gotha war einer ihrer Führer; muthvoll und ohne Stammesneid fochten hier Preußen und Bayern, Hannoveraner und Würtemberger, Norddeutsche und Süddeutsche gegen den gemeinsamen Feind, ein schönes Bild deutscher Einheit und Eintracht. In jenen trüben Tagen, als durch die schwankende Haltung der preußischen Regierung gegen über der Reichsverfassung eine beklommene Stimmung sich aller Gemüther bemächtigt hatte, wurden die Patrioten durch die unerwartete Nachricht erfreut, daß die deutschen Truppen siegreich gegen die Dänen gefochten, daß sie im Hafen von Edern5. förde durch Strandbatterien das dänische Linienschiff „Christian VIII.“ in Grund geschossen und die stolze Fregatte,,Gefion" nach Vernichtung ihres Steuerruders zur Ergebung gezwungen und die deutsche Flagge auf derselben aufgepflanzt hätten. Die Nachricht war ein Lichtstrahl in das Dunkel der deutschen Angelegenheiten. Der Himmel selbst schien die Waffen zu begünstigen. Bald nachher wurden im Sunde 18. April. witt, der Insel Alfen gegenüber, die festen,,Düppeler Schanzen" von baherischen und sächsischen Truppen erstürmt und die Dänen zurückgeworfen. Bei diesem Unternehmen erkämpfte sich der bayerische Oberstlieutenant v. d. Tann, schon im vorigen Jahr als Anführer des Freicorps durch ritterliche Tapferkeit hervorragend, neue Lorbeeren. Der General v. Bonin, Ober- Commandant der schleswig-Holsteinischen 20. April. Armee, erstürmte die jütische Grenzstadt Kolding, schlug, als die dänische Armee 23. April. ihn daraus verdrängen wollte, dieselbe in einer blutigen Schlacht und erzwang sich 7. Mai. mit seiner kleinen Schaar durch einen neuen Sieg bei Gudsoe den Einmarsch in Jütland. Aber die preußischen und deutschen Truppen unter General v. Prittwis zauderten; während die schleswig - holsteinischen Soldaten, welche den geschlagenen Feind kampfbegierig und todesmuthig bis unter die Wälle der Festung Fridericia verfolgt hatten, vor dieser Stadt dem Feinde blutige Gefechte lieferten, blieben die Preußen in ihren friedlichen Quartieren in Schleswig und sahen von Ferne dem Kampfe zu. Kein Wunder, daß das Mißtrauen von Neuem rege ward; daß man Zweifel aufwarf, ob es den Preußen auch Ernst sei mit dem Kriege, ob nicht doch am Ende der Argwohn der Demokraten, die über das blutige Kriegsspiel in Schles wig-Holstein die bittersten Schmähungen ausstießen, gegründet sei. Und als v. Brittwis endlich langsamen Zuges nach Jütland bis Beile vorrückte, ging en die Pren Ben so schonend zu Werke, vermieden so sehr alle blutigen Begegnungen mit den Die nen, hielten sich so ausschließlich nur auf dem Vertheidigungsfüße, daß man deutlich die Absicht erkannte, nur so lange einen Scheinkrieg zu führen, bis es den Diplomas ten gelungen sein würde, die bereits angekündigten Friedensunterhandlungen zum Abschluß zu bringen. Denn nun hatte die Bewegung in Deutschland selbst einen so ernsten und drohenden Charakter angenommen, daß die preußische Regierung nichts sehnlicher wünschte, als des nordischen Kriegs entledigt zu sein, zumal da England und Rußland Dänemark begünstigten und in die Trennung der vereinigten Herzeg

thümer von dem dänischen Königreiche, dessen Fortbestand dadurch in Frage gestellt war, nicht willigen wollten. Dies Alles führte während der Monate Mai und Juni einen lähmenden Stillstand in den Kriegsoperationen herbei; die Soldaten wurden mißmuthig und kampfscheu, das Land wurde ausgesegen, die Einwohner verarmten durch die Kriegslast; die Dänen, deren jütländische Truppen unter General Rye von dem viermal stärkeren Heere des preußischen Feldherrn nicht angegriffen wurden, faßten neuen Muth und verstärkten ihre Truppen und Geschütz in Fridericia. Nur die Schleswig-Holsteiner, die Fridericia belagert hielten, verloren weder den Kriegsmuth noch die Kampflust. Wiederholte Ausfälle der Dänen, die sie siegreich zurückschlugen, boten ihnen häufig Gelegenheit, ihren Nationalhaß im heißen Kampfe zu bewähren. Die Verwirrung in Deutschland und der Mangel einer anerkannten Centralgewalt übten auf die deutschen Truppen an der nördlichen Grenzmarke eine nachtheilige Rückwirkung. Endlich erfolgte der lang gefürchtete Schlag. General Rhe hatte sich von Jütland nach Fühnen eingeschifft, ohne daß Bonin davon Kenntniß erhalten, und war dann nach Fridericia übergesetzt. So verstärkt unternahmen die Dänen zu einer Zeit, als schon die Bedingungen eines neuen Waffenstillstands zwischen Preußen und Dänemark in Berlin zum Abschluß fertig waren, aus der umlagerten Festung einen unerwarteten Ausfall in solcher Stärke und Uebermacht, daß Bonins geschwächte Truppen dem plötzlichen Andrang nicht zu widerstehen vermoch= ten. Nach hartem Kampfe, dem blutigsten unter allen, wurden sie zum Weichen gebracht, worauf sich die Dänen des ganzen Belagerungsgeschüßes und der Schanzen bemächtigten. So erlangten sie einen kleinen Ersatz für die Niederlage in Eckernförde und eine kurze Befriedigung ihrer Rache. Aber auch im Unglück retteten die Schleswig-Holsteiner die Waffenehre. Ueber ihre Tapferkeit und muthvolle Haltung war nur Eine Stimme.

Die Nachricht von diesem Unfalle war noch wirksam genug, in dem niederge= worfenen und zerrissenen Deutschland einen allgemeinen Schrei der Entrüstung über die schmachvolle Kriegführung hervorzurufen. Im Rücken des preußischen Heeres war der Ueberfall bewerkstelligt worden und Prittwiß hielt sich nach wie vor ruhig. Diesmal waren es nicht die Demokraten, die mit Schmerz und Zorn eine Staatskunst verwünschten, die das gezückte Schwert zu gebrauchen verbot und dadurch treue und edle Menschenleben einem tückischen Feinde preisgab, die Demokraten waren bereits zum Schweigen gebracht, aber alle Vaterlandsfreunde, die Preußens Ruhm und Ehre unbefleckt und strahlend sehen wollten, und die Deutschlands Heil nur im engsten Bunde mit Preußen erblickten, die trauerten, als sie die Kunde vernahmen, daß troß des heimtückischen Verfahrens der Tänen dennoch in Berlin ein unehrenbafter Waffenstillstand zum Abschlusse gekommen, bei dem weder Bevollmächtigte der Reichsregierung noch der Herzogthümer beigezogen wurden. Darin wurde vorläufig 10, rie Trennung Schleswigs von Helstein ausgesprochen, und während das lettere, wie bisher, unter der von der Centralgewalt angeordneten,,Statthalterschaft“ stände, sollte Schleswig von einer dreiföpfigen,,Landesregierung" unter dem Versiß eines englischen Commissars im Namen des Königs von Dänemark regiert werden und im Süren eine preußische, im Norden eine schwedische, auf den Inseln eine dänische Befazung erhalten. Mit Unwillen vernahm man in den Herzogthümern diese die Fundamentalsäge ihres Staatsrechts gefährdenden *) Bedingungen und die Statthalterschaft wie die Landesvertretung legten Protest gegen den Vollzug ein. Als aber die deutschen Truppen allmählich abzegen und der schwedisch - preußischen Be= satzung Platz machten, mußten sie sich in das Unvermeidliche fügen. Von dem an begann für die unglücklichen Schleswiger eine Zeit der Bedrückung und der Willkür= herrschaft; aber ungebeugt beharrte die willensträftige Bevölkerung auf ihrem Rechte

Juli

und setzte der Gewalt den Troß eines guten Bewußtseins und eines gerechten Stre bens entgegen.

*) Die Forderungen der Herzogthümer (deren Rechtmäßigkeit der König von Preußen in einem Brief an den Herzog von Augustenburg vom 24. März 1848 anerkannt hatte) beruhten auf folgenden Hauptgrundsätzen des schleswig-holsteinischen Staatsrechts: 1) Daß die Herzogthümer selbständige Staaten sind. 2) Daß nur der Mannsstamm des oldenburgischen Hauses zur Erbfolge in den Herzogthümern berechtigt ist, und 3) daß die Herzogthümer fest mit einander verbundene Staaten sind. In dem Waffenstillstandsvertrag aber heißt es, daß Schleswig, was seine gesetzgebende Gewalt und seine innere Verwaltung betrifft, eine abgesonderte, von Holstein getrennte Verfassung erhalten solle, unbeschadet der politischen Verbindung, welche das Herzogthum Schleswig an die Krone Dänemark knüpft.

§. 878. Die Bewegung zur Durchführung der deutschen Reichsverfassung. Der Wydenbrugksche Antrag, am 4. Mai zum Beschluß erhoben, löste die Bande der Nationalversammlung. Von der Zeit an brachte jeder Tag neue Austrittserklärungen. Wie wenig auch die Demokraten bisher mit dem Frankfurter Reichsparlament übereingestimmt hatten, wie sehr ihre Wortführer auf der linken Seite der Paulskirche das Verfassungswerk bis zur letzten Stunde bekämpft hatten, die Weigerung der Regierungen, dasselbe anzuerkennen, gab den Demagogen den erwünschten Vorwand, „zur Durchführung der Reichsverfassung“ die Fahne der Volksempörung aufzupflanzen. Der Schein von Recht, auf dem sie dabei fußten, verlich diesmal der Erhebung eine größere Bedeutung und eine weitere Ausdehnung. Durch lärmende Versammlungen und aufreizende Reden wurde das Volk in eine furchtbare Aufregung gesezt; Volksvereine forderten in drohenden Aufrufen zum Kampfe auf gegen die,,rebellischen" Fürsten und Regierungen, die den Beschlüssen der Reichsversammlung zu troßen wagten; an vielen Orten wurde die Bürgerwehr, hie und da sogar das Militär auf die Reichsverfassung beeidigt; städtische Behörden sprachen ihre Anerkennung aus; die Zahl der Adressen und Petitionen war endlos. Wie verschiedenartig und mitunter unlauter die Motive und Ziele sein mochten, von denen die Bewegung getragen ward, das Verlangen nach nationaler Einigung und die Furcht, dieses so lang ersehnten Gutes in der Stunde der Erfüllung abermals auf unbestimmte Zeit beraubt zu werden, bildete die gemeinsame und ehrenhafte Grundlage, auf der sich denn freilich auch die Lüge, das Verbrechen und der Hochverrath umhertrieb. Der erste Artikel des Wydenbrugtschen Antrags konnte als Rechtsgrund für jede Erhebung gelten; die Volksführer bemächtigten sich daher desselben, um im Namen der Nationalversammlung zu handeln und die eigenen revo lutionären Zwecke mit einem ehrenwerthen Mantel zu verhüllen. Mochte auch die Bewegung schon vor dem 4. Mai hervorgerufen worden sein, mochte auch die Mehrheit der Nationalversammlung in Verbindung mit dem Reichsministerium jenen Beschluß durch nachträgliche Erläuterungen dahin erklären, daß die Durchführung der Reichsverfassung nur durch friedliche und gesetzliche Mittel, keineswegs durch Maßregeln der Gewalt oder durch bewaffneten Zwang zu bewerkstelligen sei · sung war gegeben; wie sollten sich die demokratischen Aufwiegler die günstige Gelegenheit entschlüpfen lassen, unter einer ehrbaren Fahne für die Revolution und die Republik zu wirken? Nie ist noch mit einer edeln Sache ein so schmählicher Mißbrauch getrieben worden; noch nie hat man den Sinn des Volkes mit einem so schändlichen Truggewebe umstrict, noch nie die Begriffe von Wahrheit und Recht so lügenhaft verkehrt und entstellt! Die ersten Bewegungen zeigten sich in denjenigen Staaten, wo die Regierungen sich der Reichsverfassung widerseßten. In Würtem= berg zwangen die Stände in Verbindung mit dem liberalen Ministerium Römer

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