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§. 853. 3taliens Wechselfälle (vgl. §. 841). In der Schweiz führte die Kunde von der Februar-Revolution den Abfall des Kantons Neuenburg von Preußen und den vollständigen Sieg der Radicalen herbei; und in Italien erzeugte fie innere Erschütterungen und einen nationalen Krieg wider Desterreich. Sicilien beharrte bei seiner Unabhängigkeit von Neapel; es wies nicht nur jeden Antrag einer Verständigung mit dem König Ferdinand hartnäckig zurüd, besonders seitdem dieser rachsüchtige Fürst eine zur Wiedererlangung früherer Rechte unter15. Mat. nommene Erhebung der Bürgerschaft von Neapel durch seine Schweizergarde und durch den entfesselten Pöbel unterdrücken ließ und, wie vor 50 Jahren die Königin Karoline, die wohlhabende Bevölkerung seiner Hauptstadt der Mord- und Raubsucht rafender Lazzaronihorden preisgab. Das kraftlose, knechtische Volk von Neapel duldete das harte Joch des Militärdespotismus; aber Sicilien sagte sich von den Bourbonen les und erwählte den Herzog von Genua, einen Sohn Karl Alberts, zum König. Doch war damit das Schicksal der schönen unglücklichen Insel noch nicht erfüllt, das blutige Drama noch nicht ausgespielt. Zwar kam unter französischer und englischer Vermittelung eine Waffenruhe zu Stande, während welcher der öst liche, durch eine Demarcationslinie begrenzte Theil der Insel mit Messina den Neapolitanern gehorchte, der westliche mit den Städten Palermo, Syracus und Catania von einer provisorischen Regierung unter Ruggiero Settimo geleitet wurde. Da aber die während des Winters geführten Unterhandlungen zu keinem Ergebniß führten, so begann im April der Kampf von Neuem. Eine zahlreiche, von dem Polen Mieros lawski befehligte Fremdenlegion zog den Sicilianern zu Hülfe; allein die Kriegskunst und bessere Ausrüstung der neapolitanischen Miethtruppen trug den Sieg davon. Nach der Niederlage und Flucht der Fremdlinge rüdte das neapolitanische Heer über Syracus nach der Hauptstadt Palermo. An einem erfolgreichen Widerstande verzweifelnd ließ sich die Bürgerschaft in Unterhandlungen ein und übergab, nachdem sich die Häupter der Revolution auf die Insel Malta geflüchtet, die Stadt dem Sieger gegen die Zusage einer Amnestie. Am 14. Mai hielt das neapolitanische Heer seinen Einzug in Siciliens Hauptstadt und die unglückliche Insel, wo über ein Jahr die dreifarbige Fahne geweht hatte, wurde von Neuem an das bourbonische Militärkönigthum gefettet. 3m Kirchenstaat nahm die Begeisterung für den Papst ab, als er die übertriebenen Ansprüche des Volks nicht rasch und umfassend genug befriedigte und die geforderte Kriegserklärung gegen Desterreich als unverträg lich mit seiner Stellung und religiösen Würde mit Ernst zurückwies. Selbst die Ausweisung der Jesuiten und die Gewährung einer ständischen Verfassung vermochten ihm nicht wieder die frühere Volksgunst zu erwerben. Der kluge Italiener Rossi aus Carrara, der einst in Genf die Rechtswissenschaft gelehrt, dann in Paris bei Louis Philipp und Guizot eine einflußreiche Stellung bekleidet und wichtige diplomatische Aufträge vollführt hatte, wurde von Pius IX. als conftitutioneller Minister berufen, um die Zügel der Regierung, die den schwachen Händen des Kirchenfürsten zu entgleiten drohten, wieder fester anzuziehen. Aber durch die ernsten Maßregeln, die Rossi gegen die wachsende Anarchie ergriff, zog er sich so sehr den Haß der römischen Demokraten zu, daß er bei Eröffnung der Kammern auf der Treppe des Ständehauses an derselben Stelle, wo einst Cäsar gefallen, durch einen Dolchstoß in 15. Nov. die Kehle ermordet wurde, worauf der zügellose Pöbel, geleitet vom Fürsten Canino (Bonaparte) den Quirinal umstellte und den Papst mit Drohen zur Ernennung eines radicalen Ministeriums unter Mamiani's Leitung zwang. Von da an wich Ordnung und Gefeßlichkeit aus der ewigen Stadt. Die Deputirtenkammer war ohne Macht und wurde durch den Austritt vieler Mitglieder so geschwächt, daß sie kaum noch beschlußzfähig war; der demokratische Volks club führte mit Hülfe des rohen und robusten Pöbels von Trastevere das Regiment, seitdem die päpstliche Schweizer

1848.

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Februar

März.

garde entwaffnet und verabschiedet worden und eine unzuverlässige Bürgerwehr an deren Stelle getreten war; viele Cardinäle entfernten sich; Pius IX. wurde wie ein Gefangener bewacht. Empört über diese Vorgänge und in seiner Sicherheit bedroht entfloh endlich der Papst verkleidet nach Gaeta, wo er ein neues Ministerium bil- 24. Nov. dete und gegen alle Vorgänge in Rom Protest einlegte. Dieser Schritt verschaffte vorerst der republikanischen Partei den vollständigsten Sieg. Eine neue constituirende Bersammlung wurde einberufen, die in einer ihrer ersten Sizungen das 1849. Papstthum seiner weltlichen Macht entkleidete, eine römische Republik einführte und für die Vereinigung Italiens unter einer demokratisch-republikanischen Staatsform aus allen Kräften zu wirken beschloß. Der Bannstrahl des Papstes wurde von dem Volksverein mit einem höhnenden Aufzug beantwortet. Eine provisorische Regierung unter der Leitung von drei Männern (Triumvirat) übernahm die Ver= waltung des Freistaats, indeß die constituirende Versammlung Hand an das Kirchenvermögen legte, um kleine Pachtgüter für die Armen daraus zu bilden, und Garibaldi, ein kühner Freischaarenführer, der sich als politischer Flüchtling lange in Amerika und anderwärts umhergetrieben, dann aber, in die Heimath zurückgekehrt, an dem Kampfe der Piemontesen und Lombarden wider Desterreich den lebhaftesten Antheil genommen, aus Freischaaren und Demokraten eine beträchtliche Volkswehr organisirte. Der unglückliche Ausgang des erneuerten Kampfes in Oberitalien, der eine Menge Flüchtlinge nach Rom führte und die Ankunft Mazzini's, der so lange das thätige Oberhaupt des,,jungen Italiens" und die Seele der demokratischen Propaganda gewesen, steigerte die revolutionäre Aufregung in Rom. Der Kirchenstaat sollte als lezte Zufluchtsstätte der Freiheit mit aller Kraft vertheidigt und als Mittelpunkt für weitere Unternehmungen benußt werden. Truppen und Freischaaren waren in großer Masse vorhanden, an Waffen und Geschütz war kein Mangel und ein revolutionärer Terrorismus der wildesten Art schaffte die nöthigen Hülfsmittel herbei. Diese Vereinigung revolutionärer Kräfte bestimmte die Schußmächte des Kirchenstaats, deren Hülfe der Papst angerufen, zu gemeinschaftlichem Handeln und zu bewaffnetem Einschreiten. Indeß die Oesterreicher sich nach harten Kämpfen in den Besit von Bologna und Ancona seßten, die Neapolitaner von Süden her in das römische Gebiet einrückten, landete ein französisches Heer unter General Oudinot in Civita vecchia und umstellte das furchtbar aufgeregte Rom. Umsonst erklärten die Franzosen, daß sie als Freunde kämen, um die Ordnung und die gesetzliche Freiheit zu schirmen und die Besetzung des Kirchenstaats sammt der Hauptstadt durch die Desterreicher und Neapolitaner zu verhüten - die Demokraten wiesen die dargebotene Hand des Friedens und der Versöhnung zurück und bereiteten den anstürmenden Feinden einen hartnäckigen Widerstand. Der erste Angriff der Franzosen scheiterte. Nach dem tapfersten Kampfe gegen die gut postirten und mit Geschüß trefflich be= dienten Insurgenten mußte sich Dudinot unter großen Verlusten nach der See zurück- 2. Mai ziehen und Verstärkung abwarten. Um ihre Gegner zu trennen, knüpften hierauf die Triumvirn mit dem französischen Befehlshaber Unterhandlungen an und schlossen eine achttägige Waffenruhe, die Garibaldi klug benußte, um die neapolitanischen Truppen bei Belletri anzugreifen und über die Grenze zurückzuschlagen. Als die 19. Mat. Unterhandlungen nicht zum Ziele führten, begannen die Franzosen von Neuem zu ftürmen. Aber auch diesmal stießen sie bei dem Pancraziothore und an andern Orten auf den heftigsten Widerstand, so daß sie erst nach wochenlangen blutigen Kämpfen und Stürmen endlich vertragsweise in den Besitz der Stadt kamen. Die Barrikaden wurden sofort geräumt, die provisorische Regierung aufgelöst und eine 3. Jult. militärische Fremdherrschaft errichtet. Garibaldi, Mazzini u. A. suchten ihr Heil in der Flucht. Aber der Papst beharrte noch lange in seiner freiwilligen Verbannung und in seinem Groll gegen die undankbare Stadt. Erst im April 1850 erfolgte seine Weber, Geschichte. II. 9. Aufl.

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1849.

Rückkehr. Seitdem wurde in Rom die Nuhe durch französische Bessaßung aufrecht erhalten; allein die Räuberbanden, die unter verwegenen Anführern das Land durchstreiften, gaben Zeugniß von dem tiefen Verfall der gesellschaftlichen Ordnung und der Ohnmacht der Regierung.

§. 854. Der Großherzog Leopold von Toskana wußte fich die Zuneigung seiner Unterthanen durch freisinnige Reformen, durch Verweisung der Jesuiten und durch die wenn gleich nothgedrungene Theilnahme an dem Krieg wider Desterreich lange zu bewahren, bis es auch hier der radicalen Propaganda glückte, den Boden 8. Febr. zu unterwühlen, die Einberufung einer constituirenden Versammlung zu bewirken, den Großherzog zur Flucht zu bringen und eine ephemere Republik unter Guerazzi's Leitung zu gründen. Aber nach einigen Wochen wurde Leopold durch eine vom Volke selbst bewirkte Gegenrevolution zurückgeführt und die alte Ordnung 11. pril. wieder hergestellt. Der absolutistisch gesinnte Herzog Franz von Modena und der kurz vorher zur Regierung gelangte Herzog Karl von Parma vers mochten den Märzstürmen nicht zu widerstehen. Sie verließen ihre Staaten und schlossen sich an Oesterreich an, mit dem fie die anfängliche Niederlage und den spåtern Triumph theilten. Radetzky's Einzug in Mailand war auch für sie der Tag der Rückkehr. Die merkwürdigste Umwandlung der Dinge ging in Oberitalien vor sich. Karl Albert, König von Piemont und Sardinien, von seinen Verehrern das,,Schwert Italiens" genannt, ein Mann ohne Treue und Charakterfestigkeit, der früher seine liberalen Jugendsünden durch strengen Absolutismus abgebüßt, dann aber, den Zeitgeist erfassend, die Fahne der italienischen Nationalität und Unabhän gigkeit aufgepflanzt hatte, glaubte jest den passenden Augenblick benußen zu müssen, um durch eine ohne alle Ursache und Veranlassung beschlossene Kriegserklärung an Desterreich sich die Gunst des italienischen Volks und den Besit des lombardischvenetianischen Königreichs nebst der Oberherrschaft über Italien zu erwerben. Berbunden mit den Lombarden, die nach einigem Bedenken sich wider die Oesterreicher erhoben, eine provisorische Regierung eingesetzt und nach einem hartnäcizen mehrtägigen Kampfe in Mailand (vom 18. März an) den greisen Feldmarschall Radesky Radesky nebst seinen durch Abfall und Ausreißen geschwächten Truppen zum Ab1858. zug genöthigt; mit den Venetianern, die, nach Befreiung ihrer Hauptstadt durch die Capitulation des österreichischen Festungscommandanten Grafen Zichy, sich der allgemeinen Nationalerhebung anschlossen, und mit den zahlreichen Freischaaren (Crociati) des mittlern Italiens, rückte Karl Albert gegen den Mincio, drängte in der ersten Zeit der Begeisterung und Ueberraschung die österreichischen Heere durch die Ueberlegenheit seiner Streitkräfte nach der Nordgrenze Italiens und eroberte nach dem siegreichen Treffen von Goito das feste Peschiera. Ja sogar nach Wälschtirel zogen italienische Freischaaren, um auch dieses Grenzland den Oesterreichern zu ent reißen. Allenthalben wehte die dreifarbige Fahne; die meisten Städte, mit Aus nahme der Festungen Mantua und Verona, schlossen sich den Insurgenten an; Florenz, Rom, Neapel erklärten an Desterreich den Krieg und verstärkten das piemontesische Heer, das der König, tapfer und kriegsliebend, in eigener Person ins Feld führte. Der Kampf nahm den Charakter eines Kreuzzuges an; die Priesterschaft, vom neuernannten Erzbischof von Mailand bis zum untersten Bruder herab, wirfte für die nationale Sache und Italiens Unabhängigkeit und verlieh dem Aufstande die Weihe der Kirche. Die Freischaaren schmückten sich mit rothen Kreuzen zum heiligen Kriege. Bald änderte sich jedoch die Lage der Dinge. Denn,,während Stalien mit Festen, Gelagen und Triumphzügen sich seines Sieges, seiner Befreiung vom verhaßten Barbarenjodh freute, schärfte der alte Löwe die Klauen in seiner Höhle zu Verona, aus der er bald, seine Mähne schüttelnd, wieder hervorging." Schon am 6. Mai bestand der mehr als achtzigjährige Feldmarschall Radetzky bei Santa

1766

29. Mat

Lucia unweit Verona ein blutiges Gefecht, in dem die tapfere österreichische Armee das Schlachtfeld gegen die überlegenen Streitkräfte der Feinde behauptete, während Feldmarschalllieutenant Welden das südliche Tirol befreite. Gegen Ende des Monats durchbrach Radetky die tapfer vertheidigte Linie von Curtato ne und öffnete 1848. fich den Weg nach Mantua, um dieselbe Zeit, als Karl Alberts Heer bei Goito und Beschiera seine erfolgreichen Waffenthaten ausführte. Im Juni bemächtigte sich der Feldmarschall nach einem blutigen Gefechte der Stadt Vicenza, während Karl Albert den in der Kriegsgeschichte berühmten Ort Rivoli besezte. Heiße Kämpfe von abwechselndem Erfolge wurden hierauf in der Nähe der beiden Festungen durchgefochten, und die Ufer des Flusses Mincio mit dem Blute vieler tapferen Streiter getränkt. Die Italiener kämpften für Freiheit und Nationalität, die Desterreicher für Herrschaft und Kriegsehre; aber jenen fehlte die Uebung und strenge Zucht, die den gedienten Heeren der lettern zu Statten kamen, und während diese einem einzigen willens- und thatkräftigen Führer gehorchten, herrschte bei den aus verschieden= artigen Elementen zusammengesetzten Gegnern oft Zwietracht und getheilte Meinung. Daher neigte sich das wankende Kriegsglück zuletzt auf die Seite der Desterreicher. Am 25. Juli, an einem glühendheißen Sommertage, erfocht Radezky bei Custozza einen Sieg, der Desterreichs Waffenehre aufs Glänzendste herstellte. In raschem Siegeslauf rückte sodann der greise Feldmarschall, die bei Goito und Volta nochmals geschlagenen Feinde vor sich hertreibend, wieder in die Lombardei ein und stand Anfangs August vor den Thoren Mailands. Nach einem heftigen Kampfe, in welchem der König selbst in Gefahr schwebte, ergab sich die Stadt vertragsweise, worauf am 6. August Radetzky wieder seinen Einzug in Mailand hielt. Bedroht von der Volksmasse und als Verräther geschmäht und verfolgt hatte Karl Albert unter dem Dunkel der Nacht die Stadt verlassen, froh, von Oesterreichs Großmuth einen Waffenstillstand zu erhalten. Radetzky, eben so mild und menschenfreundlich als tapfer und thatkräftig, schändete seinen Sieg durch keine Grausamkeit. Die flüch tigen Mailänder, nicht mehr so vorlaut in höhnenden Schmachreden gegen die „Deutschen“, kehrten allmählich still und gedemüthigt zurück. Garibaldi, einer der verwegensten Schaarenführer, zog noch einige Zeit mit seiner verwilderten Bande umber, bis er von den Feinden bedroht zuerst in der südlichen Schweiz eine Zufluchtsstätte suchte, dann aber in dem aufgeregten Rom einen günstigen Boden für seine triegerische Thätigkeit fand. Damit war jedoch der fardinisch-österreichische Krieg noch nicht zu Ende. Karl Albert, von dem Volke geschmäht, von den Radicalen, die das gemäßigt-liberale Ministerium Gioberti verdrängt hatten und in der Kammer wie in der Regierung das Uebergewicht besaßen, fortgerissen, von der republikanischen Propaganda in seiner Herrschaft bedroht, von gekränktem Fürstenstolz bethört, faßte in der Verzweiflung den Entschluß, das Kriegsglück abermals zu versuchen. Als Gründe der erneuerten Kriegserklärung wurde der mangelhafte Vollzug der Bedingungen des Waffenstillstandes geltend gemacht. Im März drang ein großes sardinisches Heer, bei dem sich mehrere polnische Anführer befanden (Ramorino [vgl. §. 803], Chrzanowski u. A.) über die lombardische Grenze, um einen zweiten Versuch zur Vertreibung der Oesterreicher aus Italien zu machen. Aber ein viertägiger Feldzug des alten Radetzky in dem durch Schlachten und kriegsgeschicht- marz. liche Ereignisse berühmten Stromgebiet des Tessin, und die blutigen Siege der österreichischen Armee bei Mortara und Novara über die ausgedehnten Truppenabtheilungen der Feinde sezten den Unternehmungen ein schnelles Ziel und vereitelten die Hoffnungen der italienischen Patrioten. Ramorino aus Genua, seit dem Falle Polens als unsteter Abenteurer umhergetrieben, gerieth in Verdacht der Ver= rätherei, weil er in sträflicher Fahrlässigkeit einen wichtigen Posten zu besegen unterlassen, und wurde kriegsrechtlich zum Tode verurtheilt und erschossen. Karl Albert,

März

1849.

20.-24.

März.

1.-4.

an seinem Glücke verzweifelnd, entsagte der Krone zu Gunsten seines Sohnes Victor Emanuel, flüchtete sich auf verborgenen Wegen aus dem Lande seiner Väter und suchte im fernen Portugal eine Ruhestätte für den kurzen Rest seiner Tage. Wenige Monate nachher befreite ihn der Tod von allen Leiden und Kümmernissen des Erden= 20. Mars Lebens. Der junge König Victor Emanuel schloß mit dem siegreichen Feldmarschall in der Eile einen Waffenstillstand, der aber im ganzen Lande solchen Unwillen erregte, daß die Abgeordnetenkammer die Bestätigung verweigerte und in Genua ein Aufstand ausbrach. Erst als jene aufgelöst und dieser mit Waffengewalt unterdrückt war, fügte sich das Volf in das Unvermeidliche. Die neue Kammer bestätigte später den Frieden mit Lesterreich, der dem Lande eine große Schuldenlast für die Kriegskosten aufbürdete. Von dem an ist die sardinische Regierung auf dem Wege liberaler Reformen und innerer Entwickelung ohne Störung fortgeschritten. Ein im Rücken des PT. österreichischen Heers erfolgter Aufstand in Brescia wurde nach Erstürmung der Stadt von dem schonungslosen Feldmarschalllieutenant Haynau mit blutiger Strenge unterdrückt. Nur die Lagunenstadt Benedig, wo nach dem Abzug der österreichischen Besatzung zuerst eine provisorische Regierung im Namen des Königs von Sardinien das Staatswesen leitete, dann aber, nach der Niederlage des italienischen Heers, unter Manins Wirksamkeit ein republikanisches Regiment eingeführt wurde, war durch die unüberwindliche Festigkeit ihrer Lage allein vermögend, dem österreichischen Belagerungsheere, selbst als sich dasselbe in den Besitz der Festung 27. Mai. Malghera gesezt und damit festen Fuß in den Lagunen gefaßt hatte, noch Monate lang zu widerstehen und allen Angriffen und Eroberungsversuchen zu trogen. Erst als nach der Niederlage der Insurgenten aller Orten jede Hoffnung auf einen erfolg= reichen Ausgang des Kampfes verschwunden und die Stadt durch die innere Zet rissenheit und den äußern Feind in die höchste Noth gebracht war, ergab sich auch 25. Aug. Venedig vertragsweise den Oesterreichern. Am 30. August hielt der Feldmarschall seinen feierlichen Einzug in die stolze Lagunenstadt. Seitdem breitet der Deppeladler seine Flügel aufs Neue über das lombardisch-venetianische Königreich; in Mittelund Unter-Italien prangen wieder die Fahnen der legitimen Herrscher und die hoffnungsreiche italienische Tricolore hat nur noch in Sardinien eine Freistätte. Pius IX. gab durch öffentliche Bußgänge seine tiefe Reue über seine liberalen Sünden kund und in dem unglücklichen Neapel herrscht seitdem ein finsteres, von Rachsucht und Grausamkeit geleitetes Reactionssystem, das aller Gefeße der Cultur und Humanität spottet. Wie viel Thorheit und unverständige Leidenschaft die italienische Erhebung auch zu Tage gefördert hat, Einen Ruhm kann man ihr nicht versagen — die Ehre der Nation wurde gerettet. Jahrhunderte lang der Gegenstand des Hohns und der Verachtung anderer Völker, haben die Italiener bewiesen, daß sie noch die Waffen zu führen verstehen; und sind sie auch diesmal nicht minder durch ihre eigene Unordnung und Verkehrtheit, als durch die militärische Uebermacht ihrer Gegner erlegen, so wird doch auch ihnen einst der Tag aufgehen, wo nationale Einheit und gesetzliche Freiheit ein glücklicheres und würdigeres Volksleben begründen werden.

1849.

IV. Die deutschen Verfassungskämpfe und Ungarns Fall.

§. 855. 1. Die constituirende Nationalversammlung in der Paulskirche zu Frankfurt. Die Centralgewalt. Die deutsche Bewegung, obwohl von Grund aus demokratisch und stürmisch in ihrem Auftreten,,,hielt ehrfurchtsvell still vor den Thronen"; ein Beweis, daß das Streben der Nation im Großen nicht auf Erzielung republikanischer Staatsformen hinausging, sondern nur auf ein freies

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