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Guidi

Mengini

1642

dete. In seinen Oden nahm er den Horaz zum Vorbild, aber ohne den Geist und

die Kraft des römischen Dichters zu erreichen. Auch die beiden von der schwedischen 1650 Königin Christina (§. 586) während ihres römischen Aufenthaltes begünstigten 1712. und unterstüßten Dichter Alex. Guidi von Pavia und Bened. Menzini von Flo1708. renz nahmen die Alten zum Muster, jener den Pindar, dieser den Horaz. — Edler Filicaja und freier tritt die italienische Poesie auf in Vincenzo da Filicaja von Fle1707. renz, der sich ebenso fern hielt von dem geist und gemüthlosen Getändel der Petrarchisten als von der frostigen Nachahmung der Alten. Von kühnerem Freimuth durch drungen als die meisten seiner Zeitgenossen wagte er es, seine Ansichten und Empfin dungen über die Erscheinungen des Tages in politischen Gedichten auszusprechen (,,Doen auf die Belagerung von Wien") und gab zuerst in dem unübertrefflichen Conette,, Italia! Italia!" den wehmüthigen Gefühlen der italienischen Patrioten über die trostlose Lage des schönen Vaterlandes Worte.

Drama.

Zeno 1669

1721

1675

"

Größer und kunstvoller zeigten sich die Italiener in der Bühnendichtung und zwar zunächst in der ihrer musikalischen Natur entsprechenden und von dem Einnenreize der Zeit begünstigten Oper und in dem Melodrama. Hatte die Musil schon früher in dem italienischen Drama und insbesondere in den Schäferstücken eine große Rolle gespielt, so ward sie im 17. und 18. Jahrhundert in den Bühnenstüden eines Apostolo Zeno, eines Metastasio u. A. (§. 554 c.) die Hauptsache, so 1750. daß allmählich die Dichtung hinter die Musik zurücktrat. Auch Metastasio's NachSafti folger im Amte eines Hofdichters zu Wien, Giambattista Casti widmete anfangs 1803. seine dichterischen Kräfte dem musikalischen Drama, nur daß er nicht seines Vorgän gers ernste, heroische Oper wählte, sondern die komische (opera buffa). Mehr Ruhm erlangte jedoch Casti durch seine in Octaven geschriebenen galanten Novellen“ in Boccaccio's Geist und mit altitalischer Leichtfertigkeit und Muthwillen, und ver Allem durch sein satirisches Thierepos die redenden Thiere" mit scharfen Beziehungen auf das Hof- und Staatsleben, auf die politischen und socialen Ideen und Zustände seiner Zeit. Das eigentliche Drama, sowohl das heitere Lustspiel, das durch Goldoni und Gozzi (§. 554 c.) besonders ausgebildet wurde, als Maffei die Tragödie, welcher Scipio Maffei von Verona durch seine berühmte,,Me1755. rope" und mehr noch Vittorio Alfieri (§. 554 c.) durch seine kraftvollen histori schen Dramen einen neuen Aufschwung gab, nahm im 18. Jahrhundert durch die Einwirkung der französischen Bühnendichtung eine neue Richtung zu kunstmäßigerer Form und Anlage und zu einem strengen Regelzwang, dem selbst noch Alfieri tres seiner patriotischen Erhebung treu blieb und von dem erst der Tragödiendichter Joh. Bindemonte, der eine freiere Bahn der Phantasie einschlug, abzuweichen wagte. 1751 Sein jüngerer Bruder Hippolit Pindemonte dichtete in einer tiefbewegten Zeit Sirp. weiche, schwermüthige Naturschilderungen voll idyllischer Anmuth und lyrische Binde Gedichte und Episteln, in denen sich neben klassischer Bildung Tiefe und In1753- nigkeit des Gefühls und religiöse Gesinnung ausspricht. Auch als glücklicher Ueberseher antiker Dichter (besonders des Homer) haben sich die beiden Brüder bekannt gemacht; dagegen sind Hippolito's dramatische Dichtungen mit Chören und eingeflochtenen lyrischen Gesängen größtentheils vergessen. Alfieri's talentvollster Nachahmer auf dem Gebiete der tragischen Kunst, aber ohne seines Meisters Freiheitsgefühl Monti und Charakterstärke war Vincenzo Monti aus dem Ferraresischen. Ein Wohldiener der Großzen dichtete Monti (nachdem er sich durch die Tragödien,,Galeotto Manfredi“ und „Aristodemo" einen Namen gemacht) bei Gelegenheit der Ermordung des französischen Gesandten Basseville in Rom zu Gunsten des Papstes das an glänzenden Stellen reiche Gedicht „,,Basvilliana" gegen die Ideen der französischen Revelution, eine Schrift, die von den Demokraten in Mailand verbrannt wurde. Später von Napoleon in Mailand zum Hofdichter und Geschichtschreiber des Königreichs

J.

3. Vinde

monte

1812.

monte

1828.

1754

1828.

sche Dich

tung.

1777

erhoben, feierte er den Ueberwinder Italiens in lobpreisenden Werken und erwarb fich zuletzt durch eine „Cantate“ auf Kaiser Franz und andere höfische,,Bestellungsgedichte“ auch die Gunst des österreichischen Beherrschers und den lebenslänglichen GregischGenuß seines Einkommens. Während der französischen Herrschaft war Monti eine de Did Zeit lang Professor der italienischen Literatur in Pavia. In dieser Stelle hatte er zum Nachfolger Nic. Ugo Foscolo aus dem Venetianischen, einen leidenschaftlichen, Foscolo freiheitglühenden Dichter, in dem zuerst der Gedanke einer politischen Wiedergeburt 1827. Italiens begeisterten Ausdruck fand. Seine Tragödien („, Tieste;" „Ajace;“ „Ricciarda"), worin er seine Freiheitsideen niederlegte, sind weniger wegen ihrer fünstlerischen Vorzüge, als wegen der patriotischen Gesinnung ausgezeichnet. Die Anfeindungen und Verfolgungen, die er sich dadurch zuzog, hielten ihn nicht ab, als Mitglied der Consulta in Lyon (§. 740) eine kühne, später durch den Druck bekannt gemachte,,Rede an Bonaparte" zu halten. Aber nur zu bald überzeugte er sich von der Erfolglosigkeit seiner Bemühungen und der Trüglichkeit seiner Hoffnungen und dieses Gefühl des Schmerzes über die Versunkenheit seines Vaterlandes verschmolz er mit seinen Liebesklagen in dem Roman,,Briefe zweier Liebenden", oder, wie er ihn nach einer spätern Umarbeitung benannte,,,Leyte Briefe des Jacopo Ortis“ (1802), ein Buch, das als der,, italienische Werther" bezeichnet werden kann, indem der Held,, deutsche Sentimentalität mit italienischem Patriotismus vereinigt und an beiden zu Grunde geht.“ Nach dem verlornen Vaterlande verliert er noch eine unerlangbare Geliebte und gibt sich dann selbst den Tod.,,Beide Leidenschaften, Baterlandsliebe und Weiberliebe, waren mit ergreifender Innigkeit und der Kraft einfacher Natürlichkeit geschildert; das Buch war mit des Dichters Blut geschrieben. und machte eine tiefergreifende Wirkung." Darum blieb auch Foscolo trotz seiner vielfachen Verirrungen ein Liebling der italienischen Jugend. Nicht minder einflußreich auf die Gesinnung der Italiener als dieser Briefroman war Foscolo's didakti= sches Gedicht: Die Gräber", dessen dunkle Klagetöne strafende Wahrheiten und hoffnungslosen Schmerz aushauchen. Von der mailändischen Regierung mit Argwohn betrachtet und mit gerichtlichen Verfolgungen bedroht, floh Foscolo nach London, wo er am 11. September 1827 starb. Regellos in seinem Leben und die Sitten der Gesellschaft verachtend schwankte er in seinen Ansichten unbeständig hin und her. Dennoch war er der bedeutendste und einflußreichste Dichter von politischer und nationaler Richtung, die mit dem armen Giuseppe Parini aus dem Mailändischen, 1729–99. dem Manne,,,der in Italien ohne Tadel und Neid steht," begann und in Leopardi, Niccolini, Berchet und Silvio Pellico würdige Vertreter fand. Diese vaterländische Dichtung lehnte sich mit steigender Schwärmerei an Dante an, der mit seiner patriotischen Gesinnung und geistigen Kraft unter Leiden und Verbannung den nachgebornen Geschlechtern ein Leitstern war. In dieser Bewunderung trafen sie mit der neuerwachten Romantik zusammen, die daher bald einen großen Einfluß auf die italienische Literatur gewann, hier aber einen nationalen Charakter annahm.

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Parini geißelte zuerst in seinem satirischen Gedichte der Tag" die Sitten und Lebensweise der Vornehmen, der sogenannten „guten Gesellschaft“, in deren Erschlaffung, Genußsucht und Indifferentismus für alles Hohe und Ideale er die Quelle des sittlichen Verfalls und aller Schäden des öffentlichen Lebens in Italien erblickte. Seine Worte blieben nicht wirkungslos: in den edlern Gemüthern erwachte die Sehnsucht nach einer nationalen Wiedergeburt, daher auch die französischen Republikaner anfangs mit freudiger Begeisterung aufgenommen wurden, bis sich die Italiener überzeugten, daß das geträumte Glück und die ersehnte Freiheit nicht durch fremde Bajonette gebracht würde. Je mehr aber die italienischen Zustände während der französischen Herrschaft zwischen Unterdrückung

Parini

1798

1785

1855.

und Freiheit schwankten und die Gefühle getheilt waren zwischen Stolz und Demüthigung bei dem neuen Waffenruhme italienischer Heere für eine fremde Sache, desto mehr behielten die gespannten Gemüther Zeit, die drückende Wirklichkeit mit ihren Idealen zu vers gleichen und sich im Wechsel der heftigsten Leidenschaften zu verzehren.“ Doch blieb die französische Herrschaft nicht ohne wohlthätige Folgen; fie beförderte den Aufschwung der Nation, der auch noch fortdauerte, als Napoleons Machtherrschaft gebrochen war und die auf dem Wiener Congreß geschaffenen Einrichtungen die geistigen und nationalen Negun gen niederhielten. Und an diesem Aufschwung hatte die Literatur keinen geringen Antheil. Die neue Romantik, die auf die große Zeit des italienischen Mittelalters hinwies, belebte das Nationalgefühl und die vaterländische Gesinnung. Der klassisch gebildete Graf Leopardi Giacomo Leopardi aus der Mark Ankona, Platens Freund und Gesinnungsgenosse, gab 1837. in seinem „Canto an Italien“ und in seinen Betrachtungen über ein dem Dante zu errichtendes Monument diesen Gefühlen Worte, daher auch das Gedicht mit der größten Begeisterung aufgenommen wurde. Noch kräftiger und schwungvoller war sein „Canto an Angelo Mai, als er Cicero's Bücher de republica aufgefunden hatte“, ein Gedicht, das zu den edelsten Erzeugnissen der italienischen Lyrik gehört, in welchem der Dichter seinem gepreßten Herzen über die traurige Lage seines Vaterlandes und über die Entartung der Zeitgenossen in klagenden und zürnenden Worten Luft macht und zugleich durch die Hinweisung auf eine ruhmreiche Vergangenheit Muth, Stolz und Selbstvertrauen zu weden sucht. Sein an hellenischer Weisheit und römischem Republikanismus genährter Geißt wurde durch den Druck äußerer Verhältnisse wenn auch niedergebeugt, doch nicht geNiccolini brochen. Giov. Battista Niccolini aus der Umgegend von Pisa, als Professor und Bibliothekar in Florenz wohnhaft, hat durch seine Tragödien aus der vaterländischen Geschichte zur Erweckung des Freiheitsfinnes und Nationalgefühls wesentlich beigetragen. In seinen ersten der alten Geschichte und Mythologie entlehnten Stücken (Polyxena, Medea und Oedipus u. a.) trat er in Alfieri's Spuren, erlangte aber erst Ruhm und Beifall, als er sich der Romantik zuwandte und in „Antonio Foscarini“, „Giovanni da Procida“, „Ludovico Moro“, „Filippo Strozzi“ und besonders in seinem gepriesenen „Arnaldo da Brescia“ vaterländische Stoffe mit Freimuth und patriotischer Gesinnung behandelte. Silvio Silvio Pellico aus Saluzzo, eine weiche, elegische Natur, erwarb sich zuersi dichterischen 1789- Ruhm durch seine Tragödien, unter denen die dem Dante entnommene „Francesca da Rimini“ die vorzüglichste ist. Von Foscolo's Dichtungen angeregt widmete er dann seine Kräfte den vaterländischen Bestrebungen und gründete zu dem Zweck in Mailand eine Zeitschrift, mußte aber, gleich dem Dichter Maroncelli, für seinen Freimuth und seine nationale Gesinnung lange Jahre unter den Bleidächern von Venedig und in den Kerkern des Spielbergs büßen. Die Leiden seiner zehnjährigen schrecklichen Gefangenschaft hat er selbst in dem vielgelesenen Buche „meine Haft" (le mie prigioni) rührend und anziehend dargestellt. Gebrochen an Körper und Geist erlangte er endlich seine Freiheit, aber seine ergreifenden Schilderungen steigerten in seinen Landsleuten die Sehnsucht nach Berchet Erlösung von dem entsetzlichen Drucke. Giovanni Berchet, geboren zu Mailand gegen +31. Dec. das Ende der achtziger Jahre, gehörte mit Silvio Pellico, Tomaso Groffi (Bers fasser des durch Wahrheit der Charakterzeichnung bedeutenden Gedichtes „die Lombarden beim ersten Kreuzzug“) und Andern zu dem „jungen Italien“, dessen Ansichten in der Zeitschrift,,Conciliatore" verbreitet wurden. Nach der gescheiterten Revolution von 1820– 21 traf ihn ein langjähriges Exil, das er abwechselnd in Frankreich, Belgien, England verlebte. Auch in Bonn und Berlin hielt er sich eine Zeit lang auf, im Umgang mit dem aus gleicher Veranlassung verbannten Marchese Arconati Visconti, mit welchem er auch, als gegen Ende der dreißiger Jahre mildere Ansichten bei der österreichischen Regierung vorwalteten, nach Italien zurückkehrte. Seine politischen Gedichte, die den Geist des Carbonarismus athmen, fanden in der Folge unter veränderten Zeitereignissen wenig Beachtung; dagegen gehört die erzählende Dichtung „die Flüchtlinge von Parga",

Bellico

1854.

1851.

worin in Romanzenform der heldenmüthige Untergang jenes christlichen Freistaats an der albanesischen Küste mit tiefer Empfindung geschildert ist, zu den herrlichsten Erzeugnissen des neuern Italiens.

geb. 1784.

Fern von diesen gefahrvollen politischen Bestrebungen, wenn auch nicht ohne Freiheitssinn und Vaterlandsliebe, wandelte der größte italienische Dichter der Gegenwart, Alessandro Manzoni von Mailand, seine literarische Bahn. In seinen Manzoni „geistlichen Liedern" (Inni sacri) zeigt er sich als gläubigen Katholiken und christlichen Sänger im Geiste der Neuromantiker.,,Es waren Stücke in dem Geiste des alten Kirchengesangs, in dem wahrhaft frommen Gemüthe eines milden beschaulichen Mannes entsprungen, der von den großen moralischen Verwüstungen der Revolution erschüttert war und den man durch einen französischen Prediger in einer plöglichen Erregung dem Skepticismus entrissen und der Kirche wieder zugeführt fagte." In seinen Tragödien (,, der Graf von Carmagnola" und „, Adelgis") ent= züdt er durch die klassische Würde und durch die Wahrheit des Gefühls sowie durch den lyrischen Schwung des von ihm mit Glück wieder eingeführten Chors, und ver weist darin trostreich das Elend auf Duldung und Hoffnung, „da das Glück mit dem Unterdrücker so wenig einen ewigen Bund schließt, wie mit dem Unterdrückten.“ Seine Trauerode auf Napoleons Tod (,, der fünfte Mai") fand so ungetheilte Anerkennung, daß selbst Goethe sie ins Deutsche übersezte. Aber am bekanntesten und verbreitetsten ist sein der historischen Romandichtung Walter Scorts nachgebildeter Roman,,die Verlobten" (i promessi sposi), eine lebendige, wenn gleich etwas breite und gelehrte Schilderung der kirchlichen, politischen und gesellschaftlichen Zustände des obern Italiens unter der spanischen Herrschaft, im Geiste der Ergebung gegen alle Selbstrache in Leid und Anfechtung. Dieses Werk rief eine Fluth von Nachahmungen hervor, so daß der historische Roman in der neuesten Literatur Staliens die erste Stelle einnimmt. Rosini's Nonne von Monza" kann als eine Forthegung der,, Verlobten" angesehen werden. Wie Foscolo suchte auch Manzoni den falten rednerischen Prunk abzustreifen und der Dichtung die unmittelbare Wahr= heit und Einfalt der Natur wiederzugeben. Erst Guerrazzi von Livorno nahm in seiner,, Belagerung von Florenz" die neueste Zeit und die Bestrebungen und Kämpfe des,, jungen Italiens" zur Unterlage.

"

schret=

1672

1750.

1676

Die Geschichtschreibung fand im 18. und 19. Jahrhundert troß der Geschichts Ungunst der Verhältnisse in Italien einige würdige Vertreter, so gefahrvoll auch die bung. Bahn eines wahrheitliebenden und vaterländischen Historikers war. Lodov. Ant. Muratori legte durch seine fleißige und gewissenhafte Sammlung der mittelalter- Muratort lichen Chronisten und Geschichtschreiber den Grund zu einer umfassenden Gesammt= geschichte Italiens und trat dann in seinen „Annalen von Italien" in Guicciardini's Fußstapfen (§. 553). Sein Zeitgenosse, der gelehrte Neapolitaner Giannone, zog Giannone sich durch seine Geschichte des Königreichs Neapel", worin er mit Freimuth das 1748. lichtscheue Treiben der Priesterschaft und den von Rom ausgehenden Geistesdruck in lebendigen Zügen darstellte, so sehr den Haß und die Verfolgung der Hierarchie zu, daß er sich nur durch die Flucht nach dem Auslande retten fonnte, und als er nach langen Jahren den vaterländischen Boden wieder zu betreten wagte, fiel er in die Hände der wachsamen Inquisition, die ihn in Turin im Kerker sterben ließ. Girolamo Tiraboschi von Bergamo stellte in seiner gründlichen,, Geschichte der italienischen Literatur" das geistige Leben seiner Landsleute von den Anfängen wissen= 1731–94. schaftlicher Bildung bis zum Jahr 1700 mit umfassender Gelehrsamkeit und Wahr= heit dar. Die Zeit der Revolution und der Napoleonischen Herrschaft in Italien fand einen kenntnißreichen und freimüthigen Bearbeiter in dem Piemontesen Carlo Botta otta (storia d'Italia dal 1789-1814), einem Manne, der durch seine Stellung als Beber, Geschichte. II. 9. Aufl.

35

Tirabos

176

di

1837.

Gelletta

Staatsmann in Piemont und als Mitglied des gesetzgebenden Körpers in Paris einen tiefern Blick in die Geschicke der Staaten und in den Gang der öffentlichen Dinge thun konnte und der daher auch vorzugsweise befähigt war, als Fortseßer Guicciardini's aufzutreten und die Geschichte Staliens vom Ende des 15. Jahrhunderts bis auf seine Zeit darzustellen. Botta's Zeit- und Gesinnungsgenosse war der Neapolita1775 ner P. Colletta, ein in die Geschicke seines Vaterlandes unter der französischen 1831. Herrschaft wie unter Ferdinand tief verflochtener Mann von großen Kenntnissen im Kriegs- und Artilleriewesen. Nach einem thatenreichen Leben wurde er in Folge der Revolution von 1820, trop seiner wackern Haltung als königlicher Generalcommandant von Sicilien, seiner constitutionellen Ansichten wegen als Staatsgefangener nach Brünn gebracht, wo seine sonst felsenfeste Gesundheit zu schwinden begann, so daß man ihm endlich gestattete, die letzten Jahre seines Lebens in Florenz zuzubringen. Hier verfaßte er die treffliche,,Geschichte des Königreichs Neapel von 1734-1825", die aber erst nach seinem Tode herausfam. Die Geschichte der sicilianischen Amart. Besper" von Mich. Amari, worin der Verfasser das Nationalgefühl und den Freiheitssinn des unglücklichen Volkes zu wecken und dem Despotismus mit beredter Zunge entgegenzutreten suchte, schien der neapolitanischen Regierung so gefährlich, daß der Verfasser sich den ihm drohenden Verfolgungen durch die Flucht entziehen zu müssen glaubte (1842). Seitdem lebte er als,, unbußfertiger Revolutionär" in Paris, mit ernsten Studien beschäftigt, aus denen im 3. 1854 die quellenmäßige „Geschichte der Saracenen in Sicilien“ hervorging.

Schott land.

B. England (vgl. §. 557 f. §. 670). In der zweiten Hälfte des 18. Jahr hunderts machte sich die englische Literatur allmählich frei von dem französischen Einfluß und Regelzwang, und kehrte wieder zu ihrer nationalen Eigenthümlichkeit und zu den einheimischen Stoffen und Dichtern zurück. Auf diese Wendung des Geschmacks übte die neue Romantik, der sich auch England nicht zu entziehen vermochte, einen großen Einfluß, aber der gesunde, jeder Uebertreibung widerstrebende Sinn der Nation bewahrte die Literatur vor der krankhaften Entartung, in welche die franzöfische und deutsche Romantik verfiel. Das Zurückgehen auf die Vergangenheit hatte in England zunächst die Folge, daß man das Mittelalter mit seinen poetischen Reichthum dem jüngern Geschlechte nahe zu führen suchte, indem man die alten Balladen und Volksdichtungen sammelte (Macpherson's Ossian; Th. Percy's Volksballaden u. a. m.) oder in Romanen und geschichtlichen Schilderungen das Leben der untergegangenen Welt in allen seinen Erscheinungen zur Anschauung brachte, daß man den während der Herrschaft des französischen Geschmacks ganz vernachlässigten Dichtungen Shakespeare's wieder die gebührende Anerkennung zollte, zumal seitdem man in Deutschland diesen Dichterhelden so hoch stellte und der große englische Schauspieler David Garrid (1716-1779) durch sein meisterhaftes Spiel der Nation die ganze Tiefe und den unendlichen Reichthum der Shakespeareschen Dramen zum Verständniß brachte.

Am ersten ging man von dem französischen Geschmack in Schottland ab, in jenem von dem Mittelpunkte des politischen Lebens entlegenen Lande, wo überhaupt die conventionelle Poesie die heimische Volksdichtung nie ganz zu verdrängen vermecht, wo eine reiche Fülle von volksthümlichen Geschichten, Sagen, Balladen und Liedern sich von Geschlecht zu Geschlecht fortgepflanzt hatte,,, wo in den Grenz- und Hochlanden ein musikliebendes, heimathfrohes Volk, noch sehr entfernt von der eintönigen Mühsal des englischen Fabrikarbeiters, ein ungebundeneres Leben führte und an den alten Ueberlieferungen des Volksgesangs, des Aberglaubens und des politi schen Sondergeistes fest hielt." Eine Reihe von schottischen Dichtern, zum Theil den untern Ständen angehörig, setten der englisch-französischen Kunstpoesie eine einfache,

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