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1825.

Auguft

1821.

1822.

8. Avril 1823.

bald darauf von allen Sorgen, stellte aber die Einigkeit der Staaten nicht her, die noch bis auf den heutigen Tag von Verfassungs- und Meinungskämpfen erschüttert werden. Ober- Peru, zu einer selbständigen Republik eingerichtet, trägt des Befreiers Namen 6. Aug. Bolivia. In Neu-Spanien (Mexico) büßten die ersten Kämpfer für Mexico's Gleichstellung mit dem Mutterlande ihre Unternehmungen durch schimpflichen und schmerz, lichen Tod. Hidalgo, Morelos und Mina fielen als Märtyrer der Freiheit, aber ihre Grundsätze lebten im Bolte fort. Die Einführung des Cortesregiments in Spanien be förderte die Unabhängigkeit Mexico's. Der Befehl der Cortesregierung, die Constitution vom Jahr 1812 auch in Neuspanien einzuführen, wurde von dem Vicekönig, geheimen Weisungen der Camarilla zufolge, nicht vollzogen, vielmehr der Kreole Iturbide, dem der Oberbefehl über das Heer ertheilt ward, zur Bekämpfung der Conftitutionellen aufgefordert. Durch diese Doppelzüngigkeit der Regierung glaubte fich Iturbide zum Bruch der ihr gelobten Treue berechtigt. Er bemächtigte sich einer nach Spanien bestimmten großen Geldsumme und gab durch den „Ruf von Iguala“ die Losung zum Aufstand. In Kurzem waren die meisten Provinzen in seiner Gewalt. Der neue Vicekönig sah sich zu einem Vertrag genöthigt, in welchem die Unabhängigkeit Mexico's anerkannt und der Thron dieses constitutionellen Kaiserthums dem König Ferdinand, oder, wenn dieser ihn ausschlüge, einem Infanten zugetheilt ward. Da die spanische Regierung 18. Mat diesen Vertrag verwarf, sprach der Congreß die Trennung Mexico's von Spanien aus und erhob Iturbide zum Kaiser. Dieser Beschlußz erbitterte die Republikaner wie die Royalisten; es bildete sich eine mächtige Gegenpartei gegen den neuen Kaiser Augustin. Da löfte dieser, im Vertrauen auf die ihm ergebene Armee, den Congreß gewaltsam auf und ernannte eine Regierungsjunta. Dadurch vermehrte er die Zahl seiner Gegner; einige Heerabtheilungen fielen von ihm ab, und als sein General Santa Ana in Vera-Cruz die Republik ausrief, erhob sich ein solcher Sturm gegen ihn, daß er 4. Det. fich zur Thronentsagung und zur Entfernung nach Italien genöthigt sah. Mexico wurde zum Freistaat umgewandelt und ihm eine der nordamerikanischen nachgebildete Verfassung verliehen. Die fortdauernde Parteiung und Verwirrung erfüllte Iturbide mit der Hoffnung, die verlorene Macht wieder zu erlangen. Trotz der von dem Congresse gegen ihn ausgesprochenen Acht landete der Bethörte in seinem Vaterlande, wurde aber 19. Jult. ergriffen und erschossen. Mexico behielt seine republikanische Verfassung mit einem Präsidenten an der Spitze. Der Versuch der altspanischen Partei, durch eine Gegenrevolution die neue Ordnung umzustürzen, gab ihren Gegnern, den Kreolen, Veranlassung, 1829. den Volkshaß wider sie in Flammen zu seßen. Ein Beschluß des Congresses beraubte die geborenen Spanier, mit Ausnahme derer, die für die Republik gestritten, aller Nemter, und verwies sie dann aus dem Gebiete des Freistaats. 22,000 mußten sofort auswandern. Aber Ruhe und Eintracht sind bis jezt noch nicht in den vereinigten Staaten von Mexico eingekehrt. Zwei Parteien, die eine mehr demokratisch, die andere mehr aristokratisch, kämpften um die Herrschaft, jene unter dem Banner Santa Ana's, diese unter der Führung Bustamente's. Die Aufhebung der Sclaverei in Mexico führte den Abfall von Texas herbei. Auch Guatemala errang seine Selbständigkeit und gründete 1. Juli die Bundesrepublik von Central-Amerika. Sicherlich hat derjenige, welcher den Werth historischer Entwickelungen nach den Früchten der Civilisation berechnet, teinen Grund über den Abfall der spanischen Colonien zu jubeln. Ueberall stößt man auf großartige Monumente aus der viceköniglichen Zeit und überall auf Verfall und Unrath des nachgebornen Geschlechts. Es scheint, als ob hie und da der Abkömmling der Europäer seine Ueberlegenheit über die rothe Race eingebüßt hätte; denn die Comantschen und noch mehr die berittenen Apatschen haben große Räume des nördlichen Mexico, vorzüglich Sonora und Chihuahua, in öde Grüfte verwandelt, blühende Städte entvölkert und künftlich befruchtete Fluren der Wüste zurückgegeben. Die Hauptschuld von diesem Verfall tragen die untauglichen politischen Formen, der häufige Wechsel der Obrigkeiten, die landschaftliche und städtische Absonderung, der Bürgerkrieg und Freischaarenunfug.“

1824.

1823.

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3. Deutschland.

§. 792. Die deutschen Meinungskämpfe. Die Schöpfungen des Wiener Congresses erzeugten bei der Mehrheit des deutschen Volks Unzufriedenheit und Berstimmung. Die Freunde des Vaterlandes wandten sich in Bitterkeit von einem Werke ab, in dem für jenen Zweck der inneren Befreiung, für den man mitaufgeru= fen und mitaufgestanden war, nichts geschehen, in dem für die Befriedigung des va= terländischen Ehrgeizes, für die Beschäftigung des politischen Triebes kein tauglicher Inhalt war." Viele hatten eine Erneuerung des Kaiserreichs mit zeitgemäßen Reformen und mit Betheiligung des Volks an der Gesetzgebung und am Staatshaushalt gehofft und gewünscht, und betrachteten daher mit Mißvergnügen das zerstückelte und gespaltene Deutschland, aus dem sich, statt der erwarteten Staatseinheit mit entscheidender Stimme nach Außen, ein aus einer Vielheit souveräner Staaten ge= bildeter Staatenbund mit machtloser Bundesvertretung der Regierungen ohne alle Volksrepräsentation gestaltete. Andere, die ein constitutionelles Staatswesen nach Englands Vorbild anstrebten, waren unzufrieden mit der unbestimmten Fassung des 13. Art. der Bundesacte, worin im Allgemeinen die Einführung landständischer Berfassungen verheißen war, ohne Angabe der Principien und der Art und Zeit der Ausführung. Während diese, von demokratischen Grundsäßen ausgehend, der neuen Ordnung gram waren, weil sie die Betheiligung des Volks am Staatsleben zu gering fanden, zürnten die ehemals unmittelbaren Reichsstände über den Verlust ihrer Unabhängigkeit und der Adel über den Grundsaß der Rechtsgleichheit und über das Streben, die Standesverschiedenheit zwischen Edelmann und Bürger zu mindern und auszugleichen. Troß der allgemeinen Erschlaffung, in die Europa nach Napo= leons Sturz verfiel, wurde es daher den deutschen Fürsten nicht leicht, die losgelasse= nen Geister wieder in die Schranken des Gehorsams zu bannen. Die sichtbare Abneigung Desterreichs und Preußens gegen das neue Ständewesen, welches po= litische Kämpfe und ein aufgeregtes Staatsleben in seinem Gefolge hatte, erhöhte die Berstimmung, und die Verschiedenheit der nach mancherlei Zögerungen und Unterbrechungen in einigen Ländern zu Stande gekommenen ständischen Verfassungsformen weckte Sehnsucht nach einer großen, die ganze Nation umfassenden Staatsform mit velksthümlichen Grundlagen. Was half es, daß in den meisten Staaten von Südund Mittel- Deutschland landständische Verfassungen mit mehr oder minder liberalen Grundsätzen ins Leben traten, wenn der mächtigste Staat, Preußen, dem politischen Leben keinen andern Schauplatz gewährte als die Provinzialstände mit blos be= rathender Stimme ohne Oeffentlichkeit und gemeinsames Interesse? Jenes Preußen, das zur Zeit der Fremdherrschaft an freisinnigen und volksthümlichen Einrichtungen dem übrigen Deutschland vorangegangen war, das in dem Aufruf von kalisch die Wiederherstellung eines einzigen freien Reichs,,aus dem ureignen Geiste des deutschen Volkes" verheißen hatte, das nicht nur während des Kriegs, sondern auch noch auf dem Wiener Congreß auf der Bahn des politischen Fortschritts ge= wandelt es gab sich allmählich gefangen unter den Einfluß der Metternichschen Politik und steuerte der Reaction zu. Der ängstliche, unschlüssige, stets von fremden Rathgebern abhängige König ließ sich einnehmen gegen die patriotischen Männer, die Preußen mit Deutschland groß zu machen suchten, und verdammte das Streben, dem er die Wiederherstellung seines Reichs verdankte. Die ehemaligen Mitglieder des Tugendbundes und die für Deutschlands Freiheit und Größe begeisterten Männer der Befreiungskriege wurden zurückgesetzt und mit Mißtrauen betrachtet, indeß ihr verleumderischer Gegner, der geh. Rath Schmalz, mit Orden und Ehren geziert ward; das Verfassungswerk wurde verschoben, und wenn man auch nach einiger Zeit wieder darauf zurückkam - das Resultat der langjährigen Berathun

18. Det.

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gen, jene Provinzialstände, befriedigten in ihrer beschränkten Gestalt kaum die mäßigsten Anforderungen. Lobredner des Rückschritts „suchten das System der Bevormundung und Regierungswillkür historisch wie philosophisch als das einzig wahre zu begründen." Das deutsche Volk, das sich noch vor Kurzem willig und ver trauungsvoll um seine Fürsten geschaart, als es galt, das Joch der Fremdherrschaft zu brechen, fühlte sich in seinen Erwartungen getäuscht und verlor das Vertrauen in die väterlichen Gesinnungen der Regierungen. Bald schied sich auch die deutsche Nation in die zwei erwähnten Parteien, in die aristokratische, die sich an die Fürsten und an die Regierungen anlehnte und ihnen ihre conservativen oder reactionä ren Grundsäße einzuflößen suchte, und in die liberale (freifinnige), die eine fortschreitende Entwickelung des Staatswesens in demokratischer Richtung anstrebte. Während in der letztern Partei die ältern, von praktischer Erfahrung geleiteten Männer ihre Blicke auf England und Frankreich richteten und die modernen Staatsformen mit der Errungenschaft der Revolution in Deutschland zu begründen und die bestehenden Zustände allmählich umzugestalten suchten, blickte die Jugend, angeregt durch die romantische Poesie (Anh. §. 98 f.), mit sehnsüchtiger Phantasie auf die Gebilde des Mittelalters und suchte die neue Idee von Volksherrschaft unter altdeutschen Formen und Benennungen ins Leben einzuführen. In idealen Träumen sich wiegend, ohne Klarheit des Ziels und ohne Kenntniß oder Würdigung der Hindernisse, trachteten sie nach einer utopischen Welt- und Staatsschöpfung, ein Trachten, das als Hirngespinst in sich selbst zerfallen wäre, hätten nicht die Regierungen, aufmerksam gemacht durch das Wartburgsfest und erschreckt durch Sands blutige That in Mannheim, den,,demagogischen Umtrieben" durch gerichtliche Untersuchungen und Verfolgung der Betheiligten eine unverdiente Wichtigkeit gegeben.

Das Wartburgsfest und K. L. Sand. In dem für den geringen Mann so verhängnißvollen Mangeljahr 1817 wurde das dreihundertjährige Jubelfest der Reformation in dem protestantischen Deutschland mit hohem Eifer gefeiert. Die Erinnerung an dieses großartige Ereigniß erweckte eine allgemeine Begeisterung und lenkte den Blick auf die Gebrechen der Gegenwart. Als Einleitung zu diesem Feste wurde von einer Anzahl Studenten und einigen jüngern Professoren der Universität Jena (Oken, Fries, Kieser) am 18. Oct., zur Erinnerung an die Leipziger Schlacht, auf der Wartburg bei Eisenach eine Feier veranstaltet, wobei feurige Reden gehalten und begeisternde Lieder gesungen und nach beendigtem Feste von einigen Studenten auf dem Wartenberge, nach Luthers Beispiel, die Titel einiger ihren Ansichten widerstrebenden Bücher von Kotzebue, Kampß, Haller u. A., worin der Absolutismus vertheidigt und der Ruf nach Freiheit und constitutionellem Verfassungswesen verdächtigt war, nebst einigen Zeichen einer veralteten, unfreien Zeit, wie Zopf, Schnürbrust, Korporalstock u. dergl., in jugendlichem Uebermuthe verbrannt wurden. Einer dieser Wartburggenossen, Karl Ludwig Sand von Wunsiedel, ein frommer, patriotisch fühlender, aber von Schwärmerei erfüllter und von Eitelkeit beherrschter Jüngling, faßte den verbrecherischen Vorsaß, durch Ermordung des russischen Staatsraths August von Koßebue (der durch seine gehässigten Berichte an den russischen Hof über die in Deutschland herrschende Stimmung, durch seine leichtfertigen Schriften und besonders durch seine der Fürstengewalt und den Adelsvorrechten dienende Zeitschrift, worin er das Treiben der jugendlichen Weltverbefferer mit dem bittersten Spott überschüttete, den Haß der streng sittlichen, aber politisch verirrten akademischen Jünglinge auf sich geladen) die deutsche Nation von den verderblichen Rathschlägen dieses russischen Spions“, dieses „Verräthers am Vaterlande“, zu befreien. Er nahte sich dem Arglosen mit einem Briefe 23. März und durchbohrte ihn während des Lesens mit Dolchstichen. Der Versuch, sich selbst zu tödten, wurde vereitelt. Von seinen Wunden geheilt endete Sand auf dem Blutgerüste in Mannheim.

1819.

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1820.

Nun erfolgten die Karlsbader Beschlüsse, welche die Freiheit der Presse Septbr. burch die Censur beschränkten, zur Unterdrückung der „,demagogischen Umtriebe" ein Untersuchungsgericht (Central-Commission) in Mainz anordne ten, die bald nach dem Wartburgsfest auf den deutschen Universitäten gegründete ,,allgemeine Burschenschaft" mit ihren Turnanstalten untersagten und die Universitäten unter die Aufsicht besonderer Regierungsbeamten stellten und endlich den Beschlüssen des Bundestages unbedingte Gültigkeit für alle Re= gierungen beilegten. Zugleich wurden in der Wiener Schlußacte durch 15. Mat nähere Bestimmung des 13. Art. der Bundesacte, wonach ein Unterschied zwischen den die Machtvollkommenheit der Regierungen keineswegs beschränkenden landstän= dischen Verfassungen und dem auf dem Grundsaße der Volkssouveränetät aufgebauten Repräsentativsystem gemacht wurde, dem demokratischen Geiste der süddeutschen Landstände Schranken gesezt. Preußen, so lange die Hoffnung und Zuversicht aller deutschen Patrioten, ging jest mit reactionären und volksfeindlichen Maßregeln voran und ließ sich von der Wiener Politik zu den gehässigsten Polizeidiensten gebrauchen. Männer wie Arndt, Jahn u. A., deren Wort und Beispiel in den Zeiten der Noth von so großer Wirkung gewesen, wurden nun als Förderer demagogischer Umtriebe vor Gericht gestellt, ihrer Aemter entfeßt, von der Polizei überwacht; die edelsten Staatsmänner und Feldherren, wie Wilhelm v. Humboldt, Beyme, Boyen u. A., zogen sich verstimmt vom öffentlichen Leben zurück und überließen das Regiment den Männern des Rückschritts, einem Kampß und Genoss sen, die jetzt im Rathe des Königs saßen und ihren Halt hatten an einigen zur katholischen Kirche übergetretenen und von romantisch-absolutistischen Grundsägen erfüllten Staatsrechtslehrern, wie Haller, Jarde, Philipps, und an den Mitarbeitern und Freunden des Berliner,,politischen Wochenblattes." Besonders einflußreich wirkte, die Restauration der Staatswissenschaften" des Berners K. L. v. Haller († 1854) auf diese Stimmung des Tages. Nach ihm stammen die Rechte der Herrscher nicht aus Verträgen, sondern sie sind „ursprünglich eigene, natürliche und erworbene Rechte, auf das Eigenthum der Herrschenden an dem zuerst von ihnen ergriffenen Lande gegründet. Wie dies Eigenthum vor dem Staate ist, so sind die Herrscher vor und über dem Volke, das sich nur zu ihnen als Gutsherren oder Fami= lienväter sammelt und in Dienstverhältnisse zu ihnen tritt." Dem Herrscher zur Seite als Berather steht der Adel,,,nicht eine menschliche Veranstaltung, sondern ein Naturerzeugniß, die nothwendige Folge der Verschiedenheit äußern Vermögens und innerer Kräfte," daher auch nur dem Herrscher verantwortlich und untergeben, wie dieser nur Gott. Von dem an standen die Parteien einander schroffer und feindseliger gegenüber. Die Uebereilung und Unbesonnenheit der neuerungsfüchtigen Jugend hatte der Reaction den Sieg über die Männer des Fortschritts verschafft. Deutschlands Einheit galt für einen Traum; wer den Wunsch darnach aussprach, machte sich demagogischer Bestrebungen verdächtig. Jeder einzelne Staat wurde als selbständiges Ganze angesehen und regiert, ohne Rücksicht auf die Gesammtinteressen des Vaterlandes; und wenn auch manche gute Einrichtung in Verwaltung, Rechtspflege, Kirchen- und Schulwesen getroffen ward, für Erweckung des Nationalgefühls und der Vaterlandsliebe geschah wenig oder nichts. Zölle erschwerten den Verkehr benachbarter Staaten, Sonderinteressen zogen die Regierungen von dem Streben nach einem gemeinsamen Ziele ab. Da erscholl die Nachricht von der französischen Julirevolution in Deutschland und regte die Gemüther mächtig auf. Die Fürsten, beforgt, das bekannte Gelüften der Franzosen nach der Rheingrenze möchte einen neuen Krieg herbeiführen, gewahrten mit Unruhe die zwischen Volk und Regierungen bestehende Uneinigkeit und eilten, durch billige Zugeständnisse die Unzufriedenheit, die sich in Sachsen, Hannover, Braunschweig, Kurhessen u. a. D. durch Aufstände kund gab, zu heben. (Mehr §. 833 ff.)

5. Mai 1816.

1818.

1819.

1821.

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§. 793. Deutsches Verfassungswesen. Der erste deutsche Fürst, der sein Land mit einer ständischen Verfassung beschenkte, war der Großherzog Karl August von SachsenWeimar, derselbe hochgebildete Fürst, der einst die Zierden deutscher Poesie und Literatur um sich versammelte. Eine einzige, aus Rittergutsbesitzern, Bürgern und Bauern gebildete Versammlung vertritt alle Staatsbürger und besitzt die Theilnahme an der Gesetzgebung mit dem Recht der Initiative, das Steuerverweigerungsrecht, Preßfreiheit und viele andere wichtige ständische Rechte. Zwei Jahre später folgte Nassau mit einer weniger freisinnigen Constitution. In Würtemberg trat die neue Repräsentativ - Verfassung_nur nach langen Kämpfen mit den Unterthanen Altwürtembergs, die auf Wiedereinführung ihrer alten mit großen Rechten ausgestatteten Stände brangen, ins Leben. Erst unter Sevtbr. Friedrichs Nachfolger Wilhelm kam die neue Verfaffung zu Stande, als die Karlsbader Berathungen die Alt- Würtemberger von längerem Widerstand abgeschreckt. — Im Jahr 1818 wurden auch in Bayern durch Max. Joseph und in Baden durch Großherzog Karl landständische Verfassungen eingeführt. In diesen drei füddeutschen Staaten besteht die Landesrepräsentation aus zwei Kammern, aus der ersten Kammer (in Bayern Reichsräthe), worin der hohe Adel, die Vertreter der beiden Landeskirchen u. A. Siz und Stimme haben, und die durch doppelte Volkswahl gebildete zweite Kammer. Die sehr liberale badische Verfassung war das leßte bedeutende Regierungswerk des Großherzogs Karl, der noch in demselben Jahr starb und seinen Oheim Ludwig zum Nachfolger hatte. Nach dem Tode dieses wenig geliebten Fürften gelangte mit dem wohlwollenden, bürgerfreundlichen Leopold I. das Haus Hochberg (aus Karl Friedrichs zweiter Ehe) zur Regierung. Bayerns Ansprüche auf die Rheinpfalz und die Grafschaft Sponheim wurden von dem Aachener Congreß abgewiesen. Im Anfang der 20er Jahre erhielt auch das Großherzogthum Heffen-Darmstadt eine den Nachbarstaaten ähnliche Constitution, aber mit einem minder demokratischen Wahlsystem. In Norddeutschland wurde die Einführung des Repräsentativsystems durch die Aristokratie verhindert oder erschwert, bis spätere Volksbewegungen die Regierungen nöthigten, den Forderungen der Zeit nachzugeben. In Hannover wurde eine allgemeine Landesversammlung auf den Grund der alten Landesverfassung eingerichtet mit überwiegendem Einfluß des Adels und der Beamten. Bei dieser nach Ständen gesonderten Vertretung war die Mitverwaltung der Steuern und die Mitberathung der Landesgesetze von wenig Belang. Da die Unterhaltungskosten (Diäten) der Deputirten den Gemeinden zur Laßt fielen, so wählten diese meistens Beamte der Residenz, um der Ausgaben überhoben zu sein. Diese ganz im Sinne der Regierung handelnde Kammer erregte bei dem von Steuern gedrückten Volke Mißstimmung, die endlich mehrere Aufstände in Göttingen u. a. D. erzeugte und den Vicekönig (Herzog von Cambridge) bewog, mit Einwilligung des 1833. Königs von England ein neues Staatsgrundgeseß mit erhöhten ständischen Rechten zu gewähren. Als aber nach dem Tode des englischen Königs Wilhelm IV. Hannover an dessen Bruder Ernst August (Herzog von Cumberland) fiel, hob dieser das Staatsgrundgesetz wieder auf und stellte die alte Landesverfassung mit der ganzen Aristokratenund Beamtenmacht wieder her (§. 835). In Braunschweig wurde während der Minderjährigkeit des mit dem englischen Königshaus verwandten Herzogs Karl (eines Sohnes des bei Waterloo gefallenen Friedrich Wilhelm) von der Regentschaft eine revidirte Landschaftsordnung" eingeführt. Diese mißfiel dem Herzog; er gestattete sich nach seiner Volljährigkeit vielerlei Eingriffe in die Verfassung, die er als eine Beschränkung seiner Hoheitsrechte ansah, und behandelte Land und Volk mit großer Härte. Endlich erreichte der Druck einen solchen Grad, daß sich die Einwohner der Hauptstadt empörten, 1830. das Schloß zerstörten und den Herzog zur Flucht zwangen. Nuu übernahm dessen Bruder Wilhelm die Regierung und versöhnte die Gemüther durch Verbesserung der Landesverfassung. Ein Versuch des vertriebenen Herzogs, mit gewaffneter Hand die verlorene Herrschaft wieder zu erlangen, scheiterte an der Entschlossenheit der Bürger. Seitdem

1837.

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