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Dctober

20. Febr.

opferten Volkes gebrochen. Das dreimal eroberte und befreite Innsbruck fiel wieder in die Gewalt der Bayern; Speckbacher und andere Führer suchten ihr Heil in der Flucht, aber Hofer, der nach verheißener Amnestie anfangs die 12. Nov. Waffen niedergelegt, dann, durch falsche Rathgeber und unbesonnene Hißköpfe verführt, wieder zum Krieg aufgefordert hatte, wurde von einem Bauer aus dem Passeyrthal wegen des versprochenen Preises verrathen, in einer Senn hütte, wo er sich zwei Monate lang mit seiner Familie versteckt gehalten hatte, 1810. ergriffen und auf Eugen's Befehl in Mantua erschossen.,,Ade, schnöde Welt," schrieb er wenige Stunden vor seinem Tod;,,so leicht kommt mir das Sterben vor, daß mir nicht einmal die Augen naß werden.“ Er starb mit dem Muthe eines Helden und Märtyrers, hochgeehrt von seinem Volke. Tirol wurde in drei Theile getheilt, wovon der eine an das Königreich Italien, der andere an Illyrien kam, der dritte bei Bayern verblieb. So wurde das tapfere Bergvolk geopfert und mit gebundenen Händen dem dreimal überwundenen Gegner preisgegeben.

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§. 762. Die Vorboten des norddeutschen Volkskriegs. So tollkühn und unbedacht die Versuche waren, die um diese Zeit in verschiedenen Gegenden Norddeutschlands zur Abschüttelung des fremden Joches gemacht wurden, so waren sie doch als Beweise der tiefen Verstimmung, die überall herrschte, und der Sehnsucht nach Erlösung von Bedeutung. Diese Stimmung wurde genährt durch den um diese Zeit besonders wirksamen Tugendbund (§. 751), dem viele von Vaterlandsliebe erfüllte und nach Abschüttelung der fremden Zwingherrschaft strebende Männer in Preußen theils angehörten (wie Grolman, Bohen, K. Fr. Eichhorn, Chazot, Krug u. A.), theils seinen Zielen und Bestrebungen zugethan waren und sie förderten (wie Blücher, Scharnhorst, Clausewiß, Schleiermacher, Gneisenau, Schön, Arndt u. A.). , Die heimliche Kunde von dem Tugendbunde drang bis über die Elbe zu den Völkern, die in westfälischer und französischer Gefangenschaft saßen; Vertraute bargen das heilige Feuer vor dem Auge der Bedrücker und warfen in die Nacht der namenlosen Leiden den Hoffnungsstrahl der Erlösung; die Niedersachsen, die Westfalen und Hessen klirrten mit ihren Ketten und der Argwohn der Fremden glaubte sich von unsichtbaren Gefahren umgeben; sie fühlten das Wehen des Geistes, der ihre finstern Werke zerreißen follte."Eine über das ganze Königreich Westfalen sowohl unter dem Volke als unter dem Beamten und Offiziersstande verbreitete und bis nach Preußen verzweigte Verschwörung sollte durch gleichzeitige Aufstände die Unternehmungen Desterreich s fördern. Während der preußische Offizier v. Katt sich der Festung Magdeburg durch einen Handstreich zu bemächtigen Anstalten traf, sollte der Oberst Ferd. W. Kasp. v. Dörnberg (1768-1850), der früher in preußischen Diensten gestanden, dann aber von Jerome zum Commandanten der neuerrichteten Jägergarde ernannt worden war, den König von Westfalen gefangen nehmen und nach Vertreibung der fremden Truppen und Beamten den in Prag weilenden und von dem Plane unterrichteten Kurfürsten

April

wieder zurückführen. Beide Unternehmungen scheiterten. Die ungeordnete 3. u. 22. Schaar hessischer Bauern, die von Homberg aus nach Kassel zog, wurde durch 1809. einige Kanonenschüsse leicht zur Flucht gebracht; Katt und Dörnberg begaben sich nach Desterreich und traten dann in fremde Kriegsdienste, jener in spanische, wo er seinen Tod fand, dieser in russische, aus denen er später zurücktehrte. Durch Jerome's mildes und versöhnendes Verfahren ging das Unternehmen ohne große Nachtheile in Kurzem spurlos vorüber. Ein neuer Aufstandsversuch, der zwei Monate später von Marburg aus unternommen wurde, hatte die Erschießung des Urhebers, des Prof. Sternberg, zur Folge. Das Fehlschlagen des hessischen Aufstandes schreckte den jungen tapfern Schill, der in Katts und Dörnbergs Pläne eingeweiht war, nicht ab, Aehnliches zu wagen. Nach dem in Colberg bewiesenen Heldenmuth zum Major erhoben und als Inhaber eines neuen Husarenregiments nach Berlin verseßt, war Schill hier der Gegenstand einer begeisterten Verehrung und Bewunderung, die betäubend auf ihn wirkte. 3m Vertrauen auf diese Volksgunst glaubte er sich berufen, eine deutsche Nationalerhebung zum Sturz der fremden Zwingherrschaft zu leiten. Getäuscht durch die falsche Kunde österreichischer Siege, jeg er mit einer ihm ergebenen Reiterschaar von einigen hundert Mann über Potsdam und Wittenberg nach Dessau und Halle, entwaffnete daselbst eine 28. April. kleine westfälische Besatzung und bestand, durch neue Mannschaft verstärkt, bei Dodendorf unweit Magdeburg ein glückliches Treffen gegen einen franzö= 5. Mai. fischen Oberst. Aber die Nachricht von den Unfällen der Oesterreicher, die Furcht der Völker vor dem gewaltigen Imperator und die Mißbilligung des Königs, der in einem Parolebefehl den preußischen Soldaten untersagte, sich an der „unglaublichen That“ zu betheiligen, wirkte lähmend auf seine Unternehmung. Nach dem glücklichen Gefechte bei Damgarten an der Reck ·24. Mai. nig, wo er 600 Mecklenburger zu Gefangenen machte, warf er sich mit seiner getreuen Schaar in das feste Stralsund, entschlossen, die Stadt zu einem zweiten Saragossa zu machen oder sich darin so lange gegen den Feind zu behaupten, bis er seine Einschiffung nach England bewerkstelligt hätte. Aber von General Gratien mit einem Belagerungsheer eingeschlossen, fiel er bei 31. Mat. Erstürmung der Stadt nach dem hartnäckigsten Kampfe mit vielen seiner ge= treuen Waffenbrüder unter den Säbeln holländischer, oldenburgischer und dänischer Reiter. Von seinen zu Kriegsgefangenen gemachten Gefährten wurden die Offiziere, sämmtlich junge Männer unter 30 Jahren, in Wesel und Braunschweig durch kriegsrichterlichen Spruch zum Tode verurtheilt und erschossen, die Gemeinen auf französische Galeeren gebracht. Nur eine kleine Schaar von 180 Reitern erzwang sich durch ihre todesmuthige Entschlossenheit freien Abzug nach Preußen. Mit heroischer Kraft ertrugen die elf Offiziere in Wesel ihr tragisches Geschick. „Zwei und zwei an einander gefesselt, erwarteten sie stehend und mit unverbundenen Augen die feindlichen Kugeln; sie brachten ihrem König noch ein hoch und commandirten dann Feuer! Im nächsten Augenblick lagen zehn todt am Boden; der Elfte war nur am Arm verwundet; er riß

die Weste auf und rief auf sein Herz deutend: Hierher, Grenadiere!" Einen Moment später hatte auch er ausgelebt.“

,,Der stattliche, lebensfrische Mann von 36 Jahren,“ schildert der neueste Geschichtschreiber dieser Zeit (Häuffer) den Major v. Schill, „in dem malerischen Husarenkleid war nicht nur eine martialische, sondern zugleich eine liebenswürdige Erscheinung. Sein feuriges, schwarzes Auge, sein freundliches und wohlwollendes Wesen imponirte und gewann zugleich. Sparsam und mäßig in seinen eigenen Bedürfnissen, großmüthig gegen den Bedürftigen, freigebig gegen seine Waffengefährten, von unübertroffener Bravour und einem frischen, feurigen Wesen, auch mit einer natürlichen Gabe populärer Beredtsamkeit ausgestattet, war er ganz dazu geschaffen, ein Liebling des Volkes zu werden. Wohl fiel Manchem eine krampfhafte Unruhe in seinem Wesen, ein Abspringen von Einem aufs Andere und neben der Neigung zu kecken Husarenstreichen ein gewiffer Starrfinn auf, den er besonnenem Rath entgegensetzte; solche Züge erinnerten wohl an seine ungarische Abstammung. Freilich sind auch diese Schattenseiten von der schmeichelnden Bewunderung der Zeit in Vorzüge umgeschaffen und dadurch der tapfere Mann an sich selber und an dem Maße seines Könnens irre geworden." ,,Die Fehler und Schwächen des Schillschen Zuges erblaßten neben dem Glanze tapferer, todesmuthiger Hingebung, wovon die Ueberwundenen ein erhebendes Beispiel gegeben. Dieser Heldenmuth blieb in dem Gedächtnisse der Mitlebenden so frisch, wie die grollende Erinnerung an die blutige Rache des Siegers."

Glücklicher war Herzog Friedrich Wilhelm von Braunschweig, der heldenmüthige Sohn des bei Auerstädt verwundeten Feldmarschalls. Eine leidenschaftliche, reizbare Natur von stolzem, trozigem Wesen verschmähte er es, in unkriegerischer Ruhe abzuwarten, bis fremdes Blut ihm sein verlornes Erbe erstritt; er wollte lieber im muthigen Kampfe erliegen, als sich „in der Geduld des Ertragens üben.“ „Das Schicksal seines Hauses, der erschütternde Ausgang des Vaters und der Tod seiner Gemahlin gab ihm etwas Düsteres und Verbittertes. Er haßte in Napoleon den Urheber des öffentlichen und seines häuslichen Leides; die Fehde, die er führte, galt der deutschen Sache und war zugleich ein Rachekrieg ganz persönlicher Art.“ Im Bunde mit Desterreich sammelte er als deutscher Reichsfürst“ in Dels, seinem kleinen schlesischen Erbe, und in Böhmen eine berittene Freischaar, die man als schwarze Legion der Rache" bezeichnete, von dem schwarzen Waffenrock und dem weißen Todtenkopf auf dunkelm Tschako. Unterstüßt von österreichischen Truppen unter General Am Ende und von einem Hülfscorps, das der geizige Kurfürst von Hessen ausgerüstet, fiel der Herzog in Sachsen ein, um das Volk zum Aufstand und zum Anschluß an Desterreich zu bringen, drängte das kleine sächsische Heer unter General Thielemann zurück und mi bemächtigte sich, nicht ohne mancherlei Gewaltthätigkeiten, der Städte Dres den, Meißen und Leipzig. Aber bald sah er sich zum Rückzug genöthigt, als König Jerome mit überlegenen Streitkräften herbeikam und, mit Thielemann vereinigt, als ,,Befreier von den Raubschaaren des schwarzen Banditen" in die sächsischen Städte einzog. Er verband sich mit dem österreichischen Streifcorps in Franken und bekämpfte mit Tapferkeit und Erfolg die unter Junot heranrückenden Feinde, bis der Waffenstillstand von Znaim ihm die öster

1809.

29. Juli

1809.

reichische Unterstüßung entzog und seine Thätigkeit lähmte. Da er als „deutscher Reichsfürst“ und Verbündeter des Kaisers, nicht als österreichischer General am Kriege Theil genommen, so verschmähte er den Waffenstillstand und beschloß mit seinen Getreuen, etwa 2000 Mann, von Thüringen aus sich einen Weg an die Nordsee zu bahnen, und bei England Hülfe zu suchen. Mit unglaublicher Kühnheit zog die entschlossene „schwarze Schaar“ über Leipzig und Halle in das westfälische Königreich, erstürmte die von Meyronnet (Graf Wellingerode) tapfer vertheidigte Festung Halberstadt und machte, nach einem furchtbaren Straßenkampf, die ganze Besaßung zu Kriegsgefangenen. Nach einer kurzen Rast in Braunschweig, wo der Herzog mit Jubel und Begeisterung von dem treuen Volke aufgenommen ward, und sich einige Augenblicke gönnte, um einsam durch das Schloß seiner Väter zu eilen und seiner Jugendtage zu gedenken, zog er unter steten Kämpfen mit zwei feindlichen Heerabtheilungen, die ihn abzuschneiden trachteten, über Hannover der Weser zu, nicht entmuthigt durch den Abfall von 16 Offizieren, die, an einem glücklichen Ausgang verzweifelnd, zur Capitulation riethen, und bewerkstelligte bei Elsfleth und Braake die Einschiffung nach Helgoland, von wo 7. Aug. die „Schwarzen“ auf britischen Schiffen nach England gerettet wurden, um günstigere Zeiten zur Rache abzuwarten. „Das ist ein tapferer Kriegsmann,“ soll Napoleon in Schönbrunn ausgerufen haben, als er die verwegene That des,,unbesiegten Welfen" vernahm, der die Nächte gewöhnlich auf einem Strohlager inmitten seiner Krieger zubrachte, alle Genüsse und Bequemlichkeiten verschmähte und mit dem Kirchenlied,,Dir trau' ich, Gott, und wanke nicht, wenn gleich von meiner Hoffnung Licht der letzte Funke schwindet," in die Schlacht ging. Nicht nur im Norden, auch in den südlichen Rheinbundsstaaten gab sich während dieses Krieges eine tiefe Aufregung der Gemüther fund und die heiße Sehnsucht nach Befreiung von dem verhaßten Joche des fremden Zwingherrn und seiner Genossen. In Nürnberg, Bamberg und vor Allem in dem preußischen Frankenlande, wo man die alte Zeit noch nicht vergessen hatte, kamen bei Gelegenheit eines österreichischen Streifzugs Stimmungen zum Vorschein, die von der bayerischen Gesinnung sehr verschieden waren; und als nach Auflösung des Deutschherren-Ordens Mergentheim dem strengen König von Würtemberg verliehen wurde, suchten die Bauern durch einen Aufstand die Besignahme zu verhindern, 25. Juni. zogen sich aber ein blutiges Strafgericht von Seiten des ergrimmten Tyrannen zu, der durch „heilsamen Schrecken“ ähnlichen Vermessenheiten vorzubeugen fuchte. Ein Beweis von der in ganz Deutschland herrschenden Bewegung der Gemüther war auch der von dem Naumburger Jüngling Friedrich Staps unternommene Mordversuch gegen Napoleon in Schönbrunn. Von General Rapp ergriffen und seines Vorhabens geständig, wurde er zum 12. Det. Tode geführt. Diese Erscheinungen, verbunden mit der tiefen Aufregung in Breußen, wo die patriotische Partei zu einem Anschluß an Desterreich drängte und der Freiherr von Stein den Gedanken einer allgemeinen Volkserhebung

Juli

1809.

in der Nation zu wecken suchte, waren wohl geeignet, Napoleon zu dem Ausspruch zu bringen, „fort aus diesem Krieg, sonst sind wir von tausend Vendéen umringt."

Die Engländer auf Walcheren. War in diesen, wenn gleich fruchtlosen Bewegungen das Erwachen eines Heldensinnes nicht zu verkennen, so trug da gegen die Unternehmung der Engländer gegen die Niederlande den Charakter des engherzigsten Egoismus und der rathlosesten Kleinmüthigkeit an sich. Sie landeten mit 40,000 Mann und 144 schweren Geschüßen auf der Insel Walcheren, um sich Antwerpens und der Scheldemündungen zu bemächtigen, führten aber ihre Sache so schlecht, daß die Zerstörung der Festungswerke von Vließingen die einzige Frucht dieser kostspieligen Unternehmung war, bei der mehr Menschen durch das Klima und durch die Ungeschicklichkeit der Führung umkamen, als die größte Niederlage weggerafft hätte. Eine solche Truppenmacht, zur rechten Zeit an der Weser- und Elbemündung gelandet, hätte auf den ganzen Gang des Krieges entscheidend wirken, hätte der norddeutschen Bewegung einen Halt geben, Preußen aus seiner Unschlüffigkeit reißen und den Riesenkampf in Desterreich zu einem glücklichen Ausgang führen können. Es war aber das Verhängniß dieses Krieges, daß Alles, was die große Politik der Gegner Napoleons versuchte, an den Mängeln der Anlage oder der Ausführung Schiffbruch litt." Castlereagh und Canning geriethen darüber in so heftigen Streit, daß ein Zweikampf auf Pistolen erfolgte. Fouché, der durch eine den Kaiser beleidigende Proclamation die französische Nationalgarde zur Bertheidigung der Niederlande aufgefordert, fiel in Ungnade und verlor seine Ministerstelle, wie schon vorher Talleyrand, als er Napoleons Verfahren gegen Spanien mißbilligte.

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5. Das französische Kaiserreich auf seiner Höhe.

§. 763. Nach dem Wiener Frieden stand Napoleon auf dem Gipfel der Macht und Größe. Nur der Gedanke, keinen Leibeserben zu haben, quälte ihn; darum ließ er sich, auf den Grund eines bei der Trauung begangenen Formfehlers, von der bei den Franzosen sehr beliebten Kaiserin 15. Decbr. Josephine scheiden und vermählte sich, nachdem ein Heirathsplan mit einer russischen Prinzessin gescheitert war, mit Marie Louise, Tochter des Kaisers von Desterreich. Am 1. April 1810 feierte er seine Vermählung mit der ,,Tochter der Cäsaren“, wobei fünf Königinnen die Schleppe trugen und eine unerhörte Pracht entfaltet wurde. Aber der Ehebund war dem österreichischen wie dem französischen Volke gleich verhaßt; dort betrachtete man ihn als eine Entweihung des glorreichen Kampfes vom vorhergehenden Jahr; hier als einen neuen Bruch mit den Erinnerungen der Revolution. Darum wurde der Brand bei dem Ballfeste, das der österreichische Botschafter, Fürst Schwarzenberg, zu Ehren der Vermählten veranstaltete und wobei dessen Schwägerin (als sie ihre Tochter, die nachherige Fürstin Windisch-Gräß, vom Feuertode rettete) in den Flammen umkam, ebenso als unheilverkündende Vorbedeutung genommen, wie das Unglück bei dem Vermählungsfeste Ludwigs XVI. mit Marie Antoinette im Jahre 1770. Als dem Kaiser im isi. nächsten Jahr ein Sohn geboren wurde, der den prunkvollen Titel eines Königs von Rom erhielt, schien sein Glück vollendet und Frankreichs Zu

20. März

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