Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

27. Dec.

1806.

"

leon eingegangenen Vertrag, eine russisch-englische Flotte landen lassen und die gelandeten Truppen mit Freuden aufgenommen. Da unterzeichnete, am Tag nach dem Abschluß des 1805. Preßburger Friedens, Napoleon in Schönbrunn das Decret, das die berüchtigte Formel enthielt: Die Dynastie der Bourbonen in Neapel hat aufgehört zu regieren." Umsonst suchte die Königin zuerst durch eine demüthige Gesandtschaft an Napoleon, dann, als diese nicht angenommen ward, durch Aufwiegelung der Lazzaroni und Calabresen den Verlust ihrer Krone zu verhindern. Als die Franzosen unter Joseph und 15. Febr. Massena anrückten, flüchtete sich der Hof mit seinen Schäßen, Kostbarkeiten und Freunden nach Sicilien. Unter blutigen Kämpfen mit empörten Pöbelscharen, die abermals das Leben und Eigenthum der Wohlhabenden bedrohten, nahm Joseph Besitz von der neapolitanischen Königskrone, die er jedoch schon nach zwei Jahren an seinen Schwager Mürat abtreten mußte, als ihn der Machtspruch des Kaisers auf den Thron von Spanien berief. Neue Geseze, eine neue Verwaltungsform, Einziehung vieler Klößter und viele den Franzosen nachgebildete Einrichtungen und Besteuerungsarten traten überall ein, wo Glieder der Bonapartischen Familie die Herrschaft erhielten; nicht durch milde Regies rung, schrieb Napoleon an seinen Bruder, könne er sich die Liebe seiner italienischen Unterthanen erwerben, sondern nur durch „heilsamen Schrecken“ ihnen imponiren. Auch mit Pius VII., welcher weder den englischen Schiffen seine Seehäfen verschließen, noch der Lehnsherrlichkeit über Neapel entsagen wollte, wurde um diese Zeit ein Streit begonnen, der nach zwei Jahren mit dessen Gefangennehmung endigte. Vorerst begnügte sich Napo leon mit der Besetzung einiger Festungen des Kirchenstaats und mit der Verleihung der zwischen Rom und Neapel streitigen Gebiete von Benevent und Pontecorvo an Talleyrand und Bernadotte als Reichslehen mit dem Herzogsrang.

Rom.

4. Errichtung eines neuen Lehensadels. Französische Marschälle. In dem von Desterreich abgetretenen venetianischen Gebiete wurde eine Anzahl Reichslehen mit beträchtlichen Einkünften gegründet und an französische Marschälle und Staatsmänner, die sämmtlich aus den mittleren oder unteren Ständen hervorgegangen waren, mit dem Herzogstitel verliehen. So das Herzogthum Dalmatien an Soult; Treviso an Mortier; Rovigo an Savary; Cadore an Champagny; Istrien an Bessières; Friaul an Düroc; Belluno an Victor; Conegliano an Moncey; Feltre an Clarke; Bassano an Maret; Vicenza an Caulaincourt; Padua an Arrighi; zu diesen Großlehen kamen etwas später noch andere, wie Rivoli (Massena, später Herzog von Eßlingen); Montebello (Lannes); Ragusa (Marmont); Reggio (Oudinot); Tarent (Macdonald); Castiglione (Augereau); Valmy (Kellermann); Parma (Cambacérès); Plaisance (Lebrün); Otranto (Fouché); Ney wurde zuerst Herzog von Elchingen, dann Prinz von der Moskwa; Davouft Herzog von Auers städt; Lefebvre Herzog von Danzig; Mouton Fürst von Lobau u. A. m. Die durch Conventionsbeschluß vom 21. Februar 1793 abgeschaffte Marschallwürde war von Napoleon durch Senatsconsult vom 28. Floreal des Jahres XII (Juni 1804) wiederhergestellt wor den und 14 Marschälle ernannt. 1) Berthier Fürst von Neufchatel und Wagram, Sohn eines Portiers im Kriegsministerium, Ingenieur Geograph 1766, Kriegsminister 1799, Major-General und Viceconnetable, gestorben zu Bamberg 1. Jun. 1815, 62 Jahre alt. 2) Murat, Großherzog von Cleve und Berg, Wirthssohn von La Bastide bei Cahors, Soldat 1787, König von Neapel 1808, Lieutenant des Kaisers 1812, erschoffen zu Pizzo in Calabrien 13. Oct. 1815. 3) Moncey, Herzog von Conegliano, Freiwilliger 1768, erfter General - Inspector der Gendarmerie, Gouverneur des Invalidenhotels, geft. zu Baris 20. April 1842. 4) Graf Jourdan, Sohn eines Buchdruckers zu Limoges, Soldat 1778, Gouverneur des Invalidenhotels, gest. 23. Nov. 1833, 71 Jahre alt. 5) Massena, Herzog von Rivoli, Fürst von Eßlingen, Sohn eines Weinhändlers aus Nizza, Soldat 1775 mit dem Beinamen: l'Enfant chéri de la Victoire, gest. zu Paris 4. April 1817, 59 Jahre alt. 6) Augereau, Herzog von Castiglione, Sohn eines Gemüsehändlers in Paris, Soldat 1774, gest. zu la Houssaye 12. Juni 1816, 59 Jahre alt. 7) Bernadotte, Fürst von Ponte

Corvo, Sohn eines Advocaten in Pau, Soldat 1780, König von Schweden 1818, gest. zu Stocholm im Jan. 1844. 8) Soult, Herzog von Dalmatien, geb. 1769, Sohn eines Bauern aus St. Amand bei Caftres, Soldat 1785, Oberbefehlshaber des Boulogner Lagers 1804, Generalmarschall 26. Dec. 1847, geft. Juli 1851, 82 Jahre alt. 9) Graf Brune, beim Ausbruch der Revolution Buchdrucker, trat 1792 in die Armee, 1797 Brigadegeneral in Italien, ermordet zu Avignon 2. Aug. 1815, 52 Jahre alt. 10) Lannes, Herzog von Montebello, mit dem Beinamen: le Roland de l'armée, Sohn eines Färbers aus Lectoure, Unterlieutenant 1792, tödtlich verwundet bei Eßlingen 22. Mai 1809, gest. 31., 40 Jahre alt. 11) Mortier, Herzog von Treviso, von bürgerlicher Abkunft, begann seine militärische Laufbahn als Nationalgardist, Hauptmann 1791, getödtet zu Paris 28. Juli 1835 (durch Fieschi's Höllenmaschine). 12) Ney, Herzog von Elchingen, Fürst von der

Restwa, mit dem Beinamen: le Brave les braves, Sohn eines Stülfers von Saarlouis, d

Selbat 1788, General 1796, erschossen zu Paris 7. Dec. 1815, 46 Jahre alt. 13) Davouft, Herzog von Auerstädt, Fürst von Eckmühl, Zögling der Militärschule 1785, gest. zu Varis 1. Juni 1823, 53 Jahre alt. 14) Bessières, Herzog von Istrien, Soldat 1792, Oberbefehlshaber der Kaisergarde, gefallen auf dem Schlachtfeld zu Lüzen, 1. Mai 1813. Durch dasselbe Decret wurden mit dem Marschallstitel vier Senatoren beehrt, welche Obercommando's geführt hatten: 1) Kellermann, Herzog von Valmy, Sohn eines Straßburger Bürgers, Cadet 1752, gest. zu Paris 23. Sept. 1820, 85 Jahre alt. 2) Lefebvre, Herzog v. Danzig, Soldat in den französischen Garden 1773, geft. zu Paris 14. Sept. 1820, 65 Jahre alt. 3) Marquis de Perignon, Unterlieutenant 1782, gest. zu Paris 25. Dec. 1818, 54 Jahr alt. 4) Serrurier, Lieutenant 1755, geft. 21. Dec. 1819, 77 Jahre alt.f— Die übrigen Ernennungen während des Kaiserreichs find folgende: 1) Victor Perrin, Herzog v. Belluno, ursprünglich Ladendiener in Troyes, Soldat 1781, Marschall nach der Schlacht von Friedland 13. Juli 1807, geft. zu Paris 1. März 1841. 2) Dudinot, Herzog von Reggio, mit dem Beinamen: le Bayard moderne, Kaufmannssohn aus Bar le buc, Soldat 1782, Invalidengouverneur, geft. 13. Sept. 1847. 3) Marmont, Herzog von Ragusa, Unterlieutenant der Artillerie 1790, geft. zu Hamburg 12. März 1852, 72 Jahre alt. 4) Macdonald, Herzog von Tarent, Soldat 1784, gest. zu Courcelles bei Gien, 25. Sept. 1840. Diese drei Ernennungen vom 12. Juli 1809, nach der Schlacht von Wagram. 5) Suchet, Herzog v. Albufera, Soldat 1792, Marschall 8. Juli 1811, geft. 3. Jan. 1826 zu St. Joseph bei Marseille, 54 Jahre alt. 6) Marquis de Gouvion St. Chr, Pariser Freiwilliger 1792, Marschall 27. Aug. 1812, geft. 17. März 1830 in Hyères, 66 Jahre alt. 7) Fürst Poniatowsky, Freiwilliger 1792, Marschall 16. Oct. 1813, geft. 19. Oct., 51 Jahre alt. Unter der Restauration wurden 9 Marschälle ernannt, von Ludwig XVIII. durch Verordnung vom 3. Juli 1816 die vier folgenden: 1) Herzog de Coigny, Mousquetaire 1752, geft. als Invalidengouverneur 18. Mai 1821, 84 Jahre alt. 2) Marquis de Beurnonville, Freiwilliger 1774, gest. 23. April 1821, 69 Jahre alt. 3) Clarke, Herzog de Feltre, Cadet 1781, Kriegsminister von 1807 bis 1814, geft. 28. Oct. 1818, 53 Jahre alt. 4) Graf Viomesnil, Lieutenant 1747, geft. 5. März 1827, 93 Jahre alt. 5) Marquis de Lauriston, Artilleriezögling 1784, Marschall 6. Juni 1823, geft. 11. Juni 1828, 60 Jahre alt. 6) Graf Molitor, Hauptmann 1791, Marshall 9. Oct. 1823, geft. 28. Juli 1849. 7) Fürst von Hohenlohe-Bartenstein, Marschall (wegen der Einnahme von St. Sebastian 1823) 8. März 1827, geft. 31. Mai 1829, 64 Jahre alt. 8) Marquis de Maison, Hauptmann der Föderirten 1792, Obergeneral in Morea, gest. 12. Febr. 1840. 9) Graf de Bourmont, Oberanführer gegen Algier, Fähndrich in der französischen Garde 1788, Marschall 14. Juli 1830, gest. auf Schloß Bourment, in Anjou, im Oct. 1846. Unter der Juliusdynastie waren 10 Promotionen: 1) Graf Gérard, Freiwilliger 1791, Marschall 17. Aug. 1830, gest. 18. April 1852, 78 Jahre alt. 2) Graf Clauzel, Unterlieutenant 1791, Marschall 30. Juli 1831, geft. 1842, 69 Jahre alt. 3) Mouton, Graf von Lobau, Soldat 1792, gest. 27. Nov. 1838.

4) Marquis de Grouchy, Artilleriezögling 1780, Marschall 19. Nov. 1831 (eigentlich schon 7. April 1815 ernannt), gest. zu St. Etienne 29. Mai 1847. 5) Graf Valée, Marschall 11. Nov. 1837 (Eroberung von Constantine), gest. 15. Aug. 1846. 6) Graf Sebaftianis Porta, Marschall 21. Oct. 1840, geft. 22. Juli 1851, 76 Jahre alt. 7) Graf Drouet d'Erlon, Freiwilliger 1791, Marschall 9. Aug. 1843, geft. 25. Jan. 1844. 8) Bugeaub, Marquis de la Piconnerie, Herzog v. Jsly, Soldat bei den Velites-Grenadieren der Garden 1804, Marschall 31. Juli 1843, gest. 10. Juni 1849. 9) Graf Reille, Grenadier 1791, Marschall 17. Sept. 1847. 10) Vicomte Dode de la Brunerie, Adspirant im Geniecorps 1794, Marschall 17. Sept. 1847, geft. 1851. Endlich unter der Republik 1) Jerome Bonaparte, Marine-Adspirant 9. Nov. 1799, Divisionsgeneral 14. März 1807, Marschall 1. Jan. 1850, gest. 1860 als Gouverneur des Invalidenhotels. 2) Excelmans, Freis williger 1791, Divisionsgeneral 1812, Großkanzler der Ehrenlegion 1849, Marschall 1851, geft. 23. Juli 1852, 77 Jahr alt.

§. 748. Der Rheinbund. Durch die Erhebung der Kurfürsten von Bayern und von Würtemberg zur souverainen Königswürde war bereits die Verfassung des deutschen Reichs aufgelöst. Napoleon kam daher auf den Gedanken, durch Stiftung des Rheinbundes den Süden und Westen von Deutschland dem österreichischen Einflusse ganz zu entrücken und an sich zu ketten. Bei der Selbstsucht der meisten deutschen Fürsten und bei der obwaltenden Furcht vor dem gewaltigen Gebieter, auf dessen Seite immer das Schlachtenglück war, fiel es dem schlauen Talleyrand und dem KurfürstenErzkanzler Karl Theodor von Dalberg nicht schwer, durch die Aussicht auf Ländergewinn und Machtvergrößerung eine Anzahl Fürsten und Reichsstände zur Trennung vom deutschen Reiche und zum Anschluß an Frankreich zu bewegen. Am 12. Juli 1806 wurde in Paris der Grundvertrag unterzeichnet, kraft dessen Napoleon als Protector des Rheinbundes den einzelnen Gliedern (Bayern, Würtemberg, Baden, Darmstadt, Cleve-Berg, Nassau, Hohenzollern, Liechtenstein u. a. m.) in Betreff der Besteuerung, Conscription, Gesetzgebung und obersten Gerichtsbarkeit vollkommenes Herrenrecht (Souverainetät) zuerkannte gegen die Verpflichtung, eine bestimmte Anzahl Truppen (bis zum Belauf von 63,000 Mann) zu des Kaisers Verfügung bereit zu halten. Der zum Fürst Primas erhobene und mit der Stadt Frankfurt beschenkte Kurfürst - Erzkanzler Dalberg ward als Napoleons Stellvertreter beim Rheinbund ausersehen, ein gebildeter Gönner der Künste und Wissenschaften, aber von den weltbürgerlichen Ideen jener Tage beherrscht und ohne Charakterfestigkeit und vaterländischen Sinn den Machtsprüchen des französischen Kaisers sich fügend. Durch neue Gebietsvermehrung und durch Unterordnung (Mediatisirung) vieler kleinen vordem unmittelbaren Reichsstände unter die Oberhoheit der größeren Fürsten, von deren Gebiet jene eingeschlossen waren, nahm die Macht der Bundesglieder bedeutend zu. Kaiser Franz IL, (14. Aug. der schon vorher durch Uebertragung der Kaiserwürde auf die österreichischen Erbstaaten sein geringes Vertrauen auf den Fortbestand des Reichs fund gegeben, entsagte der deutschen Kaiserwürde, nannte sich Franz I., Kaiser von Desterreich, und entzog seine sämmtlichen Staaten dem deutschen Reichs1806. verband. Damit wurde das heilige römische Reich deutscher Nation

1804.)

6. Aug.

aufgelöst; durch innere Zwietracht und machtlose Vielherrschaft war es schon längst zum Schatten herabgesunken. Jetzt wurden seine mächtigsten Glieder die Basallen eines fremden Zwingherrn. Die Reichsgesete sammt dem Reichstag und dem Reichsgerichte wurden abgeschafft und die Unterthanen der Rheinbundsstaaten traten bis zur Ausarbeitung neuer Geseße in den Zustand einer rechtlosen Uebergangsperiode. Wohl drückte das Gefühl der Schmach manche deutsche Brust; und E. M. Arndt gab in dem Geist der Zeit" diesem Gefühle Worte; aber wie Wenige wagten es noch ferner zu sprechen, seitdem der wackere Buchhändler Palm von Nürnberg auf Befehl des despotischen Machthabers das Opfer eines schmachvollen Zustizmordes in Braunau 6 Aug. geworden, weil er sich weigerte, den Verfasser einer von ihm verlegten kleinen Schrift,, Deutschland in seiner tiefsten Erniedrigung" anzugeben!

"

Der Rheinbund umfaßte noch einige Reichsglieder, die später mediatisirt wurden, nämlich Salm, Isenburg, Aremberg und Dalberg's Neffen, den Fürsten von der Leyen. Wie das Wort „Mediatisirung" verlautete,,,drängte man sich wie im J. 1802 und 1803 bei den Säcularisationen eifrig nach Paris, bettelte, bestach, intriguirte mit allen Kräften. Deutsche Länder und Stämme wurden wieder im Aufstrich verkauft; wer zahlte, war seiner Existenz zunächst sicher und die hohen Würdenträger des Kaiserreichs sachten Millionen ein. Die Trinkgelder und diplomatischen Geschenke wurden nach dem Ausdruck eines Franzosen wie Börsengeschäfte verhandelt.“ So wurden „ohne Rechtstitel, lediglich durch einen Act revolutionärer Gewalt von einem fremden Eroberer und einer Anzahl ihnen gleichgestellter Mitstände im Reiche, eine Reihe fürstlicher Familien eingeschmolzen, die nicht so glücklich gewesen waren, brauchbare Werkzeuge für die Bonaparte’sche Politik zu sein, oder durch Geld, Protection, Familienverbindung ihre bedrohte Existenz zu Zu den mediatisirten Fürsten gehörten: Fürstenberg, Schwarzenberg, Thurn and Taxis, Löwenstein, Dettingen, Hohenlohe, Leiningen, Nassau-Oranien, Wied - Runkel, Metternich, Fugger, Bentheim, Solms, Sayn-Witgenstein u. A.; ferner die Grafen von Caftell, Erbach, Stolberg, Isenburg, Sternberg, Plettenberg, Wartenberg, WaldbottBassenheim u. A. Die Mediatisirten (Standesherren) behielten ihr Patrimonial- und Brivateigenthum, das Recht der niedern und mittleren Gerichtsbarkeit und das Jagd-, Fischerei und Patronatsrecht, Zehnten, Lehngefälle u. A.

retten."

[ocr errors]

2. Der preußische Krieg (1806).

§. 749. a) Veranlassung. Hatte die schwankende Haltung Preußens während des österreichischen Kriegs und die Unschlüssigkeit des friedfertigen, aber übel berathenen Königs den französischen Kaiser mit tiefem Groll erfüllt, so erzeugte die Demuth und Willfährigkeit, womit sich der gewissenlose, unpatriotische Haugwiz und andere Minister allen Machtsprüchen Napoleons fügten, alle Demüthigungen geduldig ertrugen und der Huld des Gewaltigen die Ehre des Landes zum Opfer brachten, in ihm die Ansicht, daß man gegen Preußen alle Rücksicht und Schonung bei Seite seßen dürfe, daß der König als Freund unzuverlässig, als Feind zaghaft und unschädlich sei. In dieser Voraussetzung behandelte Napoleon die preußischen Staatsmänner mit Hohn und Uebermuth und gab bei jeder Gelegenheit seinen Groll und seine Mißachtung zu erkennen.,,Er schien es darauf anzulegen, daß der gebeugten Monarchie Friedrichs des Großen keine Wahl mehr blieb, als den Kelch der Demüthigung schweigend bis zur Neige zu leeren, oder einen hoffnungslosen Kampf der

1806.

15. Febr.

Verzweiflung einzugehen.“ Die vielfachen Kränkungen, die Napoleon absichtlich der preußischen Regierung zufügte, namentlich seitdem er durch die zweideutige Haltung bei Besetzung des Kurfürstenthums Hannover,, die leßte Probe", die er ihr in dem Schönbrunner Vertrag gesezt, in seinen Augen nicht bestanden hatte, überzeugten diese endlich, daß jener den Krieg wünsche und daß der Friede nicht länger mit Ehren aufrecht erhalten werden könne. Hatte man doch schon in Berlin dem Kanzler Har1806. denberg, der dem französischen Bündniß, daß Napoleon durch den Pariser Vertrag erzwungen, nicht unbedingt ergeben schien und als Hannoveraner mehr zu England neigte, bereits einen Urlaub auf unbestimmte Zeit bewilligt und Haugwig an seine Stelle gesetzt, war man doch schon mit. England und Schweden in ein offenes Kriegsverhältniß getreten, ohne dennoch das Vertrauen und die Zufriedenheit des französischen Machthabers zu gewinnen. Zwei Ursachen erweiterten den schon bestehenden Bruch und steigerten in Preußen die Erbitterung bis zur Kriegserklärung. 1) Noch ehe der Rheinbund zum Abschluß gekommen, gedachte Preußen mit Sachsen und Hessen-Cassel in einen ,, engern Verband" zu treten, um die eigene Existenz und Unabhängigkeit zu wahren. Diesem Vorhaben kam Napoleon fördernd entgegen, indem er in Berlin den Plan eines norddeutschen Bundes", oder, wie die Franzosen sich lockend ausdrückten, eines ,,norddeutschen Kaiserthums“ anregen ließ, um dadurch zum Voraus alle Einsprache gegen den Rheinbund zu beseitigen. Diesem Bunde sollten außer Sachsen und Hessen-Cassel alle am Rheinbunde noch unbetheiligten Reichestände im Norden, als Mecklenburg, Oldenburg, die Hansestädte, Holstein u. a., beitreten. Kaum war aber der rheinische Bund abgeschlossen, so suchte die französische Diplomatie die preußischen Unionsbestrebungen, die ohnedies schon an der eigennütigen und zwieträchtigen Gesinnung der einzelnen Staaten unbesiegbare Hindernisse fanden, auf alle Weise zu vereiteln; eine Doppelzüngigkeit, die Preußen tief verleßen mußte, zumal da man bei der Bildung des Rheinbundes es ohne alle Mittheilungen gelassen, das verwandte Haus Thurn und Taxis mediatisirt und das befreundete und benachbarte Holland an Frankreich geknüpft hatte. 2) Das Berliner Kabinet brachte in Erfahrung, daß Napoleon bei Erneuerung der Friedensunterhandlungen mit dem englischen Ministerium diesem die Zurückgabe des an Preußen abgetretenen Kurfürstenthums Hannover in Aussicht gestellt habe, ohne mit der preußischen Regierung darüber Rücksprache zu nehmen. (- Die Vernichtung der französischen Flotte bet Trafalgar (§. 747) hatte den Kaiser aufs Neue überzeugt, daß er trotz aller Land23. Jan. siege das meerbeherrschende England nicht überwinden könne, und der Tod Pitts, der den freisinnigen, den 3deen der Revolution befreundeten For ins Ministerium führte, erfüllte ihn mit der Hoffnung eines Friedensschlusses. Allein ehe die Verhand13. Sept. lungen zum Ziel gekommen, starb Fox und die Kriegspartei bekam wieder die Oberhand. Diese Erfahrungen, verbunden mit mannichfaltigen Grenzverleßungen (Besißnahme von Wesel nebst den Abteien Elten, Essen und Werden durch den Großherzog von Berg) und dem fichtlichen Bestreben, Preußen immer mehr zu iseli ren, brachten endlich die Regierung in Berlin zu der Ueberzeugung, daß sie sich von Frankreich des Schlimmsten zu versehen habe. Sie gab ihren Unwillen auf diplomatischem Wege zu erkennen, sezte die Heere auf den Kriegsfuß, und brach, als das segenannte Ultimatum, worin in trockenem Tone die unverzügliche Räumung Süddeutschlands von den Franzosen, die ungehinderte Zulassung des norddeutschen Bundes und die Schlichtung der noch übrigen streitigen Interessen gefordert war, mit Hohn und unziemlichen Ausfällen zurückgewiesen ward, alle Verbindungen mit Frant reich ab. Die Verstimmung und Besorgniß, die sich bei einem großen Theil der Nation über die wachsende Uebermacht der Fremdlinge kund gab, mochte Preußen in der Hoffnung bestärken, daß es berufen sei, der Retter des bedrängten Vaterlandes zu werben. Aber noch war die Zeit nicht gekommen, wo man sich an das Volk selbst

« ZurückWeiter »