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des Kampfes barstellte. Ein Sieg der Insurgenten über eine russische Heerabtheilung trieb die Bewohner der Hauptstadt zum Aufstand. Am Grün- 1794. bonnerstag wurde die russische Besaßung in Warschau angegriffen und theils niedergemacht, theils gefangen. Igelströms Palast ging in Flammen auf; vier der vornehinsten Anhänger Rußlands starben am Galgen. Wilna und Litthauen folgten dem Beispiel der Hauptstadt; alle Woiwodschaften traten der Krakauer Conföderation bei; selbst der König erklärte sich für die Erhebung der mißhandelten Nation; Alles versprach einen guten Erfolg. Die Preußen, die nach der Einnahme von Krakau die feste und wohlvertheidigte Hauptstadt Warschau belagerten, wurden, durch einen Aufstand im Rücken, Din dem neuerworbenen,,Südpreußen" bedroht und durch Krankheit und Nahrungsmangel geschwächt, von den tapfern Generalen Kosciuszko, Dombrowski und Joseph Poniatowski (des Königs Neffen) zu einem übereilten und verlustvollen Rückzug gezwungen. Aber das Waffenglück der Polen mehrte den Groll der Feinde. Im Einverständniß mit Oesterreich und Breußen schickte nunmehr Katharina ihren furchtbarsten Feldherrn Suwaroff mit einem großen Heere nach Polen. Kosciuszko, welcher Feldherrngaben mit Heldenmuth verband, mußte der überlegenen Macht seines kühnen, von den rusischen Soldaten eben so geliebten als gefürchteten Gegners weichen. Nach einem unglücklichen Treffen bei Macziejowicze stürzte er mit dem Ausrufe: Bolens Ende!" verwundet vom Pferd und ward als Gefangener fortgeführt. "1794." Am 4. November wurde die Vorstadt Praga von Suwareff mit großer Kühnheit gestürmt und furchtbare Rache geübt. 12,000 Wehrlose wurden theils erschlagen, theils in der Weichsel ertränkt. Das Angstgeschrei der Gemordeten schreckte die Bewohner der Hauptstadt und machte sie willig zur Ergebung. Am 9. Novomber hielt Suwaroff als Sieger seinen glänzenden Einzug in Warschau. Poniatowski erhielt Befehl, die Krone niederzulegen. Er lebte bis zu seinem Tode (1798) in Petersburg von einem Jahrgehalt, der verdienten Berachtung der Nachwelt preisgegeben. Einige Monate später erklärten die drei Mächte, sie hätten aus Liebe zum Frieden und um der 1795. Wohlfahrt ihrer Unterthanen willen beschlossen, die Republik Polen ganz zu theilen.

Det.

24. Jan.

Demgemäß erhielt Oesterreich, obschon es gegen den Aufstand keinen Schwertstreich gethan, durch Katharina's Gunst im Süden an 800 Quadratmeilen mit Krafau, Breußen das Land links der Weichsel mit der Hauptstadt Warschau, und das als,,Reuostpreußen" mit der Monarchie verbundene Gebiet bis zum Niemen, etwa 900 Dadratmeilen mit 1 Million Einwohner; alles Uebrige, über 2000 Quadrat= meilen, riß Rußland als seinen Löwentheil" an sich, um dieselbe Zeit, wo sich ihm. auch das Herzogthum Kurland, das zwei Jahrhunderte lang (seit dem Großmeister 18. März Gotthard Kettler 1561) unter Polens Lehnsherrlichkeit gestanden, unterwerfen mußte. Russische Intriguen brachten den kurländischen Landtag dahin, um die Vereinigung mit Rußland einzukommen, worauf der letzte Herzog gegen eine jährliche Rente freiwillig entfagte. So schwand das einst ruhmreiche und mächtige Polen aus der Reihe der selbständigen Staaten, ein Opfer selbstverschuldeter Schwäche und fremder, Recht verachtender Gewaltthat. Parteiwuth, Geseglosigkeit und die Unter

1795.

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drückung des Volks durch einen übermüthigen Adel waren die Quellen des Unglücks. ,,Der Mangel jedes volksthümlichen Gesammtgefühls, die volle Zersehung alles dessen, was sonst einen Staat und eine Gesellschaft ausmacht, Berrath und grobe Bestechung ist selten so grell und schamlos hervorgetreten wie in diesen lezten Tagen Polens." „Es schien dies Land von der ewigen Vorsicht zum warnenden Beispiel ausersehen, wohin die ungezügelte Herrschaft von Junkern und Priestern ein 1817. Volk führen muß." Zugleich wollte aber auch, nach dem Ausspruch eines berühmten Historifers, Gott damals die Moralität der Großen zeigen. Kosciuszko, von Kais ser Paul I. in Freiheit gefeßt, starb als Privatmann in der Schweiz. Sein Leichnam wurde nach Krakau gebracht.

October

B. Die französische Nevolution.

1. Die letzten Zeiten der unumschränkten Königsmacht.

§. 702. Ludwigs XV. Ausgang. a) Hofleben. Ludwig XV. befaß anfangs die Liebe des Volks in solchem Grade, daß man ihn den Bielgeliebten nannte und daß, als ihn einst in Metz eine gefährliche Krankheit befiel, das ganze Land trauerte und seine Wiedergenesung mit dem größten Jubel feierte. Aber diese Liebe verwandelte sich allmählich in Haß und Verachtung, als sich der König den schamlosesten Ausschweifungen hingab, als er den Genossen seiner Lustschwelgereien und den Dienern seiner Wollust und Sinnlichkeit die Regierung des Landes, die Leitung der Heere, die Bestimmung über Recht und Politik überließ, und als Buh lerinnen (Mätressen) ohne Sitte und Scham Hof und Reich beherrschten. Unter diesen hat keine größern und dauerndern Einfluß geübt als die Marquise von Pom1764. padour, die 20 Jahre lang Frankreichs ganzes Staatsleben lenkte, die wichtigsten Aemter mit ihren Günstlingen beseßte, die erste Stelle im Ministerium ihrem Freunde Choiseul übertragen ließ, über Krieg und Frieden bestimmte und über die Staatsgelder wie über ihre eigene Kasse verfügte, so daß sie nach einem in Pracht und Ueppigkeit verbrachten Leben noch Millionen zurückließ. Sie und ihre Kreaturen nährten Ludwigs Sinnlichkeit und Genußsucht, damit er sich immer tiefer in den Pfuhl des Lasters stürzte und die Leitung der Staatsgeschäfte ihnen überließe. Uebrigens gebrauchte die Pompadour ihre Stellung und ihren Einfluß noch mit einiger Würde, mit Takt und Umsicht; als aber die Gräfin Dübarry, eine Frau aus der niedrigsten Volksklasse, an deren Stelle trat, verlor der Hof alles Ansehen und alle Achtung. Choiseul wurde entfernt, um einem Schmeichler der neuen Mätresse Platz zu machen; der frühere Kriegsruhm ging zu Grabe, und das politische Gewicht sank so tief, daß Polen, Frankreichs alter Bundesgenosse, ungestraft getheilt wurde. Es war ein Regiment der Lüfte, unter dem die Staatseinkünfte schmachvoll verprakt wurden, indeß das Volk unter dem größten Drucke schmachtete und von aller Theilnahme am Staatsleben ausgeschlossen war. Durch den Mangel einer ständischen Vertretung fehlte der Nation das Organ, auf gefeßmäßigem Wege zeitgemäße Verbesserungen in Vorschlag zu bringen, und dem gebildeten und aufgeklärten Bürgerstande die Gelegenheit, die ihm gebührende Stellung zu erringen. Der zucht- und fittenlose Adel war im Besiz aller Ehrenstellen und Äemter, machte sich aber durch

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seine Lasterhaftigkeit und seinen Uebermuth verächtlich und gehaßt. Mußte unter solchen Umständen nicht jede Ehrfurcht und Anhänglichkeit gegen den Thron aus den · Herzen der Unterthanen verschwinden? Umsonst bestrafte die Regierung die kecken und leichtfertigen Schriftsteller mit Kerker und Verbannung; was sie aussprachen, dachte und fühlte die ganze Nation; der Glanz der Krone und die Majestät des Herrschers waren dahin.

§. 703. b) Besteuerung. Der Lurus des Hofs, die hohen Pensionen und Gnadengelder und die kostspieligen, nutlosen Kriege erschöpften die Staatskasse und mehrten die Schuldenlast. Steuern und Anleihen waren die einzigen Mittel, den mit jedem Jahre zunehmenden Ausfall (Deficit) zu decken; aber beide waren für das Land drückend. Denn da die Regierung ohne Vertrauen und Kredit war, so wurden die Darlehen nur gegen hohe, die Finanzverlegenheit stets mehrende 3n-1 teressen dargereicht, und was die Steuern und Auflagen betrifft, so waren zwar die dadurch erlangten Summen im Vergleich mit der heutigen Besteuerung gering, allein sowohl deren Erhebung durch die Generalpächter und ihre blutsaugenden Unterbeamten als deren Vertheilung auf den Bürger- und Bauernstand, da der reiche Adel und die Geistlichkeit Steuerfreiheit genossen, machte sie für die untern Stände, die ohnedies mit Zehnten, Frohnden und andern ihren Gutsherren schuldigen Abgaben schwer belastet waren, höchst drückend. Die Grund- und Bermögenssteuer (taille), die Kopffteuer, die Häusersteuer (der Zwanzigste), die Zölle und die Salzauflagen u. a. m. entrissen dem geringen Mann die Früchte seines Erwerbs und hinderten das Aufkommen eines wohlhabenden Bürgerstandes, indeß die Generalpächter, denen die Regierung alle Abgaben gegen bestimmte Summen überließ, solchen Gewinn machten, daß sie in Kurzem Millionairs wurden.

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§. 704. c) Streit mit den Parlamenten. Nun bestand die Sitte, daß alle Steueredikte und Geseze bei dem obersten Gerichtshof in Paris (Parlament) in Register eingetragen werden mußten (§. 609). Daraus folgerte dieser, daß in Ermangelung der Generalstände des Reichs, die seit 1614 nicht mehr einberufen werden, die Gültigkeit der Auflagen und Verordnungen von seiner Bestätigung abhänge und daß er somit auch das Recht habe, durch Verweigerung der Eintragung fich den Gefeßen und Steueredikten zu widersetzen. Dies erzeugte bei jeder neuen Auflage einen heftigen Streit zwischen dem Parlamentshof und der Regierung, der gewöhnlich dadurch geendigt wurde, daß der König eine Thron- oder Kissenfigung (lit de justice) hielt und den Widerstand niederschlug. Ludwig XV. war nicht gewillt, die königliche Machtvollkommenheit, wie sie sein Vorgänger geschaffen und geübt, vermindern, zwischen sich und die Nation eine controlirende Behörde eintreten zu lassen. Mir allein gehört die legislative Gewalt," äußerte er sich einst, ,,unabhängig und ungetheilt, von mir haben die obersten Höfe ihre Autorität; in mir persönlich hat die souveräne Gewalt ihren Sit; man will in der Nation eine von dem Monarchen abgesonderte Gemeinschaft erkennen, aber ihre Interessen und Rechte sind mit den meinen identisch und ruhen allein in meiner Hand." — Außer den Steuerediften waren besonders die willkürlichen Haft briefe (lettres de cachet), briefe. welche in die Gerechtsame des Parlaments eingriffen, ein Gegenstand des Haders zwischen dem Gerichtshofe und der Regierung. Diese furchtbaren Siegelbriefe, die sich nicht nur die Minister, sondern auch Unterbeamte, Bischöfe, Familienväter und Alle, die am Hofe einigen Einfluß hatten, leicht verschaffen konnten, waren ein despotischer Eingriff in die persönliche Freiheit, indem dadurch Jedermann ohne Verhör und Gericht in Haft gebracht werden konnte. Zehn Jahre lang kämpfte das Pariser Barlament und die mit ihm verbundenen Gerichtshöfe der Provinzen gegen den Hof und die Regierung, aber nicht für Freiheit und Volksrechte, sondern für Privilegien und Korporationsrechte. Die Beamtenaristokratie der Parlamente, stolz auf die er

Haft:

1771.

XVI.

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kauften Stellen und mächtig durch ein Heer von Schreibern und Advocaten, war dem Zeitgeist und dem Fortschritt mehr entgegen als die Minister. Die Parlamentsräthe haßten zwar die Jesuiten, weil sie den eben so engherzigen Ansichten der Jansenisten huldigten (§. 617), aber sie ließen Rousseau's Emil durch Henkershand verbrennen und verhängten schwere Verfolgungen über die lecken Bekämpfer verjährter Ansichten, Einrichtungen und Vorurtheile. Nur wo ihr eigner Vortheil mit den Forderungen des Volks zusammentraf, huldigten sie den neuen Ansichten. Als daher der König, ihres beharrlichen Widerstandes müde, die widerstrebenden Mitglieder durch Soldaten gefangen nehmen ließ und dann den Pariser Gerichtshof einer neuen Organisation unterwarf, wodurch dessen Oppositionsgeist unterbrochen ward, fanden sie so wenig Theilnahme bei dem Volte, daß sie es für gerathen hielten, sich demüthig in die Beschränkung zu fügen und eine Einrichtung zuzulassen, die ihnen weniger Macht, dem Hofe weniger Verdruß und dem Volke schnellere Justiz gab. Daß Ludwig XVI. sich bald nach seiner Thronbesteigung von seinem alten 1774. beschränkten Rathgeber und mehrjährigen Premierminister Maurepas bereden ließ, den Parlamenten ihre alte Einrichtung und Gewalt zurückzugeben und dadurch den Kampf von Neuem hervorzurufen, war der erste große Fehlgriff dieses Königs. Ludwig §. 705. Ludwig XVI. a) Der Hof. Als Ludwig XV. in Folge seiner Ausschweisungen mitten in der Sünde von einer schrecklichen Krankheit dahingerafft 1774. wurde, war die Staatskasse erschöpft, das Reich mit einer Schuld von 4000 Millionen beladen, der Kredit verloren und das Volk von Lasten schwer gedrückt. Unter so schwierigen Umständen wurde der unbeschränkteste Thron von einem Fürsten bestiegen, der zwar das beste Herz, aber einen schwachen Kopf besaß, der gutmüthig genug war, die Uebelstände heben und die Lage des Volks erleichtern zu wollen, der aber weder Charakterstärke genug hatte, um der Verschwendung und dem Leichtsinne seiner Brüder, des Grafen von Provence (nachmals Ludwig XVIII.) und des Grafen von Artois (Karl X.) zu steuern, noch so viel Selbständigkeit, um dem Einflusse feiner, an der aristokratischen Vornehmheit und dem königlichen Glanze des alten Hofes festhaltenden Gemahlin Marie Antoinette, Maria Theresia's hochgebildeter Tochter, zu widerstehen. Durch ihr stolzes Wesen zog sich die Königin die Un= gunst des Volks in hohem Grade zu, daher dieses nur zu geneigt war, die Freiheiten, die sie sich im Privatleben gestattete, mochten sie auch noch so unschuldig sein, übel zu deuten; war man doch schon lange gewohnt, nur Unsittlichkeit am Hofe zu sehen, und in der Lebhaftigkeit ihres Geistes vermied sie nicht immer den bösen Schein. Durch ihre Neigung, in Alles handelnd und thätig einzugreifen, bewirkte Marie Antoinette, daß man ihr alle unvelksthümlichen Maßregeln zuschrieb und ihren Namen überall einmischte, wie die berühmte Halsbandgeschichte beweist. Ihre Gegner, vor Allen der Herzog von Orleans, waren beslissen, gehässige Nachreden, Gassenlieder, Karrikaturen, Pasquille in Umlauf zu setzen, geeignet, die lette Spur von Ehrfurcht gegen die Königin und cen ganzen Hof aus dem Herzen des Volks zu Mai 1770. tilgen. Das traurige Vermählungsfest, wobei in Folge eines Feuerwerks auf dem Plate Louis-Quinze (Revolutionsplatz; Concordienplatz) sich ein solches Gedränge erhob, daß mehrere hundert Menschen erdrückt und zertreten wurden, war eine verhängnißvolle Vorbedeutung.

Die Halsbandsache. Ein kostbarer Halsschmuck war der Königin zum Kauf angeboten, aber als zu theuer zurückgewiesen worden. Dies benutzte die ränkevolle Gräfin Lamotte zu einem Gewebe von Betrug und Intrigue. Durch gefälschte, im Namen Marie Antoniens ausgestellte Handbillete machte sie den sittenlosen, verschwenderischen Cardinal Rohan, Bischof von Straßburg, den die Ungnade der Königin von der ersehnten Ministerstelle fernhielt, glauben, durch den Ankauf dieses Schmucks würde er die verscherzte Hofgunst wieder erlangen. Der unter dem Namen eines Grafen von Cagliostro ganz Europa

burchreisenbe italienische Abenteurer, ber mit Zauberkünften, Geisterbeschwörungen und einer vorgeblichen Geheimlehre die leichtgläubige vornehme Welt betrog, unterstüßte durch Beissagungen die Absichten der Gräfin, die den bethörten Cardinal zuletzt noch durch eine geheime Audienz mit einer als Marie Antonie verkleideten Buhlerin vollends sicher machte. Der Schmuck wurde gegen einen Wechselbrief gekauft und der Gräfin eingehändigt, die die Edelsteine in England einzeln verkaufen ließ. Als aber sowohl die versprochene Zah lung von Seiten der Königin als die gehoffte Ministerstelle ausblieb und der Cardinal den fälligen Wechsel der Juweliere nicht lösen konnte, kam der Betrug durch einen ärgerlichen Proceß an den Tag. Rohan wurde nach langer Haft freigesprochen, die Gräfin gebrandmarkt und zu lebenslänglicher Einsperrung verdammt, entkam aber durch die Flucht. Das Bolf glaubte gern an die Mitschuld der unbeliebten Königin und wurde durch verschiedene Denkschriften Uebelwollender, besonders der schwerbeleidigten Familie Rohan, in seiner Meinung bestärkt.

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§. 706. b) Malesherbes' und Türgots Reformpläne. Bald nach seiner Thronbesteigung berief Ludwig XVI. zwei Männer ins Ministerium, die den Willen und die Kraft hatten, durch gründliche Reformen den rathlosen Staatshaushalt zu ordnen und dem wankenden Thron wieder Festigkeit zu verleihen Tür= got und Malesherbes. Sie drangen auf gänzliche Umwandlung der Verwaltung, auf Zulassung der Bürgerlichen zu den höhern Aemtern und Gerichtsstellen, auf Beseitigung der geheimen Polizei und Beamtenwillkür, auf Abänderung der Besteuerungsart, auf Sparsamkeit im Staatshaushalt und auf Vernichtung aller den Aderbau, Handel und Gewerbfleiß beengenden Schranken, namentlich auf Milderung der strengen Zunftrechte, welche der individuellen Thätigkeit und Betriebsamkeit hemmend entgegenstanden. Auf gleiche Weise suchte der Kriegsminister St. Germain die bei der Arme e obwaltenden Mißbräuche zu heben.

Nach ihrem Plane sollten die bestehenden Steuern allmählich durch eine neue, auch den Adel und Klerus umfassende und auf einer Landesvermessung (Kataster) beruhende BeSteuerungsweise verdrängt werden; die Abstellung der Frohnden und Loskaufung der Feudallaften, die Aufhebung der Zünfte, Innungen und Binnenzölle und die Einführung von gleichem Maaß und Gewicht sollte die Hebung des Bürger- und Bauernstandes befördern; Toleranz gegen die Proteftanten, Beschränkung der Klöster, Verbesserung des Unterrichtswesens und Freigebung der Presse sollte eine zeitgemäße Volksaufklärung begründen und die falsche Aufklärerei verdrängen; Verminderung oder Abstellung der Haftbriefe, deren über 1000 jährlich ausgegeben wurden, sollte der Beamtenwillkür steuern und Vertrauen zu der Regierung wecken; durch Beschränkung des Mißbrauchs bei den Pensionen, durch Berminderung des Zinsfußes der Staatsschuld und durch Sparsamkeit sollte Ordnung in die zerrütteten Finanzen eingeführt werden. Ein allgemeines Gesetzbuch sollte den Schlußstein bilden. Der Kriegsminister St. Germain, ein durch ein wechselvolles Leben vielgeprüfter Greis, wollte die Käuflichkeit der Officiersstellen und den Vorrang der königlichen Garden vor den übrigen Heerabtheilungen abschaffen.

Diese Vorschläge fanden so heftige Gegner theils an dem Adel und Hof, mit Ausnahme des Königs, theils an den Parlamenten, besonders aber an der Geistlichfeit (welche den ihren Jahreseinkünften drohenden Sturm durch eine freiwillige Abgabe [don gratuit] abzuwenden suchte), daß sich die Minister zur Niederlegung ihrer Stellen gezwungen sahen.

1785.

1776.

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§. 707. c) Mißliche Finanzlage. Nicht besser erging es dem Genfer Ministes Banquier Necker, der nach Türgot die Verwaltung der Finanzen übernahm. Hatte Neder er schon als Bürgerlicher und Protestant eine schwierige Stellung, so machten ihn die 1777-81, Mittel, die er zur Herstellung des zerrütteten Staatshaushaltes in Anwendung brachte

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