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Juni

mit dem Statthalter hielten, und die andern, wo die patriotische Partei und die Bürgermilizen das Uebergewicht hatten, einander feindlich gegenüber. Selbst in den nördlichen Provinzen, die sonst für oranisch galten, zeigten sich revolutionäre Regungen. An mehreren Orten hatte der Pöbel bereits Plünderungen und Exceffe begangen, zwischen Bürgern und Soldaten war es zu blutigen Auftritten gekommen, als die Erbstatthalterin, eine kraftvolle, entschlossene Frau, von Geldern 1787. aus, wo sich der Hof damals aufhielt, eine Reise nach dem Haag unternahm, aber an der Grenze angehalten und von den Bürgermilizen zur Umkehr genöthigt wurde. Dieser Vorfall, der von der Prinzessin und dem englischen Gesandten als eine schwere Verletzung gegen die rechtmäßige Obrigkeit dargestellt wurde, schien dem König Friedrich Wilhelm II., dem Bruder der Erbstatthalterin, die königliche und ritterliche Pflicht aufzulegen, die beleidigte Schwester zu beschützen. Er ließ eine ansehnliche Armee unter dem Herzog von Braunschweig in Holland einrücken, um den Prinzen wieder in seine Würde einzusetzen. Umsonst wandten sich die Patrioten, überrascht und außer Stand, mit ihren ungeübten Bürgertruppen den Preußen zu widerstehen, an Frankreich; die zunehmende Geldnoth gestattete diesem Reiche keine Einmischung in fremde Angelegenheiten; so wurden Utrecht und Amsterdam mit leichter Mühe besetzt und die Verfassung wieder in früherer Weise hergestellt. Großmüthig verzichtete der König auf die Rückerstattung der Kriegskosten; doch war der enge Bund Preußens mit England und Holland ein genügender Ersatz. Der schnelle und leichte Sieg erfüllte das preußische Militär und namentlich die adeligen Anführer mit allzugroßem Selbstvertrauen, mit Ueber= muth und mit Verachtung des Bürgerstandes.

Sert.

1787.

August

12. pril 1782.

§. 678. Gibraltar. Friedensschlüsse. Mit besserm Erfolg kämpften Spanien und Frankreich gegen England. Eine französisch-spanische 1781. Flotte eroberte die Insel Minorka, die 80 Jahre lang gleich Gibraltar im Besige der Engländer gewesen, und nur vorübergehend im Anfange des siebenjährigen Krieges in die Hände der Franzosen gerathen war (§. 669). Dieser glückliche Erfolg füllte die Verbündeten mit der Hoffnung, sich auch Iamaika's und Gibraltars zu bemächtigen. Um das erstere zu bewirken, wollte sich der französische Admiral de Grasse mit der spanischen Flotte verbinden, wurde aber von Rodney bei Dominica plößlich mit solchem Erfolg angegriffen, daß seine Flotte durchbrochen ward und er selbst mit dem Admiralschiffe in die Gewalt der Engländer gerieth. Mit desto größerer Zuversicht hoffte man Gibraltar einzunehmen, das schon seit 1779 von der Landseite blokirt war, und das man nun auch zu Wasser mit der größten Anstrengung Nov. vermittelst der sogenannten schwimmenden Batterien angriff. Diese von dem französischen Ingenieur d'Arçon gemachte Erfindung bestand darin, daß eine Anzahl entmasteter Schiffe mit einem elastischen schrägen Dache von nassen Häuten bedeckt wurden, an denen, wie man hoffte, die feindlichen Kugeln abprallen würden, so daß man sich der Festung ohne Gefahr nähern könnte. Aber diese mit den ungeheuersten Kosten ausgeführte Unternehmung erwies sich bald als nichtig. Die schwimmenden Batterien mit ihren Dächern von Häuten wurden durch glühende Kugeln in Brand gesezt und zerstört. Der Angriff scheiterte und die Vereitelung einer Belagerung, auf welche die Blicke von ganz Europa gerichtet waren, bedeckte den englischen Commandanten Elliot und seine, meist hannöverschen, Truppen mit ewigem Ruhme.

Nov.

1783.

Bald nach dem gescheiterten Angriff auf Gibraltar wurde, weil Spanien und Frankreich die Friedensunterhandlungen in die Länge zogen, zwischen den amerikanischen Freistaaten und dem englischen Ministerium ein vorläufiger Vertrag (Provi= 1782. sional-Artikel) abgeschlossen, wodurch die junge Republik nicht allein die Aner= kennung ihrer Unabhängigkeit, sondern auch vortheilhaftere Grenzen und Antheil an der Fischerei in Neu-Foundland erhielt. Dieser lettere Punkt wurde in den zu Versailles abgeschlossenen Präliminarien auch Frankreich zugestanden, das überdies 20. Jan. noch die Insel Tabago bekam und in Ostindien und Afrika die verlorenen Besitzungen wieder erlangte. Spanien gab seine Ansprüche auf Gibraltar gegen die Zurückgabe von Florida und Minorka auf. In England erregte der Abschluß dieser Präliminarien bei Volk und Parlament solche Unzufriedenheit, daß die Minister abtreten mußten und ein sogenanntes Coalitions-Ministerium, bestehend aus den Häuptern der einander widerstrebenden Parteien, North und Fox, an ihre Stelle trat. Allein 20. Decbr. auch diese hielten die Bestätigung der Friedensartikel für durchaus rathsam, da die Schuldenlast Englands während des Krieges unermeßlich gestiegen war.

2.

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1782

1783.

1783.

So hatte Amerika seine Freiheit erstritten und Washington konnte seine Ober- Decbr. befehlshaberstelle in die Hände des Congresses zurückgeben und sich, ein zweiter Cincinnatus, auf sein Landgut Mount Vernon in Virginien begeben. Aber noch viele innere Stürme waren zu bestehen, ehe Amerika zu der Verfassung gelangte, die es heutzutage genießt. Erst im Jahr 1788 vereinigten sich alle Staaten dahin, daß die gefeßgebende Gewalt und die oberste Bundesregierung einem Congreffe und einem alle vier Jahre neuzuwählenden verantwortlichen Präsidenten zustehen sollte. Jener zerfällt in den Senat, in den jeder der 30 dermaligen Staaten zwei Abgeordnete sendet und worin der Bundes-Vicepräsident den Vorsiß führt, und in das Haus der Repräsentanten, die alle zwei Jahre von sämmtlichen Bürgern der Föderativ-Republik aufs Neue gewählt werden, so daß auf je 70,000 Einwohner ein Abgeordneter kommt. Das Wahlrecht ist durch keinen Census bedingt und die Bresse frei. Die richterliche Gewalt liegt in höchster Instanz in den Händen eines obersten Bundesgerichts, das aus einem Oberrichter und acht Beisigern besteht, über Staatsprozesse und Bundesangelegenheiten entscheidet und zugleich als Appellationsgericht dient. Unter ihm bestehen noch 35 Bezirksgerichte, in jedem Staat eins oder mehrere, mit Geschwornen, und sogenannte umgehende Gerichte, ebenfalls mit Geschwornen. Die richterliche Gewalt ist getrennt von der Administration und überall herrscht vollkommene Religions= freiheit ohne Staatskirche. Jeder einzelne Staat hat eine freie selbständige Regierung zur Leitung seiner innern Angelegenheiten nebst einem Landtag. Dem Congreß steht das Recht der Gesetzgebung, Besteuerung, Zoll- und Handelsbestimmungen, Kriegserklärung u. A. zu; der Präsident, der ein Jahrgehalt von 25,000 Dollars bezieht, ist Oberbefehlshaber der Land- und Seemacht, ernennt alle Beamten, vollzieht die Beschlüsse des Senats und Repräsen= tantenhauses, schickt und empfängt Gesandte, schließt Verträge u. dgl. m. Acht Jahre lang (bis 1797) bekleidete der würdige Washington diesen Ehrenposten, zu dem ihn die allgemeine Anerkennung seiner Mitbürger zuerst berief. Franklin starb 1790 als 84jähriger Greis allgemein betrauert. Er war ein praktisch-kluger Mann ohne Ideale, dem in seinem Thun und Handeln wie in seiner schriftstellerischen Thätigkeit immer etwas von dem Kleinlichen und Sachlichen seines ersten Gewerbes anHlebte. In seinem ,,Kalender des armen Richard" erscheint er als eine jener Naturen, die da meinen, der Mensch lebe vom Brod allein. Trotz vieler Vorzüge und guter Eigenschaften kann er darum keineswegs als Vertreter dessen gelten, was die menschliche Natur in Großen bedarf und was sie zu erreichen wohl hoffen mag.

1706-50.

Emanuel

III. Die Reformationsversuche der Regenten und Minister.

1. Westen und Süden.

§. 679. a) Portugal unter Pombal. Unter König Peter II. (§. 606) und seinen kraftlosen Nachfolgern schritt Portugal rasch seinem gänzlichen Verfall entgegen. Die Colonien kamen an fremde Besizer, Handel und Schifffahrt geriethen in Stocken, die innere Industrie erlahmte, namentlich seitdem durch den sogenannten 1703. Methvenvertrag, der den englischen Wollenwaaren freie Einfuhr in Portugal gewährte, die Handelsherrschaft der Briten im Lande begründet und das einst so regsame Volk ganz von England abhängig wurde. Der dem Klerus blind ergebene Johann Johann V. verwendete die Einkünfte des Staats auf den Bau von Kirchen und Klöstern (das mit dem königlichen Schloffe verbundene Franciscanerkloster Mafra kostete allein 45 Millionen Gulden!) und überließ die Regierung der Geistlichkeit. Dafür ertheilte ihm der Papst den Titel des Allergetreusten, aber das Land seufzte unter der Uebermacht der Mönche. Diesem elenden Zustande suchte der aufgeklärte, mit einer despotischen Herrschernatur begabte Pombal, der allmächtige Jofeph I. Minister des sinnlichen, feigen und furchtsamen Königs Joseph I. Emanuel, 1750-77. gründlich zu steuern; und da er die Jesuiten als die Haupturheber des Elends ansah und jede Reform Gefahr lief, an ihrem Widerstande zu scheitern, so richtete er zuerst seine Angriffe gegen die reiche und mächtige Gesellschaft Jesu. Ein Länderstreit in Südamerika, wo der Orden in Paraguay ein eigenes, allen Fremden unzugängliches Reich mit patriarchalischer Verfassung gegründet hatte, gab die willkommene Veranlassung zu den ersten feindseligen Schritten. Aber erst als ein mysteriöser Mordversuch gegen den König durch die den Jesuiten ergebene Adelsfamilie Tavora von den Eingebungen des rachsüchtigen Ordens ausgegangen zu sein schien, wurde der allgemeine Unwille zu ihrer Verweisung benugt. Mit großer Härte ließ man die bejahrten Väter gewaltsam auf Schiffe bringen und nach dem Kirchenstaat abführen. Der als Heiliger verehrte Pater Malagrida starb, durch die von Pombal zuerst mißbrauchte, dann geschwächte Inquisition als Keger verdammt, in den Flammen. Durch Aufklärungsschriften, durch Verbesserung der Volksschulen und des höhern Unterrichtswesens, durch Herbeiziehung fremder Lehrer und Buchdrucker, durch Gründung einer Akademie u. dgl. m. hoffte man die Rückkehr der geistlichen Macht auf immer zu hindern. Alle vom König Johann der Kirche verliehenen Güter wurden der Krone zugestellt. Minderung der Feiertage und Beschränkung der Papstgewalt sollte eine neue Zeit in Portugal begründen.

1758.

1759.

Die Verweisung der Jesuiten wurde zwei Jahre lang vorbereitet. Zuerst suchten mehrere Werke die Entartung und Verweltlichung des Jesuiten - Ordens, der sich mit Wucher und Sklavenhandel abgab und in Ost- und Westindien große Handelsunternehmungen betrieb, der Welt kund zu machen und trafen mit den gleichzeitigen Bestrebungen der französischen Aufklärungsliteratur, deren Ansichten auch Pombal huldigte, zusammen. Dann verwies man sie vom Hofe, wo sie bisher alle Beichtstühle gefüllt hatten, und untersagte ihnen, unter dem Vorgeben, fie wiegelten das Volk gegen die Minister auf, alles Predigen und Beichtehören. Während des nach dem erwähnten Mordversuch gegen sie eingeleiteten Prozesses wurden sie mit großer Härte behandelt, ihre Güter und Einkünfte eingezogen, ihre Unterrichtsanstalten geschlossen.

Mit demselben Ernst suchte Pombal auch die mangelhaften Zustände der Staatsverwaltung, der Landwirthschaft, des Kriegswesens und der Rechtspflege zu Rorbr. bessern. Als in Lissabon durch ein schreckliches Erdbeben 30,000 Häuser zerstört wurden und Verzweiflung und Verbrechen alle Bande zu lösen drohten, war er un

1755.

ermüdlich bedacht, die Wunden zu heilen. Durch strenge Justiz wehrte er den Dieben und Uebelthätern, durch Oeffnen der königlichen Kornspeicher und durch Herbeischaffung fremden Getreides steuerte er der Noth und durch Wiederherstellung der Was= serleitungen sorgte er für die nächsten Bedürfnisse. Bei dem Wiederaufbau der Stadt bestand er auf breiten Straßen und zweckmäßigen, ansehnlichen Wohnhäusern, damit das Volk an Reinlichkeit gewöhnt würde, und verschönerte Lissabon durch prachtvolle, gemeinnüßige Gebäude, wie Börse, Kaufhaus, Arsenal. Als im siebenjährigen Krieg das mit England verbündete Portugal von Spanien bedroht wurde und der erbärm= liche Zustand des Heerwesens zum Vorschein kam, berief Pombal den als Feldherrn berühmten Grafen Wilhelm von Lippe-Schaumburg und brachte mit deffen Hülfe die portugiesische Armee bald auf einen solchen Fuß, daß sie hinter an= dern Nationen nicht zurückstand. Dabei war die Staatskasse stets gefüllt, weil er viele unnüße Hofschranzen entfernte. Auch dem Ackerbau und der Industrie widmete Bombal seine Sorge, um Wohlstand, Thätigkeit und Selbständigkeit in der Nation zu erzeugen, aber in Allem bewies er neben der hohen Kühnheit eines unternehmenden Reformators die Härte und Willkür eines Despoten. Alle Kerker waren mit Geist= lichen und Edelleuten angefüllt und furchtbare Stimmen erhoben sich gegen ihn, als tiese nach Josephs Tod unter der Regierung seiner schwachen und abergläubischen Tochter Maria zu Hunderten ihren Gefängnissen, die bisher ihre Gräber gewesen, 1816. entstiegen und um Rache schrieen. Pombal zog sich zurück und vertheidigte seine Verwaltung in einer energischen Schrift; aber durch diese reizte er seine Feinde so sehr, daß er als achtzigjähriger Greis noch vor Gericht gestellt und dann aus der Nähe der königlichen Residenz verwiesen wurde. In Kurzem gingen alle seine Neue= rungen unter; Priester und Mönche herrschten wieder am Hof; Aberglaube, Unreinlichkeit und Unwissenheit kehrten wieder bei dem Volke ein und die Nation sank zurück in den traurigen Zustand, aus dem sie Pombals kräftige Hand zu reißen gesucht. Maria verfiel zuletzt in Wahnsinn, so daß ihr Sohn Johann VI. die Regent= shaft übernehmen mußte. Erst nach ihrem Tode führte er den Königstitel.

1777.

Maria

1792.

feit 1816.

in Gra

§. 680. b) Spanien und Neapel unter Karl III. und seinen Mi= Karl III. nistern. Karl III., ein aufgeklärter, der französischen Philosophie huldigender Fürst, nien 1759 suchte zuerst als König von Neapel (seit 1735) durch den geschickten und frei= −1788. finnigen Staatsmann Tanucci, dann als König von Spanien durch gleichgesinnte Minister, wie Aranda, Grimaldi, Squilaci u. A., die Zustände in Kirche und Staat auf eine die Volksbildung und den Nationalwohlstand fördernde Weise zu reformiren. Da aber der Jesuitenorden allen ihren Bestrebungen Hindernisse in den Weg legte, so ahmten die bourbonischen Höfe Pombals Beispiel nach. In Frankreich hatte ein vor dem Pariser Parlament gegen die Jesuiten geführter ärgerlicher Prozeß wegen Handelssachen die schlaffe Moral und die verderblichen Grundsäge des Ordens von Neuem ans Licht gebracht und die ungünstige Stimmung gegen die Gesellschaft Iesu so gesteigert, daß, als der Ordensgeneral durch den bekannten Ausspruch sint ut sunt aut non sint jede Abänderung ihrer Statuten verweigerte, der Minister Choiseul den König bewog, das Bestehen des Jesuitens ordens als unvereinbar mit dem Staatswohl zu erklären und ihre Collegien schließen. zu lassen. Dies ermuthigte den spanischen Minister Aranda zu einem kühnen Gewalt= streich. Nach einem angeblich von den Jesuiten bewirkten Aufstand gegen die Finanzmaßregeln der Regierung in Madrid, ließ er in Einer Nacht an 5000 Glieder des Ordens in allen Provinzen des Reichs verhaften, ohne Unterschied des Alters oder Ranges zu Schiffe bringen und gleich Verbrechern nach dem Kirchenstaate abführen. Ihre Güter wurden eingezogen, ihre Anstalten geschlossen. Aehnliche Gewaltschritte geschahen in den spanischen und portugiesischen Löchterstaaten Amerika's, ferner in Neapel, wo Tanucci unter Karls III. minderjährigem Sohne, Ferdinand IV.,

1764.

31. März

1767. Nov.

177

serdis

and vi

v. Reapel

1759

1825.

das Reich fast unumschränkt verwaltete, und in Parma, wo der Papst durch eine heftige Bulle den bourbonschen Herzog und seinen französischen Minister von kirchlichen Neuerungen abhalten wollte.

Tanucci's kirchliche Reformen waren für Neapel sehr wohlthätig. In diesem von den Päpsten als Lehn behandelten Reiche hatte die Kirche und der Klerus so sehr das Uebergewicht, daß die weltliche Regierung ganz machtlos war. 112,000 Geistliche waren nicht nur für sich und ihre Güter von den Landesgesetzen befreit, sondern schützten auch alle, die in ihren Bezirken ein Asyl suchten; der Papst betrachtete die geistlichen Stellen als sein Eigenthum und bezog die Einkünfte während deren Erledigung. Tanucci hob dieses päpstliche Recht auf, verlieh dem Thron und der weltlichen Regierung höhere Gewalt, minderte die Privilegien und die Zahl des Klerus und säcularisirte eine Menge überflüssiger Klöster zum Vortheil der Staatskasse. In Amerika war die Ausweisung der Väter in Beziehung auf die Indianer ein schweres Uebel. „Am Marannon, in den öftlichen Ebenen des heutigen Ecuador verkamen, in Californien verschwanden die aufblühenden Missionen der Jesuiten; am Paraguay erfolgte Zerrüttung und Verwilderung nach ihrem Abgange; den Eingebornen ging ihr gewohnter Unterricht, der Sporn ihrer Thätigkeit, die Zucht der Sitte verloren; die Indianerschulen auch in den Städten verfielen." So nachtheilig aber die Unterdrückung der Jesuiten für die Indianer, die keiner andern Zucht fähig waren, erscheinen muß: so segensreich war dieselbe für die Fortbildung und Hebung der Weißen, die jetzt erst anfingen, sich den Studien zu widmen und sich an dem geistigen Leben Europa's zu betheiligen.

Aranda's Reformthätigkeit erstreckte sich über alle Einrichtungen in Kirche und Staat. Er beschränkte die furchtbare Inquisition und ihre Keßergerichte; er minderte die Gewalt der päpstlichen Curie, er machte das Unterrichtswesen unabhängig von der Geistlichkeit; er sorgte für gemeinnüßige Anstalten und für eine geordnete Verwaltung; er übertrug seinem Freund Olavides die Colonisirung der öden, unbebauten Sierra Morena. Als aber die Geistlichkeit über den alternden 1773. Karl III. wieder Einfluß gewann, wurde Aranda von den Geschäften entfernt. Er begab sich nach Paris, sein Freund Olavides aber wurde von der wieder zur Macht gelangten Inquisition vorgeladen, weil er Protestanten aus Deutschland und der Schweiz in der neuen Colonie (La Carolina) angesiedelt hatte, und mußte mehrere Jahre im Kerker schmachten, bis es ihm glückte nach Genf zu entkommen, wo er seine freigeistigen Ansichten allmählich ablegte und sich dadurch wieder die Erlaubniß zur Rückkehr in die Heimath erwarb. Eine ähnliche Sinnesänderung beurkundete auch ein anderer spanischer Minister Florida Blanca, der unter der Regierung Karl IV. Karls IV. als Mäcenas gepriesen ward, weil er Wissenschaft und Gelehrte begün1808. ftigte, Künste hob und die Hauptstadt verschönerte.

1788

rich IV.

2. Der Norden Europa's.

§. 681. a) Dänemark. Struensee. Durch die Verfassungsänderung vom Jahr 1660 (§. 589) war die dänische Königsmacht unumschränkt (absolut) gewor= den und durch die Eigenschaften der Herrscher ward der Zustand des Landes bedingt. Fried Friedrich IV. (§. 640) ahmte die Pracht des französischen Hofes nach, war aber 1700-80. dabei doch ein guter Staatswirth, so daß er ein wohlhabendes Land und eine gebris, füllte Staatskasse hinterließ. Sein Nachfolger Christian VI. war ein äußerst 1730-46. frommer, auf Gottesdienst und kirchliche Zucht haltender Monarch; aber über dem Streben, seinen Unterthanen dieselbe fromme Gesinnung einzuflößen, vernachlässigte er den Staatshaushalt so, daß sein Reich in Schulden gerieth. Der Bau des prächtigen Residenzschlosses in Copenhagen und eines andern stattlichen Schlosses auf dem

ftian VI.

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