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andere in Frankreich herrschende Mißstände stark gerügt und das Fehlerhafte in der Regierungsweise aller Staaten des europäischen Festlandes hervorgehoben, Religion und Kirche dagegen mehr geschont als in den persischen Briefen. Montesquieu bildet den Gegensatz zu dem Marquis d'Argenson, der zwar auch die Monarchie durch demokratische Institutionen erneuert und verstärkt und den Adel und die Geistlichkeit zur Steuerpflicht beigezogen wissen will, aber indem er. sich gegen die allgemeinen Reichsstände und für die Beschränkung oder Aufbebung aller Corporationsrechte ausspricht, sucht er die Unabhängigkeit der Königsgewalt aufs Neue zu befestigen.

Rousseau. Den größten Einfluß auf die Umgestaltung der Ansichten und Meinungen seiner Zeit hatte Jean Jacques Rousseau. Er war in Genf geboren und zu dem Gewerbe seines Vaters, eines Uhrmachers, bestimmt, entfloh aber der Strenge seines Lehrmeisters und führte von dem an ein vielbewegtes, erfahrungsreiches Leben, bald in Savoyen und Oberitalien, bald in Paris oder in der ländlichen Stille von Montmorenci, bald als verfolgter Flüchtling auf der Petersinsel im Bieler-See, im Neuenburger Kanton unter dem Schutze Friedrichs II., in England bei dem Geschichtschreiber Hume, bis er, gedrückt von Schwermuth und Lebensüberdruß, plötzlich auf dem Gute eines seiner Verehrer unweit Paris starb. Er selbst hat alle Umstände seines äußern und innern Lebens in seinen Bekenntnissen mit seltener Offenheit und Aufrichtigkeit der Welt dargelegt, eine Lebensgeschichte, die um so wichtiger ist, als sich die Richtung seiner Ansichten daraus erklären läßt. Frühe seiner Mutter beraubt, erhielt er eine mangelhafte Erziehung. Er las mit seinem Vater eine Menge von Romanen ohne alle Auswahl, wodurch sein Gefühl überreizt, seine Phantasie mit unwahren und idealen Gebilden angefüllt wurde, indeß sein Geist ohne gediegene Kenntnisse und echte Belehrung blieb. Durch seine Geburt und Erziehung war er an Einfachheit, an bürgerliche Zucht gewöhnt und blieb daher sein Leben lang ein Feind des Luxus und der Ungleichheit der Güter. Auf seinen Wanderungen saḥ er den Druck der Armuth, die Mißhandlung der dienenden und arbeitenden Klasse durch die Reichen und Vornehmen, und sein Gemüth empörte sich über diese Ungerechtigkeit. Die bürgerlichen Zustände mit ihrer Standesverschiedenheit und den großen Unterschieden des Ranges und Vermögens kamen ihm verkehrt und unnatürlich vor; er fand die Ursache dieser Gebrechen in der gesteigerten Civilisation und stellte daher in seinen zwei ersten Schriften die Künste und Wissenschaften als die verderblichsten Güter der Menschheit dar. Ein eingebildeter Naturzustand wurde von ihm als die Heimath der Freiheit und der Unschuld gepriesen und nur in dem Rückgange zu diesem und in der Abschüttelung aller Fesseln, die Bildung, Erziehung und Gewohnheit geschlungen, sah er das Heil der Welt. In einem andern Buche, dessen Grundsätze auf den Gang der franzöfifchen Revolution vom größten Einflusse waren, in dem Gesellschaftsvertrag (contrat social) stellte er die Gleichheit aller Menschen als Bedingung jedes Staats dar und findet nicht wie der von ihm bekämpfte Montesquieu in einer constitutionellen Berfassung, sondern in der völligen Demokratie mit gesetzgebenden Volksversammlungen die würdigste Staatsform und in dem leiblichen Wohlbefinden des Volks den höchsten Zweck des Staats. Wie Rousseau hierin die bestehenden Regierungsformen erschütterte, so in seinen berühmtesten Werlen: die neue Heloise und Emil, die Sitten, Gewohnheiten, Lebensweise und Erziehung der damaligen Zeit. In dem erstern schildert er in poetischer Sprache und in der Form eines in Briefen geschriebenen Romans die Vorzüge eines sentimentalen Naturlebens vor den verschrobenen Verhältnissen der Wirklichkeit, und durch das letztere suchte er eine auf Natur und Elternliebe beruhende vernünftige Erziehung zu begründen. Seine Worte sind der Ausdruck eines tiefen innern Gefühls und dringen zum Herzen, weil sie vom Herzen kommen; daher war auch die Wirkung seiner Werke besonders bei den Frauen unbeschreiblich. Ihrem Einfluß ist es zuzuschreiben, daß es in Frankreich wieder Mütter gab, daß wieder Liebe und Häuslichkeit in die Familien einkehrte und daß in den mittlern Ständen Natur, Einfachheit und Sittlichkeit der

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Verschrobenheit, Unsittlichkeit und Uebersättigung der höhern Klassen entgegentrat. Dadurch fühnte Rousseau die Sünde, die er gegen seine eigenen Kinder, welche er ins Findelhaus bringen ließ, begangen. Selbst in der Musik, über die er geistreiche Ideen aufgestellt, ging er auf Natur und Einfachheit zurück. Er bestritt den Satz, daß die Harmonie der einzige Grund der Tonkunst sei, und wies auf die ursprüngliche melodische Kunst hin, „die ganz Natur ist und wie eine zweite Sprache ihren Ausdruck aus den Wandlungen des Gemüths, nicht aus den Regeln des Generalbasses schöpft.“ Daß Rousseau vor dem Kirchenthum und deffen Sazungen wenig Ehrfurcht hatte, geht schon daraus hervor, daß er seinen Glauben zweimal wechselte. Doch trieb er damit nicht wie Voltaire einen leichtfertigen Spott, sondern er lehrte eine Religion des Herzens und Gefühls. Er suchte vom Christenthum das Unwesentliche abzuftreifen, um den Kern zu retten, und ging auch hier wie überall zur Einfachheit, Natur und Vernunft zurück. Aber so sehr auch das Glaubensbekenntniß eines savoyischen Vicars im Emil Rousseau's Achtung vor Religion beurkundete, so zog ihm doch die freie Haltung der herrschenden Kirche gegenüber die Verfolgungen der rechtgläubigen Katholiken und Protestanten zu. Das Buch wurde durch richterlichen Spruch von Henkers Hand verbrannt und er selbst zur Flucht aus Frankreich gezwungen.

Der Holbachische Club und die Encyclopädisten. Eine Anzahl talentvoller Ehriftsteller, die sich häufig bei dem deutschen Baron Holbach in Paris versammelten, gingen, indem fie die negativen Seiten der Lehren Condillacs und Locke's vereinigten und den positiven Inhalt derselben fallen ließen, im zerstörenden Eiser am weitesten. Mehrere Werke, wie z. B. das Natursystem, als dessen Verfasser Holbach selbst galt, und das Buch des Generalpächters Helvetius „vom Geist“ suchten die Ewigkeit der Materie zu beweisen (Materialisten) und Eigenliebe und Selbstsucht als die einzigen Triebfedern menschlicher Thätigkeit darzustellen. In der Verbindung dieses Triebes mit dem öffent lichen Nutzen erblickten sie das Maß der Sittlichkeit und Wahrheit. Die Ideen von Gott, Unsterblichkeit und Freiheit hatten bei ihnen keine Geltung; die ewige, ewig bewegliche Natur war ihnen der Urgrund aller Dinge. Solche Lehren, die alles Höhere zu zerstören brohten, die Tugend und Moral für Thorheit erklärten, die Gemüth und Phantasie tödteten und Befriedigung der Sinnlichkeit als Weisheit priesen, erregten den Unwillen aller Gutgesinnten. Dennoch bewunderte die höhere Gesellschaft, nicht blos in Frankreich, sondern in ganz Europa, den Verstand und leichtfertigen Witz dieser Schriftsteller, las ihre Berke mit Entzücken und nahm ihre Grundsäße an. Eine ähnliche zerstörende Richtung hatten die sogenannten Encyclopädiften, d. h. die Verfasser des von dem geistreichen, leichtfertigen Diderot und dem scharfsinnigen Mathematiker und Philosophen d'Alembert geleiteten encyclopädischen Wörterbuchs, eines Werks, das als Uebersicht alles menschlichen Wissens klar, großartig und frei, aber jedem höhern Streben feindlich, ein Träger sensualistischer Doctrinen war. Die Encyclopädisten brachten die verderbten Sitten der höheren französischen Gesellschaft in ein System epicureischer Philosophie, „in dem die Folgerungen der Lehre von der Abhängigkeit des Geistes von den Sinnen in unverblüffter Nachtheit auf die Spite getrieben wurden, in dem der Zufall der Schöpfer der Welt, der Fatalismus ihr Lenker, der Mensch ein Maschinenwerk war.“

3) Wirkungen.

§. 672. Der Einfluß dieser Männer auf die Denkart von ganz Europa war um so größer, als damals Paris in allen Dingen den Ton angab, als die französische Sprache und Literatur in den höhern Kreisen allein gesprochen und gelesen ward und diese Schriften durch ihre gefällige Form und geistreiche Darstellung allgemeines Interesse erregten. Regenten wie Friedrich II., Gustav III. von Schweden, Karl III. von Spanien, Katharina II. von Rußland, Staatsmänner wie Pombal, Choiseul,

1759.

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Aranda u. A., die einflußreichsten Personen aller Stände und Nationen standen mit den meisten dieser Schriftsteller in persönlichem oder brieflichem Verkehr und bewun= derten ihre Werke. Die nächste Folge war, daß in den meisten Staaten Religionsduldung eingeführt wurde, daß man Aberglauben und Vorurtheile zu vertilgen suchte und daß mehrere Fürsten und Minister kühne Reformen mit dem Bestehenden vornahmen; eine zweite Folge aber war, daß das französische Volk die Ehrfurcht vor dem Heiligen und die Achtung vor dem Herkömmlichen, vor Gesetz und Verfassung verlor und daher bei der Abstellung verjährter Mißbräuche sich nicht in den Schranken des Rechts und der bürgerlichen Ordnung hielt. Der Sieg der Aufklärung führte die Aufhebung des Iesuiten-Ordens herbei. Eine geistliche Corporation, deren ganzes Streben darauf hinausging, die Aufklärung des Volkes zu hindern, dasselbe in der Unmündigkeit zu erhalten und sich allen Reformen und Neuerungen entgegenzustellen, mußte in einer Zeit, wo die ganze gebildete Welt das Gegentheil anstrebte, große Anfechtungen erfahren. Als daher Pombal in Portugal und Aranda in Spanien die Jesuiten-Collegien schließen und die Ordensglieder in den Kirchenstaat bringen ließen (§§. 679. 680) und in Frankreich und bei den übrigen bourbonischen Höfen, ja sogar in Malta ihr Beispiel Nachahmung fand, sah sich endlich Papst Clemens XIV., ein verständiger und gemäßigter Kirchenfürst, bewogen, ,,im Vertrauen auf die Eingebung und den Beistand des heiligen Geistes", die Ge= 1773. sellschaft Jesu aufzuheben und die Jesuiten-Collegien im Kirchenstaate zu schließen. Dies nöthigte auch Maria Theresia, die den Orden lange zu halten, aber dessen Einfluß zu mindern gesucht, in die Aufhebung zu willigen, und auch in Bayern und den übrigen katholischen Ländern Deutschlands vollzog man den päpstlichen Befehl.,,Man verjagt uns wie Hunde," sagte der General des Ordens, Pater Ricci, bei der Aufhebung,,,aber wir werden wiederkommen wie Adler." Nur Friedrich II. hatte den Stolz, den Orden in Schlesien noch eine Weile zu dulden, und Rußland begünstigte denselben in den polnischen Provinzen unter einem eigenen Generalvicar.,,Das Schicksal der Jesuiten wie einst der Tempelherren war nicht unverschuldet, aber wie diese sind sie ohne Urtel und Recht verdammt und viele wohlverdiente Männer mit einem hülflosen Alter belohnt worden." Doch hörte nach der Auflösung des Ordens die Wirksamkeit der einzelnen Glieder nicht auf. Exjesuiten verfolgten das Ziel der Gesellschaft mit ungestörter Beharrlichkeit und widerstrebten, wenn auch anfangs mit wenig Erfolg, so lange dem Zeitgeiste, bis dieser sich änderte und die allgemeine Rückkehr zum Alten auch die Wiederbelebung des Ordens gestattete. Als Gegengewicht gegen das Streben und den Einfluß der Erjefuiten stiftete Adam 1777. Weißhaupt, Professor des kanonischen Rechts in Ingolstadt, in Verbindung mit Knigge, von Zwackh u. A. nach Art des Freimaurerordens eine geheime Verbinbung, Illuminaten genannt, welche die über den Zwiespalt der Confessionen erhabene Aufklärung des Volks und die Vervollkommnung der Menschen zum Zweck hatten. Sie suchten nach Kräften dem Treiben der Exjesuiten und der Thätigkeit der Mönche und Geistlichen entgegen zu wirken, sahen sich aber bald den Verfolgungen der bayerischen und anderer Regierungen ausgesetzt. Auch unter der katholischen Geistlichkeit erhoben sich damals mächtige Stimmen gegen die Uebergriffe des Papstes in die Rechte der Landeskirchen, für zeitgemäße Reformen in dem Kirchensystem und für die Trennung von Rom durch Gründung einer deutschen Nationalkirche. Von diesen Bestrebungen zeugt vor Allem das lateinische Buch des Weihbischofs Hontheim von Trier, der unter dem Namen Justinus Febronius in der 1763 herausgegebenen Schrift,,über den Zustand der Kirche und die gesetzmäßige Gewalt des Papstes" ein dem päpstlich-jesuitischen entgegengesettes System des Kirchenrechts aufstellte. Ein dem sterbenden Greise abgepreßter Widerruf konnte die Wirksamkeit seiner Nachweisungen über die Entstehung der päpstlichen Gewalt nicht |

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1785.

entkräften." Als Folge dieses merkwürdigen Buchs kann der Congreß von Em8 25. Aug. angesehen werden, wo vier Erzbischöfe (Mainz, Trier, Köln und Salzburg), erbittert über die Machtvergrößerung der päpstlichen Botschafter, namentlich der neuerrichteten Nuntiatur in Bayern, auf Kosten der deutschen Metropolitanrechte, in der sogenann= ten Emser Punctation über die Grundlage einer freien Nationalkirche und die Fernhaltung fremder geistlicher Gerichtsbarkeit vom deutschen Boden sich vereinigten. „Die Neigung des Jahrhunderts, die landesherrliche Allgewalt von allen hemmenden Schranken zu befreien, kam jener Reformthätigkeit zu Hülfe. Die Erzbischöfe widerstrebten dem römischen Einflusse, weil sie ihre geistliche Souveränetät ähnlich vom Papste zu emancipiren gedachten, wie die weltliche sich des Kaisers entledigt hatte." Aber theils die Weigerung der übrigen Prälaten, welche die ferne römische Gerichtsbarkeit der nahen erzbischöflichen vorzogen, den Beschlüssen beizutreten, theils die Anhänglichkeit des bayerischen Fürstenhauses an den päpstlichen Stuhl, von dessen Gunst es stets Vortheile über die Landeskirche zu erlangen gewußt, theils die Uneinigkeit zwischen dem Kaiser und den Reichsständen, und endlich die drohenden Bewegungen in Frankreich brachten das Unternehmen um allen Erfolg. Ebenso erging es den Beschlüssen der Synode von Pistoja (1786), wo eine Anzahl toskanischer Prälaten unter der in jeder Hinsicht lobenswerthen Regierung Leopolds auf Beschränkung des päpstlichen Kirchenrechts, auf Abschaffung abergläubischer Ceremonien, auf Verbreitung der H. Schrift und auf Einführung der Landessprache bei dem Gottesdienste drang. In diesen Bestrebungen gab sich noch einmal der Geist des Kostnißer und Baseler Concils kund; der alte Gegensatz der bischöflichen gegen die päpstliche Hierarchie, der das 15. Jahrhundert so heftig aufgeregt, ward hier von Neuem lebendig. Preußen, das aus der erzbischöflichen Bewegung eine engere Verbindung der geist= lichen Fürsten mit Desterreich fürchtete, suchte den Zwist mit Rom zu vermitteln und erlangte für seine Bemühungen die Ernennung des aufgeklärten Karl Theodor v. Dalberg zum Coadjutor von Mainz.

II. Der nordamerikanische Freiheitskampf.

§. 673. Einleitung. Seit den Tagen, wo durch Walther Raleigh unter der jungfräulichen Königin Elisabeth die erste Niederlassung der Engländer in Virginien gegründet ward (1585), bis auf die Zeit, wo der Quäker William Penn in Pennsylvanien Schutz suchte gegen die religiöse Verfolgung Altenglands (1682), waren in Nordamerika viele Ansiedelungen aufgeblüht, so daß in der ersten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts die englischen Colonien aus folgenden 13 Staaten bestanden: 1) Massachusets (mit der Hauptstadt Boston); 2) Connecticut; 3) Rhodeisland; 4) New-Hampshire (mit Concord), diese vier zusammen Neu-England genannt; 5) Neu-Jersey; 6) Maryland; 7) Ren-York (mit Albany); 8) Pennsylvanien (mit Philadelphia); 9) Delaware; 10) Birginien (wo die jetzige Bundesstadt Washington); 11) und 12) Nord- und Süd-Carolina; 13) Georgien. — Jeder dieser Staaten stand unter einem von der englischen Regierung ernannten Statthalter als Stellvertreter des Königs; im Uebrigen regierten sie sich nach eigenen, mehr oder weniger demokratischen Formen und wurden nicht durch das Band einer gemeinschaftlichen Verfassung oder Vertretung zusammengehalten. Die Kriege der europäischen Völker führten gewöhnlich entsprechende Kämpfe in den Colonien nach sich, die das Selbstgefühl der letztern weckten und ihnen die eigenen Kräfte und Bedürfnisse zum Bewußtsein brachten. So wurden sie in den spanischen Erbfolgekrieg gezogen, in Folge dessen die Franzosen im Utrechter Frieden (§. 636) an die englischen

Colonien Acadien (Neu-Schottland und Neu-Braunschweig) abtraten. Da aber bei der Unkenntniß der Gegend die Grenzen nicht genau bestimmt waren, so gingen daraus Streitigkeiten hervor, die zuletzt, als auch die Franzosen Ansprüche auf das Mississippi-Gebiet (Louisiana) geltend machten und an der Virginischen Grenze Forts errichteten, einen Krieg zwischen England und Frankreich herbeiführten, an dem auch später das seit dem Fami 1761. lienvertrag mit Frankreich innig verbündete Spanien Antheil nahm. Dies war um dieselbe Zeit, als Europa durch den siebenjährigen Krieg erschüttert wurde, daher deffen Wechselfälle sich in Ost- und Westindien und in Amerika fühlbar machten. Diesem Krieg 1763. sezte der mit dem Hubertsburger gleichzeitig abgeschlossene Pariser Frieden ein Ende und vermehrte abermals die Macht der Engländer in Nordamerika, indem sie von den Franzosen Canada und von den Spaniern Florida gewannen (§. 669).

§. 674. Veranlassung des Kriegs. Die Erweiterung des Colonialge= 1763. biets im Pariser Frieden hatte England nur mit großer Anstrengung und durch Vergrößerung seiner Schuldenlast erlangt. Die Regierung hielt sich deshalb für berechtigt, den Colonien, die durch die Veränderung der Franzosen am meisten gewon= nen hatten, auch einen Theil der Lasten aufzubürden. Sie belegte daher bald nach dem Kriege mehrere Handels-Artikel mit Eingangszöllen und erschwerte den Schleichhandel mit dem spanischen Westindien. Aber das Selbstgefühl der Colonien war durch den Krieg gewachsen. Die Amerikaner hatten einsehen gelernt, daß es hauptsächlich ihre Kraft und Anstrengung gewesen, die England aus dem Kampje 22. März siegreich hervorgehen ließ, und als daher durch die Einführung der Stempel1765. taxe der Unmuth, der sich schon laut gegen die Zölle ausgesprochen, noch erhöht

wurde, entstand bald eine bedenkliche Aufregung. Die Amerikaner machten geltend, daß ein Parlament, bei dem sie nicht vertreten wären, sie nicht besteuern könnte; daß ihre eignen Abgaben bei ihrer Armuth schon groß genug seien, daß das durch das Parlament repräsentirte englische Volk kein Recht hätte, sie (die Amerikaner) wie rechtlose Unterthanen zu behandeln und mit willkürlichen Steuern zu belasten. Ihre Beschwerden fanden Anklang bei einem großen Theile der englischen Nation und eine starke Opposition, den großen Redner und Staatsmann Will. Pitt (Lord Chatham) an der Spize, bekämpfte im Ober- und Unterhause die Maßregeln der Regierung ge= gen die Colonien. Theils diese Angriffe, mehr aber noch die gleichzeitigen energischen Schritte der Amerikaner, die sich der Stempeltage nicht unterwarfen, die Einführung zollpflichtiger Fabrikate untersagten und in einer musterhaften Adresse an König und Parlament die Rechte der Colonien aufs klarste darlegten, führten einen 1766. Ministerwechsel und die Zurücknahme der Stempeltare herbei. Da man aber durch 1767. eine Ergänzungs-Bill dem Parlament das Besteuerungsrecht der Colonien_ausdrücklich wahrte und im nächsten Jahr auf Thee, Glas, Papier und Malerfarben eine geringe, zur Besoldung der amerikanischen Beamten bestimmte Abgabe legte, so blieb der Geist des Widerspruchs, und die Demonstrationen gegen jede Art von Besteuerung mehrten sich. Die Kaufleute von Boston beschlossen, keinen der zollpflichti= gen Artikel einzulassen, und ihr Beispiel wurde bald von den übrigen Provinzen nachgeahmit, was dem englischen Handel so empfindlich schadete, daß die öffentliche Stimme in England auch die Zurücknahme dieser Besteuerungsbill durchseßte, nachdem bereits der offene Widerstand gegen die Zollbeamten in Boston die Regierung genöthigt hatte, Truppen in diese Stadt zu legen. Der von Puritanern gegründete Staat Massachusets schien den hartnäckigen Sinn seiner Vorfahren am treuesten bewahrt zu haben. Die englische Regierung beharrte indessen auf dem Besteue= rungsrechte, suchte aber dasselbe den Amerikanern so leicht als möglich zu machen. 18. Dec. Allein so sehr war bereits die Erbitterung gegen das Abgabensystem gestiegen, daß in Boston einige als Wilde verkleidete junge Leute drei Schiffsladungen Thee ins Meer warfen, Dies führte mehrere Parlamentsacten herbei, wodurch die Aufregung

1773.

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