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Wißbegierde nie zur bloßen Neugier, sein großer Monarchie - Plan nie zur kahlen Habsucht des Eroberers, und so rastlos thätig er war, so standhaft war er auch in allen seinen Entwürfen.“ Als Mittel der Cultur dienten ihm Reisen, vertrauter Umgang mit Menschen aller Art und eigene Versuche. Durch den Hauptmann Le= fort aus Genf erfuhr der Zaar zuerst, wie die Länder des civilisirten Europa aussähen; dies erzeugte in seinem empfänglichen Gemüthe Liebe zur Ordnung und den Wunsch, einen ähnlichen Zustand in seinen Staaten herbeizuführen. Von dem an ging sein ganzes Streben dahin, das russische Reich aus einem asiatischen, wie es bisher gewesen, in einen europäischen Staat umzuwandeln. Zu dem Zweck beförderte er die Einwanderung ausländischer Handwerker, Seeleute und Offiziere nach Rußland, unbekümmert um den Fremdenhaß seiner Landsleute; dann unternahm er im Gefolge einer Gesandtschaft, an deren Spize Lefort stand, 1697. seine erste Reise über Norddeutschland nach Holland und England, um den Schiffbau zu erlernen. Und damit er dieses Ziel sicherer erreichte, trat er in Saardam (Zaandam) unweit Amsterdam bei einem Zimmermann in Arbeit und verkehrte in England hauptsächlich mit den Schiffleuten auf den Werften. Die Werkstätten der Künstler und Handwerker, die Mühlen, Dämme, Maschinen u. dergl. fesselten die Wißbegierde des jungen Regenten. In England wurde er so von Bewunderung für die Seemacht hingerissen, daß er ausrief: Wäre ich nicht Zaar von Rußland, so möchte ich englischer Admiral sein! Als er das Land verließ, um sich über Wien nach Venedig zu begeben, schickte er eine große Anzahl Seeleute, Wundärzte und Künstler in seine Heimath. Kaum aber war Peter nach Wien gelangt, so nöthigte ihn ein Aufstand 1698. der Strelißen (Strelzi), den die gegen die Neuerung und die Fremdlinge erbitterten Großen hervorgerufen, zur schleunigen Rückkehr. Die Empörung wurde unterdrückt und die Schuldigen mit furchtbarer Härte gezüchtigt. Das Hängen, Nädern, Enthaupten dauerte mehrere Wochen lang; der Zaar legte selbst Hand an. Seine ehrgeizige Schwester Sophie, die bei diesem Aufstand besonders thätig gewesen, schmachtete bis zu ihrem Tod (1704) in einem engen Kerker, der nur durch ein einziges vergittertes Fenster Licht erhielt; und vor diesem ließ er die Häupter der Berschwornen aufstecken, so daß sie nichts als die Reste dieser Unglücklichen vor Augen hatte. Denn trotz seines Strebens, der europäischen Cultur in seinen Staaten Eingang zu verschaffen, und trotz seiner europäischen Tracht, die er auch seinen Unterthanen gebot, blieb Peter doch in Sitte, Denkungsart und Herrscherweise ein Barbar, dem Branntweintrinken ergeben, roh in seinen Begierden und wüthend im Zorn. Dieser Aufstand beförderte seinen Plan, das russische Kriegswesen allmählich durch das europäische zu verdrängen. Er errichtete zwei Garden, schuf aus dem Adel eine Cavallerie und bildete aus den Rekruten, die ihm die Geistlichen und Edelleute liefern mußten, eine Infanterie. Fremde in russische Dienste getretene Offiziere übten die Truppen nach europäischer Weise ein und vervollkommneten seine Artillerie. So tam es, daß er bereits in dem oben erwähnten Türkenkrieg festen Fuß am Asowschen Meer fassen konnte, indem er durch den Carlowißer Frieden (§. 620) der Bforte die mit Hülfe brandenburgischer, österreichischer und holländischer Heerführer eroberte Stadt Asow abtroßte und dann Taganrog anlegen ließ. Wie erstaun= ten die Türken, als plötzlich eine russische Fregatte in den Hafen von Konstantinopel einlief! Der Schwedenkrieg öffnete den Russen bald auch die Ostsee.

1699.

§. 643. Polen. Als der kriegskundige König Johann Sobieski (§. 620) nach vergeblichen Mühen, das polnische Staatswesen zu ordnen und den Troß des Adels zu bändigen, von häuslichen Leiden niedergebeugt, kummervoll ins Grab gestiegen war, erhob sich ein neuer Wahlkampf zwischen den Anhängern eines franzö- 1696. sischen Thronbewerbers und der Partei des Kurfürsten Friedrich August des Starken von Sachsen. Der letztere trug den Sieg davon, weil die durch den Ver

1697

kauf deutscher Aemter und Städte erlangten Geldmittel des sächsischen Bewerbers weiter reichten. Friedrich August, ein durch seine Körperstärke wie durch seine 28. Juni Galanterie und Prachtliebe bekannter Fürst, wurde zum König von Polen ausge= rufen, nachdem er zuvor zum Jubel des römischen Hofes in den Schooß der katholischen Kirche übergetreten war und den machtlosen Thron durch Verzichtung auf seine große protestantische Stellung in Deutschland und auf die Liebe und das Vertrauen eines treuen Volkes erkauft hatte. Der polnische Adel, der allein Staatsbürgerrechte besaß, indeß der Bauer in harter Leibeigenschaft schmachtete und der Bürgerstand sich nicht aus seiner untergeordneten Stellung emporzuarbeiten vermochte, benußte jeden Wahlkampf zur Erweiterung seiner Corporationsrechte und zur Minderung der Königsgewalt durch beschränkende Capitulationen (pacta conventa), bis der Staat die Form einer demokratischen Adelsrepublik erhielt, in welcher das gewählte Oberhaupt nicht viel mehr als der Vollstrecker der Reichstags= beschlüsse war. Parteileidenschaften, Conföderationen, stürmische Berathungen, die den polnischen Reichstag sprichwörtlich gemacht haben, bildeten das politische Leben; die Fortschritte der europäischen Cultur blieben der Nation fremd. Sie verharrte in dem mittelalterlichen Zustande mit strenger Scheidung der Stände, während das übrige Europa einer Auflösung der Standesbegrenzungen und einer Verschmelzung der verschiedenen Volksklassen zustrebte. Der hohe Klerus theilte die Vorrechte des Adels, der niedere die Unwissenheit und den Aberglauben der Leibeigenen, die zahlreiche und schmutzige Judenschaft war im Besize des Kleinhandels und der wenigen Gewerbe. Neun Zehntel der Einwohner waren hörige Bauern, die ohne irgend einen Rechtsschutz der Willkür ihrer Herren preisgegeben waren. Die Frohnden wuchsen bis zu der Höhe von vier Tagen in der Woche, die Brutalität des per sönlichen Verhältnisses übersprang alle Schranken.

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§. 644. Karls XII. Siegeszüge. Nach geschlossenem Bund rückte 1699. Friedrich August mit einem sächsischen Heer an die Grenze von Livland, wo die von Patkul geleitete Ritterschaft geneigt schien, die schwedische Herrschaft abzuschütteln, und bedrohte Riga, indeß die Russen in Esthland einfielen und Narwa belagerten, und Friedrich IV. von Dänemark den Herzog von Holstein - Gottorp mit Krieg überzog. Aber wie erstaunte Europa, als der junge Schwedenkönig plötzlich einen raschen, lebendigen Geist und ein aus, gezeichnetes Kriegstalent entwickelte. Entrüstet über das ungerechte Beginnen 1700. seiner Gegner, seßte er schnell mit seinem tapfern Kriegsheer und einer durch englische und holländische Schiffe vermehrten Flotte nach der Insel Seeland über, schritt alsbald zur Belagerung von Kopenhagen und verbreitete solchen Schrecken unter den Dänen, daß König Friedrich nach wenigen Wochen im 18. Aug. Travendaler Frieden dem Bündniß gegen Schweden entsagte und den Herzog von Holstein zu entschädigen versprach. Die edle Mäßigung, womit Karl jeden eigenen Gewinn verschmähte, steigerte die Bewunderung für den jugendlichen Kriegshelden und die strenge Mannszucht seines Heeres erwarb ihm die Liebe der Völker. Jetzt richtete Karl seine Waffen wider die andern Gegner. Am 30. November schlug er mit 8000 Mann Schweden das zehnmal stärkere Heer der Russen vor Narwa und erbeutete 105 Kanonen und anderes Kriegsgeräth. Die Gefangenen ließ er größtentheils laufen. Dann zog er über Livland, wo die Sachsen seine Ankunft nicht abgewartet hatten,

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nach Kurland, zerstreute ein russisch-sächsisches Heer und bedrohte die Polen mit einem Kriege, wenn sie nicht ihren König abseßen würden. Die polnische „Republik“ erklärte, daß sie Friedrich Augusts Einfall in Livland weder gebilligt noch unterstützt hätte, wies aber die Anmuthung des Schwedenkönigs zurück und bat um Anerkennung ihrer neutralen Haltung. Allein Karl beharrte mit unwandelbarem Starrsinn bei seinem Vorhaben, den Kurfürsten von Sachsen, der indessen seinen Bund mit dem Zaar erneuert hatte, der 1701. polnischen Krone zu berauben. Ohne sich auf Unterhandlungen mit ihm einzulassen, rückte er mit seinen schwedischen Truppen in Polen ein und stand in wenigen Tagen vor Warschau. Zitternd überreichte ihm die Bürger 1702. schaft die Schlüssel der Hauptstadt und bezahlte die aufgelegte Kriegssteuer. Nach dem Siege bei Klissow über das sächsisch - polnische Heer, ein Sieg, der seinem Schwager, dem Herzog von Holstein - Gottorp, das Leben kostete, nahm Karl auch von Krakau Besitz und verfolgte dann seinen Gegner nach Juli. Polnisch - Preußen, alle Vorstellungen seiner Freunde, alle Vermittelungsvorschläge der zwieträchtigen Polen, alle Friedensanträge Friedrich Augusts standhaft zurückweisend. Lublin, Pultusk, Thorn, Elbing und Danzig geriethen im nächsten Jahre in seine Hände, so daß er nunmehr den größten Theil der 1703. Republik in seiner Gewalt hatte und mit mehr Erfolg die Entthronung des Kurfürsten betreiben konnte. Die den Sachsen feindlich gesinnte Partei, den Cardinal Primas an der Spize, erklärte in einer Versammlung zu War 1704. schau den König Friedrich August der Krone verlustig, weil er Polen in einen unheilvollen Krieg verwickelt und gegen die Capitulation sächsische Truppen ins Land gezogen habe. Hierauf wurde in einer von schwedischen Soldaten umstellten Wahlversammlung Karls Schüßling Stanislaus Lesczinski, Woi- 12. Juli wode von Posen, zum König ausgerufen. Den ursprünglichen Plan des Schwedenkönigs, einem der unweit Breslau wohnenden Söhne Johann Sobieski's die väterliche Krone zuzuwenden, hatte Friedrich August durch deren plötzliche Verhaftung und Wegführung nach Leipzig zu vereiteln gewußt. Aber 1705. obschon Stanislaus im nächsten Jahr durch den Bischof von Lemberg gekrönt wurde, so war seine Stellung doch noch keineswegs gesichert, da nicht blos eine sächsische, sondern auch eine russische Partei seiner Erhebung entgegen war und sowohl Peter als Friedrich August große Streitkräfte aufboten, um den Schüßling ihres Feindes zu stürzen. Nur durch das fortdauernde Waffenglück der Schweden konnte daher Stanislaus gehalten werden.

§. 645. Karl XII. in Sachsen. Um die beabsichtigte Verbindung der Russen und Sachsen zu verhindern, zog Karl auf höchst beschwerlichen Märschen nach Galizien und eroberte Lemberg. Dies benutte Friedrich August zu einem raschen Zuge nach Warschau, das auch wirklich in seine Gewalt gerieth und für seinen Abfall gezüchtigt wurde. Als aber Karl eilig der Hauptstadt zu Hülfe zog, mußten die Sachsen wieder weichen, wobei jedoch ihr Feldherr Schulenburg einen so meisterhaften Rückzug veranstaltete, daß sie, ohne von den nacheilenden Schweden Schaden zu leiden, über die

1704.

1706.

Oder entkamen. Nun wandte sich Karl nach Litthauen und Volhynien, wo er, trotz unsäglicher Schwierigkeiten und Beschwerden, welche ihm die späte Jahreszeit, der morastige Boden, die Armuth des Landes und die überlegene Zahl der Feinde bereiteten, die Russen zum Weichen brachte und die Anerkennung seines Königs durchsetzte; und da indessen sein wackerer Feldherr 13. Febr. Rhenskjöld die Sachsen bei Fraustadt aufs Haupt geschlagen, so vereinigte er sich jezt mit dessen Truppen, um seinen Feind Friedrich August im eigenen Lande aufzusuchen. Ohne bei dem Kaiser anzufragen, rückte er über Schlesien in die Lausitz ein und stand in Kurzem in dem Herzen von Sachsen, das troß Karls strenger Mannszucht durch die feindliche Kriegsmacht schrecklich mitgenommen wurde. Die Einwohner des flachen Landes flüchteten sich in die Städte, die Königsfamilie suchte Schuß im Nachbarlande, und wenn gleich August, um sein Land zu retten, in den schimpflichen Frieden von Altran1706. städt willigte, der ihn verpflichtete, für sich und seine Nachkommen der polnischen Krone zu entsagen, sein Bündniß mit dem Zaar aufzulösen, die Söhne Sobieski's in Freiheit zu sehen und den als Peters Geschäftsführer am sächsischen Hofe weilenden Livländer Patkul dem Schwedenkönig auszuliefern 1707. (der ihn eines grausamen Todes auf dem Rade sterben ließ), so blieb die feindliche Kriegsmacht doch ein ganzes Jahr in Sachsen zum großen Schaden des Landes, das neben den Einquartierungen und Kriegssteuern auch noch durch die Verschwendung des Dresdener Hofes schwer zu leiden hatte.

24. Sept.

10. Det.

Friedrich Augusts II. Regierung war für Sachsen ein großes Unglück. Die Bestechung der polnischen Edelleute zur Erlangung der Schattenkrone, die Erhaltung einer königlichen Garde, der verhängnißvolle Krieg und die Prachtliebe des Kurfürsten machten Ausgaben nöthig, die die Kräfte des Landes überstiegen. Während die Stände mit Seufzen die hohen Steuern genehmigten und der verarmte Bauer fast verhungerte, veranstaltete der Kurfürst ein prachtvolles Hoffest nach dem andern und verschwendete ungeheure Summen auf Luftschlösser. Und was kostete erst die Unterhaltung und Versorgung der Mätressen und natürlichen Kinder des galanten Fürsten! Karl XII. bildete einen merkwürdigen Gegensatz zu dem genußsüchtigen und leichtfertigen Kurfürsten. Jener besaß eine vollkommene Soldatennatur, feine Mäßigkeit ging so weit, daß er sich aller geistigen Getränke enthielt und im Felde mit der ge= ringen Kost des Heeres sich begnügte; Sommer und Winter trug er dieselbe unzierliche Kleidung einen langen mit Mesfingknöpfen versehenen Soldatenrod und große Reiterstiefel; auf Märschen und im Kampf unterzog er sich den größten Beschwerden, Entbehrungen und Gefahren; weiblichen Umgang mied er; nur das Kriegsleben mit seinen Gefahren hatte für ihn Reiz; das Getöse der Schlacht, das Pfeifen der Kugeln, das Wiehern der Streitrosse ging ihm über Opern, Hoffeste und Concerte. -Gern wäre damals Ludwig XIV. in seiner Bedrängniß (§. 634) mit dem siegreichen Schwedenkönig in einen Waffenbund getreten; aber Karl XII. haßte die Tyrannei des französischen Königs und seine Gewaltschritte gegen die Huguenotten, er ein eifriger Protestant, der sich gerade um dieselbe Zeit bei dem Kaiser um Erleichterung seiner Glaubensgenossen in Schlesien verwendete und, durch die damalige Weltlage unterstüßt, einige religiöse Zugeständnisse erwirkte.

§. 646. Pultawa. Indeß Karl XII. starrsinnig seinen Entthronungsplan gegen Friedrich August verfolgte, benutte Peter die Abwesenheit der

1708.

schwedischen Streitkräfte, um sich Ingermanland und einen Theil von Livland und Esthland zu unterwerfen und festen Fuß an der Ostsee zu fassen. Er erbaute die Festungen Schlüsselburg und Kronstadt, ließ die morastigen Niederungen an der Newa mit unsäglicher Mühe durch Leibeigene, die auf 200 Meilen zusammengetrieben wurden, austrocknen und legte den Grund zu der neuen Residenz Petersburg. Aus Moskau und andern 1703. Städten mußten Edelleute, Kaufleute und Handwerker mit ihren Familien dahin übersiedeln; auch Ausländer wurden zur Einwanderung aufgemuntert. Bald fuhren holländische Schiffe die Newa hinauf und leiteten directen Vertehr mit Rußland ein. Der Zaar mochte mit einiger Bangigkeit auf seine neue Schöpfung blicken, als Karl XII. von Dresden, wo er seinen bisherigen Gegner mit einem `unerwarteten Besuch überraschte, über Schlesien nach Polen zog, um seine siegreichen Waffen gegen seinen legten und mächtigsten Feind zu fehren. Aber zu Peters Glück wählte Karl nicht die Ostseeländer zum Kriegsschauplaze, sondern beschloß, auf Moskau loszurücken und in das Herz von Rußland zu dringen. Er nahm Grodno und Wilna weg, setzte im Juni über die Berezina und schlug den Weg nach Smolensk ein. Kein russisches Heer bestand vor dem tollkühnen König, der an der Spize seiner tapfern Truppen Flüsse durchwatete und weglose Morastgegenden überschritt. Aber jetzt trat ein Wendepunkt in Karls Leben ein. Statt seinen Feldherrn Löwenhaupt, der mit frischen Truppen und mit Kleidung und Nahrungsmitteln für das ermattete Heer auf dem Wege zu ihm war, abzuwarten und dann mit vereinten Kräften auf Smolensk loszugehen, ließ er sich durch den alten Kosackenhetmann Mazeppa, der sich mit schwedischer Hülfe von Rußlands Oberherrlichkeit frei machen wollte und dem König Hülfstruppen und reichliche Zufuhr versprach, zu einem höchst beschwerlichen Marsch in die von ungeheuern Wäldern und Steppen durchschnittene Ukraine bereden. Dies gab den Russen Gelegenheit, ihre ganze Macht gegen Löwenhaupt zu richten, und so glänzende Proben eines ausgezeichneten Feldherrntalents dieser auch ablegte, so konnte er doch nur nach Aufopferung seiner ganzen Artillerie, alles Gepäcks und aller Vorräthe mit einem geringen Heer den rastlos vorwärts eilenden König erreichen. Auf die herbstlichen Regengüsse, welche Krankheiten erzeugten und die Wege zerstörten, folgte ein äußerst harter Winter; 1708-9. dennoch seßte Karl, allen Vorstellungen zum Troß, seinen Marsch fort, obwohl Mazeppa's Verheißungen sich als unwahr erwiesen und die Kosacken wenig Luft zeigten, sich der russischen Schußherrlichkeit zu entziehen. Mit verblendetem Starrsinn rannte Karl in sein Verderben; viele seiner abgehärteten Solbaten erlagen der Kälte, Tausenden erstarrten Hände und Füße; feindliche Schaaren, die ihnen nachrückten und jede mißliche Lage zu Angriffen benußten, lähmten den Muth, und der Abgang von Lebensmitteln brach auch des Stärksten Kräfte. Endlich schritt Karl zur Belagerung der festen Hauptstadt Bultawa; aber bei dem Mangel an Geschüß konnte wenig ausgerichtet werden. Die Belagerung dauerte mehrere Monate, bis Peter selbst an der Spitze einer

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