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+1693.

foucauld

Einen ähnlichen Charakter tragen auch die,,Briefe der Frau von Sevigné", Frau von Sevigne worin mit unvergleichlicher Leichtigkeit und Anmuth des Ausdrucks sowohl die Be- 1626-96. gebenheiten des Tages erzählt werden als die gesellschaftliche Bildung der Zeit ihre Darstellung findet. Bewundert und viel gelesen sowohl wegen der eleganten Form als der Lebendigkeit der Schilderungen waren die Charakterzeichnungen La-Labruyere brayere's, eines feinen Hofmanns und Lebensphilosophen, dem die Lächerlichkeit als der größte Fehler erscheint, weil sie die Klippe ist, woran der Mensch in der Gesellschaft scheitert, und die durch glänzenden Stil ausgezeichneten,, Grundsäße und Betrachtungen" (maximes et réflexions) von Larochefoucauld, dessen roches Haus den Sammelplaß der größten Geister seiner Zeit bildete. -- Aus diesem Buch er + 1680. fieht man, wie sehr der Egoismus die Haupttriebfeder der höhern Kreise war, denn feine Maximen sind nicht sowohl „Resultate des allgemeinen Denkens als der dama= ligen Sitte." Ein merkwürdiges Denkmal deutscher Gesinnung und deutschen Gemüths sind die Briefe und Denkwürdigkeiten der Elisabethe Charlotte von der Pfalz, zweiten Gemahlin des Herzogs von Örleans. Mitten im Gewühle des Hofes einsam, ohne Liebe für ihren Gemahl, fühlte sie sich mit ihrem Bedürfniß vertrau= licher Mittheilung auf entfernte Verwandte angewiesen, denen sie warme und ausschließende Sympathien widmete.

II. Erste Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts.

1. Süden und Westen Europa's.

a) Der spanische Erbfolgekrieg (1701-1714).

§. 631. Veranlassung. Der Ryswicker Friede (§. 626) ward darum von Frankreich so eilig abgeschlossen, weil Ludwig bei der bevorstehen- 1697. den Erledigung des spanischen Thrones die Hände frei haben wollte. Noch bei Lebzeiten des letzten spanischen Habsburgers, des kinderlosen Karls II., hatten die Seemächte und Frankreich im Haag einen Theilungsvertrag über 1698. dessen Länder abgeschlossen. Dies reizte den Monarchen so sehr, daß er den baverischen Prinzen Joseph Ferdinand, dessen Mutter eine Habsburgerin war, zum Universalerben einsette *). Aber zum Unglück für Europa starb 1699. der siebenjährige Kurprinz noch vor dem Erblasser, was dem französischen Botschafter in Madrid Gelegenheit gab, den schwachen, durch einen zweiten Theilungsvertrag aufs Neue tief beleidigten König zu einem geheimen Testament zu bereden, worin mit Umgehung Desterreichs, das nach früheren Hausverträgen das nächste Anrecht auf den erledigten Thron hatte, der zweite Enkel Ludwigs XIV., der Herzog Philipp von Anjou, zum Erben der ganzen spanischen Monarchie ernannt ward, unter der Bedingung, daß beide Kronen niemals vereinigt werden dürften. Auf diese Weise glaubte man in Spanien eine Theilung des Reiches, welcher Regierung und Volk widerstrebten, zu vermeiden. Auch war der Papst, den der spanische König um seinen Rath angegangen, dem Plan gewogen. Mit dem Beginne des neuen Jahr 1700."

1. Nov.

Leopold I.

1705.

hunderts starb Karl II., und Ludwig XIV., die Ehre und den Vortheil seines Hauses erwägend und von seinen Räthen, seinem Enkel und der Frau von Maintenon (§. 618 b.) bestimmt, entschied sich nach einigem Bedenken in einer Conferenz zu Fontainebleau für die Annahme des Testamentes. „Die Machtvergrößerung von Frankreich, das kirchliche, das dynastische Interesse wirkten zusammen, um den König zu vermögen, daß er über die Verpflichcungen, die er gegen die Seemächte im zweiten Theilungsvertrag eingegangen war, hinwegsah und sich zu der Annahme des Testaments entschloß.“ In einer feierlichen Versammlung wurde Philipp dem Hof von Versailles als König von Spanien vorgestellt.,,Ludwig XIV. suchte noch einmal den Begriff von Macht und Größe, Staat und Religion, der ihm von jeher vorge schwebt hatte, und gleichsam das Resultat der früheren Geschichte war, geltend zu machen.“

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Ludwig XIV. Gem. Maria Theresia. Karl II. Margaretha Ther.

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Gem. Kaiser Leopold.

Marie Antonie Gem. Max Eman. v. Bayern.

Joseph Ferdinand 1699.

Maria
Gem. Ferdinand III.

Leopold I. zweite Gemahlin: Eleonore Magdalena v. Pfalz-Neuburg.

Joseph I. Karl VI.

Dies hatte den heftigsten aller bisherigen Kriege zur Folge. Denn Kaiser Leo1657- peld griff zu den Waffen, um seinem zweiten Sohne Karl das Erbe der Habsbur= ger zu erkämpfen. Das erschöpfte Frankreich, wo junge Minister und unfähige, durch Hofgunst erhobene Feldherren, wie Villeroi, das Ruder führten, wo die Geldbedürfnisse zwangen, nicht blos die Aemter, sondern auch die Offizierstellen zu verkaufen, wo die Religionsbedrückungen den Camisardenkrieg (§. 618 b.) her= vorgerufen, wo die kostspieligen Kriege und die verschwenderische Hofhaltung einen furchtbaren Steuerdruck erzeugt hatten, ging diesmal mit weniger Aussicht auf Er= folg in den Kampf als früher. Savoyen und Portugal, die anfangs auf Seiten Frankreichs standen, traten bald zu Oesterreich und seinen Verbündeten über, so daß nur Max Emanuel, Kurfürst von Bayern (dem Ludwig den Besitz der Niederlande, wo jener Statthalter war, zugesagt und die Rheinpfalz in Aussicht gestellt hatte) und dessen Bruder, der Erzbischof Ioseph Clemens von Köln, Ludwigs Bundesgenossen blieben; auf Desterreichs Seite dagegen standen nicht nur die meisten Fürsten Deutschlands (besonders Brandenburg, dessen Kurfürst Friedrich für diesen Beistand in Bezug auf das Herzogthum Preußen mit der Königswürde geschmückt, und Hannover, für das kurz zuvor eine neunte Kur errichtet worden war), sondern auch die Seemächte England und Holland, dieses aus Furcht vor Frankreichs drohender Uebermacht, wenn Ludwig XIV. audy über die spanischen Besitzungen verfügen, die spanischen mit den französischen Streits kräften vereinigen könnte, jenes nach einigem Zaudern aus Unwillen, daß der fran= zösische König den Prätendenten Jacob (III.) Stuart bei dem Tode seines Vaters als König von England anerkannte und somit der neuen Erbfolgeordnung, welche rie katholische Linie vom englischen Thron ausschloß, entgegentrat (§. 625). Aber

1701.

Spanien empfing den französischen Thronerben mit Jubel und Begeisterung und ergriff die Waffen zum Schuße des bourbonischen Königs Philipp V., eines wahrheitliebenden milden Fürsten von unbescholtenen Sitten, dessen ganze Natur spanisches Gepräge trug und dessen Charakterschwäche und Trübfinn an die Habsburgischen Regenten erinnerte, deren Blut auch in seinen Adern rollte. Erst später gelang es dem österreichischen Thronbewerber, in Catalonien, Aragonien und Balencia sich eine Partei zu schaffen, was aber zunächst nur die Folge hatte, daß die Castilianer sich um so fester an ihn anschlossen. Ihr Haß gegen Aragonien, verbunden mit ihrem Selbstgefühl und den stolzen Erinnerungen an ihre frühere Weltstellung, machte sie zu begeisterten Anhängern Philipps V.

§. 632. Höchstädt. Was diesmal so entschieden das Kriegsglück an Desterreichs und Englands Fahne knüpfte, war, daß die beiden größten FeldHerren der Zeit, Prinz Eugen von Savoyen und der Herzog von Marlborough, die Heere führten. Jener, aus einer dem savoyischen Fürstenhause verwandten, in Frankreich ansässigen Familie entsprossen (§. 610), verließ das Land seiner Geburt, wo dem nach Kriegsruhm strebenden, aber für den geistlichen Stand bestimmten Jüngling von kleiner unscheinbarer Gestalt keine Laufbahn offen stand, um in den österreichischen Heeren dem Drang seiner kriegerischen Natur zu folgen. Sein Feldherrntalent entschied den Türkenkrieg zu Desterreichs Vortheil (§. 620), und welchen Umschwung das kaiserliche Kriegswesen unter seiner Leitung genommen, zeigte sich gleich im Anfang des gegenwärtigen Kriegs. Die Franzosen hatten alle nach Italien führenden Al- 1701—2. penpässe beseyt; aber dem umsichtigen Feldherrn gelang es, mit Hülfe der ergebenen Gebirgsbewohner, auf unwegsamen Pfaden mit unsäglicher Mühe die Höhen zu übersteigen. „Wo seit Menschengedenken kein Karren durchgebracht worden, passirte ein großes Kriegsheer mit seinem Geschütz und Gepäck." Ungarische Reiterei durchstreifte wieder die italienische Ebene. Dieselbe Meisterhaftigkeit bewies Eugen auf dem ganzen Feldzug. Ohne eine Schlacht zu liefern, drängte er den wackern, aber am Hofe wenig beliebten Feldherrn Catinat bis nach Mailand zurück, gewann Mirandola und Modena und nahm Catinats Nachfolger Villeroi, einen Mann von persönlicher Tapferkeit aber ohne militärische Einsicht, in Cremona gefangen. Dadurch gewann Desterreich das Vertrauen der übrigen Mächte; und da bald nachher Marlborough, das Haupt der seit dem Regierungsantritt der Königin Anna das Staatsruder führenden Whigs (§. 622), mit großer Heeresmacht und unumschränkter Gewalt in den spanischen Niederlanden erschien, die von dem bayerischen Statthalter unterstüßten Franzosen zurückdrängte und den unpatriotischen Kurfürsten von Köln durch die Eroberung von Bonn u. a. D. so in die Enge trieb, daß er sich nach Frankreich flüchten mußte, erlangten die Verbündeten bald die Uebermacht über die Feinde, so sehr auch die treffliche Einrichtung des französischen Heerwesens, die Kriegskunst der geübten Truppen und die Einheit und Planmäßigkeit der Bewegungen gegenüber der vielgegliederten Kriegsmacht der andern Mächte sich anfangs noch geltend machte. Der Herzog von Savoyen entsagte dem französischen Bündniß, ungeachtet der Verwandtschaft, in

1703.

der er durch die Vermählung seiner Töchter an den Herzog von Bourgogne und an Philipp von Anjou zu dem Hof von Versailles stand, zog aber das durch schwere Kriegsnoth über sein Land. Vendome, ein geschickter Feldherr, aber gleich dem Marschall von Luxemburg genußsüchtig und sittenlos, eroberte Piemont und die reichen Fluren der Lombardei und gedachte sich mit dem Kurfürsten von Bayern, der nach der Besetzung der Reichsstadt Ulm in Tyrol einfiel, Kufstein erstürmte und über Innsbruck dem Brenner Juni zuzog, zu verbinden; allein der muthige Aufstand der Tyroler, die, erfüllt von Hingebung für Oesterreich, wie von angestammtem Nachbarhaß gegen Bayern, von den wohlbekannten Berghöhen und aus den unzugänglichen Thalschluchten die Feinde mit ihren Büchsen angriffen und durch einen wohlgeleiteten Schaarenkrieg am Vorrücken hinderten, vereitelte den Plan. Nach einem vergeblichen Angriff auf Trient zog Vendome wieder nach Italien, sich durch gräuliche Verwüstung des Etschthales für den Widerstand rächend; eben so mußte auch der Kurfürst, der umsonst gehofft hatte die gefürstete Grafschaft Throl mit seinen übrigen Besitzungen zu vereinigen, nach großen Verlusten das Bergland räumen und zum Marschall Villars, der durch das Kinzigthal an die obere Donau gedrungen und Bayern gegen die Feinde geschützt hatte, zurückkehren. Die Einnahme von Augsburg und Passau, wodurch sich Max Emanuel, ein tapferer, unternehmender Fürst, zu entschädigen hoffte, war die lehte glückliche Waffenthat der Bayern und Franzosen. Als weder die Mahnungen des Kaisers noch die Verwüstung des bayerischen Landes den verblendeten Fürsten von seinem Bunde mit Frankreich abzuziehen 1704. vermochten, er vielmehr im nächsten Jahr seine Truppen mit dem neuen Heer verband, das ihm der Marschall Tallard, ein Mann von untergeordnetem Geiste und Talent, im Auftrag des Königs zuführte, vereinigte sich Eugen mit dem Anführer der Reichsarmee, Ludwig von Baden, und trat in Schwaben den Feinden entgegen. Als Präsident des Wiener Hofkriegsraths konnte Eugen bei allen Unternehmungen seinem eigenen Geiste folgen und Niemand überfah damals so klar die Lage der Dinge als er. „Mit jenem Talente ausgerüstet, welches das Allgemeine und Große fest im Auge behält, und dabei das Kleinste nicht übersieht, und mit der Autorität, die auf Erfahrung und Einsicht gegründet, sich jeden Augenblick geltend macht, entwarf er den Feldzug und Schlachtplan." Bald schloß sich Marlborough nach einem meisterhaften Zuge am Rhein und der Mosel (wo er seine Absicht nicht nur vor den ihn verfolgenden Franzosen, sondern sogar vor seinen eigenen holländischen und englischen Truppen zu verbergen wußte) den beiden andern an; worauf Eugen und Marlborough den alten bedächtigen Markgrafen Ludwig zur Belagerung 13. Aug. von Ingolstadt abschickten und dann in der Schlacht bei Höchstädt (oder wie die Engländer sie nennen, von Blenheim) die französische und bayerische Armee aufs Haupt schlugen. 20,000 Leichen deckten das Schlachtfeld, 15,000 Franzofen, darunter Tallard selbst, geriethen in Gefangenschaft, das ganze Kriegsgeräthe wurde erbeutet; in allen Familien Frankreichs, vornehmen wie gerin

1704.

gen, herrschte Trauer. Der Kurfürst von Bayern mußte den Franzosen über den Rhein folgen und sein Land dem Kaiser preisgeben, dessen Beamte das unglückliche Volk auf barbarische Weise peinigten. Und als endlich der Druck die Bayern zur Empörung trieb und sie die Dränger, die ihren Wohlstand vernichteten und ihre Söhne zur Armee schleppten, erschlugen, rückten österreichische Truppen ein und vermehrten durch Raub und Mord die Leiden des Bolks. Um das bayerische Fürstenhaus für seine undeutsche Gesinnung zu gofevb I. züchtigen, sprach der neue Kaiser Joseph L., der seines Vaters Politik und 1705–11. Gesinnung beibehielt, über Max Emanuel und seinen Bruder, den Kölner 1705. Kurfürsten, die Acht aus und gab dem Pfalzgrafen bei Rhein die Oberpfalz (§. 570) zurück. Den Herzog von Marlborough dagegen erhob er zum Fürsten des Reichs. In den religiösen Kreisen Frankreichs war man verwundert und betroffen, daß sich Gott „für Kezer und Usurpatoren“ erkläre.

Joseph L

§. 633. Spanien. Philipps V. schwache Regierung, auf welche ein ränkevolles Weib, die Gräfin Orsini, Oberhofmeisterin der jungen Königin, den mächtigsten Einfluß übte, führte viele unzufriedene Große unter die Fahne der Gegner. Bald wurde die phrenäische Halbinsel der Schauplaß eines leidenschaftlichen Bürgerkriegs. Die Landschaften des alten Königreichs Aragonien erkannten aus angebornem Nationalhaß gegen Castilien großentheils den österreichischen Thronbewerber (Karl III.) an, als dieser in Catalonien landete und ihre alten Rechte (Fueros) zu beobachten versprach. Barcelona, Valencia und alle bedeutende Städte fielen ihm zu, indeß die englische Flotte den Verkehr mit dem spanischen Amerika störte und das feste Gibraltar eroberte und die Portugiesen Madrid beseßten und den Hof 1704. zur Flucht nach Burgos nöthigten. Aber theils die Unfähigkeit des Erzherzogs, theils der Haß der Spanier gegen dessen Bundesgenossen, die Holländer und Portugiesen, theils die Planlosigkeit der Verbündeten bewirkten, daß die Franzosen in Spanien die Oberhand behielten, während sie in allen andern Ländern unterlagen. Philipps V. Sieg bei Almanza unter dem 25. rif Beistande des französischen Heerführers Berwick (Fiß James), eines natürlichen Sohnes Jacobs II. von England, sicherte ihm die Krone, und Madrid empfing ihn aufs Neue mit Jubel. Ein furchtbares Strafgericht erging nunmehr über die abgefallenen Landschaften. Die schönen Fluren von Valencia wurden verwüstet, die entschlossenen Bewohner, die lieber das Aergste über sich ergehen ließen, als daß sie sich den verhaßten Castilianern unterwarfen, erlitten den Tod in jeglicher Gestalt, und um nicht dem Hohne der Sieger preisgegeben zu werden, zündeten sie, wie einst die Bürger von Sagunt und Numantia, selbst ihre Häuser an und begruben sich unter den Trümmern. Als endlich nach der Eroberung von Saragossa und Lerida der Widerstand gebrochen war und das Richtbeil die kühnsten Häupter gefällt hatte, verloren die drei Landschaften Aragonien, Catalonien und Valencia den letzten Rest ihrer Rechte und wurden fortan nach castilischen Geseßen regiert. Zwar besezten die Verbündeten zwei Jahre später unter Stanhope und Stah

1707.

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