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Bestrebungen und Thorheiten der Parteien in Frankreich, aus der Schwäche des deutschen Reichs und der Unfähigkeit Spaniens gleichsam ein Kapital, das er zu den Zwecken der königlichen Unumschränktheit gebrauchte. Er war ein Absolutist ganz nach Macchiavelli's Sinn, dessen persönliche Leidenschaften sich mit denen für das Staatsinteresse verschmolzen, dem man seine grausame Härte verzieh, weil er dem Staate nach Außen eine nie besessene Macht gab, dessen Bestrebungen, weil sie dem Staate förderlich und in rücksichtsloser Consequenz verfolgt wurden, von stets treuem Glück begleitet waren." Ein schlagfertiges Kriegsheer, strenge, mit Consequenz durchgeführte Geseze gegen Aufruhr, Stärkung des bürgerlichen Elements in den Notablenversammlungen waren Richelieu's Hauptmittel. Einen treuen Verbündeten und flugen Unterhändler besaß er in dem Kapuziner Pater Joseph, dessen strenge Außenseite einen feinen Verstand und diplomatische Gewandtheit verbarg. Auch als Gesetzgeber der französischen Literatur trat Richelieu auf, indem er durch Gründung der aus 40 Mitgliedern bestehenden französischen Akademie einen obersten Gerichtshof des Geschmacks und der Sprache aufzustellen suchte. Aber im Gebiete der freien Wissenschaft war sein despotischer Geist nicht zum Heile. Die Beförderung der modern klassischen Literatur, die Bemühung, die französische Sprache zu correcter Ausbildung zu führen, die Gründung der Wochenschrift: „Gazette de France" hatten alle nur einen und denselben politischen Zweck Erhebung der Monarchie über jeden besondern Willen.

,,Richelieu war wie ein zweiter König im Lande," urtheilt Ranke. „Schon beim Jahre 1629 schildert man ihn, wie die sollicitirende und diensteifrige Menge sein Haus erfüllt, die Thüren seiner Gemächer, wie sie ihn ferner, wenn er etwa in seiner Sänfte herumgetragen wird, mit Ehrfurcht begrüßt, der Eine niederkniet, der Andere ihm eine Bittschrift überreicht, ein Dritter sein Kleid zu küssen sucht; Jeder preist sich glücklich, der sich eines gnädigen Blickes von ihm rühmen kann. Denn die Summe der Geschäfte lag schon damals in seinen Händen; er hatte sich die höchsten Würden, deren ein Unterthan fähig ist, übertragen lassen; aber noch höher stellte ihn, daß er damit den Purpur der Cardinäle verband; der vornehmste Prinz von Geblüt, Condé, ließ ihm den Vorrang. Seitdem war er nun noch um Vieles mächtiger und vor Allem furchtbarer geworden. In tiefer Zurückgezogenheit lebte er in Ruel, in einem vor den Nordwinden einigermaßzen geschützten Park, wo man mitten in dem revolutionären Ruin doch einige Spuren kunstfertiger Menschenhände bemerkt, einige Refte der Wasserkünfte, die aus Italien zuerst hierher verpflanzt worden sein sollen. Wenig zugänglich — die fremden Gesandten mußten etwas Wesentliches vorzutragen haben, wenn sie ihn sprechen wollten war er der eigentliche Mittelpunkt der Staatsgeschäfte. Der König kam oft von St. Germain zum Staatsrath herüber, Fuhr er selber hinüber, so war er von einer Leibwache umgeben, welche auf seinen Namen verpflichtet und von ihm besoldet war; denn auch in dem Hause des Königs wollte er nichts von seinen Feinden zu fürchten haben; eine ganze Anzahl junger Edelleute aus den vornehmsten Häusern, die sich ihm angeschlossen, versahen den persön» lichen Dienst bei ihm; er hatte eine Schule für fie errichtet. Er hatte einen vollständiger besetzten Marstall, glänzendere Dienerschaft, eine kostbarer besorgte Tafel als der König; er wohnte besser. In Paris besaß er den kleinen Luxemburg und baute sich Palais Royal, das damals in großen Schriftzügen die Aufschrift Palais Cardinal trug, so wie das Hotel Nichelieu; er hatte da jene goldene Kapelle, in der alle Kirchengeräthschaften von den kostbarsten Metallen und Edelsteinen zusammengesetzt waren, ferner eine herrliche Sammlung ausgesuchter Kunstwerke, eine Bibliothek und sein eigenes Theater. Eine berühmte italienische Sängerin, Signora Leonora, ließ er nach seinem Landhaus kommen. Für das aufkommende französische Schauspiel hegte er eine Art Leidenschaft; wer ihm da Vergnügen machte, wie die kleine Jacqueline Pascal, dem stand eine Bitte an ihn frei; seinen Freunden selbst hat es oft geschienen, als widme er der Durchsicht der Stücke, die er geben ließ, allzu viel anstrengende Aufmerksamkeit. Unentbehrlich war ihm das Gespräch mit geistvollen und angenehmen

Freunden

der Umgang mit einem von ihnen ist ihm von den Aerzten förmlich als Heilmittel vorgeschrieben worden. So war ihm auch eine natürliche Vorliebe und Hinneigung zur Literatur eigen. Wir werden noch berühren, welche mächtigen, productiven Geister ihn umgaben; mit der Monarchie selbst entsprangen auch die literarischen Tendenzen, welche sie verherrlichen sollten. Die Absicht Richelieu's war zunächst auf die Reinigung der Sprache gerichtet. In seinen zur Bekanntmachung bestimmten Aufsätzen zeigt sich noch das Uebertriebene der bisherigen Schreibweise, der Stil seiner Briefe ist rein und richtig, die Worte sind wohl gewählt und treffend; in dem Wurf der Säße prägt sich der Wechsel seiner Stimmung aus. Bei der Gründung der französischen Akademie war sein vornehmster Gedanke, die französische Sprache von allen Berunstaltungen, die sie durch willkürlichen Gebrauch ihrer Regeln erlitten, zu reinigen, sie aus der Reihe der barbarischen Sprachen für immer zu erheben; sie sollte den Rang einnehmen, wie einst die griechische, dann die lateinische; sie sollte in dieser Reihe die dritte sein.“

1642.

1643.

§. 610. Mazarin und die Fronde. Im Jahr 1642 starb Riche - 4. Decbr. lieu, gehaßt und gefürchtet von König und Volk, aber bewundert von Mitund Nachwelt, die Geißel der Großen und der Unterdrücker aller Bevorrechteten. Eurwig XIII., ein Fürst ohne große Tugenden und Laster, abhängig von Sedem, der sich seine Gunst zu erwerben oder sich ihm furchtbar zu machen wußte, folgte ihm bald nach. Sein letzter Wille übergab die Regierung während 14. Mai feines Sohnes Minderjährigkeit einem Regeutschaftsrathe, worin die Königin Anna von Desterreich, eine Schwester Philipps IV. von Spanien, nur eine untergeordnete Stelle einnahm, und der Italiener Mazarin, der Erbe von Richelieu's Amt und Staatsgrundsägen, lenkendes Haupt war. Aber Anna, die schöne Königin mit dem großen, ausdrucksvollen Auge und dem reichen braunen Haare, die ihr Wohlwollen auf die huldvollste Weise kund gab, und durch weibliche Anmuth, feine Sitte und edle Tugend in den gebildeten, heitern Gesellschaftskreisen glänzte, die sie um sich zu versammeln liebte, war bisher die Stüße und Hoffnung des Adels gewesen; von ihrer Hand erwartete er die verlorene Macht wieder, so wie anderseits die Parlamente auch ihr gebrochnes Ansehen unter der weiblichen Regierung wieder fester zu begründen hofften. Beide waren daher einer Verwaltung feind, die Richelieu's Grundsäge befolgen wollte, und es gelang ohne Mühe einer Partei von Edelleuten, die man die Wichtigen (Importans) nannte und an deren Spitze der junge, dem Königshaus verwandte Herzog von Beaufort stand, das Testament Ludwigs XIII. bei dem Parlamente für nichtig erklären zu lassen und die Regentschaft einzig den Händen der Königin anzuvertrauen. Anna war jedoch nicht Willens, die Schranken der Königsmacht, die Richelieu niedergerissen, wieder aufzurichten. Kaum war sie im Besiße der Regentschaft, so wendete sie dem Cardinal Mazarin, dem lebensklugen, geschmeidigen und ehrgeizigen Diplomaten, der allein in dem Labyrinth der allgemeinen europäischen Geschäfte den leitenden Faden zu besitzen schien, ihr volles Vertrauen zu. Mazarin suchte dieses Vertrauen durch die größte Hingebung an Frankreich zu rechtfertigen. „Das ist ohnehin die Regel, daß Fremde die Interessen des Landes, dem sie sich angeschlossen haben, mit noch größerem Eifer verfechten als selbst die Eingebornen, die ihre Ergebenheit nicht zu beweisen brauchen.“

Krieg der

1648-53.

Nun verbanden sich die getäuschten Edelleute mit dem Parlamente, um des Ministers Entfernung zu bewirken; aber gegenseitiges Mißtrauen lockerte ihren Bund. Es war nicht Freiheitsliebe oder Haß gegen den Despotismus, Fronde was die Gegner des Hofs im Krieg der Fronde zusammenführte — man 'kämpfte nur für die Erhaltung alter Standesrechte. „Es war nichts mehr zu finden von dem raschlodernden Parteifeuer der früheren Zeiten, nichts mehr von den Bewegungen um ein großes geistiges oder staatliches oder auch nur körperschaftliches Interesse. Alles war ein Spiel kleiner Hofränke gegen die Minister." Eigennutz und persönliche Triebfedern bestimmten die Rollen, welche die Handelnden wählten und nach den Umständen wechselten oder unter Truggeweben listig verhüllten; Scherz, Intrigue und galante Verhältnisse übten großen Einfluß auf den Gang der blutigen Ereignisse und die Politik stand nicht selten im Dienste buhlerischer Frauen von freien Sitten; an das Wohl und Wehe des Volks dachte Niemand. Kein Wunder also, daß dieses zuletzt sich von ihnen abwandte und lieber die ganze Macht in den Händen eines einzigen als vieler Despoten sah.

So lange der auswärtige Krieg die Gemüther beschäftigte, ließ man sich den Steuerdruck Mazarins und seines schwelgerischen italienischen Finanzministers Emery gefallen, wenn gleich mit Widerstreben und unter drohenden Reden, „daß man die Schwämme, die sich mit dem Marke des Volkes vollgesogen, ausdrücken müsse“; als aber der westfälische Friede Frankreichs Uebergewicht gesichert, widerseßte sich der Steuerhof und die Oberrechnungskammer des Pariser Parlaments der Forterhebung der harten Auflagen, die, für jene Zeit schon an und für sich hoch, noch drückenter wurden durch die Art der Einbringung, indem den sogenannten Partisans, welche der Regierung die nöthigen Geldsummen vorstreckten, die dafür verpfändeten Gefälle und Steuern zur eigenen Erhebung überlassen waren, ein Verfahren, wodurch Land und Volk auf das unbarmherzigste ausgesogen und bedrückt wurden. Diesen Mißbräuchen trat das Parlament, das den Geldbesißern nicht hold war, ernstlich ent gegen; es verbot jede Steuererhebung, die nicht auf regelmäßig verificirte Editte gegründet sei. Der Hof hoffte, im Vertrauen auf Condé's Sieg bei Lens über die Spanier und die in Italien erfochtenen Vortheile, durch die Verhaftung einiger Räthe (Blancmenil und Broussel) den Widerstand zu brechen; aber die Bürgerschaft von Paris erhob sich, errichtete Barricaden und erzwang die Rückgabe der Gefangenen. Dies gab den Anfang zum Krieg der Fronde, worin die getäuschte Partei der Wichtigen und der Coadjutor des Erzbischofs von Paris, der ehrgeizige, geistreiche und gewandte Paul v. Gondi, Cardinal von Rez (auch als Schriftsteller durch seine trefflichen Denkwürdigkeiten bekannt) mit dem Parlamente und der Bür gerschaft gemeinsame Sache machte, um den Hof zur Entfernung Mazarins zu zwingen. Der fluge Prälat, dem aus Florenz stammenden Hause Gondi entsprossen, war, trot seines sittenlosen und ausschweifenden Lebens, stark durch die Gunst des Volks und durch die Anhänglichkeit des Klerus. Die Königin flüchtete sich mit ihrer Familie und mit dem geächteten und für einen öffentlichen Feind erklärten Minister nach St. Germain und ließ durch den großen Condé, der sich im dreißigjährigen Krieg durch die Siege von Rocroh (Mai 1643) und Lens (1648) gegen die Spanier in den Niederlanden einen berühmten Namen erworben, die Bürger der Hauptstadt befriegen; aber am Ende sah sich der Hof doch zum Nachgeben bewogen und schloß mit dem Parlamente, dessen Vorstand der würdige Matth. Molé war, einen Frie den, wodurch die Steuern vermindert, die persönliche Sicherheit der Parlamentsräthe

1651.

gegen willkürliche Verhaftung geschützt und mehrere Mißbräuche gehoben wurden. Condé, der erste Prinz von Geblüt und der größte Feldherr seiner Zeit, das stolze Haupt des Adels und der Feind bürgerlicher Freiheit, betrug sich jetzt, im Vertrauen auf die geleisteten Dienste, herrisch und übermüthig gegen den Hof. Im Bewußtsein seiner Bedeutung im Felde und seines Einflusses auf die Kampfgenossen, mit denen er als „guter Kamerad" lebte, war er im gewöhnlichen Leben rücksichtslos und hochfahrend. Wer ihn in der Schlacht sah," heißt es von ihm in französischen Berichten, „eine schlanke Gestalt, mit dem Ausdruck des Adlers im Auge, kaltblütig zwischen den vorbeisausenden oder um ihn her niederschlagenden Kugeln, sein Antlig fleischlos, die Hand, welche das Schwert führte, mit Feindesblut besprißt: der meinte den Kriegsgott zu erblicken." Um sich der lästigen Autorität des herrschsüchtigen Mannes zu entziehen, ging die Königin, nach einer geheimen Unterredung mit Cardinal von Rez, auf den Vorschlag ihres Ministers ein, sich mit den Häuptern der Fronde zu verbinden und den Prinzen nebst seinem Bruder (Conti) und Schwager (Longueville) 1650. gefangen nach Vincennes führen zu lassen. Doch konnte der unnatürliche Bund nicht von Dauer sein, da die Glieder der Fronde unvertilgbaren Haß gegen Mazarin hegten und die weiblichen Verwandten der Gefangenen Alles wider den Hof in Bewegung festen; die Stimmen für Entfernung des Ministers wurden immer lauter, und der Cardinal sah sich endlich genöthigt, als auch die Hoffnung, durch die Freilassung Conde's sich eine Stüße zu gewinnen, gescheitert war, und der Herzog von Orleans, welcher der Königin so lange in guten und bösen Zeiten zur Seite gestanden, sich mit der Gegenpartei verbunden hatte, Frankreich auf einige Zeit zu verlassen. Aber Febr. Mazarin besaß die unwandelbare Gunst der Königin, die ihm mit solcher Liebe anhing, daß man sogar von einem geheimen Ehebund sprach; an Festigkeit des Charafters und an unbeugsamer Willenskraft stand er indessen weit unter Richelieu und glich ihm nur an listigem und ränkevollem Geiste und an falscher Gemüthsart und Verstellungskunst. Jest beherrschte er von Köln aus durch seine der Königin ertheilten Rathschläge Frankreich eben so wie vorher in Paris und fand um so mehr Gehör, als Condé im Vertrauen auf die ihm ergebenen adeligen Familien im Süden und Westen des Reichs dem Hof und der Königin mit großer Rücksichtslosigkeit be= gegnete. Endlich traf Mazarin Anstalten, an der Spiße eines großen, ihm ergebenen Heeres nach der Hauptstadt zurückzukehren. Da sezte das Parlament einen Preis auf seinen Kopf und bestimmte, daß dieser aus dem Erlös seiner Bibliothek bezahlt werden sollte, und der große Condé, von Neuem mit mißtrauischen Augen betrachtet und in seiner Freiheit bedroht, schloß sich an die Fronde an und erhob in Verbindung mit dem Herzog von Orleans und seiner kriegerischen Tochter, der Prinzessin von Montpensier, die Fahne des Bürgerkriegs zu derselben Zeit, als der junge Ludwig XIV. die Jahre der königlichen Mündigkeit erreicht hatte und man die Regierung in feinem Namen zu führen anfing. Ein heftiger Kampf erhob sich; die Bürgerschaft von Paris, durch Reden und Flugschriften aufgereizt, nahm Partei für den Brinzen und seine Anhänger. Allein Condé, gegen die Feinde des Vaterlandes stets Sieger, mußte nach dem berühmten Treffen in der Vorstadt St. Antoine vor 2 Jult den von Türenne geführten Truppen des Hofes nach dem Süden entweichen, wo= 1652. durch in der Hauptstadt allmählich die royalistische Gesinnung die Oberhand erhielt. Der Bund des Prinzen mit Spanien, das noch immer mit Frankreich im Krieg war und die Aufständischen mit Truppen und Geld unterstüßte, brachte ihn vollends um alles Ansehen. Mazarin kehrte triumphirend zurück. An den Thoren der Hauptstadt 1653. empfing ihn der König und der junge Adel; bald öffnete auch Bordeaux, der Hauptheerd des Aufstandes, seine Thore.

Mazarins feierlicher Einzug in Paris war das Signal, daß die absolute Königsmacht mit Hülfe der Militärgewalt gesiegt habe und daß der Wille des

1651.

1655.

Monarchen fürder als Gesetz gelte. Noch sechs Jahre genoß der Minister in Frankreich und Europa eines Ansehens, wie es kaum Richelieu besessen, der Cardinal von Reg mußte sein Vaterland meiden, nachdem er zuvor im Kerker von Vincennes für sein unruhiges Treiben gebüßt, und seinen Ansprüchen auf den erzbischöflichen Stuhl von Paris entsagen; Condé mußte sich, nach tapfern aber fruchtlosen Kämpfen, arm und unglücklich bei den Spaniern herumtreiben, bis seines Herrn Gnade ihm unter spanischer Vermittelung die Rückkehr und den Wiederbesitz seiner Güter und Würden gewährte; Mazarins Nichten, Italienerinnen ohne Stand und Namen, wurden mit den Reichthümern Frankreichs ausgestattet und von den ersten Edelleuten, ja von einem Prinzen von Geblüt (Conti) als Gemahlinnen gesucht, und die Mitglieder des Parlaments fügten sich ohne Widerrede den höhern Weisungen, seitdem 13. April Ludwig in Stiefeln und Reitgerte vor ihnen erschienen war und drohend Gehorsam verlangt hatte. Nunmehr konnte Ludwig XIV. den Grundsatz geltend machen: „der Staat bin ich" (l'état c'est moi). „,3m Gegensag mit den Verkündigungen der Fronde kam nunmehr die Doctrin von dem leidenden Gehorsam auf, nach welcher es dem Volke, auch wenn es von seinem Fürsten Unrecht leidet, darum doch nicht frei steht, die Waffen gegen ihn zu ergreifen, weil dies noch viel größere Uebelstände hervorbringen würde; einen Fürsten dürfe man nicht nach den Regeln des Privatlebens richten; man werde einen Strom nicht trocken legen wollen, weil er sich zuweilen über seine Ufer er7. Nov. gieße." Der Pyrenäische Friede mit Spanien war Mazarins leztes Werk. Er wurde auf einer kleinen Insel des Flüßchens Bidassoa, von der nicht ausgemacht war, zu welchem von beiden Reichen sie gehöre, unter großem Gepränge und einer merkwürdigen Entfaltung von Pracht und Etikette zwischen dem Cardinal und dem spanischen Minister Don Luis de Haro abgeschlos sen. Frankreich erhielt dadurch im Norden Artois mit Arras und mehrere Plätze in Flandern und Luxemburg, besonders Thionville und Avesnes, im Süden Perpignan und Roussillon, nebst dem italienischen Pignerolo, Ludwig XIV. aber, der seine Neigung zu Mazarins schöner Nichte Olympia Mancini auf die ernste Ermahnung des Cardinals dem Staatswohl zum Opfer 1661. brachte, die Hand der Infantin Maria Theresia. Bald darauf starb der Minister mit Hinterlassung eines unermeßlichen Vermögens, werthvoller Bücher und Kunstwerke und herrlicher Paläste und Gärten. Noch in seinen leßten Jahren erschien er als ein stattlicher Mann von braunem lockigem Haupthaar, breiter und hoher Stirn, sorgfältig in seinem Aeußern, von jener Milde des Ausdrucks, die man an gebildeten Italienern bemerkt, gewinnend und durch eigene Ruhe die Andern beruhigend.“ Sein Tod trat in dem Augenblick ein, wo Ludwig seiner überdrüssig zu werden anfing und sich sehnte, die Zügel der Herrschaft in die eigene starke Hand zu nehmen.,,Darin, daß Mazarin in vollem Genuß von Würde, Macht, Reichthum und Ansehen hinging, sahen die Menschen eine Fortsetzung desselben Glückes, das ihn von Anfang an begleitet hatte." Seine später mit dem Grafen von Soissons von der Linie Savoyen

1659.

9. März

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