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Mineras Bergleuten von Joachimsthal verweilte, wurde der Begründer der wissenschaftlichen Mineralogie.

logie.

Gez schichte.

+1556.

Auch die Geschichte, bei der man sich, wie bei allen wissenschaftlichen Werfen, der lateinischen Sprache bediente, erhielt nach dem Muster der Alten eine neue Gestalt. Die Reformationsgeschichte fand einen trefflichen Bearbeiter in dem Straßburger Rechtsgelehrten und Geschichtschreiber des schmalkaldischen Sleidan Bundes, Joh. Sleidan (Philipson von Sleida bei Köln), und ein Jahrhundert Thuan nachher an dem gelehrten Staatsmann Secendorf († 1692). Der Franzose 1617. Thuanus (de Thou) schrieb nach Livius Vorbild eine ausführliche, die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts umfassende Historie seiner Zeit; die FreiheitsSugo friege der Niederlande fanden etwas später einen patriotischen Bearbeiter in Hugo Grotius (§. 531), der sich Tacitus Stil und Form zum Muster nahm. In 1645. der Kirchengeschichte zündeten die Magdeburger Centuriatoren (so genannt,

1553

Grotius

1583

Leigh

1552

1618.

weil sie den Stoff nach Jahrhunderten eintheilten) zuerst die Leuchte der Kritik an, während der Italiener Baronius († 1607) seine großen Kirchenannalen im päpstlichen Sinne abfaßte. Einige Jahrzehnte später schrieb der geist= B. Ras reiche, freisinnige und weitblickende Engländer Sir Walter Raleigh (§. 547), unter Elisabeths glorreicher Regierung als Kriegsheld, als Beförderer der Ansiedlungen in Nordamerika und als Entdecker ferner Länder weit berühmt, während einer 15jährigen Gefangenschaft, in die ihn eine mysteriöse Verschwörung gegen Jacob 1. gebracht, die erste Weltgeschichte in der Landessprache. Später führte ihn eine fehlgeschlagene Entdeckungsreise in Guiana, wobei er eine spanische Stadt beschießen ließ, aufs Schaffot, indem man das früher über ihn gefällte Todesurtheil nachträglich an ihm vollziehen ließ.

Ueber deutsche Dichtkunst s. Anhang.

4. Philosophie.

§. 552. a) Erneuerung alter Systeme. Kampf gegen die Scholastik war der Grundzug der Philosophie des 16. Jahrhunderts. Doch begnügte man sich anfangs mit Wiederholung und Weiterbildung der alten Systeme, bis Baco von Verulam der Schöpfer eines auf Erfahrung gegründeten Sy= stems der empirischen Philosophie und Cartesius (Descartes) der Be= gründer der unabhängigen Speculation wurde. Der trockenen Ver= standes philosophie der Scholastiker stellte man zuerst den idealen Platonismus und den Realismus der aristotelischen Peripatetiker ent= gegen. Bei dem jugendlichen Enthusiasmus für Wissenschaft und Wahrheit und bei dem herrschenden Glauben an Geheimlehren, wodurch der Zusammenhang der Natur und Welt mit dem Geisterreich erfaßt werden könnte, kam man bald zur orientalischen Philosophie, als der vermeintlichen Quelle des Platonismus und des Christenthums, besonders seitdem Reuchlin (§. 432) das Studium des Hebräischen eingeführt. Von dem Neuplatonismus (§. 224) ging man zur Kabbalistik über und glaubte der Unzulänglichkeit des menschlichen Erkenntnißvermögens durch eine tiefsinnige Geheimweisheit aufhelfen zu können. Bald Agrippa war diese Geheimweisheit auf Erforschung der in der Natur wirkenden Kräfte 146 (Magie), wie bei Corn. Agrippa, bald auf Erfassung des Geisterreichs und 1535. des Einflusses der Gestirne und der Geisterwelt auf die irdischen (fublunarischen) Weigel Dinge (Theosophie), wie bei Paracelsus und Val. Weigel, gerichtet. Verwandt mit der letztern Richtung, aber auf der Religion und Bibel fußend, ist die mystische Philosophie, die besonders in Deutschland durch den frommen, 1624. von Religionszweifeln geängstigten Jacob Böhme, einen Görlißer Schuster,

Jac.

Böhme

ausgebildet ward, dessen tiefsinnige in die Anschauung des Göttlichen versenkte Schwärmerei ihn zu wunderlichen Vorstellungen von dem Wesen der Gottheit und dem Ursprunge der Dinge aus derselben, als göttlichen Offenbarungen, führte. Unter seinen schwierigen, dunkeln Schriften ist die ,, Aurora oder Morgen= röthe im Aufgang", durch die er sich die Verfolgung der Geistlichkeit zuzog, die bedeutendste.

Eine freiere Haltung der Kirchenlehre gegenüber nahmen die Peripa= tetiker (§. 99) ein, gegen die daher auch die Geistlichkeit hier und da Verfolgungen bis zum Scheiterhausen verhängte. Auf den Schulen und Universitäten Deutschlands herrschte durchs ganze 16. Jahrhundert Aristoteles, für dessen Erkenntniß Melanchthon und Erasmus erfolgreich wirkten; in Frankreich suchte der auf Anstiften eines feindseligen Collegen in der Bartholomäusnacht ge= tertete Beter Ramus die aristotelische Weisheit durch eine populäre Philosophie zu verdrängen, und in Holland wandten sich die Philologen Justus Lipfius († 1606) und Dan. Heinsius dem Stoicismus zu.

Bruno

Mon= taigne

b) Neue Systeme. Das hochgebildete Italien war reich an neuen Schöpfungen, aber bei der raschen Lebendigkeit des Volks gerieth die Philosophie wie die Theologie leicht ins Schrankenlose, Unhaltbare und Schwärmerische. Giordano Bruno, ein mit ungewöhnlichen Gaben und Kenntnissen ausgerüsteter Mann, +1600. wurde nach mancherlei Schicksalen in Genf, Paris und Wittenberg endlich in Rom durch die Inquifition verbrannt. Seine Lehre, daß die Welt (das Universum), als die geschaffene Natur, Eins sei mit der Gottheit, als der schaffenden, und beide ewig und unvergänglich, ist eine geistreich entwickelte und mit Kraft und Wärme vorgetragene Erneuerung des althellenischen Pantheismus (§. 76 b.). Diese Man= nichfaltigkeit alter und neuer Systeme führte einige an ruhiges Selbstdenken ge= wöhnte Geister zum Skepticismus (Zweifelsystem). Der berühmteste unter diesen ist der geistreiche, durch das Studium der Alten und durch eigene Erfahrung und Menschenkenntniß gebildete Franzose Montaigne, der in seinen Versu= den (essais),,die Ungewißheit der menschlichen Erkenntniß und 1592. die Schwäche der Vernunft als leztes Resultat alles Beobachtens und Denfens aussprach und zuletzt sich mit dem Glauben an die Offenbarung beruhigte." Nachdem so die verschiedenen Richtungen des Denkens betreten und indessen Mathematik, Astronomie, Naturkunde und Naturphilosophie ausgebildet wor= den, konnte der im Denken geübte Geist unternehmen, das Gewirre auf dem Gebiete der Wissenschaft mit selbständiger Kraft zu durchbrechen" und die gesammte Erkenntniß mit gesetzgeberischer Strenge in eine systematische Einheit zu bringen. Dies geschah durch Baco Lord Verulam, einen Mann von ausgezeichneten +1626. Talenten, aber nicht ganz fleckenlosem Charakter. Unter König Jacob I. bekleidete er die Lordkanzlerwürde und andere hohe Staatsämter, aber vor Gericht schwerer Amtsvergehen überführt, ward er an Gut, Freiheit und Ehre gestraft. Seine auf Erfahrung und Beobachtung (Induction) gegründete empirische Philosophie, die er in seinen Hauptwerken, Encyclopädie und Methodik (Or= ganon) der Wissenschaften dargelegt, blieb lange herrschend. Von ihm angeregt, bildete sein Landsmann Hobbes seine auf das Körperliche, mit den Sinnen 1679. Wahrnehmbare gerichtete materialistische Philosophie aus, wodurch er sich den Vorwurf des Atheismus zuzog, der aber weniger gegründet ist als der Vorwurf des Absolutismus, indem er in seinem Staatsrecht, den repu= blikanischen Grundsäßen seiner Zeit gegenüber, die absolute Gewalt des Regenten und den absoluten Gehorsam der Unterthanen als nothwenrig für das Bestehen des Staats darstellte.

c) Cartesius. Malebranche. Spinoza. Im Gegensatz gegen

Baco

Hobbes

Cartefius

Baco † 1650.

und Hobbes bildete der tiefe Denker Descartes (Cartesius) aus Touraine ein auf freies Nachdenken (Speculation) gegründetes System (Idealis = mus) aus.

Von dem Selbstbewußtsein und Denken ausgehend, schließt er auf die Existenz der denkenden Substanz, der Seele (cogito ergo sum), und aus dem Vorhandensein der Vorstellung eines absolut vollkommenen Wesens in der menschlichen Seele folgert er die Existenz eines solchen Wesens (Gottes), ohne welche die Vorstellung nicht möglich wäre. Und wie er aus einer der Seele angeborenen Idee die Existenz Gottes beweist, so aus den übrigen Ideen der Dinge, die wir klar und deutlich erkennen, die wirkliche Existenz auch dieser. Die körperlichen Substanzen entwickelt er aus einer Urmaterie, die nichts Andres als die reine in Thätigkeit begriffene Ausdehnung sei. Die Seele ist nach ihm frei und unsterblich. So bildete Descartes eine Lehre aus, ,,welche durch ihren Gegensaß gegen die damals verbreitetsten Ansichten der philosophischen Schulen, die Doctrinen über die verborgenen Qualitäten, die Endursachen, das Leere, durch den Scharfsinn ihrer Ausführung und ihre rationalistische Tendenz ein sehr wirksames Ferment der geistigen Bewegung der neueren Jahrhunderte geworden ist“.

Descartes schrieb seine meisten Werke in Holland, wohin er sich gezogen, nachdem er das Kriegsleben, dem er sich anfangs gewidmet, aufgegeben hatte. „Die Luft von Paris“, soll er geäußert haben, verhindere das abstrakte Denken“, wenigstens hätte er für seine freien Ansichten an der Sorbonne und an dem rechtgläubigen Hofe große Widersacher gefunden. In seinen lezten Lebensjahren folgte er dem Rufe Christinens von Schweden nach Stockholm, wo er starb. UnHaffendi ter seinen Widersachern ist der als Mathematiker und Physiker berühmte Gassendi, unter seinen Anhängern der fromme Malebranche der bedeutendste.

† 1656.

Male

branche

1715.

Malebranche vervollkommnete das carteßische System durch Ausbildung der reli1638 giösen Seite, indem er die körperlichen und geistigen Substanzen, die Descartes getrennt und selbständig neben einander bestehen ließ, durch ein Höheres, Gott, verbindet, der nach ihm die Einheit der Dinge und des Denkens ist. Gotteserkenntniß ist daher die höchste Weisheit und ein sittlicher Lebenswandel die Folge davon.

1632-77.

Am ausgebildetsten erscheint dieser cartesische Idealismus bei dem Amsterda= Svinoza mer Juden Baruch (Benedikt) Spinoza, der, von seinen Glaubensgenossen ausgestoßen, von den Christen wegen des unverdienten Rufs eines Atheisten ge= mieden, in stiller Verborgenheit sein folgenreiches System,,,in welchem zum erstenmal der Pantheismus in seiner strengen ungemilderten Eigenthümlichkeit sich geltend machte", entwickelte, ein großartiges Lehrgebäude, worin sich Alles mit ma= thematischer Nothwendigkeit aus Einem obersten Grunde entwickeln sollte, wobei aber die freie Selbstbestimmung keinen Raum sand.

Spinoza verwarf den Gegensatz von Sein und Denken, legte einer böchsten Substanz, der Gottheit, allein wirkliches unendliches Sein bei, während die endlichen Dinge nur Schein substanzen, nur Modi der der Gottheit inwohnenden unendlichen Ausdehnung und des unendlichen Denkens seien. Diese ewige Substanz ist sowohl die Ursache ihrer selbst als alles Einzelnen, sie ist das „All-Eine und Allgemeine, welches in allem Besonderen und Individuellen sich selbst, als in seinen nähern Bestimmungen und Zuständen darstellt“"; allen einzelnen körperlichen Dingen liegt die unendliche Ausdehnung, allen endlichen Denkweisen das absolute Denken zum Grunde; darum „gibt es keine Zufälligkeit, sondern nur Nothwendigkeit, die in Gott mit Freiheit verbunden ist, weil er die einzige Substanz ist, deren Wesen und Wirken durch keine andere beschränkt ist. Auch nach ihm besteht unsere höchste Seligkeit in der lebendigen Erkenntniß Gottes und unser Glück und unsere Freiheit in einem Wandel nach seinem Willen“.

5. Italien.

§. 553. Geschichtschreibung. Macchiavelli. Davila. Sarpi. Italiens hoher Culturzustand während des 15. Jahrhunderts dauerte noch im 16. fert. Künste und Wissenschaften aller Art hatten ihr goldenes Zeitalter. Vor Allem blübten Geschichtschreibung und Poesie. Florenz bildete noch immer den Mittelpunkt. (Vgl. §. 387 ff.) Hier lebte und schrieb der große Staatsmann und Historiker Niccolo Macchiavelli, einer der geistreichsten und scharfsinnigften Männer aller Zeiten. Seine Werke lassen sich eintheilen in solche, die er als Freund aristokratisch - republikanischer Verfassungen, und in solche, die er als ein in den Staatsgeschäften einer gottvergessenen und treulosen Zeit ergrauter Staatsmann und Diplomat (er war Staatssekretär der florentinischen Republik und öfters Gesandter) abfaßte. Unter jenen sind am berühmtesten seine vortrefflichen Be= trachtungen (discorsi) über Tit. Livius, zwanglose Betrachtungen, in denen er aus der ältern Geschichte Roms eine Reihe allgemeiner Regeln und po= litischer Marimen abzuleiten und dabei nachzuweisen sucht, daß die Verfassung des alten Roms vorzüglicher gewesen sei als alle spätern, heidnische wie christliche, ein Werk voll der feinsten und treffendsten Wahrnehmungen auf dem Gebiete der Politif, und seine florentinische Geschichte (in neun Büchern bis 1494), in der er mit unnachahmlicher Kunst und mit großer Welt- und Menschenkenntnißz die Verfassungskämpfe des kleinen Freistaats schildert. Unter seinen politischen Schriften ist das vielbesprochene Buch der Fürst" am berühmtesten. In diesem für Lorenzo de' Medici, den Vater der französischen Königin Katharina, geschriebenen Wert stellt Macchiavelli das Bild eines Fürsten (Tyrannen) auf, der, wie Cäsar Borgia u. A., ohne Rücksicht auf Tugend, Moral oder Religion durch Klug= heit und consequentes Handeln in dem von ihm unterjochten Staate seine Alleinherrschaft zu begründen und seinen Willen zum Gesetz zu machen weiß. Freiheit und Bürgerglück werden dabei eben so wenig berücksichtigt wie Treue und Recht, nur Klugheit findet Geltung. Thorheit und Verkehrtheit, nicht Lasterhaftigkeit, stürzt tie Herrschaft. Diese Grundsäge gaben vielen Anstoß, so daß Friedrich II. von Breußen und Voltaire ihre Widerlegung unternahmen; auch scheinen sie so sehr Macchiavelli's sonstigen Grundsägen entgegen zu sein, daß man die Vermuthung aufgestellt hat, er habe durch diese Schilderung seine Landsleute vor der Fürstenmacht warnen und zum Festhalten an der republikanischen Verfassung ermahnen wollen. Vaterlandsliebe ist übrigens Macchiavelli's herrschende Tugend; diese fucht er auf alle Weise auch in seinen Landsleuten zu wecken und sie zur Vertreibung der herrschfüchtigen Fremdlinge aus Italien anzuspornen.

"

Macchiavelli

† 1527.

Guicciar
Dini

1540.

Der Florentiner Guicciardini, ein Staatsmann am Hofe von Modena, schrieb nach dem Muster der Alten, aber in der Landessprache, die Geschichte Ita= 1482liens von dem ersten Eroberungszuge der Franzosen unter Karl VIII. (1494) bis zu deren Vertreibung durch die Schlacht von Pavia (§. 463). Tiefe Kenntniß der Menschen und Verhältnisse und eine edle Gesinnung zeichnen dieses Kunstwerk aus.

† 1631.

Eleganter und kunstreicher in Form, Sprache und Charakterzeichnung ist die Geschichte der französischen Bürgerkriege (1559-1598) von dem Benetianer Davila. Der Verfasser, der lange in Frankreich lebte, war mit den Davila handelnden Personen, mit den Sitten und dem Charakter des Volks und mit den Ränken des intriguanten Hofs aufs Genaueste bekannt, daher seine Schilderungen höchst lebendig und anziehend sind. Durch genaue Erforschung und Darstellung der Triebfedern und Beweggründe, von denen die handelnden Personen bestimmt wurden, führte Davila den geschichtlichen Pragmatismus auf eine gefährliche Spize. Weniger glatt in der Form, aber tiefer und gehaltvoller ist die Geschichte Sarpt des Conciliums von Trident von dem venetianischen Mönch Paolo Sarpi,

Paolo

1552

1623.

einem Mann, der die verschiedensten Wissenschaften mit gleicher Gründlichkeit durchdrungen hatte. Er verstand alle Theile der Physik, Chemie und Mathematik und war dabei der tiefste Kenner des Kirchenrechts, wodurch er dem römischen Hofe in einem Streite mit der Republik Venedig (§. 517) eben so sehr schadete, wie durch die freisinnige und unparteiische Darstellung der Concilverhandlungen dem päpst= lichen Ansehen. Auch entging er mit Mühe den Dolchen der wider ihn ausgesandten Banditen. Sprache und Darstellung sind ernst und würdig und die CharakterzeichBallapis nung treffend und tief. Die im päpstlichen Interesse geschriebene Geschichte des Tridentiner Concils von Pallavicini steht jener an Kraft und Wärme weit nach.

cini

† 1667.

zaro

1530.

§. 554. Poesie. a) Novelle, Satire. In Italien erhielt sich neben der den klassischen Dichtern des Alterthums nachstrebenden Poesie eine freie, im Volke wurzelnde, aber den epischen Gedichten des Mittelalters nachgebildete Nationaldichtung. Jene sogenannte klassische Zeit der Poesie brach an mit Lorenzo de Medici (§. 387), nach welchem dann durch das ganze 16. Jahrhundert und einen großen Theil des 17. eine unglaubliche Regsamkeit unter den Dichtern in AkaSanna demien und an Höfen herrschte. Unter ihnen ist Jac. Sannazaro aus Neapel 1458 durch seine ,,Arcadia", eine Reihe zarter Idyllen in Versen und Prosa, und durch viele lateinische und italienische Gedichte am bedeutendsten. In der Nationaldichtung fanden (außer einer Fluth von Sonetten, wo nach dem Beispiele des Petrarca [§. 351] die eigentliche lyrische Kunst in der leeren Form und der Harmonie der Sprache zu Tode gemartert wurde) besonders die (dem Boccaccio nachgebildeten) Novellen und die volksthümlichen Satiren eifrige Bearbeitung und großen Anklang. In den erstern macht der leichtfertige Spott über die Geistlichkeit, deren sittenloses Leben oft in sehr derben Bildern geschildert wird, so wie über eheliche und bürgerliche Verhältnisse nur zuweilen einer ernsten Schilderung von großherzigen Thaten und Gesinnungen oder einer ehrlich gemeinten frommen Legende Plat; in der Satire traten zwei Richtungen hervor, eine gelehrte oder klas= fische, die es nicht weiter als zu einer frostigen Nachahmung des Horaz oder Juvenal brachte, und eine nationale, die viel Kraft und Frische besaß, sie aber meistens in schmutzigen Spottgedichten oder boshaften persönlichen Angriffen vergeudete. In der letztern Gattung sind außer dem talentvollen, aber sittenlosen Pietro Aretino (v. Arezzo) die drei Toskaner Bucchiello (15. Jahrhundert), Grazzini und Berni (16. Jahrh.) zu merken.

Die nationale Dichtung der Italiener lehnt sich nicht an Dante an, der, den letzten Zeiten der Kraft angehörend, den spätern Geschlechtern entfremdet und mehr ein Gegenstand der Bewunderung als der productiven Anregung war, sondern an Petrarca und Boccaccio, die ihre Natur und ihre Nahrung für ihre ganze Thätigkeit aus der Zeit der Schwäche und des innern Verfalls ihres Vaterlandes nahmen. Diesen Verfall führten äußere und innere Uebel herbei. Unter jene sind zu rechnen: die durch die Hierarchie genährte Eifersucht der einzelnen Städte gegen einander, die dadurch entzündeten niedern Leidenschaften, angefachten Bürgerkriege, der Untergang der Republiken, die stufenweise politische Schwächung des Bürgerstandes, die Entstehung von Aristokratien und Despotien, welche lettere eine eigene traurige Gattung, die Hofdichter, hervorrief. Das hauptsächlichste, bis auf unsere Zeiten wirkende innere Uebel aber war die Unsittlichkeit in der Kirche, wodurch die moralische Kraft und Religion unterging und sich der Hauptzug in dem Charakter der Poesie, die Frivolität, Ironie und der Spott mächtig entwickelte. Geistiger und politischer Druck kamen dazu, um den allgemeinen Hang zur Satire auszubilden, und so wurden nur diejenigen Dichtarten ganz national, welche das satirische, frivole und burleske Element in sich aufnahWas die Novellen betrifft, so sind freilich die meisten nicht ursprünglich italienisch, sondern stammen aus dem Orient und sind in verschiedenen Formen über Sicilien, Spanien und Frankreich eingewandert. Aber gerade das Schlüpfrige und Leichtfertige darin erleichterte

men.

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