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durch den Bischof Morone veranlaßt, auf Anwendung der Gewalt gegen die,,Keter" und auf muthigen Anfang des deutschen Krieges drangen, durch Granvella die Antwort ertheilt, es sei der letzte Versuch, den in der bisherigen Weise der Kaiser mache, und er sei entschlossen, wenn durch das Religionsgespräch er die Abgewichenen nicht wieder beibringe, in Thaten der Welt zu zeigen, daß er ein echt katholischer Kaiser sei24. Wie er so die Eifrigeren der katholischen Stände trotz aller Zugeständnisse an die Protestanten seiner Politik geneigt zu erhalten wußte, so hat er auch den 1538 geschlossenen katholischen Bund auf breiter Basis zu erneuern gewußt. Schon Farnese und Cervino waren beauftragt gewesen, des Papstes Beitritt zu erklären; und Morone's Einsicht und Thätigkeit war in dieser ganzen Zeit unablässig bemüht, die Nothwendigkeit eines solchen Bundes allen Theilen nahe zu legen, und auch die anscheinend nur Frieden athmende Legation Contarini's war zugleich bestimmt, für diese katholische Bundesfrage des Papstes Zusagen mitzutheilen. Jetzt endlich wurde an demselben Tage, an dem den Protestanten die Deklaration ertheilt ward, der förmliche Abschluß des katholischen Bundes vollzogen; auf's Neue wurden mit dem Papst Verhandlungen angeknüpft, ihn zu größeren Leistungen für die gemeinsame Sache des Katholizismus zu gewinnen25). Allerdings, der päpstlichen Auffassung konnte es nicht ganz als das Richtige erscheinen, wenn man die Bundesglieder auch auf den Regensburger Abschied verpflichten wollte, auf einen Abschied, gegen den die strenge Richtung nur protestiren, den sie nie als Reichsrecht anerkennen konnte 26). Die Verhandlungen über die Gestaltung des Bundes schleppten sich daher noch eine Zeit lang hin.

Als der Kaiser im Herbste 1541 Deutschland verließ, hatte er demnach die vorgefundene Lage nicht wesentlich gebessert, das Doppelsinnige, Schwankende seiner Haltung nicht aufzugeben vermocht: das Höchste, was er erzielt, waren Separatverträge mit den Lutheranern und ein Separatbündniß mit den Katholiken. In der That, den Ausbruch des Bürgerkrieges hat er damit nur hinausgeschoben, und für den unvermeidlich

24) Depesche Morone's an den Kardinal Farnese vom 4. März 1541 bei Lämmers 367.

25) Instruction Ferdinand's nach Rom, in Pap. d'état II. 528. (wo das falsche Datum 1538 in 1542 zu verwandeln sein wird.)

26) Depesche Morone's vom 28. März 1542 bei Lämmers 419.

drohenden Religionskrieg die Waffen der einen Seite, seiner Partei, zu stärken und zu schärfen das Seine gethan.

An dem politischen Horizont, den Karl's und Franz' Allianz mit freundlichem Lichte erhellt, waren inzwischen neue Unwetter eines neuen Bruches und eines neuen unseligen Krieges aufgestiegen. Die alten Erscheinungen eines solchen Zustandes ließen sich auf's Neue erblicken. In edler Uebereinstimmung, in brüderlichem Vereine arbeiteten jezt wieder einmal die Türken und die Franzosen auf den Ruin der Christenheit. Auf jede Weise sich in den Besit von Mailand zu setzen, spann Franz an allen Stellen seine Ränke an. Ebenso die Unzufriedenheit in der italienischen Bevölkerung und bei den italienischen Mächten als die Ansprüche des Herzogs von Cleve auf das Herzogthum von Geldern waren ihm Mittel, sich des ersehnten Besiges auf italienischem Boden zu bemächtigen. Und den Türken war es gewiß nicht verborgen geblieben, daß Karl's Verhandlungen über Stillstand und Frieden, die er in jener französischen Allianz aufgenommen hatte, nur eine Maske waren, die Rüstungen in der Christenheit und die Verschwörungen im türkischen Reiche zu verbergen27). Daß endlich der Sturm, den Franz dem Kaiser bereitete, eine schickliche Gelegenheit zum Ausbruch habe, wurden in der Lombardei zwei französische Agenten von Bewaffneten des kaiserlichen Heeres erschlagen. Ueber diese Gewaltthat gerieth Franz in heftige Bewegung und beschloß den neuen Krieg.

Als der Kaiser nach Italien kam, berieth er in Lukka sich mit dem Papste, wie man diesem neuen Kriege ausweichen könne: wenigstens eine Verzögerung bis in's folgende Jahr hat er erreicht. Die beiden Häupter kamen in Lukka auch auf den Gedanken zurück, die endgültige Erledigung allen politischen und religiösen Zwistes auf einer großen Versammlung, einem großen europäischen Conzile vorzunehmen. Hatten doch dahin auch alle die Rathschläge gezielt, welche die einsichtigeren der römischen Diplomaten auf deutschem Boden gewonnen.

Unter dem Einfluß der jüngsten Ereignisse in Deutschland, von Morone schriftlich und mündlich bestürmt, erklärte der Papst jetzt seine bestimmte Absicht, das früher von den Deutschen geforderte, von ihm früher leichthin bewilligte, zuleßt aber auf allseitigen Wunsch aus

27) Vgl. über Karl's Absichten, im türkischen Reiche selbst einen Aufstand zu erregen, der seinen Angriff unterstüße, und über seine Verhandlungen mit Barbarossa die Aften in Col. de doc. in I. p. 207 ff. und bei Lafuente Historia de España XII. p. 181 ff..

gesetzte Conzil ohne Zaudern, ohne Zweifel, ohne Bedenken sofort einzuberufen. Obwohl er früher den europäischen Frieden zur Voraussetzung des Conziles gemacht, so nahm er jetzt auf den politischen Zwiespalt der beiden katholischen Großmächte durchaus keine Rücksicht, und berief das Conzil nach Trident, auch während die neuen Stürme das italische Land erschütterten.

Noch bevor der Krieg ausbrach, hatte Karl den Zug nach Algier unternommen, ein Beginnen, das ihn die Bedürfnisse des spanischen Reiches, die Forderungen einer gesicherten Stellung im Mittelmeer nicht länger hinausschieben ließen. Oder sollte er nicht den verzeihlichen Wunsch hegen, an dem kühnen Corsaren, der den Kaiser mit Versprechungen einer Auflehnung gegen den Sultan hingehalten, kaiserliche Rache zu üben? Oder sollte er nicht der Befürchtung Raum geben, daß auf's Neue die französische und türkische Macht in dem unvermeidlich drohenden Kriege gemeinschaftliche Sache mache? Es ist bekannt, wie unglücklich des Kaisers zweiter afrikanischer Krieg geendet. Kaum hatte er sich und die Reste seines Heeres auf spanischen Beden gerettet, und es brach der französische Krieg über Karl's Besitzungen herein.

Papst Paul III. blieb neutral. Wie sehr auch des Kaisers Entrüstung über den Papst laut werden mochte, wie sehr er auch auf eine Erklärung gegen den eigentlichen Friedbrecher und Treulosen drang, — der Papst war nicht aus seiner Stellung zu bewegen, in der er als der Vater der Christenheit, als der gleich treue Freund der beiden Reiche verharren wollte. Das besprochene Conzil nach Trident berufend, ermahnte er den Kaiser und den König in gleich dringlicher, gleich väterlicher Weise, den unseligen Krieg aufzugeben und in dem allgemeinen Frieden die Wirksamkeit der Kirchenversammlung und ihrer reformatorischen Aufgabe möglich zu machen. Noch nie hatte den Kaiser eine Aufforderung des Papstes in höherem Grade beleidigt, als dieses Breve, das ihn, den katholischen König, den Bewahrer und Erhalter des allgemeinen Friedens, auf gleichem Fuß und in gleichem Tone behandelte, wie den französischen Fürsten, den ewigen Friedbrecher, den Freund und Genossen des ungläubigen Türken. Zum ersten Male mußte der alte Papst die heftigen Ausbrüche, die gereizte Leidenschaftlichkeit des Kaisers erfahren, von der ihm im weiteren Verlauf noch wiederholte Proben werden sollten28). Ja, es verdient besonders betont zu werden, sogar

28) Depesche des Kaisers an den Papst vom 28. August 1542 in P. d'ét. II. 633-644.

zu einer politischen Maßregel allgemeiner Bedeutung kam der Kaiser in seiner Aufwallung gegen des Papstes hartnäckige und zweideutige Neutralität: er erließ das Gesetz, daß kein nicht-spanischer Geistlicher eine Pfründe der spanischen Kirche bekleiden oder eine Pension von einer spanischen Pfründe beziehen dürfe29). Für die spanische Kirche selbst sollten durch dieses und ähnliche Geseze die Geistlichen zur Residenz angehalten werden.

Im Mai des Jahres 1543 verließ der Kaiser Spanien, um mit seiner ganzen Macht den Krieg gegen Frankreich selbst zu führen. Er fühlte es, daß er da an einen Moment der Entscheidung gelangt war; mit ernster Resignation sich auf alle Fälle wappnend, ließ er Spanien unter der Regentschaft des Sohnes, des sechzehnjährigen Prinzen Philipp, und erwartete von ihm eine nachhaltige Unterstüßung im französischen Kriege30).

Für diesen Krieg des Papstes Beistand zu erlangen, machte Karl noch einmal in Italien bei der persönlichen Zusammenkunft mit den Farneses in Busseto einen Versuch. Dort trugen ihm diese Italiener mit allem Nachdruck den schon oft geäußerten Wunsch noch einmal vor, von seiner Hand ein größeres Fürstenthum in Italien zu erhalten. Und wenn in italienischen Kreisen schon Gerüchte auftauchten einer Uebertragung von Mailand auf Ottavio Farnese oder einer Ueberlassung von Parma und Piacenza an des Papstes Sohn Pier Luigi, so ward auch wirklich im Staatsrathe des Kaisers und unter den Ministern des Papstes die Frage erörtert, ob ein solches Geschenk an die Familie des alternden und stets unzuverlässigen Papstes zulässig sein könne. Wir wissen, daß Ferrante Gonzaga, der Feldherr des Kaisers, und Don Diego de Mendoza, der Gesandte in Venedig, dessen glorreiche diplomatische Laufbahn eben jetzt ihren Anfang nahm, sich auf des energischste den Wünschen der Farneses widersetzten; und ihren Vorstellungen wurde es zugeschrieben, daß die Anträge in Busseto vom

29) Sandoval II. p. 431.

30) In den Forschungen zur deutschen Geschichte Bd. III. S. 281– 310 habe ich die beiden Schreiben Karl's an Philipp mitgetheilt, in welchen er seinen Sohn in seine Anschauung der allgemeinen Lage einweiht. Als ich sie aus dem in Madrid aufgefundenen Original von der Hand des Kaisers veröffentlichte, war es mir entgangen, daß schon Lanz' Staatspapiere S. 359 ff. (freilich aus einer schlechten Abschrift im Brüsseler Archiv) fie publicirt hatte. Ich denke aber, daß auch so noch die neue und genauere Veröffentlichung sich rechtfertigen läßt. (Vgl. Gött. gel. Anz 1863, Stück 45.)

Kaiser abgewiesen wurden31). Damit sah freilich der Kaiser alle Aussicht vereitelt, den Papst zum Bundesgenossen gegen Frankreich zu ge= winnen.

Die Situation der politischen Mächte hat also seit 1538 sich auf's Neue geändert: den allerchristlichsten König von Frankreich unterstüßten jezt Suleiman's Heer und Flette in seinem Angriff auf den Kaiser, und auch der Papst und die Curie zeigten sich je länger je mehr ihm geneigt. Der Kaiser aber, der nach allen Vergleichshandlungen den Protestanten Schonung und Duldung hatte zusagen müssen, gewann der Protestanten bereitwillige Hülfe zum Reichskrieg gegen Frankreich: der Reichstag nahm effen Partei für den Kaiser gegen den Herzog von Cleve; ja, auch den englischen König, den er vor wenigen Jahren mit einem katholischen Kreuzzuge bedroht hatte, bewog der Kaiser, sich seiner Politik gegen Frankreich anzuschließen.

Wir verfolgen hier nicht den Gang des kaiserlich-englischen Angriffs auf Frankreich, weder die militärische Seite desselben, noch auch das verschlungene Spiel der französischen, der kaiserlichen, der päpstlichen, der englischen Diplomatie. Wenn auch die Erfolge der kaiserlichen Waffen hell glänzten, wenn auch überraschend und vernichtend der Heereszug des Kaisers in das Herz von Frankreich eindrang: im Großen und Ganzen ist auch dieser Krieg resultatlos geblieben.

Als alle Welt noch von den Siegen des Kaisers redete, ward plöglich die Nachricht laut, daß Karl und Franz schon wieder einmal ihren Frieden geschlossen. Es war dabei nicht von Eroberungen des Kaisers die Rede; es wurden nur die alten Verträge auf's Neue bestätigt und Alles auf den Fuß zurückgeführt, auf dem auch der Waffenstillstand von Nizza die gegenseitigen Beziehungen geregelt hatte. Wenn in einem geheimen Vertrage der König dem Kaiser seine Waffen zur Verfügung gestellt 32, um die Pro

31) Pallavicino V. Cap. 3. hat natürlich Alles das Angeführte in Abrede gestellt; es genügt darauf hinzuweisen, daß bei den Freunden der Farneses sofort damals davon geredet und daran geglaubt wurde (Affò p. 47. 48.) und daß wir sowohl in Gosellini's Bericht (vita di Gonzaga p. 13.) als in dem schon Sandoval II. p. 433. bekannten, jezt aber auch von Wolff in den Wiener Academieberichten publizirten Memoire Mendoza's aktenmäßige Kunde über diese Verhandlungen besitzen.

32) Vgl. über diese geheimen Verabredungen des Friedens von Crépy die Erörterung bei Ranke D. G. IV. 250 ff.; ich glaube aber, daß Soldan's Gegen= bemerkungen (Geschichte des Protestantismus in Frankreich I. 187.) gegen Ranke das Richtige getroffen. Die Histoire particulière de la court de

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