Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

Ferdinand ging auf den Antrag des Bruders ein. Hülfe und Beistand allerdings konnte er nicht zusagen, er meinte vielmehr selbst von Seiten des Kaisers Hülfe gegen die Türken zu bedürfen 10) und, was den Kaiser weit empfindlicher berührte, May erhob damals im Namen seiner Frau an den Schwiegervater eine recht lästige und unzeitgemäße Forderung, das, was nach seiner Meinung bei der Aussteuer Marias zu wenig gezahlt sei, jegt ihm in baarem Gelde zu verabfolgen, eine Forderung, die der Kaiser in seiner damaligen Lage nur mit der höchsten Entrüstung anhörte 11), aber er erklärte sich bereit, seine Beziehungen zu Kurfürst Moritz zum Nußen des Kaisers zu gebrauchen. Ungesäumt entsendete er einen seiner vornehmsten Großen an Moritz und brachte es auch dahin, daß Moritz ihm verhieß, im April zu ihm nach Linz zu kommen und dert mit ihm die Beschwerden gegen den Kaiser gütlich zu besprechen und dann allen weiteren Krieg zu vermeiden 12).

Die Verhältnisse in Deutschland blieben bis zu dieser Linzer Conferenz in dieser Lage: der Kaiser unterhandelte mit den an dem Aufstande nicht betheiligten Fürsten, er setzte alle seine Thätigkeit in Bewegung, ein deutsches Heer zusammenzubringen, gleichzeitig aber drückte er seine Geneigtheit · aus, durch König Ferdinand auf billige Bedingungen hin sich mit den Aufständischen zu vertragen. Und in derselben Zeit rückten die Bun

lo de todas partes tan alcançado y specialmente lo de aquellos reynos, de donde en un estremo tan grande como este en que va lo de la religion nuestro honor y reputacion y el establecimiento y firmeza de los estados que tenemos y de la succession dellos, no puedo dexar de me socorrer y ayudar, porque si esto cessasse haviendo tan poca comodidad, en las otras partes no se deve dudar sino que todo caheria y vernia en gran detrimento, y por esto aunque nunca lo havemos hecho en otras necesidades ni lo pensavamos hazer, si la presente no fuera mayor que todas las pasadas, ha sido forçado de determinarnos en permitir, como se hara en lo de Napoles y Sicilia y Flandes, que se vendan y empeñen al quitar algunos pueblos de la corona real.

10) Ferdinand 11. März 1552. Lanz III. 117.

-

11) Max und Maria ließen die Geldforderungen erheben durch La Gasca, Bischof von Palencia, im März 1552 und nachher noch einmal im Oktober durch Murga, den Kassirer der Königin von Böhmen. Die dahin gehörigen Papiere (Rechnungen, Gegenrechnungen u. s. w.) bewahrt das Archiv von Simankas. Vgl. ein Schreiben Karl's an Ferdinand ebd., und an Maria s. Schwester, Lanz III. 131.

12) Langenn I. 501. II. 336.

desfursten nach Süden vor. Am 4. April nahmen sie Augsburg, sie jagten allen geistlichen Fürsten Schrecken ein. Der französische König hatte seinerseits ohne Widerstand sich Lothringens bemächtigt, den Lothringischen Herzog in völlige Abhängigkeit von Frankreich gebracht und schickte sich jezt an, die ihm preisgegebenen Bisthümer einzunehmen. Aber dieser französische Feldzug erregte in der deutschen Nation eine Aufregung, die für die Bundesfürsten von Tag zu Tag bedrohlicheren Charakter annahm. Was des Kaisers Diplomatie nicht erreicht hatte, bewirkte der Eindruck, den weit und breit das Auftreten des neuen Protectors deutscher Freiheit machte. Und wenn Karl geschickt genug war, diesen neutralen Reichsgliedern seine Geneigtheit zu wiederholen, auf billige Bedingungen hin sich mit den Rebellen zu vertragen, so schienen die französischen Waffen manchen der vorhin unschlüssigen Fürsten auf die Seite des Kaisers zu treiben 13). Obwohl persönlich bedrängt und sogar an einem Versuche, sich heimlich in die Niederlande zurückzuziehen, durch die Nähe des feindlichen Heeres verhindert, gewann Karl damals doch nach und nach Boden bei der Majorität des Reiches 14). Die Conferenz zu Linz, so durfte er hoffen, sollte ihm da das günstige Resultat bringen, entweder einen billigen Frieden mit dem neuen Gegner oder einen vom ganzen Reiche gebilligten und unterstüßten Krieg gegen den Aufstand.

Am 20. April begannen die Besprechungen zwischen Ferdinand und Moritz. Aber wie sehr auch Ferdinand von der Nothwendigkeit eines gütlichen Abschlusses überzeugt sein, wie sehr er auch auf Morit in diesem Sinne einwirken mochte, Moritz blieb fest dabei, einstweilen keine bestimmte Verpflichtung eingehen zu können, ehe er nicht seine Verbündeten darüber befragt habe. Die beiden Fürsten mußten am 23. April mit der einstweiligen Verabredung zufrieden sein, daß nach einigen Wochen eine größere Versammlung von deutschen Fürsten in Passau zusammentreten sollte, zu der man eine Reihe neutraler Stände als Vermittler zwischen dem Kaiser und den Bundesfürsten zu berufen gedachte. Auch den französischen Bund hatte Moritz nicht sofort aufgeben wollen, aber er nahm es auf sich, in Passau die Bedingungen vorzulegen, unter welchen König Heinrich seinen Frieden machen wollte. Und im Allgemeinen hatte man sich darüber schon geeinigt, daß man

13) Ueber die Verhandlungen mit den rheinischen Kurfürften, z. B. Vgl. Lanz Staatspapiere 498 ff. und Corresp. 3, 170. 192.

14) Ueber den Fluchtversuch vgl. Lanz 3, 159 und Bucholz 9, 544 ff.

Landgraf Philipp freilassen, und daß dann der Aufstand ein Ende haben müsse. Der Kaiser hieß diese Praeliminarien eines Abkommens mit den Fürsten gut, er sprach nur seinem Bruder es nochmals aus, daß in der religiösen Frage es ihm unmöglich sei, ein Zugeständniß zu machen: er zeigte es schon sehr deutlich, daß er jeder ausgleichenden Maßregel auf religiösem Gebiete seine Zustimmung versagen werde, daß er an den Resultaten des Conziles und der Augsburger Reichstage auch nur durch einen förmlichen Reichstagsschluß in gesetzmäßiger Mitwirkung aller Faktoren eine Aenderung zulassen könne 15).

Während man so auf beiden Seiten eine größere Verhandlung für die Passauer Versammlung vorbereitete, machte man doch in den militärischen Maßregeln keinen Stillstand. Der Kaiser fuhr fort, sich zu rüsten;, der französische König drang gegen den Rhein hin vor; die Truppen des Bundes operirten weiter gegen die kaiserliche Stellung in Tirol; ja, Kurfürst Moritz stellte sich selbst an die Spitze seines Heeres und machte jenen Streifzug nach Innsbruck hin, der in aller Welt seinen Namen bekannt und berühmt gemacht hat. Nachdem er den Paß ins Gebirge erstürmt, nahm er ohne Hindernisse Innsbruck ein, den Siz des kaiserlichen Hofes. Karl selbst, der früher einmal den Versuch gemacht, vor einem solchen Streifzuge seine Person in Sicherheit zu bringen, schien in diesem Augenblicke den Anfall nicht erwartet zu haben. Gichtkrank und gelähmt mußte er weiter ins Gebirge hinein fliehen. Dies Ereigniß zeigte die Schwäche der kaiserlichen Stellung, den Mangel an Hülfsmitteln, die Erfolglosigkeit jeglichen Widerstandes. Aber in der Seele des Kaisers waren solche Versuche eines Zwanges gewiß nur geeignet, seine Verstimmung zu steigern, ihn heftiger gegen Moritz zu reizen. Wenn er sich auch dem Bruder gegenüber zur Nachgiebigkeit verpflichtet, und wenn Ferdinands Interessen zweifellos auf eine friedliche Vermittelung mit dem Aufstande, nicht auf eine gewaltsame Vernichtung der Opposition hinwiesen, so war doch der Kaiser damals fast mit sich im Reinen darüber, daß er den Kurfürsten Moritz für dies letzte Attentat sehr nachdrücklich strafen müsse: die Unterhandlungen, die er mit Johann Friedrich führte, ihn gegen den neuen Kurfürsten zu gebrauchen, die Anweisungen, die er an Gonzaga ertheilte, in dem piemontesischen Feldzuge inne zu halten und ein italienisches Hülfscorps für den deutschen Krieg zu bereiten, alle vertraulichen Aeußerungen des Kaisers beweisen, wie wenig er damals ein glückliches

15) Bucholt 9, 540. Lanz 3, 185.

Resultat der gütlichen Ausgleichung wünschte, zu der er doch des Bruders Vermittlung zu benutzen vorgab16).

Es war demnach eine schwierige Aufgabe, zwischen Karl und Moritz zu vergleichen. Und wenn troß aller dieser persönlichen Schwierigkeiten Ferdinand schließlich einen Friedstand für Deutschland erzielt hat, so dürfen wir seiner politischen Geschicklichkeit unsere Anerkennung nicht versagen. Weit größeren Nachbruck aber als diese Gewandtheit des ersten Vermittlers hat die Macht der Verhältnisse auf den Gang der Verhandlungen geübt: den sichersten Rückhalt, die beste Unterstützung in seinem Bemühen hat König Ferdinand bei der allgemeinen Stimmung. der Nation gefunden. Nach den wechselvollen Ereignissen der letzten sechs Jahre, nach den verunglückten Experimenten kaiserlicher Religionspolitik war die Nation von dem Gefühle durchdrungen, daß man nur in gegenseitiger Toleranz, in vollständiger rückhaltloser Anerkennung der Verhältnisse, wie sie sich in den verschiedenen Theilen des Reiches verschieden gestaltet hatten, die dauerhafte Basis eines gesunden Zustandes gewinnen könne. Weder die katholisirende, großartige, aber einseitige Tendenz des spanischen Kaisers, noch die nicht allseitig geklärten, allgemeine und persönliche Interessen vermengenden Ideen des Fürstenaufstandes haben den Frieden dictirt, zu dem Ferdinands Verhandlungen den Weg eröffneten, nein, es ist die große Masse der zwischen beiden Parteien stehenden Fürsten und Reichsstände gewesen, deren Auftreten als Vermittler und deren Haltung in den Verhandlungen den Ausschlag für den Religionsfrieden gegeben hat.

Wir sahen eben, wie im April der französische Feldzug in Lothringen und am Rhein jene große Mittelpartei es sind die vier Kurfürsten am Rheine, der Kurfürst von Brandenburg, die Herzoge von Cleve, von Baiern, von Würtemberg, die süddeutschen Bischöfe und eine Reihe kleinerer Fürsten und Städte, vornehmlich des deutschen Südens auf die Seite des Kaisers hinzutreiben schien. Jetzt aber im

16) Ueber die Verhandlung mit Johann Friedrich vgl. Lanz 3, 191. 192 200. 201 ff. und Staatsp. 508 ff. Am 30. Mai sprach Karl der Schwester unumwunden seine Absicht aus, Moritz zu strafen (3, 205); und ähnlich schon am 23. Mai an Gonzaga, wo es geradezu heißt: procediendo el duque Mauricio en su desverguença despues de haver ganado la clusa como lo havreys ya entendido por lo que Vargas os scrivio a nuestra partida de Yspruck, havemos determinado no llevarlo mas por los terminos de dissimulacion y blandura que hasta aqui sino armar y juntar nuestras fuerças para procurar de castigarle y a los otros rebeldes que con el estan coligados.

Mai wurden die französischen Waffen zum Abzuge aus Deutschland genöthigt. Kurfürst Moritz selbst hatte seinem französischen Verbündeten von den Verhandlungen mit König Ferdinand Mittheilung gemacht und ihm dabei dargelegt, wie man jetzt im Begriffe stehe, die ausgesprochenen Ziele des Aufstandes auch auf gütlichem Wege zu erreichen; und damit hatte er die freundliche Bitte verbunden, mit einem weiteren Vordringen französischer Waffen, das ja für Deutschlands Freiheit unnöthig geworden, jezt das Reich zu verschonen; wenn Heinrich ihm seine Friedensbedingungen mittheilen wolle, so werde er, Moriß, gerne auch den Frieden Frankreichs mit dem Kaiser vermitteln17). Und als nun in dem französischen Lager gleichzeitig mit dieser sächsischen Botschaft auch Gesandte der rheinischen Kurfürsten eintrafen, die sich, durch die kaiserlichen Mahnungen angeregt, zu einem gemeinsamen Schritte ermannt hatten18), da hielt der französische König es für angemessen, sich nicht einen ernstlichen Krieg der deutschen Nation zuzuziehen, er be gnügte sich mit dem gemachten Erwerbe der lothringischen Bisthümer, und zog in das eigene Land zurück, seinen deutschen Freunden erklärend, welche unsterblichen Verdienste er sich um die deutsche Freiheit erworben, wie gefährlich der Habsburger Kräfte geblieben, wie bereit er zu neuen Diensten für seine deutschen Freunde sei19).

Das siegreiche Vordringen der Fürsten nach Tirol und der Rückzug des Franzosenköniges aus Deutschland, das sind die Ereignisse ge= wesen, die seit der Conferenz von Linz nicht zu Gunsten des Kaisers die Lage der Parteien verändert haben. Aber während der Kaiser von Tag zu Tag mehr Aussicht gewann, an verschiedenen Stellen des Reiches Truppen zusammen zu bringen, verfiel er wieder auf das alte Mittel von 1546: auch diesmal suchte er aus den protestantischen Gegnern sich Bundesgenossen zu erwerben. Man beurtheilte den Markgrafen Albrecht Alcibiades gewiß richtig, wenn man bei ihm unter nationalen und popularen Redensarten recht reelle und egoistische Ziele verausseßte; man meinte von Anfang an, ihn für eine Summe Geldes gewinnen zu können, man stellte ihm recht verlockende Anträge 20). Aber

17) Moriß an Heinrich. 2. Mai. Lange nn II. 346.

[ocr errors]

18) Schreiben der rheinischen Kurfürsten aus Worms vom 9. Mai · (Abschrift in Simancas) vgl. Leodius vita Friderici 280.

19) Heinrich. 13. Mai. Langenn II. 350.

20) In der Correspondenz von Karl und Ferdinand ist schon seit März 1552 die Rede von solchen Bestechungsversuchen. Den Antrag theilt Voigt Albrecht Alcibiades. I. 284 f. mit.

« ZurückWeiter »