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Papst Julius war inzwischen schon thätig gewesen, mit der Partei des Gegners ein Abkommen zu suchen. Die Schwäche seines Charakters, die Haltlosigkeit und Unzuverlässigkeit seines Willens trat nie handgreiflicher zu Tage, als in dieser Wendung von dem Kaiser zu den Franzosen. Wie die Dinge nicht im ersten Momente glänzenden Erfolg aufwiesen, ward er verzagt; wie die französischen Drohungen praktische Bedeutung zu haben anfingen, ward er eingeschüchtert; wie seine Politik ihn Geld kostete, ward er ängstlich und für seine Existenz besorgt: ohne Schwierigkeit gab er sich da den Einflüssen hin, welche die französischen Parteigänger in Rom geltend zu machen suchten. Und wir begreifen, daß einen solchen Papst die Vorgänge auf dem Conzile nicht gerade zur Beharrlichkeit in der eingeschlagenen Richtung ermunterten 36).

Schon bei den ersten Anzeichen einer längeren Dauer des italienischen Krieges hatte er einen Kardinal an den französischen Hof ge= schickt, mit väterlicher Stimme noch einmal König Heinrich zum Frieden zu ermahnen 37). Dieser Legat fand dort allerdings freundliche Aufnahme und höfliche Behandlung, aber von seinen Aufgaben erreichte er Nichts; und erst auf römischem Boden selbst, direkt bei der Person des Papstes fand die. französische Politik ein besseres Fortkommen. Die Höflichkeit des Papstes zu erwiedern, ließ Heinrich den Kardinal Tournon von Venedig nach Rom gehen 38). Und diesem Kardinale, einem welterfahrenen Politiker, einem geübten Hofmanne, der seine Leute richtig zu behandeln wußte, gelang es, die günstigen Chancen alle benußend, auf Papst Julius Eindruck zu machen und Einfluß zu gewinnen. Wir verfolgen hier nicht die einzelnen Vorschläge und Gegenvorschläge, die aufgeworfen und erörtert wurden, der Farnesischen Frage durch ein Compromiß ein befriedigendes Ende zu geben 39): für uns hat nur die Seite ein Interesse, zu erfahren, wie sich Kaiser Karl zu diesen Bewegungen seines Verbündeten verhalten hat.

Als Karl zuerst von den neu angeknüpften Verbindungen des Papstes mit Frankreich erfuhr, gerieth er in nicht geringe Aufregung 40).

36) Scharf, aber treffend schildert den Papst Mendoza am 15. April 1552. (Döllinger 189 ff.) Ich bemerke, daß auf S. 190 3. 14 von oben statt difficultades desde no nada zu lesen ist difficultades de no nada.

37) Instruktion für Verallo. 3 Oktober 1551. (L. de Berzosa): seine Ver= handlungen. vgl. bei Ribier II. 363 ff.

38) Instruktion für Tournon. 23. Dezember 1551. Ribier II. 360.

39) Vgl. Ribier II. 368 ff.

40) Lo que pasò su md. con el obispo de Fano. 9. November 1551. (leg. 648. fol. 106).

Wenn der Papst ihm auch betheuern ließ, er werde zu keinem Abschlusse mit Frankreich und den Farneses kommen, ohne vorher des Kaisers Zustimmung einzuholen, ja er wolle auch hierin sich nur von des Kaisers Rath leiten lassen, so warf Karl diesen wohlklingenden Versicherungen die bittere Bemerkung entgegen, wie sonderbar es sei, daß der Papst ihn um Rath frage, nachdem er schon an Frankreich gesendet habe: ein solches Rathen nach geschehener That sei doch eine überflüssige, fast eine beleidigende Form. Die Unentschiedenheit, so er= örterte der Kaiser dem Nuntius, die der Papst jetzt beweise, könne nur übele Früchte bringen: es wäre unverantwortlich, wenn der Papst ihn jezt, nachdem der Kaiser gerade des Papstes wegen den französischen Krieg auf sich gezogen habe, im Stiche lassen wollte. Karl nahm keine Entschuldigung an und bestand darauf, daß der Papst, seinem Worte getreu, fest zu ihm halten müsse. Aber während dann die Entscheidung des Papstes noch hin und her schwankte, brachte eine Maßregel Gonzaga's ihn endlich zum Schlusse. Gonzaga hielt es für geboten, mit dem kaiserlichen Heere sich von Italien nach Piemont zu wenden; dort war es dringend nothwendig geworden, die kaiserliche Stellung mit neuer Macht zu vertheidigen. Unter dem Eindrucke dieser Nachrichten aber nahmen Tournon's Verhandlungen immer besseren Fortgang. Die kaiserlichen Agenten wenigstens gewannen sehr bald die Ansicht, daß der Papst irgend einem Compromisse in Italien zueile 41). Als da nun der Papst noch einmal durch einen neuen Nuntius, den Bischof Camajani von Fiesole, die Gefahren und Unbequemlichkeiten seiner Stellung dem Kaiser hatte auseinanderseßen lassen 42): wie auf der einen Seite ein Schisma der französischen Kirche drohe, und wie auf der anderen Seite des Kaisers italienisches Heer dem Papste gar keinen Nutzen bringe, wie er selbst aller Hülfsmittel entblößt sei, und wie zuletzt sogar ein Bruch der päpstlichen Macht mit ihrem kaiserlichen Protektor dort auf dem Conzile bevorstehe; so legte er zuletzt ihm mit naiver Offenherzigkeit die Bitte vor, Karl selbst möge ihm seinen Rath ertheilen, wie er jezt sich verhalten und ob er sich auf die französischen Anerbietungen einlassen solle. Und wenn dann Karl kaítblütig seine Lage übersah, so kam er selbst zu dem Schlusse, daß in Italien ein Compromiß auch ihm einigen Vortheil bringen werde. In dem allgemeinen Kriege mit

41) Montesa. 6., 9. und 12 Februar. 1552.

42) Karl an Mendoza 27. Februar 1552 berichtet sehr detaillirt jene Verhandlungen mit dem Nuncius, er ertheilt in dieser Depesche den Auftrag auf ein concierto in Italien hinzuarbeiten.

Frankreich, der eben damals an allen Punkten entbrannte, war es auch für den Kaiser ein Gewinn, in Parma und Mirandola den Krieg zur Ruhe zu bringen. So erhielt das Haupt der kaiserlichen Diplomatie in Italien, Mendoza selbst, den Auftrag, sich sofort nach Rom zu verfügen und auf eine geschickte Weise unter der Hand einen Waffenstillstand für jenes mittelitalienische Terrain einzuleiten. Und in Rom sah es Mendoza im ersten Augenblicke ein 43), daß die päpstliche Politik schon ganz mit Friedensgedanken erfüllt sei. In den Gesprächen mit dem päpstlichen Staatssekretair Dandino und in den Erörterungen mit dem Papste selbst mochte Mendoza vielleicht Vorwürfe gegen seine Haltung erheben oder von einem endgültigen Frieden abrathen, aber er wußte es gelegentlich anzudeuten, daß ein Waffenstillstand für Italien bei dem Kaiser Billigung finden werde. Je länger, je mehr drängte die Nothwendigkeit der allgemeinen Lage auf diese Auskunft hin. Wenn König Heinrich dem Papste zu erklären sich erdreistete, daß ja gar kein Krieg zwischen ihnen bestände, den Schutz seines Freundes Ottavio gegen den Papst wollte er nicht einen Krieg genannt wissen, so war auch ihm es jedenfalls lieb, seine Kräfte an anderer Stelle gegen den Kaiser verwenden zu können und zugleich die Spaltung mit dem geistlichen Haupte auszugleichen. Wenn aber der Kaiser immer mehr feine Kräfte auf die deutsche Seite hinwenden zu müssen einsah, wenn die Erhebung der deutschen Fürsten immer bedrohlichere Dimensionen annahm, so konnte auch ihm es recht sein, in Italien von der Bürde des Krieges einstweilen befreit zu werden.

So waren im Anfange des April die Aussichten einem italienischen Frieden immer günstiger geworden. Allerdings Gonzaga war nicht der Freund eines solchen Friedens: obgleich er die Unzulänglichkeit seiner Mittel deutlich einsah, wollte er doch seinerseits wiederum die Offenfive ergreifen, dachte er doch durch einen glücklich geführten Schlag alle diplomatischen Gewebe wieder zu zerreiffen 44). Aber auf die kaiserliche Politik gewannen diese Ideen diesmal keinen Einfluß. Mendoza's Erörterungen in Rom gingen allein darauf hinaus, die Verhandlungen zwischen Tournon und dem Papste so zu lenken, daß sie wirklich eine Sicherung der kaiserlichen Stellung ergäben; er wünschte besonders durch den zu schließenden Vertrag alle spanischen Positionen in Italien gegen einen französischen Angriff sicher zu stellen 45). Und wenn dies

43) Mendoza 14., 21. März, 4. April u. s. w.

44) Gonzaga 26. Februar 1552.

45) Mendoza 14. April.

Maurenbrecher, Karl V.

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auch nicht in die Bedingungen des Waffenstillstandes aufgenommen wurde, so versprach doch der Papst den kaiserlichen Wünschen allen möglichen Vorschub zu leisten. Am 15. April wurde die Sache im Consistorium vorgebracht und der Waffenstillstand mit Tournon_be= siegelt 46). Es war darin festgesetzt, daß für zwei Jahre Ottavio Farnese in Parma nicht belästigt, und daß alle anderen Güter den Farneses zurückgegeben werden sollten. Dem Kaiser blieb es vorbehalten, diesem Vertrag auch seinerseits beizutreten. Mochte auch Gonzaga, von seinen Ideen einer kaiserlichen Offensive und einen Tendenzen einer kaiserlichen Annexionspolitik getrieben, sich nachdrücklich gegen diesen Stillstand erklären und auf Erneuerung des italienischen Krieges in umfassenderem Maßstabe dringen, sein Gutachten fand am kaiserlichen Hofe keinen Beifall 47). Nicht, wie Gonzaga es wünschte, eine Nachgiebigkeit gegen die deutsche Empörung, um in Italien Krieg führen zu können, sondern ein Compromiß mit den Italienern, um die Deutschen empfindlich zu strafen, das war der Sinn des Kaisers, dahin gingen damals alle Maßregeln, die seine Politik ergriff. Am 10. Mai ratifizirte er den Waffenstillstand und das Compromiß mit den Italienern, das Tournon in Rom vermittelt hatte 48).

Auf diese italienischen Vorgänge im Felde und im Conzile haben schon die Ereignisse in Deutschland ihren Einfluß geübt: der deutsche Aufstand hat den Kaiser bewogen, in die Suspension des Conziles zu willigen, er hat ihn in die Lage versetzt, mit den italienischen Kleinstaaten Frieden zu suchen; ja diese Erhebung aus der Tiefe der deutschen Nation hat ohne weiteres alle glänzenden Früchte der kaiserlichen Politik hinweggerafft und Karl's Kaiserthum über Deutschland in seinen Wurzeln getroffen.

46) Mendoza.. 15. April. vgl. Ribier II. 386.

47) Gonzaga. 23. April. (leg. 1200 fol. 74. und 136.)

48) Urkunde der Ratifikation in capitulaciones con pontifices leg. 2 fol. 23.

18.

In denselben Tagen, in welchen der Sieg der spanischen Staatskunst dem Reiche und der Kirche von Deutschland dauernde Organisationen zu verleihen sich angeschickt hatte, waren auch schon die Ele= mente in Bewegung, die einen neuen Kampf gegen diese spanische Monarchie in Deutschland aufzunehmen sich vorbereiteten: und diesmal trat an die Spitze der antikaiserlichen Bewegung ein Fürst, der durch die politische Meisterschaft dieser Spanier selbst erzogen, gebildet, belehrt war. Kurfürst Moritz von Sachsen hatte Scharfblick genug, die wunde Stelle des Gegners zu erspähen, er hatte politische Erfahrung genug, sich in seinem Vorhaben nicht durch pedantische Bedenklichkeiten aufhalten zu lassen, er war rücksichtslos genug, eine jede Unterstüßung zu ergreifen, selbst wenn sie von dem deutschen Nationalfeind gebracht und theuer bezahlt werden mußte.

Aber wenn auch lange schon zum Angriffe auf den Kaiser entschlossen, so war Moriß doch nicht der Mann, ohne weiteres sich zu erheben und seinen alten Kriegsherrn ohne weiteres zu überfallen. Wie die einigenden Bande der Fürstenopposition die deutschen Fürsten immer enger zusammenfügten, wie ihnen auch auswärtige Hülfe gewiß wurde, ließen im September 1551 die beiden Fürsten, die den Landgrafen in die Hand des Kaisers gebracht hatten, noch einmal eine nachdrückliche Aufforderung ergehen, endlich den Landgrafen frei zu geben. Aber der Kaiser war noch seiner Stellung zu sicher, als daß er die Zeichen

1) 12. September 1551. Lanz Staatsp. 485.

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