Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

reich das Conzil versammelt werden sollte. Aber Heinrich, wenig geneigt eine solche Zustimmung auszusprechen, ertheilte zuletzt geradezu die Antwort, daß er für sein Königreich und für die gallicanische Kirche durchaus kein Bedürfniß nach einem solchen Conzile fühle; man möge in den andern Ländern thun, was man für nöthig halte, Frankreich sehe nicht die Nothwendigkeit eines allgemeinen Conziles aller Nationen ein. Mit diesen und ähnlichen Erklärungen und Gegenerklärungen stritt man sich eine Zeitlang herum; zuletzt wurde in Rom dennoch der Beschluß zum Conzile gefaßt, ohne Rücksicht auf die französische Abneigung 15).

Es kam hinzu, daß auch in den politischen Dingen dieser Papst, das Geschöpf der französischen Partei im Conclave, sich von dieser französischen Partei stets weiter entfernt hatte. Während er sich dem Kaiser in allen Fragen anschloß, trat in den Beziehungen zu König Heinrich Erkaltung, Entfremdung, zuletzt Spannung ein. Auch hier gab die italienische Landespolitik, mit der allgemeinen europäischen Machtfrage verflochten, den Anlaß.

Wir sahen, wie in den letzten Tagen Pauls III. Ottavio Farnese und der Kardinal Farnese gegen die Erklärung des Großvaters sich in dem Besitze von Parma zu behaupten suchten. Ottavio war deßhalb eine Verbindung sogar mit seinem Todfeinde Ferrante Gonzaga eingegangen. Während des Conclave standen nun die Beiden über die Eroberung Parmas, das im Namen der Kirche gegen die Farneses von Camillo Orsino gehalten wurde, in Verhandlung. Aber wenn Gonzaga zu einem Handstreiche den Farnese mit Geld und Truppen unterstützen sollte, wünschte er vorsichtiger Weise doch dessen sich zu vergewissern, daß Ottavio das Herzogthum Parma nur als Vasall des Kaisers und im Namen von Kaiser und Reich behaupten werde; und als Ottavio solche Bedingungen einzugehen sich weigerte, wollte Gonzaga sich nicht zu sofortiger Hülfe verstehen, er wollte nicht die Verantwortung übernehmen, Ottavio in den Besitz von Parma zu sehen, ohne für die künftige Stellung desselben zum Kaiser ein Unterpfand zu haben. Der Kaiser freilich wies ihn an, sofort Ottavio zu helfen und ihm in dieser seiner Noth Vertrauen zu schenken. Aber als dieser Befehl in Italien eintraf, und als Gonzaga sich widerwillig zu dieser Hülfeleistung anschickte, war der Moment vorbei, Ottavio zu verpflichten. Der neue Papst, der in dem Conclave die Bedingung unterzeichnet hatte, in jedem

15) Ribier II, 279; vgl. Renards Depesche vom 7. August.

Falle Parma ungesäumt den Farneses zurückzugeben, hatte diese Zusage erfüllt; und so war Ottavio wieder in den Besitz von Parma gelangt 16).

In den ersten Tagen seiner Regierung erklärte, wie wir sahen, der Papst, er werde die Farneses als seine Nepoten behandeln, aber es zeigte sich bald, wie schwierig dieser Vorsag zu verwirklichen war. Wenn immer es etwas Unerhörtes gewesen ist, daß die Nepoten eines Papstes auch bei dem Nachfolger die erste Stelle in der Regierung bekleiden, so war es bei den damaligen Verhältnissen der Farneses, in ihren ehrgeizigen Verbindungen mit dem Kaiser und mit dem Könige von Frankreich geradezu als eine Unmöglichkeit anzusehen. In diesen Italienern dauerte doch noch das Streben ungeschwächt fort, um jeden Preis ihr Fürstenthum von Parma und Piacenza sich zu wahren, und im kaiserlichen Rathe hatte. sicherlich der Wunsch nicht nachgelassen, diese Territorien dem Herzogthume Mailand zu annectiren. Da brachte es zunächst die Stellung des neuen Papstes mit sich, daß er als der Lehnsherr der Farneses und als der Alliirte der kaiserlichen Politik eine Vermittelung der beiderseitigen Ansprüche auf sich nahm. Er empfahl dem Kaiser die Berücksichtigung der Farneses auf das Wärmste, er wünschte in gütlicher Weise die Streitfrage beizulegen. Aber der Herzog Ottavio glaubte in jenen Verhandlungen während des Conclave genug von dem Sinne des Kaisers erkannt zu haben; Gonzaga's Weigerung hatte ihm die Augen geöffnet, er sah in dem Generale, der in Mailand gebot, wiederum nur den alten Feind, der ihm den Vater erschlagen, und der auf die Beseitigung aller Farneses ausging. Und wie da die französische Diplomatie Alles aufbot, eine antikaiserliche Liga in Italien zu schließen, kam es bald dahin, daß Ottavio sich lieber dem französischen Schuhe in die Arme warf 17).

Die päpstlichen Nuntien, die am kaiserlichen Hofe in der Kirchenfrage verhandelten, hatten gleichzeitig auch die Aussöhnung der Farneses mit dem Kaiser zu betreiben. Des Kaisers Erklärungen waren da Anfangs recht schroff: er beharrte fest auf seinem Grundsage, daß Parma wie Piacenza dem Reiche gehöre, daß man verpflichtet sei, auch Parma ihm auszuliefern, daß also er nicht an eine Restitution von Piacenza denke. Es war nun wohl nicht seine Absicht, diese scharf und schroff gegebene Antwort auch durchzuführen; er meinte vielmehr dadurch die Farneses zur Nachgiebigkeit zu zwingen, durch seine ablehnende Haltung

16) Gonzaga an Karl 18. 21. u. 27. Januar. Karl an Gonzaga 12. März. 17) Ribier II, 275.

beabsichtigte er sich ein Compromiß mit dem Gegner zu erleichtern. Alle seine Absicht ging nur darauf hinaus, durch ein solches Compromiß. in den ungestörten Besit jener Territorien zu kommen und Ottavio Farnese dafür, wie er es ja auch schon früher angeboten, in angemessener Weise zu entschädigen. Man verhandelte darüber lange hin und her. Von kaiserlicher Seite wurde dabei jezt dieser Umstand immer nachdrücklicher betont, daß man nur eine mäßige Entschädigung geben. und nicht bei den früheren Geboten verbleiben wolle. Bei Ottavio wurde die Einsicht immer klarer, daß er immer weniger von dem Kaiser zu erwarten habe, daß er fortwährend der Gefahr ausgeseßt bleibe, durch einen kühnen Handstreich Gonzaga's unverschens sein Parma zu verlieren, und daß ihn dagegen nur der Rückhalt größerer militärischer Kräfte schützen könne. Bei dem Papste Julius zuletzt wurde nach und nach der Unwille rege, daß er mit allen seinen Vorschlägen. und allen seinen schlau ersonnenen Projekten zu nichts komme. Und der Kaiser war geschickt genug, auf des Papstes Free einzugehen undsich mit den vom Papste vorgelegten Compromissen einverstanden zu. erklären; wenn dagegen Ottavio es auf sich nahm, die ausgesonnenen. Mittelwege des Papstes beständig abzuweisen, so brachte er dadurch den päpstlichen Lehnsherrn immer mehr gegen sich auf. Das erste Jahr dieses Pontificates war noch nicht zu Ende, und der gütige Vermittler hatte sich in den zürnenden Gebieter verwandelt 18).

Und wie sich in dieser Zeit immer mehr die Spannung zwischen dem Kaiser und Frankreich steigerte, griff der drohende Bruch der beiden. Mächte auch in diese italienischen Verhältnisse über. Parma und Piacenza waren der Punkt, in dem die Gegner zuerst aufeinander stießen: die Feindschaft, die auf allen Seiten Nahrung gefunden, kam auf italischem Boden zuerst zum Ausbruch.

Papst Julius ist also in der allgemeinen Frage der Kirchenordnung wie in dieser italienischen Territorialfrage ein Verbündeter desKaisers geworden; er hat deßhalb mit seinem alten Alliirten gebrochen. und sogar die Farneses in Ungnade genommen. Er zog da mehr und mehr die eigene Familie an seinen Hof 19). Freilich diese Montes sind

18) Ueber diese Verhandlungen zwischen Julius III., Ottavio und dem Kaiserkonnte ich außer dem früher bekannten Materiale auch noch die Tepeschen Karls an Mendoza benußen; es liegt außerhalb meiner Aufgabe, dieser Sache hier im Detail nachzugehen.

19) Eine lebenswahre Schilderung dieser päpstlichen Verwandten giebt Dandolo. (S. 353 ff.) Man vermuthete in Rom, der Junge sei ein Sohn des Papstes; es

nicht so bedeutende Erscheinungen wie die Farneses, sie haben auch niemals die glänzende Rolle der Farneses gespielt, sie haben niemals die politischen Geschäfte des Papstthums in so hervorragender Weise geleitet. Es waren der ältere Bruder des Papstes,,der Herr Balduin," wie die fremden Gesandten sagen - und dessen Sohn Giambattista, die bei der Erhebung des Kardinals zum Papste herbeieilten; es war unter andern Seitenverwandten auch ein Sohn der Schwester des Papstes, Ascanio della Cornia, der seine Erscheinung bei Hofe machte, ein einäugiger, aber energischer Mann, ein tüchtiger Soldat. Alle diese Verwandten gewannen aber auf die eigentliche Regierung keinen Einfluß: sie verschafften sich wohl Geld und einträgliche Stellen, sie schwangen sich wohl einmal zu der Idee auf, ihrer Familie ein bleibendes Besigthum zu erwerben, ja Ascanio, dessen Auftreten schon dem Papste Schrecken einflößte, setzte wohl einmal seine Verwendung in größeren Kriegsaffairen durch, — aber in allen wichtigen Dingen, in den politischen Fragen vermochten sie gar Nichts. Mit weit größerer Liebe und Zuneigung behandelte der Papst einen jungen Menschen, zu dem er in keiner verwandtschaftlichen Beziehung stand: es war das ein Straßenjunge aus Parma, zu dem der Kardinal Monte zuerst wegen seines herzhaften unerschrockenen Benehmens eine persönliche Zuneigung gefaßt, den er dann in sein Haus aufgenommen und als seinen liebsten Umgang behandelt hatte. Schon im Conclave hatte er scherzweise angedeutet, daß er diesen Jungen zu Ehren bringen wolle; jezt behauptete er, zu dieser Würde des Papstthumes nur erhoben zu sein, um ihm das Kardinalat zu verschaffen. Aber es war leicht vorauszusehen, daß dieser jugendliche Kardinal ohne jede geistige Anlage und ohne jegliche Bildung sich auch keine politische Stellung im Collegium erobern werde. Und so gestaltete es sich in der That: bei Lebzeiten seines Gönners schon hatte er kaum irgend eine Bedeutung, und nach dem Tode desselben hörte man von dem jungen Kardinal Monte nur reden, wenn es sich um seine leichtsinnigen Streiche und seine scandalöse Aufführung. handelte.

Die päpstliche Politik überhaupt war in diesem Pontificate nicht. von einem selbständigen Gedanken erfüllt; auch der Papst selbst leitete die Kirche nicht nach einem festen Plane und in fester Richtung; man lebte nur von dem Moment zu dem nächsten Moment und ließ sich

scheint das Verhältniß überhaupt eine eigenthümliche Färbung gehabt zu haben, die bei Lebzeiten Julius' III. der Venetianer allerdings nur leise anzudeuten wagte.

von dem Einflusse verschiedener Persönlichkeiten zwischen den großen Parteien hin und her werfen.

Die Nothwendigkeit der Sache war es gewesen, die den Papst in die Richtung des Kaisers geführt hatte; er hatte gerade Einsicht genug, sich dieser kaiserlichen Allianz zunächst rückhaltlos hinzugeben. Da zeigte sich der Welt einmal wieder das seltene Schauspiel, daß in der Behandlung der europäischen Angelegenheiten ein Papst Eines Sinnes mit dem Kaiser war.

So hatte Karl die nächste Zeit nach jenem Augsburger Reichstag von 1548 wohl benutzt, sich von dem Papstthum Beistand für die Ordnung der deutschen Angelegenheiten zu gewinnen. Der Nachfolger Petri war jetzt zu dem Willen des Kaisers gebracht, auch die geist= liche Hülfe zur Unterwerfung des deutschen Protestantismus zu leihen. Es gab sich also die Aussicht, daß man auf dem damals errungenen Boden weiter bauen und nach und nach den Katholizismus in Deutschland neu einpflanzen könne.

Die kaiserliche Politik hat in jener Zeit nach dem Augsburger Reichstage den kühnsten Aufschwung genommen, sie hat damals den höchsten Gipfel ihrer Macht erreicht, sie hat die deutsche Nation mit absoluter Gewaltherrschaft bedroht.

Als der Reichstag im Juni 1548 entlassen war, machte der Kaiser nach beiden Seiten hin Anstalt in Deutschland seine Pläne auszuführen. Die geistlichen Stände hielten auf seine Anweisung Versammlungen, in welchen sie nach dem Muster seines Reformplanes im Einzelnen die kirchlichen Reformen in ihren Gebieten durchzuführen sich bemühten; und auf Seite der Protestanten wurde das Interim in den einzelnen Landen nach und nach eingeführt. Noch auf dem Reichstage nahmen es die meisten protestantischen Fürsten an; und wenn auch unter ihnen Kurfürst Morit sich die Zustimmung seiner Unterthanen vorbehielt, so schritt gerade er, in sein Kurfürstenthum entlassen, zu nachhaltenden und ausdauernden Verhandlungen mit seinen Theologen vor, die eine kirchliche Formel ergaben, im Grunde durchaus nach den Intentionen und der Lehre des kaiserlichen Interims eingerichtet. Von den Fürsten wagten nur zwei einen offenen Widerspruch, aber sie bedrohte des Kaisers Zorn. Der Markgraf Hans, der sich auf des Kaisers Versprechen vor dem Kriege berief, hatte stets den Ueberzug der kaiserlichen Waffen zu erwarten, und bei dem Pfalzgrafen Wolfgang wurde sofort durch eine Garnison spanischer Soldaten ein recht nachdrücklicher Bekehrungsversuch gemacht. Ueberhaupt war der Kaiser nicht gesinnt dem

« ZurückWeiter »