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Cardinales, der ja schon seit mehreren Jahren in alle Fragen für den Kaiser vermittelnd eingegriffen, der die Zukunft der Farneses durch die Heirath seines Bruders mit der kaiserlichen Tochter am besten gesichert glaubte. Farnese und Mendoza, die früher schon in Trident in ähnlicher Weise Bekanntschaft gemacht, näherten sich auch in Rom bald einem solchen Compromisse. Die spanische Kirchensubsidie, die der Papst zulezt zu einer Höhe von 400,000 Dukaten angeboten, die aber Karl abgelehnt hatte, entschloß sich Karl jezt anzunehmen. Mendoza und Farnese setzten es jezt auch in Rom durch, daß die päpstliche Bulle definitiv für diese Summe von 400,000 Dukaten ausgefertigt wurde. Und auch auf die weitere Geldforderung des Kaisers nahm Farnese Rücksicht. Was er einmal früher angedeutet hatte, daß der Papst zwar nicht die geforderte Hälfte aller Kirchengeräthe, wohl aber lieber noch eine bestimmte Summe von der spanischen Kirche bewilligen wolle, das nahm man jest wieder auf. Der Papst selbst äußerte sich einmal günstiger hierüber, und Farnese hielt unausgesetzt die Hoffnungen der kaiserlichen Politiker wach, daß eine nochmalige Zahlung zugestanden werden könnte. Man bot da einmal dem Kaiser auf indirekte Weise eine Geldsumme an, wenn er in seinen Conzilforderungen nachlassen wolle, eine Zumuthung, auf die er doch nicht eingehen durfte. Auf den Einen Umstand aber machte bei Allem Farnese unablässig aufmerksam, ebenso in direkten Aeußerungen, wie in unbestimmten Andeutungen, und dieser Eine Punkt war in der That der eigentliche Kernpunkt, um den es sich bei allen Verhandlungen zwischen Kaiser und Papst stets handelte. Wenn Karl sich entschließen könnte, troß Allem, was vorgefallen, der Familie Farnese den Preis für die päpstliche Allianz zu zahlen, wenn Karl seine Abneigung gegen eine Befestigung der Farneses in Parma und Piacenza überwinden oder, was ihnen noch weit lieber war, wenn er sich vielleicht zu einer Belehnung eines Farnese mit Siena entschließen wollte, in diesem Falle glaubte der Cardinal Farnese, würden keine Schwierigkeiten: aus den politischen Erfolgen des Kaisers und aus den conziliaren Streitigkeiten erwachsen: in diesem Einen Falle glaubte er versprechen zu dürfen, daß man in allen anderen Fragen sich bald einigen werde).

Einstweilen war ein Stillstand der Verhandlungen in Bologna vereinbart und dadurch Zeit gewonnen worden, den gesuchten Mittelweg ausfindig zu machen. Man erörterte zu diesem Zwecke eine ganze

8) Karl an Mendoza 11. April (Sim.) und Depeschen Mendoza's vom Mai bis August 1547; bes. vgl. Döllinger p. 56 u. 57, 64, 66 und 84.

Reihe von Möglichkeiten. Man meinte einmal, den Tridentiner Prälaten solle die Verhandlung über Deutschland bleiben und der Bologneser Versammlung die Aufgabe der allgemeineren Kirchenreformation zuertheilt werden. Oder man gerieth auf den Gedanken, an einen dritten Ort die beiden Versammlungen zusammen zu bringen. Es erschien da Ferrara besonders geeignet als ein solcher neutraler Boden zu dienen. Man meinte auch wohl einmal, daß Kaiser und Papst ohne Conzil die Reformation der Kirche in's Werk richten könnten). Aber alle diese Dinge scheiterten an dem festen und unbeugsamen Entschlusse des Kaisers, daß die geschehene Verlegung nach Bologna ein Unrecht sei, das man. erst gut zu machen habe, und daß demnach die Bologneser Prälaten sofort nach Trident zurückzukehren hätten. Freilich als der Papst einstweilen jede Verhandlung in Bologna einhalten ließ, machte diese augenblickliche Nachgiebigkeit doch bei dem Kaiser Eindruck. In der Umgebung. des Kaisers selbst fand Sfondrato Stimmen, die auf friedliche Bei= legung dieses Zwistes drangen; es schien entscheidend, daß zu der Meinung des Herzogs von Alba und des Cardinales von Augsburg sich auch die Stimme des Beichtraters Soto gesellte. Gerade dieser Soto war besonders rührig und eifrig, einen Mittelweg zu erforschen: wenn er die Händel des Conziles der alleinigen Fürsorge des Papstes überlassen wollte, dann verlangte er dafür größere, nachhaltigere Unterstützung des Kaisers in der deutschen Frage: für diesen Preis wollte er alle Zwistigkeiten zwischen Kaiser und Papst übersehen, dafür sollte der Kaiser es auf sich nehmen, desto nachhaltiger an der Restauration des Katholizismus in Deutschland zu arbeiten1o).

Das Wesentlichste war also, einstweilen nicht die Kluft zwischen

9) Depesche Mendoza's vom 26. Mai 1547, (Sim. leg. 874. fol. 58.) die bei Döllinger fehlt.

10) Nach Berichten Sfondrato's bei Pallavicino X. cp. 3. Vgl. Depeschen Mendoza's vom 4. und 15. August 1547. (Döllinger p. 99 u. 104). Die hier be= rührten A visos del cardenal de Coria find in Sim. Leg. 874 fol. 95. Er deutet darin Einzelnes an aus den Verhandlungen Sfondrato's mit dem confesor: 3. B. es de mas importancia lo que scrive que hablando con el confesor, ledixo (nämlich Sfondrato) agora dexemos el concilio aparte, y este governelo su sd. como le parescera, haga bolver su md. esta provincia a la antigua religion, quitando los predicadores luteranos, y poniendo catholicos y haziendo lo mismo en los magistrados y su sd. ayude con dineros a su md; y que al confesor no le havia parecido medio para no hablar y pensar en ello y aun al principio le havia parecido bien.

Bologna und Trident zu erweitern; und darin wurden wirklich Alle einig, Cervino und Farnese, Mendoza und die kaiserlichen Staatsmänner in Deutschland, daß vorläufig die Versammlung von Bologna ihre Thätigkeit suspendiren solle 11). Wenn dabei Granvella einmal die Andeutung fallen gelassen, daß man in den deutschen Religionszuständen wohl einen einstweiligen Vergleich werde anbahnen können, so hatte auch der Legat Sfondrato diese Aeußerung wohl aufgenommen und in Rom einen solchen Mittelzustand für Deutschland warm empfohlen. Als nun der Reichstag in Deutschland bevorstand, gab man in Rom es zu, daß die Suspension der weiteren Conzilverhandlungen auf ganz unbestimmte Zeit geschehe, und daß man sich alle weiteren Beschlüsse vorbehalte, „bis man die Resultate dieses Reichstages sehen werde." Auch am päpstlichen Hofe war man der Ansicht, daß das nächste Ziel nur die Unterwerfung der deutschen Keßer sein könne, und daß man zu diesem Ziele schnell und sicher durch irgend eine Uebereinkunft mit ihnen gelangen werde, die vielleicht ein Paar unwesentliche Punkte der Kirchenordnung Preis gebe, Conzessionen, zu denen übrigens Karl ganz ausdrücklich auch die Mitwirkung der kirchlichen Obrigkeit auf das bestimmteste und unzweideutigste als erforderlich bezeichnete 12).

Es war in allen diesen Verhandlungen den kaiserlichen Diplomaten geglückt, den Papst mürbe zu machen. Die Stellung, die der Kaiser durch den Gang der Ereignisse eingenommen, war so mächtig geworden, daß dem Papst alle diplomatischen Künste gegen sie nichts geholfen hatten. Es war auch kein Zufall, auf den der Papst rechnen mochte, dazwischengetreten, es war die Hoffnung auf eine italienisch-französische Liga nicht vorwärts gekommen.: er mußte sich dem Kaiser ergeben 13).

11) Pallavicino X. c. 4. Anhang V. 17. Und Mendoza berichtet darauf am 10. September, daß er mit den Cardinälen Farnese und Crescentio die Uebereinkunft getroffen: que se suspenda la proxima session hasta que se vea el camino que toman las cosas de Germania en la dieta, sin hazer en este tiempo aucto ninguno, que la suspension se haga sin tiempo limitado, que su sd. le avise quinze dias antes del dia que la session se huviere de intimar, pues la suspension es sin tiempo. (Sim. leg. 874. fol. 100.)

12) In derselben Depesche: tambien le dixo Farnes que podia ser que se hiziesse mejor el negocio con los tudescos sin concilio por via de acordio, concertando las differencias de la religion y aprovando por auctoridad del papa lo que se concertasse, como se havia hecho por el passado en tiempo de cierto papa y que ellos tienen un libro en que se contiene el concierto que la sede apostolica hizo con la iglesia de Alemania. Es ist dies die Antwort auf Karl's Aeußerungen vom 23. August. Anhang S. 115* ff.

13) Mendoza 15. August bei Döllinger p. 103.

So schien aus dem zeitweiligen Bruche wieder eine neue Eintracht der beiden Häupter zu erwachsen, ja, für die weitere Zukunft trafen Mendoza und Farnese Besprechungen: auch den Nachfolger des alten Papstes wollten sie gemeinsam schaffen.

In diesem Momente brach über die Hoffnungen dieser Farneses und die glückliche Lage des Papstes plötzlich ein furchtbares Donnerwetter herein. Dieser spanische Karl war nicht der Mann, dem alten Italiener es zu vergessen, in welche Lage er ihn im vergangenen Winter gebracht. Die Drohungen und Zornesworte, die er damals dem Nuncius ausgestoßen hatte, sollten nicht leerer Schall.und Klang bleiben, sie sollten in erschreckender Weise und Gestalt sich verwirklichen.

Wenn der Papst gegen die geistliche Hoheit seiner Stellung durch seine väterliche Liebe und seine Farnesische Interessenpolitik gesündigt hat, so hat ihn in demselben Gefühle auch die Strafe erreicht.

Mochte er mit dem Kaiser über friedlichere Beziehungen unterhandeln: unter der Maske dieser Verhandlungen verbarg der Kaiser den Plan seiner Rache. Während er die Farneses in Rom hinhielt, während er ihnen noch von allerlei Tauschprojekten und Combinationen reden ließ, merkte er auf jeden ihrer Schritte auf und vergaß keines Versuches, den der Herzog Pierluigi in Frankreich thun mochte. Aber gut verhüllt war die Rache geblieben: plößlich als sich der Papst eben seines Glückes erfreute und Luftschlösser von der dereinstigen Größe der Farnesischen Fürsten baute, plößlich traf des Kaisers Streich seinen Sohn, den Herzog jener Lande von Parma und Piacenza.

Die italienische Politik des Kaisers hatte zu diesen blutigen Consequenzen hingeführt: wenn Karl seine Projecte in Italien verwirklichen wollte, mußte er zu dem Drama in Piacenza gelangen.

Schon als Gonzaga auf italienischem Boden erschien, hatten die Absichten der kaiserlichen Politik eine entschiedenere Wendung genommen: was Gonzaga an Plänen im Einzelnen entworfen, hat er bald bei dem Kaiser durchzusetzen gewußt. Nach allen Seiten hat sich über Italien hin diese Thätigkeit Gonzaga's entwickelt. Wenn Karl in diesem Jahre 1547 die kleinen Herrschaften in Deutschland dem kaiserlichen Willen wieder dienstbar zu machen bemüht war, so begann er ein ähnliches Spiel auf italienischem Boden. Auch hier war es eine Reihe kleiner Staaten, die alle in sich genug Mittel boten, eine Umwälzung hervor zu rufen; auch hier durfte die Lehnshoheit des Kaiserthumes den Rechtstitel zu allen diesen Versuchen abgeben, und auch hier bot die factische Macht, die der Kaiser an den beiden Endpunkten Italiens, in

Neapel und in Mailand, besaß, ihm Machtmittel, auch die Mitte des Landes zu fassen: was jezt in Deutschland gelungen schien, durfte num auch in Italien versucht werden 14). Und auch unter den italienischen Fürsten fand in den Medicis und Gonzagas Karl Verbündete zu dieser Politik.

In jenem Sommer 1547 schon haben Franzosen und Italiener unaufhörlich davon geredet, daß der Kaiser durch seine ungebändigte Eroberungslust und seine tyrannischen Gefühle zu Angriffen auf die italienischen Zustände getrieben werde. In der That zeigen es uns jezt die Akten dieser Regierung, die bis heute geheim geblieben sind, daß wirklich solche Pläne vorgelegen haben: Gonzaga hat wirklich auf allen Seiten vorwärts gestrebt. Das Wichtigste war, daß die Farneses ent= weder vollständig und auf immer für den Kaiser gewonnen oder ganz. aus der Reihe italienischer Fürsten beseitigt wurden. Wie die Reibungen. zwischen Pierluigi und Gonzaga immer weiter um sich griffen, da ge= wann Gonzaga immer mehr die Ueberzeugung, daß dem ein Ende zu machen sei. Während Pierluigi immer mehr sich in französische Verbindungen einließ, ward die Nothwendigkeit immer dringender, sich sowichtiger Plätze wie Parma und Piacenza zu bemächtigen. Schon im Winter legte Gonzaga es seinem Kaiser vor, daß genug Elemente der Unzufriedenheit in jenen Ländern vorhanden seien, um mit geringem Zuthun von kaiserlicher Seite Pierluigi's Herrschaft zu stürzen 15). Die Vorgänge in Genua und Pierluigi's Theilnahme an Fiesco's Complett, die den kaiserlichen Ministern zweifellos feststand, konnten auch den Ab

14) Echon Aubes pine Histoire particulière de la court du roy Henry II.) macht diesen politischen Vergleich zwischen Teutschland und Italien.

15) Gonzaga (30. December 1546) zählt alle einzelnen Akte Pierluigi's auf und kommt zum Schluffe: le quali cose tutte danno inditio del non buon animo suo, et io per me non il vedo volontieri, cosi et vorrei che V. M. pensasse di pigliar qualche forma a casi suoi per asicurarsi da tutti questi sospetti; und weiterhin noch deutlicher: se ancora V. M. pensa di non lassarlo durare, è bene che io ne sia avertito, percio che da hora si cominciera a trattenere molti gentilhuomini dello stato suo a dar loro de fomenti, de favori, a persuader loro delle inobedienze et a tener altri modi simili con essi, in modo che vedendo esso nelli suoi sudditi una generale et publica mala sodisfactione, la quale ha havuto non pur hora principio et agevolmente si tireria avanti, pensasse di non andare ordendo trame con nissun potentato come fa, et da vivere in casa sua sotto il dominio et patrocinio di V. M, la quale havendolo condotto a questo stato starebbe in sua mano di condurlo poi dove ella volesse. (Leg. 1192. fol. 51.)

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