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Anhang.

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I.

Aus dem Anhang der Fragstücke des christlichen Glaubens für die Jugend zu Schwebischen Hall" (vom Jahr 1528) betitelt:

Etlich Tractetli (Tractätlein) durch Johann Brenk Ecclesaften zu Schwebischen Hall beschrieben. (1528.)

1. Wie das Holz des Kreuzes behauen und am weichsten angegriffen werden soll.

Christus sagt: Es soll mit einem Christen zugehen, wie mit einem Bauherrn oder König, der auf die Reise will ziehen. Dann diese zween, wollen sie nit zu Schanden werden, so sollen sie zuvor den Kosten anschlagen, wie denn Luc. 14. klarlich angezeigt wird. Also auch ein Christ nimmt ihm für (sich vor) einen großen Bau bis in's ewige Leben; dazu nimmt er ihm eine Reis' für wider den allergewaltigsten Fürsten dieser Welt, welches ist der Teufel. Darum auch billig der Kosten solches Gebäus und Reis' überschlagen wird, auf daß er nit mitten in der That zu Grund gehe.

Der Kosten aber solches Bau's und Reis' ist Vater und Mutter, Weib und Kind und alle Güter, ja auch dein Leben. Dann Christus sagt Lucä 14: Wer nit absagt allen dem das er hat, kann nit mein Jünger sein. Nit daß darum von Nöthen sei, Weib und Kind von ihm jagen, zeitliche Güter in Neckar werfen, — dieweil geboten wird, Vater und Mutter ehren, Weib und Kind nähren, die zeitlichen Güter zu brauchen sondern solche Stücke zu gebrauchen, so lang Gott will, auch sie zu lassen, wann Gott will: das schmeckt dem Adam nit. Derhalben soll ein Christ nit Wege und Stege suchen, wie er das Kreuz ledig werd, sondern Wege suchen, wie man es am weichsten Ort angreife, auf daß es nit zu schwer werde zu tragen.

Das Holz zum heiligen Kreuz gehörig ist ganz knorrig und unbehobelt, und wer es also unbehobelt auf sich nimmt, dem druckt es große Beulen, darf wol einen zu todt drucken bis in die Hölle.

Es muß aber also behobelt werden, gleichwie das Waffer zu Marath in der Wüsten vor Bitterkeit nit getrunken mocht werden (Exod. 15.), bis der Herr Most einen Baum zeigt, den thät er ins Wasser, da ward es süß. In der Stadt Jericho war das Wasser so lang bös, bis Elisa in dem Wort des Herrn Salz darein warf 1. Regum 14. Also auch das Holz zum heiligen Kreuz zugehörig ist so lang knorrig, unbehobelt und bitter gewesen, bis der Sohn Gottes daran gehängt ward. Wann nun der leidende Mensch denselbigen zur Zeit des Karfreitags am Kreuz siehet hangen, darnach ins Grab legen, so kann der Gottselige wol ermessen, daß der Ostertag und Urstende (Auferstehung) nit fern sei, welches sich an der That hat also erfunden, daß er gekreuziget, am dritten Tage auferstanden und erlöst ist worden von allen Schmerzen des Todes. Demnach wird uns das Kreuz glatt und behobelt, so wir an Christo unsere zukünftige Erlösung sehen und Auferstehung. Wann nun durch den Glauben wir am Kreuz sehen hangen den Sohn Gottes, so sieht man auch am Kreuz die Urstend und den Ostertag. Alsdann ist Freud im Leid, Leben im Tod, Herrlichkeit in Schmach, in labore requies.

Auf daß eigentlich vermerkt werde, wie am Karfreitag der Ostertag ersehen werde, und wie der Sohn Gottes das Kreuz behoble und glatt mache, so muß der heiligen Schrift Exempel und Vorbild wol verstanden werden; dann die Schrift, wie Paulus sagt, ist uns zur Lehre, Zucht und Ermahnung vorgeschrieben Röm. 15.

Wohlan! das Wort Gottes ist der Sohn Gottes (Joh. 8.), welcher auch unserthalb Mensch worden ist (Joh. 1.). Wer nun in seinem Kreuz siehet das gnädig Wort Gottes, der sieht auch den Sohn Gottes. Alsdann bedarf es nit viel Keuchens mehr; dieweil der Sohn Gottes am Kreuz ersehen wird, so kommt die Urstend und Erlösung bald.

Adam und Eva, sobald sie übertraten das Gesez Gottes, legt ihnen Gott ein schwer Kreuz auf, nämlich Schweiß, Schmerzen und Tod (Genesis 3.). Ich meine, das wäre ein knorrig unbehobelt Kreuz; es hätte ohne Zweifel ihnen Beiden die Achsel eingedruckt und zu Grund gestoßen, wenn sie an dem Kreuz nit hätten ersehen den Sohn Gottes hangen. Der Sohn Gottes ist das Wort, das Wort lautet also: Der Same des Weibes soll der Schlange den Kopf zertreten. Sobald dieß Wort per fidem (durch den Glauben) am Kreuze ward von ihnen beiden ersehen, bedurft es keiner Noth mehr, der Ostertag war nit ferne.

Dem Abraham legt Gott ein Kreuz auf, sprechend: Gehe aus deinem Vaterland von deiner Freundschaft, in ein Land, das ich dir zeigen will (Gen. 12.). Wie wäre es möglich gewesen, daß er dem Befehl gefolget und das Kreuz hätte mögen tragen, wenn er an dem Kreuz nit hätte sehen hangen den Sohn Gottes? Der Sohn Gottes ist das Wort, das lautet also: Ich will Dich zu einem großen Volk machen. Der Karfreitag konnte Abraham

nit schaden, dieweil er am Kreuz sahe den Sohn Gottes, dann er wol achtete, der Ostertag würd nit ausbleiben.

Die Welt kann den Griff nit, sie ist blind, weiß nichts vom gekreuzigten Gott zu sagen; sie meinet, sie wolle das Kreuz am weichsten Ort angreifen, aber sie sieht dem Sohn Gottes nit unter die Augen, so findet sie dann nichts anders denn Schaden, Verderbniß, Nachtheil. Aber ein Christ spißt die Augen, gedenkt nit so viel an das Kreuz, als an den Sohn Gottes (an das Wort), an welchem wird erfunden hundertfältig mehr, dann verloren ist. Es bedarf nit Redens davon: findet man den Sohn Gottes am Kreuz, so findet man einen Schaß aller Güter.

Jeremias ward gefangen gelegt durch die falschen Propheten in eine Grube, da kein Wasser, sondern allein Koth war (Jer. 27 und 28.). Wie griff er das Kreuz an? Bei der Grube? Da fand er Nichts dann gräuliche Gestalt. Bei den falschen Propheten? Da fand er Nichts dann tödtliche Feinde. Wie ergriff er's dann? Am weichsten, bei dem Sohn Gottes, bei dem Wort, das zu ihm gesagt war: Fürchte dir nit vor ihrem Angesicht, denn ich bin bei dir, daß ich dich erlöse, spricht der Herr.

Es kommt und überfällt uns das Kreuz, die Sünde und der Tod. Erhaschen wir nun das Kreuz unten bei der Sünde, oder oben bei dem Tod, so findet man nichts dann Verfluchung, Verderbuiß und ewige Hölle. Darum muß es am mitteln Theil angegriffen sein, da der Sohn Gottes hangt, der ist für die Sünde gestorben und uns zu einem Leben worden.

So ein Schaden zeitlichen Guts daher fällt, wie soll man ihm thun? vom Kreuz fliehen? Es läßt sich nit fliehen; aber es läßt sich angreifen. Am Gut? Da findet man nichts dann Schaden, da ist das Kreuz noch unbehobelt. Wie dann? Es muß ergriffen sein an dem mitteln Theil, da der Sohn Gottes hangt, der spricht durch David Psalm 36: Der Herr kennet die Tage der frommen Glaubigen und ihr Erbe wird ewiglich bleiben; sie werden nit zu Schanden in der bösen Zeit und in der Theuerung werden sie genug haben. Item: das Heil kommt vom Herrn, der ist ihre Stärke in der Zeit der Noth.

Wer nun in dem Kreuz des zeitlichen Schadens mit Glauben ansieht das Wort des Sohns Gottes, der mag's leichtlich tragen. Er gedenkt: wann du dein Gut deinen Kindern, Freunden oder armen Leuten mitgetheilt hättest, würde es dich gar nit bedauern; viel weniger soll es dich bedauern, daß es Gott selber dahin hat genommen und sich selbst zahlt.

Kurzum, es komme ein Kreuz wie es wolle, an Leib oder Gut 2c. so ist's allwege oben und unten am härtesten und fast (sehr) unbehobelt; aber am mitteln Theil, da der Sohn Gottes hangt, ist's am glättesten und am weichsten.

Darum wer unter'm Kreuz nit will zu Grund gehen, der greif's nun da mitten an. Ersieht er daran das Wort des Sohns Gottes, welches dann

mit dem Glauben geschieht, so ergreift man an dem Kreuz den vollkommnen Schaß unseres lieben Herrn Jesu Christi, den Himmel, die Gerechtigkeit, ewiges Leben, ewigen Reichthum und alles Gute. Amen.

2. Aus was Ursach Glück und Unglück entstehe.

Gleichwie fast Jedermann in diesem Stück eins ist, daß man bekennt einen höchsten Gott, und fehlet doch der größte Hauf an dem Mittel, dadurch man Gott erkennet, erlang oder zu ihm komm': also auch ist fast Jedermann in diesem Stück eins, daß alles Unglück und Glück, oder wie die Schrift eine Weis' hat zu reden, Segen und Vermaledeyung von Gott komme. Aber in der Ursach und Mittel, warum solches Unglück geschehe, theilt es sich fürnehmlich in drei Parteien, nachdem ein jegliche Partei ihr eigen Straßen hat, zu Gott zu kommen, wiewol eins Theil gar fälschlich.

Der Heid, Gleißner oder Antichrist hat sein Ursach und Meinung; er holt sie aus seiner Vernunft oder gleißnerischen Gottesdiensten. Mose hatte sein Ursach des Glücks oder Unglücks, bringt aber seine Meinung aus dem göttlichen Gesetz. Der Christ hat auch sein Ursach, er holt aber sein Meinung in Christo, in dem Evangelio. Nun so wenig durch Vernunft Gott erkannt wird, sondern allein durch das Wort oder Christum: also wenig mag die Ursach des Glücks oder Unglücks in der Vernunft oder den eigenen Gottesdiensten erholt werden. Man kann ja den Rath Gottes, daraus er Glück und Unglück zuschickt, nirgend her erfündigen, dann aus seinem eigenen Wort, dargn man allein ihn und sein Meinung lernet erkennen.

Es ist freilich kein Neues, daß die Vernunft und Gleißnerei das Glück und Unglück dem vollbrachten oder unterlassenen Gottesdienst zuschreiben. Es ist ein alt Geschrei in der heiligen Schrift, auch andern Historienanzeigen. (Nun werden Hosea, Jeremia, Valerius Maximus, Eusebius, Paulus Diaconus angeführt und fortgefahren.)

Aus diesen erzählten Geschriften und Historien sieht männiglich, daß es kein neu Geschrei ist, wann der bös Hauf schreit: es ist kein Glück im Land, dieweil die neuen Prediger sind aufgestanden. Item es geschieht dem und jenem recht mit seinem Unfall, Gott straft ihn, er ist auch evangelisch) 2c.

Der Teufel hat solch Geschrei anfänglich geübt durch die gleißnerischen Juden, nachmals durch die abgöttischen Heiden. So ist es kein Wunder, daß er jegund zu unseren Zeiten gleichförmig Klaffen anricht durch die Antichristischen, vermeint, er woll damit das Wort Gottes in ein Scheu und Feindschaft bringen.

Woher kommt denn aber Unglück und Glück, Segen und Schaden? Wer nit fehlen will in dem Urtheil, der muß die Ursach erfahren aus dem Gesez Gottes, wie Mose durch den heiligen Geist anzeigt Lev. 18.: Wer das Gesez hält, der wird dadurch leben, er wird Glück und Heil haben;

Deuter. 27.: Verflucht sei, der nit bleibt in dem Wort des Gesetzes und (es) nit vollbringt mit dem Werk. Daher verkündigen die heiligen Propheten aus dem göttlichen Gesez zukünftige Zerstörung Juda und Israel des Lands und Stadt Jerusalem. Warum? Es war von den Juden gefehlet am Glauben, daraus sich erhuben abgöttische Gottesdienste. Es war auch gefehlet an der Liebe, daraus mancherlei ungebürliche Gewerbe und finanzische Tücke entstanden waren. Die Gleißner sagten auch dazumal (wie Jeremias C. 44. bezeugt): dieweil die neuen Prediger oder Propheten auf waren gestanden, es wär kein Glück im Land. Wes war aber die Schuld des Unglücks? So nun auch zu unsern Zeiten Krieg und ander Unglück entstehen, was ist die Schuld? Der Prediger? Lehren sie doch das Wort Gottes. Woher kommt's dann? Ohne Zweifel aus dem, daß man vom Glauben durch Gößendienst, und von der Liebe durch seltsame Fündlein so lange Zeit gewichen ist. Also ist eben das die Ursach des Unglücks, das die Gottlosen für Ursach des Glücks anziehen. Und herwiederum ist das die recht Ursach des Glücks, das die Gottlosen für Urfach des Unglücks vorwenden.

Wie gehet es dann aber zu, daß die Straf oder das Unglück eben jezt trifft den gläubigen Frommen, durch Christum gerechtfertigten, und das Glück auf den boshaftigen Ungläubigen fällt?

Da muß man nit dem Gesez, sondern dem Evangelio nachrennen, welches urtheilt nach dem Glauben. So ist das Unglück von Gott zugeschickt nit als ein Straf der Sünd' wie im Geseß, sondern wie ein Kreuz, und legt Gott das Kreuz einem jeglichen Christen in keiner andern Meinung auf, dann wie er's seinem Sohn Jesu Christo aufgelegt hat. Es ist ja Niemand getödtet worden, dann er und ist doch auch Niemand je und je billiger, rechter und schuldiglicher getödtet worden, dann er, dieweil er sich beladen hat mit aller Menschen Sünd. Demnach schickt Gott einem Christen Unglück zu nit als ein Straf, sondern als ein Bewährung des Glaubens. Wiewohl so Gott will Sünd ansehen, wird Niemand bestehen. Aber in dem Evangelio, an dem Glaubigen so von dem Gesez erledigt, sieht er nit Sünd an, sondern sieht an seinen Sohn Christum, den er findet in des Christen Herzen. Was nun dem, so Christum, das ewig Wort Gottes durch den Glauben trägt, für eine Plag überfället, ist alles unschuldiglich zugeschickt (wie das ganz Buch Hiob bezeugt) allein zur Prob und Bewährung, auch damit göttliche Gewalt anzuzeigen, auf daß Jedermann klärlich sehe, wie Gott die Seinen mitten in Jammer, Angst und Noth, auch im Tod erhalten könne, daß sie nit zu Grund fallen. So gilt Mosis Urtheil nit auf die Glaubigen, gilt aber noch wol auf die Unglaubigen, unter dem Gesetz Begriffenen, die noch Christum durch den Glauben nit erkennen. Aber des Evangelii Urtheil ist gerichtet auf die Christen, denen alles Unglück von Gott nit mehr zorniglich, sondern gnädiglich wird zugeschickt, wie es geschrieben stehet Röm. 8. Dem Glaubigen steuren alle Ding zu Gutem. Amen.

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