Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

wie

drohten Evangelischen nach Graubündten u. a. 1562 berichtet Verger, troß der feindlichen Drohungen die Zahl der Gemeinden in dieser Landschaft sich im lezten Jahrzehnd mehr als verdoppelt habe. Eine Beisteuer Christoph's von 200 Gulden für arme vertriebene Prediger habe nicht blos diese, sondern die ganze Bündtner Bevölkerung so gerührt, daß fie dem Herzog, der sie ermuntern ließ, bei'm Evangelium standhaft zu bleiben und den Feinden (Italienern und Spaniern, welche drohten) keinen Durchgang zu ge= statten, sagen ließen: sie wollen ihnen schon den Paß verlegen und die Welschen nicht nach Deutschland hineinlassen.“ Mit Maximilian's Hofprediger, Sebastian Pfauser, stand Verger in lebhaftem Verkehr. Pfauser kam einst im Auftrag Maximilians, der mit Christoph in vertrautem Freundesverhältniß lebte, nach Stuttgart und hörte Brenz in der Stiftskirche predigen. Erstaunt darüber, die Kirche fast leer zu finden, sprach er nach dem Gottesdienst sein Befremden gegen Brenz aus, der es bekennen mußte, das sei leidige Sitte. Als sie im Nachhausegehen an einen Brunnen kamen, fragte Brenz Pfausern: was die schönste Tugend desselben sei? und da Pfauser stillschwieg, erwiederte er: „daß er stets Wasser giebt, es mögen Viele oder Wenige kommen, aus ihm zu schöpfen. So muß es der Prediger des göttlichen Worts auch machen.“ Des Freiherrn von Ungnad Wirken und Aufenthalt in Württemberg sollte nicht lang dauern. Er starb auf einer Reise in Böhmen 1564. Seine Gebeine wurden seinem Wunsch gemäß in Tübingen beigeseßt. Ein Jahr nachher, 11. Oktober 1565, folgte ihm Verger im Tode nach.

Wie in den östreichischen Erblanden, war auch in Baiern das Verlangen nach der reinen evangelischen Lehre allenthalben laut geworden, und hatte sich die evangelische Kirche troß der Gegenbestrebungen der geistlichen und weltlichen Gewalt beträchtlich ausgebreitet, bis die Jesuiten, denen der reformationsfeindliche Herzog Wilhelm trefflich in die Hände gearbeitet hatte, von Ingolstadt und München aus, wo ihnen Collegien eingeräumt. wurden, ihre Inquifitionen eröffneten, die des Protestantismus Verdächtigten festnehmen ließen und die, welche den auferlegten Eid nicht leisteten, zum Land hinausjagten. Die 1564 erschienenen „Zwo Trost- und VermahnungSchriften an die verjagten Christen aus dem Bayernland. Item ein Rathschlag Jo. Brentii,“ (8 Bogen 4.) schildern das gegen die Evangelischen befolgte Verfahren. „Wer sich päpstlicher Macht und Kirche äußert, wird in den Stock und Prechel gesperrt, die auswärts Kirchen besuchen, werden geschlagen, gefangen gesezt, mit Daumstöcken und mit der strengen Frag geschreckt, sofort um etliche Pfund Regensburger gestraft, d. i. um viel Gulden, zulegt aber des Landes verwiesen, wobei gegen die Bestimmungen des Religionsfriedens die Schuldigen sofort gehalten wurden, daß sie vom Gut fast den halben Theil dahinten lassen müssen. Besuchen sie dazwischen hinein, ehe die Güter verkauft sind, eine evangelische Predigt, so gilt es den Kopf.“ Merkwürdig ist, wie man schon damals in Baiern darauf drang, daß der Mon

stranz von Jedermann die schuldige Ehre erzeigt werde. Brenz verfaßte hierüber ein Bedenken, das den eben genannten Trost- und Vermahnungsschreiben beigedruckt wurde, worin er auf die Frage: „ob ein Christ mit gutem Ge= wissen den Pfaffen führen möge, wenn sie mit der Monstranz den Umgang halten?" die Antwort giebt:,, obwohl er ein christlich Mitleid mit ihnen trage, daß sie mit allerlei Gefährd versucht und bekümmert werden, danke er doch Gott, der sie mit der Erkenntniß der wahren Lehre erleuchte und sie mit solchem christlichen Fürnehmen begabe, daß fie bereit seien, eher das Vaterland zu verlassen, und in's Elend zu ziehen, denn etwas Unchristliches wider Gottes Wort zu handeln. Das Priesterführen im päpstlichen Umgang betreffend, sei es ganz ritterlich und der richtigste Weg, sich aller päpstlichen Gottesdienste frei zu entschlagen, auch derselben Beiwohnung zu meiden und zu fliehen. Das Stücklein Brod, das in der Monstranz umgetragen werde, sei kein recht Sakrament, da es nicht der Einseßung und Stiftung Christi gemäß gebraucht werde, sondern vielmehr ein abscheulicher Mißbrauch und Abgötterei, vor der sich männiglich hüten soll, wisse er nicht zu rathen, sei auch den Gewissen eines rechten Christen zu dieser Zeit, da die Wahrheit durch Gottes Gnad an Tag gekommen, unleidlich, daß sie daran Theil nehmen und diese Abgötterei für einen rechten Gottesdienst halten.“_Die Abendmahlsfeier bei den Papisten betreffend, erklärt Brenz, „es sei offenbar, daß die päpstliche Messe kein rechtes Abendmahl oder Sakrament habe, vielmehr mit der Einsetzung Christi streite. Eher soll man im Namen Christi in's Elend ziehen, denn einen solchen Abfall thun oder Aergerniß geben, gewisser Zuversicht, der Herr Christus werde Alles, was man um seinetwillen verlasse, reichlich und gnädiglich in diesem oder jenem Leben erstatten, wie viele Exempel schon im alten Bund anzeigen. Siehe, sagt der Herr Jesai. 41., sie sollen zu Spott und Schanden werden, alle die dir gram find, sollen werden als nichts. Und die Leute, so mit dir hadern, sollen umkommen, und die Leute, so wider dich streiten, sollen ein Ende haben. Denn ich bin der Herr dein Gott, der deine rechte Hand stärket und zu dir spricht: fürchte dich nicht, Ich helfe dir!“

Solchen Rath mußte auch jezt noch, nachdem der Religionsfriede den Augsburgischen Confessionsverwandten gleiche Rechte mit den Genossen der alten Kirche eingeräumt, ein Mann geben, der siebzehn Jahre vorher in einer Zeit stürmischer Vergewaltigung vorgezogen hatte, „ins Elend zu ziehen, denn solchen Abfall zu thun oder Aergerniß zu geben," und dem der Herr diese Treue reichlich und gnädiglich erstattet hatte. Es gehörte dem jesuitischen Inquifitionstribunal und seinen schleichenden Horchern gegenüber ein nicht minder großer Eifer und Muth dazu, im Vertrauen auf jene Verheißungen einem Land den Rücken zu kehren, das denn auch den Ruhm erlangte, auf lange das Vorwerk gegen den Protestantismus, den Centralpunkt päpstlichjesuitischen Wirkens in Deutschland zu bilden.

Zehnter Abschnitt.

Brenz's großer Katechismus, Predigten, andere Schriften aus der späteren Zeit; von 1550 an.

Die früher so rege literarische Thätigkeit unsres Brenz, welche selbst durch seine Vertreibung in Folge des Interims nicht wesentlich unterbrochen ward, sezt er, nachdem er in Württemberg eine Zuflucht und erweiterte Wirksamkeit gefunden, mit ausdauerndem Fleiß und staunenswerther Kraft fort. Wie er zur Zeit der Türkennoth durch seine ernsten Predigten, durch die Hinweisung auf die von der heiligen Schrift uns vorgehaltenen göttlichen Gerichte die Kirche in die rechte Stimmung zu verseßen sich bemüht, so geschah es unmittelbar vor dem Ausbruch des schmalkaldischen Kriegs, daß er in seinen 25 Homilien de poenitentia auf die Nothwendigkeit und die Beschaffenheit der rechten Buße hinwies, durch die man allein den drohenden Gerichten zu begegnen vermöge. In den nächsten Jahren kamen neue Ausgaben seiner Homilien über die Apostelgeschichte und seines Commentars zum Hiob (1546), seine Bußpredigten von der Sündfluth (1548), seine Argumenta et summae in libros V. et N. T., seine Erklärung des 93. Psalms und des Philipperbriefs, 1550 die des zweiten Buchs Mosis und des Jesaias, sowie seine Postille über die Evangelien des Kirchenjahrs heraus. Der Jesaiascommentar war namentlich in England hochgeschäßt. Herzog Christoph hielt ihn so hoch, daß er befahl, ihm denselben als Zeugniß seines Glaubens nach seinem Tod unter das Haupt zu legen. 1551 erschien eine deutsche Uebersezung der Homilien über die Apostelgeschichte, neue Ausgaben seines Leviticus und Amos und der Schrift: wie in Ehesachen nach göttlichem Recht zu handeln, jene beiden in Frankfurt, diese in Wittenberg. Die Hauptschrift des genannten Jahres aber ist sein großer Katechismus: Catechismus pia et utili explicatione illustratus (Frankfurt 4.), ein Werk, das Brenz zunächst wie der Herausgeber, Caspar Gräter, im Vorwort sagt, auf die Bitten seiner Freunde und Collegen für deren Privatgebrauch verfaßt hatte, das aber nun in der Absicht veröffentlicht wurde, in der durch das Interim herbeigeführten Ungleichheit und Verwirrung der Lehre namentlich Mindergeübten die rechte Unterweisung in der christlichen und kirchlichen Lehre zu geben. Brenz sagt im Eingang seiner Erklärung vom Katechismus, er sei eine kleine Bibel zum Gebrauch in Kirche und Haus, damit die Kinder von früh an im Evangelium unterrichtet und namentlich von Vater und Mutter zum Glauben angehalten würden. Wie denn die Eltern von ihren Kindern die gebührende Ehre verlangen können, wenn sie sie nicht vor Allem zur Befolgung der Gebote anhalten? Die Kinder seien nicht eine Gabe des Zufalls, sondern ein Segen von Gott, sie zu Gliedern des himmlischen Reichs zu

bilden; unterlassen die Eltern das, so tragen beide Tod und Verderben davon. Aber leider haben viele Eltern mehr Acht auf ihre Schweine und deren Pflege, als auf ihre Kinder. Man halte Großes auf Züge von Soldaten und Führung geharnischter Reiter gegen den Feind, während jene nicht selten in ihrer Rohheit Knechten des Teufels ähnlich seien, diese nur Blutvergießen und Gemeßel anrichten und selbst in rechtmäßigen Kriegen soviel Unrecht thun. In der Mitte der Kinder dagegen sein, heiße unter Engeln weilen. Ihnen soll der Katechismus den Weg zum wahren, ewigen Leben weisen. Dadurch werde die Kirche erhalten und auf die Nachkommen fortgeflanzt. Christliche Kinder, wenn sie heranwachsen, leiten ihre Kinder auch wieder zum Glauben an und so erbe sich die Treue der Eltern als ein Segen auf tausend Generationen fort.

Bekanntlich weicht Brenz in der Eintheilung des Katechismus von Luther darin ab, daß er nicht die zehn Gebote, sondern die Taufe als das erste Hauptstück voranstellt, dann den Glauben, das Gebet des Herrn, die 10 Gebote folgen läßt. Wenn für Luthers Ordnung unbezweifelt spricht, daß durch das Gesez das Sündenbewußtsein geweckt, der Glaube vorbereitet wird, so folgt Brenz, dem kindlichen Verständniß sich anschließend, mehr der neutestamentlichen Pädagogik. Das Kind soll sich gleich des Gnadenverhältnisses, in das es zu Gott treten durfte, bewußt werden; es ist durch seine leiblichen Eltern dem himmlischen Vater alsbald geweiht worden und wird durch den Glauben ihm als Erbe seines Reichs zugeführt. In der Behandlung der zehn Gebote hat Brenz dann den Vortheil, daß sie als Bestätigung des christlichen Lebens abgehandelt werden, das Gesez zugleich im Licht des Evangeliums betrachtet werden kann, daher der Katechumene am Schluß bezeugt, er sei zu Erfüllung des Geseßes, zum Vollbringen guter Werke verpflichtet, damit er seinen Glauben damit bezeuge und unserm Herrn Gott für seine Gutthaten dankbar sei. Glauben spricht er den Kindern, die getauft sind, zu als eine wenn auch bewußtlose Ahnung, wie sich ja auch die vernunftlose Kreatur (Röm. 8.) nach einer herrlicheren Offenbarung sehne, was die Eltern um so mehr antreiben müsse, auch den offenbaren Glauben in ihnen zu wecken. Beides, Glaube und Taufe, sei dem Chriften nothwendig. Mag auch der Schächer am Kreuze selig gepriesen werden um des bloßen Glaubens willen, mögen in der ersten christlichen Zeit manche Katechumenen, die noch ungetauft starben, als gute Christen gestorben sein, mag jezt noch Manchen die Taufe zu keinem rechten Christen machen, wie jene Juden, die sich um Geld zu erhalten, mehrmals taufen ließen, so ist die Taufe eine göttliche Verordnung, der sich keiner entziehen darf, die mit den reichsten Verheißungen begleitet ist. Sie ist mit den Stiftungsworten:,, tauft sie im Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes" zu vollziehen, während die weiteren Formen frei zu geben sind.

Aus dem reichen Inhalt der Brenz’schen Erklärungen, die von keinem Katecheten übersehen werden sollten, heben wir einige aus. Zur ersten Frage: welches Glaubens bist du? wird bemerkt: Diese Frage ist nicht zufällig an die Spize gestellt; sie soll Kinder und Erwachsene an das erinnern, was ihnen vor Allem am Herzen liegen, was ihre vornehmste Sorge sein soll in diesem irdischen Leben. Es ist ja nur zu bekannt, was die Art und Gewohnheit dieser Zeit ist: der Menschen Rennen und Jagen geht so sehr auf Erwerb oder Erhaltung und Vermehrung der zeitlichen Güter, daß sie meinen, nur für des Leibes Sorgen geboren und erzogen zu sein. Es ist, als ob der Bauch ihr Gott wäre. Die in die Ehe treten, fragen. nicht, welches Glaubens Bräutigam oder Braut sei, sondern wie viel sie Vermögen haben, welche Mitgift sie zubringen; werden ihnen Kinder geboren, so handelt es sich nicht darum, sie in der Erkenntniß der wahren Religion zu erziehen, sondern daß sie ihren leiblichen Unterhalt, ihr zeitliches Glück erlangen. Aendert einer seinen Wohnfig, zieht er in eine andere Gegend, so fragt er nicht, welches dort die herrschende Religion sei, sondern blos, ob der Ort zum Erwerb, zum Dienst des Bauches geeignet sei. Verdingen sich Dienstboten, so fragen sie nicht nach der Religion im Hause, sondern blos nach der Größe des Lohns. Kurz, so gering geschäßt ist die Frömmigkeit, daß man sie allem andern hintanseßt. Daher die Frage nach dem Glauben am Eingang des Katechismus, damit wir an unsre vornehmste Pflicht, an die Aufgabe erinnert werden, Gott recht zu erkennen und nach ewigen Gütern zu trachten.... Der Glaube, die wahre Religion kann allein den Menschen von der Sünde und allem Uebel befreien. Legen wir auf einen Haufen alle Güter der Erde, Macht, Ehre, hohe Stellung, Gesundheit, Reichthum, Jugend, Schönheit, Tapferkeit, Weisheit, Gelehrsamkeit, was nur die Welt bewundert: all das kann uns im Tod nicht erhalten, uns den Flammen der Hölle nicht entreißen.

i

„Ich bin ein Christ;"— kein Name ist herrlicher, als der des Christen. Es liegt etwas Königliches darin; denn Christus heißt der Gesalbte, der König; Christ also ein dem Gesalbten, dem König angehörender, ein Glied des Leibs, da Er, Christus, das Haupt ist, darum aller seiner Güter theilhaftig. Welcher Antrieb, diesen Namen nicht durch gottloses Leben zu schänden! Was wäre schmählicher, als wenn ein Königssohn und Erbe fich so beschmugen, ein so verworfenes Leben führen würde, wie die allerniedrig sten Menschen? Noch viel schimpflicher, wenn ein Christ sich durch gottlos Wesen und Thun schändet! Im Namen Jesu Christi getauft werden," heißt nicht blos: auf seinen Befehl, nicht blos zum Glauben an ihn, um sein Jünger zu werden, sondern da der Name Christi Er selbst ist, zur Gemeinschaft mit ihm und zur Theilnahme an allen feinen Gütern. Das Bedenken gegen die Lehre: daß wir durch den Glauben an das Verdienst Christi

"

« ZurückWeiter »