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unsrer Werke willen, sondern von wegen Jesu Christi durch den Glauben. Den ehrwürdigen Luther habe Gott erweckt, gerade diese Lehre wieder an's Tageslicht zu bringen und sie vom Schmuß der Päpste, Scholastiker und Mönche zu reinigen. Durch die Herausgabe seines Commentars wolle er öffentlich bezeugen, daß er diesen Mann als ein Werkzeug Gottes und als seinen Lehrer achte, bei deffen Lehre er bleiben wolle. Er danke Gott, daß er uns in diesen schweren Zeiten einen solchen Helden erweckt habe, der das in der dichtesten Finsterniß Begrabene wieder zu Tag gefördert. Ueberall, wohin wir unsre Blicke richten, begegnen uns Wohlthaten, die uns der Herr nach seiner Gnade durch diesen Mann erzeigt habe. Daß in der Kirche die gottlosen Gebräuche abgeschafft find, die Sakramente recht verwaltet werden, der Name Gottes wahrhaft angerufen wird, die Lieder mit Segen gesungen werden, das hat gegen den Willen aller Päpste und Mönche Gott durch diesen Mann zu Stand gebracht. Daß in den Schulen statt der gottlosen Träumereien der Sophisten die heilige Schrift rein und lauter gelehrt wird, verdanken wir durch Gott diesem unserm Lehrer. Wenn in den weltlichen Reichen mit gutem Gewissen das Gesez gehandhabt und das Schwert geführt wird, so haben wir's dem Unterricht Luthers über das Amt der Obrigkeit zu danken." Gleiche Verdienste habe er sich erworben hinsichtlich des Hausstands. Aller dieser Wohlthaten sollen wir gedenken, uns zum Dank gegen Gott ermuntern zu lassen und ihn zu bitten, daß er sein Evangelium in der Kirche erhalte, um so mehr, je drohender die Gefahren seien.,,Noch bestehen in ihrer Kraft jene Edikte von Worms und Augsburg, noch die Befehle mancher Fürsten und Bischöfe, die Verdammungsurtheile berühmter hoher Schulen, um nichts zu sagen von den Schriften Einzelner, in denen unser Luther und alle die, welche seiner Lehre anhangen, bis in die Hölle verdammt werden. Jenen Bullen und Edikten folgten Verweisungen, ja selbst mit ihrem Blute mußten Männer und Weiber ihren Glauben an diese Lehre besiegeln. Und doch werden sie noch so heilig gehalten, daß selbst fromme Fürsten deren Aufhebung im römischen Reich nicht erlangen können. Auch jezt wollen die Feinde des Evangeliums sie schüßen nicht nur durch eine päpstliche Synode, sondern auch durch einen grausamen Krieg. Als Hiskias, der König von Juda, von Sanherib in Jerusalem belagert wurde, und die Briefe der affyrischen Gesandten den wahren und lebendigen Gott lästerten, was that der fromme König? Er konnte und durfte diese Schmähungen nicht verschweigen, aber da Niemand auf der Welt war, der den gottlosen König dafür strafen konnte, so ging er mit Jesaias in den Tempel hinauf, breitete diesen Brief vor dem Herrn aus, und rief zu ihm mit großer Zuversicht, daß er selbst die Ehre seines Namens retten möge. Und er hat nicht vergeblich zu ihm gerufen. Wohlan denn, -mein Lieber, so wollen auch wir es wagen, Himmel zu durchbrechen, und zu dringen bis zum Thron der göttlichen Majestät. Ich weiß und glaube fest, der Herr wird uns nicht verstoßen, ob

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wir gleich Sünder find, denn wir kommen zu ihm im Geleite unseres Mittlers, des eingeborenen Sohnes Gottes, Jesu Christi, den der Vater also liebet, daß er ihm Alles übergeben hat. Wir wollen auf unsere Kniee, auf unser Angesicht niederfallen, und Gott unsere Klagschrift vorlegen, ausbreiten vor ihm die gotteslästerlichen Bullen, und die grausamen Edikte, und sagen: Ewiger, allmächtiger und barmherziger Gott, der du dich den Menschen geoffenbart hast, nicht nur in dem Werke der Schöpfung dieser Welt und durch Ifraels Ausführung aus Aegypten, sondern auch durch das Allergrößte, durch die Sendung deines eingebornen Sohnes, unsers Herrn Jesu Chrifti, und durch die Gaben deines heiligen Geistes, mit denen du deine Kirche zierest, wir bitten dich durch deinen lieben Sohn unfern Herrn Jesum Christ, daß du nach deiner Gnade deine Ohren öffnest zu unsrem Gebet, und nicht sowohl uns, als der Ehre deines Namens Hülfe sendest. Du weißt, wie tief das ganze Menschengeschlecht mit Sünden bedecket war. Aber du, barmherziger Gott, hast unser Elend angesehen, und deinen eingebornen Sohn verheißen und gesandt, daß er die Sünden der ganzen Welt wegnehme, und wir durch ihn gerecht und selig würden. Dies ist das Evangelium, das du anfänglich den Patriarchen geoffenbaret, die Propheten gelehret, mit Hülfe des heiligen Geistes durch die Apostel in der ganzen Welt verbreitet, und in unsern Zeiten durch deinen Knecht Luther wieder an das Tageslicht gebracht hast, durch das du deine Kirche erhältst nicht nur unter den Anfechtungen dieser Zeit, sondern auch im Tode selbst bis zum ewigen Leben. Wir bitten dich, barmherziger Gott, siehe doch an, was die Gottlosen von dieser deiner Gabe halten. Siehe, wir breiten aus vor dir die Bullen der Päpste, Fürsten und Bischöfe, die Schriften der Sophisten, mit denen sie die Lehre deines Sohnes von der Gerechtigkeit durch den Glauben schmähen. Fromme Fürsten, die ihre Thore geöffnet haben dem Könige der Ehren, dem eingeborenen Sohne und seinem Evangelium, haben mit aller ihrer Arbeit, mit allen Rathschlägen, Ermahnungen und Bitten nicht bewirken können, daß diese gotteslästerlichen Bullen und Edikte im römischen Reich abgethan werden. Ja deine Feinde denken darauf, mit Schwert und Krieg ihre Gottlosigkeit zu vertheidigen, wie sie früher gegen deine Kirche gewüthet haben. Stehe auf, Herr unser Gott, und führe du deine Sache, gedenke der Gotteslästerungen, welche die Gottlosen gegen dich aus speien, befreie aus seiner Acht deinen Sohn Jesus Christus, erhalte deine Kirche, welche die Feinde des Evangeliums gerne niedertreten möchten, schüße deine Fürsten, die in dieser argen Zeit gegen deine grausamen Feinde wachen für deine Kirche. Wir bekennen zwar, daß auch wir Sünder find, die für die unermeßlichen Wohlthaten, die du uns erzeigt, nicht genug danken, aber wir glauben ja an das Evangelium deines Sohnes, um Gnade und Erbarmung zu finden für unsere Sünden, und bitten, daß du unser Leben durch deinen heiligen Geist regierest, damit wir in der Kreuzigung unseres Fleisches dir dienen, und deinen Namen be

Hartmann, Brenz.

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ständig verherrlichen. Wer sind unsre Widersacher? Es sind die Verfolger deines Namens und deiner Kirche. Wirst du, Herr, ihr Vornehmen gelingen lassen? Nein, du wirst es nicht thun, der Gottlose kann bei dir nicht wohnen, du hasfest Alle, welche unrecht thun, du wirst zu Grund richten Alle, die Lügen reden. Wir sind wohl-unwürdig, deine Herrlichkeit zu sehen, aber du bist würdig, daß dein Ruhm in der Welt offenbar werde. Wenn du aber uns jezt verlässest, werden nicht die Gottlosen sagen: wo ist ihr Evangelium? wo ist ihr Christus? Konnte Christus sie nicht im Kriege erretten, wie sollte er sie im Tode erhalten? Darum, barmherziger Gott, verherrliche deine Macht, und wie du gesagt haft, rufe mich an in der Noth, so will ich dich herausreißen und zu Ehren machen, so höre auch uns, die wir deinen Namen anrufen, durch deinen eingebornen Sohn, unsern Erlöser, Jefum Christum, Amen! So, mein Lieber, bete du im Glauben mit mir und mit der ganzen Kirche. Laß uns feste stehen im Vertrauen und fortfahren, unsere Arbeit zu thun. Ich hoffe, daß wir nicht nur auf dieser Welt, sondern einst auch im Himmel, in der Versammlung aller Frommen, auch mit unserm theuersten Lehrer Luther verkündigen werden das Lob der grenzenlosen Barmherzigkeit, die uns unser himmlischer Vater durch seinen eingebornen Sohn zusammen seinem heiligen Geist erzeigt hat."

Mit dieser Waffenrüstung, angethan mit dem Helm des Heils und dem Schwert des Geistes, konnte Brenz den schweren Kämpfen, die mit Sturmesmacht hereinbrachen, gefaßt entgegengehen.

Zweites Buch.

Brenz's Vertreibung aus Hall und ihre Folgen. Die lekten zwanzig Jahre gesegneter Wirksamkeit in Württemberg bis zu Brenz's Tod. 1546-1570.

Erster Abschnitt.

Die Drangsale während des schmalkaldischen Kriegs, und des
Interims. Brenz's flucht und Rettung.

1546-1550.

Luther war vom Schauplah abberufen als der Gerechten einer, von denen geschrieben steht*):,,sie werden weggerafft vor dem Unglück; und die richtig gewandelt haben, kommen zum Frieden.“ Denn eben jezt zog, von tiefer blickenden Geistern lange geahnt, eine Zeit furchtbarer Stürme herauf, eine Zeit des Kampfes, der als ein entscheidender Alle treffen mußte. Wenige aber sollten schwerer geprüft, wenige herrlicher gerettet werden, als Johann Brenz.

Das Gespräch der Theologen zu Regensburg war fruchtlos geblieben: jezt sollte ein an demselben Orte zu haltender Reichstag endlich „Frieden und Recht“ bringen. Im April 1546 kam der franke, wie es schien, um den Frieden ernstlich bemühte Kaiser in Regensburg an. Aber die drohenden Gerüchte von seinen Rüstungen, wie von seinen Unterhandlungen mit dem Papste konnten die Fürsten des schmalkaldischen Bundes den kaiserlichen Vergleichsvorschlägen wenig geneigt machen. Das spricht sich auch aus in einem damals von Brenz, wahrscheinlich auf Herzog Ulrichs Aufforderung, geschriebenen Bedenken darüber: ob und wie weit man wenigstens in den drei Artikeln von der Rechtfertigung, vom heiligen Abendmahl und von der Messe

*) Jef. 57, 1. 2.

dem Kaiser und Papst willfahren könne? Brenz führt aus, es sei unmöglich, diese drei Artikel von Papst und Kaiser zu erhalten: denn 1) sei das Papstthum in seiner jezigen Gestalt ein Endt- (Anti-) Christenthum; 2) würde der Papst keinen Artikel ohne einen unchristlichen Anhang nachlassen, nämlich daß man ihn sollt für das Haupt der Kirche achten und seine decreta et dogmata nicht sollt als unchristlich verwerfen, daß man seine Lehre vom Verdienst der Werke und dem Gebrauch nur einer Gestalt im Abendmahl nicht verdamme u. s. w.; 3) habe es den Schein, man wolle von dem Papst verlangen, was von Christo nicht blos erlaubt, sondern auch geboten sei; man wolle dem Papst einräumen, die Gewalt, die Schrift nach seinem Gutdünken zu deuten und die göttliche Ordnung zu ändern. Ließe er den Ständen auch diese drei Artikel nach, so werde er doch in seinem eigenen Lande seinen Unterthanen nachgeben, und so könnte dieser Vertrag erst Anlaß geben, daß die Christen in des Papstes Landen verfolgt werden, da ja der Papst mit den Ständen, die ihn daran hindern könnten, im Frieden lebe; 4) ein Concil von Gelehrten aller christlichen Nationen würde nur zu größerer „Beschwerde" führen. Vielmehr sollten die christlichen Fürsten und Stände im Vertrauen auf Gottes Hülfe die Predigt des Evangeliums, wodurch das Antichristenthum gestürzt worden, mit allem Ernst fortgehen lassen, diese Lehre durch Gottes Gnade handhaben und darob sein, daß keine falsche Lehre wieder einreiße, bis der Allmächtige sein allgemeines Concil und Reichstag des jüngsten Gerichts halten werde. Dann werde die Reformation seiner Kirche dieser Gestalt verabschiedet werden, daß es zum ewigen Lob des göttlichen Namens und der ganzen Kirche Heil gelange.

Brenz hatte richtig erkannt, die Zeit der Concessionen und Vermittlungsversuche sei vorüber. Statt der Feder sollte das Schwert, statt des gelehrten Streitgesprächs der Schlachtruf entscheiden. Für die Theologen galt es da besonders, sich und das Volk über die Frage nach der Zulässigkeit, nicht mehr blos der Hülfeverweigerung für den Kaiser, sondern des Kriegs gegen den Kaiser aufzuklären. Daß auch Brenz darum nach Kräften bemüht war, zeigten bald zu seinem eignen und seiner Freunde Schaden, in seinem Hause zu Hall von den Feinden aufgespürten Briefe und Predigten.

die

Den Verlauf des nunmehr ausbrechenden sogenannten schmalkaldischen Kriegs zu schildern, wie er unter den günstigsten Aussichten für die Protestanten begann und zunächst mit so schlechtem Erfolg endete, ist nicht dieses Orts. Uns genügt anzuführen, daß der Kaiser nach einem Feldzug weniger Monate durch den unerwarteten Abzug der Verbündeten aus der Donaugegend (zwischen Ulm - Günzburg - Heidenheim) in die Lage kam, über das Herdtfeld nach Franken, um die Mitte des December aber wieder nach Schwaben zu ziehen, wo er vom 16.-22. dieses Monats in Hall vers weilte. Wie es hier unsrem Brenz und seinem Hause

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seine Gattin

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