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Freundschaft ziehen mußte, an dem Kreuz, das er tragen mußte, den Sohn Gottes hängen, d. h. das Wort: ich will dich zu einem großen Volk machen. Die Welt kann (fennt) den Griff nit, sie ist blind, weiß nichts vom gefreu zigten Gott zu sagen, sie meint, fie woll das Kreuz am weichsten Ort an greifen, aber sie sieht dem Sohn Gottes nit unter die Augen, sondern allein dem Kreuz, so findet sie dann nichts anders, denn Schaden, Verderbniß, Nachtheil; aber ein Christ spigt die Augen, denkt an den Sohn Gottes und findet an ihm hundertfältig mehr, denn verloren ist. Findet man den Sohn Gottes am Kreuz, so findet man einen Schatz aller Güter. Es kommt und überfällt uns das Kreuz, die Sünde und der Tod; erhaschen wir nun das Kreuz unten bei der Sünde oder oben bei dem Tod, so findet man nichts, denn Verfluchung, Verderbniß und ewige Hölle. Darum muß am mittleren Theil angegriffen sein, da der Sohn Gottes hängt, der ist für die Sünde gestorben und uns zu einem Leben worden.

So ein Schaden zeitlichen Guts daherfällt, wie soll man ihm thun? vom Kreuz fliehen? Es läßt sich nicht fliehen, aber es läßt sich angreifen. Am Gut? da findt man nichts, denn Schaden. Wie dann? es muß ergriffen sein an dem mittleren Theil, da der Sohn Gottes hängt, der spricht durch David, Ps. 36: Der Herr fennet die Tage der frommen Gläubigen und ihr Erbe wird ewiglich bleiben, sie werden nicht zu Schanden in der bösen Zeit und in der Theue rung werden sie genug haben u. s. w.

Kurzum, es komme ein Kreuz wie es woll, an Leib oder Gut u. s. w., so ist's allwegen oben und unten am härtesten und fast unbehobelt, aber am mittleren Theil, da der Sohn Gottes hängt, ist es am glättesten und am weichsten. Da greif's an, ergreif an dem Kreuz den vollkommnen Schatz unsers lieben Herrn Jesu Chrifti, den Himmel, die Gerechtigkeit, ewigs Leben, ewigen Reichthum und alles Guts. Amen.

In dem zweiten Traktat,,„,aus was Ursach Glück und Unglück entstehe," wird von der Ansicht der Juden und Heiden ausgegangen, die große Unglücksfälle von Verachtung und Unterlassung der Gottesdienste und Aehnlichem ableiteten, und als die richtige Ursache die Verachtung des Wortes Gottes nachgewiesen; für den Christen aber sei das Unglück nicht Strafe, sondern eine Bewährung des Glaubens. Was den, so an Christum glaubt, für eine Plag überfällt, ist alles unschädlich zugeschickt (wie das ganze Buch Hiob bezeugt), allein zu Prob und Bewährung, auch damit göttlichen Gewalt anzuzeigen, auf daß Jedermann klärlich sehe, wie Gott die Seinen mitten im Jammer, Angst und Noth, auch im Tod erhalten könnte, daß sie nit zu Grund fallen, Röm. 8: Dem Gläubigen steuern alle Ding zum Guten. Amen."

Im Traktat,,von den mittelmäßigen Stücken" (Ceremonien) wird zuerst der Begriff von dem Mittelmäßigen, im Gegensaz gegen das „gar Gute, Nothwendige" festgestellt; an sich, ohne allen Zusaß angesehen seien sie weder bös noch gut, könne mit gutem Gewissen geschehen oder unterlassen werden;

entspringe aber daraus Aergerniß und statt Befferung Böserung des Nächsten, so seien sie zu thun verboten. Wenn in unsern Zeiten ein weltlicher Fürst den Evangelischen gebeut, auch die Gebräuch der päpstischen Kirch mitzumachen, so wären zwar Meßgewand anziehen, Kappen aufseßen, zur Kirchen gehen, mit Wasser sprengen, lateinisch lesen und singen mittelmäßig und unschädlich. Da aber durch das Evangelium die unnügen und unchristlichen Gebräuche in nüßliche gute verwandelt worden seien, so gebühre es keinem Christen, abzufallen und wieder die alten Bräuch anfahen handhaben; auch würde die Liebe geärgert, der Glaub geschwächt. So schreibt auch Tertullian, es gelte für unrecht, wenn ein Christ ein Kränzlein auf dem Haupt trage oder mit den Heiden Weihrauch in das Feuer werfe. Beides sei ein mittelmäßig Stück; er mache zu Zeiten auch einen Rauch in seinem Haus mit Weihrauch, weil aber die Heiden das Bekenntniß ihrer Gößen daran gehängt, halte man es für unrecht unter den Christen. Gebieten die Fürsten in ihren Landen jezt päpstliche Ceremonien, so thun sie es auf Anstiften ihrer Bischöfe zur Schmach des Evangeliums, die Gewissen zu dringen, daher man solchem Gebot nicht gehorsam sein dürfe u. s. w.

Der letzte dieser vier Traftate:,,Ein Auszug aus dem 8. Capitel St. Paulus zu den Römern, von dem Leiden und göttlicher Fürsehung,“ geht davon aus, daß ohne Frömmigkeit Niemand kann selig werden. Nun håben aber viel Gelehrte untersucht: wie man könne fromm werden und „haben die Frömmigkeit zu Zeiten bis in die Hand bracht, mochten sie eben nit bis in das Herz und in den rechten Grund bringen." Paulus übertreffe hierin aller Welt Lehrer, der uns, das recht, wahr, gründlich Stücklein, dadurch die Frömmigkeit erholt wird, so artig abmalt und fürstellt, wie allein der Glaub in Jesum Christum die Menschen fromm macht; denn dieweil Christus der Sohn Gottes allein die Frömmigkeit und Gerechtigkeit ist, und der Glaub Christum gänzlich faßt und annimmt, so muß nothwendig folgen, daß die Leut nit allein durch den Glauben fromm werden, sondern auch gleichen Gemüths und Geists mit Christo, der durch den Glauben besessen wird. Nachmals giebt derselbig Geist in den Gläubigen Zeugniß, daß sie Kinder Gottes seien und Miterben des Herrn Christi" u. s. w. Die Welt schäße zwar das nicht hoch, zumal da den Frommen Kreuz und Leiden treffen, durch den eignen Adam und die Welt, daher fromm sein ein schwer Handwerk sei. Paulus rufe deßhalb den Christen zu, sie sollen sich nit kümmern lassen, daß es ihnen ob der Frömmigkeit so übel gehe und sich kein Kreuz abschrecken lassen, sondern ein standhaft Herz behalten. Dazu führt er etlich Stücke an, dadurch das Herz starkmüthig möcht werden: erstlich leiden wir mit Christo, so werden wir auch mit ihm herrlich gemacht werden. Daß Christus seiner Gläubigen Leiden auf seinem Rücken half tragen, bezeugt er mit seiner eignen Stimme; als Paulus die Kirche verfolgt, schrie Christus vom Himmel herab: Saul, warum verfolgst du mich? also nit meine Kirche, meine Gläubigen,

sondern auch daraus folgt, daß der Gläubigen Leiden sein eigen Leiden sei, wie auch der Herr Zach. 2 spricht: Wer euch anrührt, der greift mir in mein Augapfel, und Jesus Joh. 16: Seid gutes Muths, ich habe die Welt überwunden. Zweitens, ist unser Kreuz ein Kreuz Christi, so muß es auch dahin gedeihen, wohin das Kreuz Christi gediehen ist, zu höchstem Ruhm, Herrlich keit und Heiligkeit, nit zur Verderbniß, sondern zu großer Freud und Seligfeit. Wer wollt sich nun ob einem kleinen Schmerzen krümmen, da durch ihn eine so unaussprechliche Freud erlangt wird? Gleichwie ein Kaufmann, wiewohl er sonst geizig ist, hundert Gulden in die Schanz schlägt und frisch hinein wagt, da er hofft, damit noch hundert Gulden zu gewinnen, so soll dem Christen sein Kreuz leicht sein, wenn er darunter solch überschwenglichen Gewinn ersieht. Zum Dritten soll der Christ sich zur Geduld im Leiden bewegen lassen, wenn er das Seufzen und Aengstigen aller Creaturen wahrnimmt, die auch Anfangs zu Freud und nicht zu Leid geschaffen waren, aber durch der Menschen Sünde in das Uebel geworfen wurden. Demnach muß die Creatur, statt den erwählten Kindern Gottes unterthan zu sein, die Kinder Gottes helfen plagen und die Verdammten erfreuen. Da fie aber nicht zum Zugrundgehen geschaffen ist, sondern zum Bleiben, seufzt sie beständig und ängstet sich ́auf die Erlösung und Offenbarung der Kinder Gottes; es verdrießt sie hoch, daß fie wider ihren Willen muß dem Gottlosen zur Freud dienstlich sein und dem Auserwählten zu Leid. Wird nun Einer in der Welt geplagt und sieht durch die Augèn des Glaubens daneben solch ernstlich Mitleiden und Mitseufzen aller Creatur, wie sollt er nicht mit ihr hoffen, Gott erhöre einst ein solch Seufzen, und warten auf seine Hülfe? Zum Vierten seufzt in uns der heilige Geist, durch den wir Vertrauen fassen und dem Herrn stets um Hülf anliegen. Fünftens, die Hoffnung der zukünftigen Güter. Wohl sage das gemeine Sprüchwort: Hoffen und Harren macht manchen Narren, und zwar sei dieß wahr, wenn sie auf eigen Fürnehmen ohne Gottes Wort gerichtet seien; gehen sie auf dieses, so werde darob Keiner zu Schanden. Christus predigte dem Mörder, der am Kreuz hing, von dem Paradies, Stephanus sah vor Gericht den Himmel offen. Und wenn uns selbst nicht möglich ist, also zu vertrauen und zu bitten, so hilft der heilige Geist und vertritt uns. Zum Sechsten soll man fich über das Kreuz nicht grämen, als käme es uns zu schaden; vielmehr erscheinen alle Dinge zu Gut denen; die Gott lieben. Was hat das Kreuz Abel, Joseph geschadet? Die Israeliten, jemehr sie in Aegypten unterdrückt wurden, desto stärker mehrten sie sich. Christus ist gekreuzigt worden, was folgt darauf? Zum Siebenten: Wenn alle Dinge fehlen und nirgends Trost mehr erscheinen will, so soll man der ewigen Fürsehung Gottes zurennen, nämlich daß man gewiß ist, daß Gott uns, ehe der Welt Grund gelegt war, zur Seligkeit versehen hat. So kann uns weder Kreuz noch Tod noch Hölle aus der Hand Gottes reißen, darin wir von Ewigkeit eingeleibt find. Der Herr unser Gott hat nämlich, ehe die Welt erschaffen war, einen Haufen unter

den Menschen zur Seligkeit erwählt, deren keiner verloren oder verdammt mag werden, und einen Rath zur Verdammniß versehen, welcher keiner selig mag werden. Sprüchw. 16; Ap.-Gesch. 13; Eph. 1: Was ist aber das? Darf ich leben, wie mich lüftet? Bin ich erwählet zur Seligkeit, so schadet mir die Sünde nichts, bin ich aber zur Verdammniß verordnet, so nügt mir die Frömmigkeit nichts? Siehe, das ist des Adams alt Liedlein, er hat kein Lust zur Frömmigkeit. Aber die ganze Schrift bezeugt, obwohl das Gesetz tödtet und erwürgt im Gewissen, so sollen wir doch nicht in Tod und Verdammniß bleiben, sondern gedrungen werden, zu suchen das Leben in unserm Herrn Jesu Christo. Dazu schilt uns die Schrift sehr übel, spricht: alle Menschen seien Lügner, es sei nit Einer, der Gutes thu. Nun geschieht es nit der Meinung, daß sie uns damit schmähn und wir in der Schmach bleiben sollen, sondern daß wir durch Erkenntniß der Schmach zu der Heiligkeit fliehen follen, des Adams Stolz und Hochmuth niederlegen, daß er mög aus eignen Kräften die Seligkeit erlangen — es mag ja Keiner eines Fingers breit zu seiner leiblichen Läng werfen — und ist Keiner, der ihm selbst möcht das natürlich Leben geben, wie selbst Einer vermögen, das göttlich ewig Leben aus eigner Gewalt zu erlangen? Diesen Stolz niederzulegen, zeucht die Schrift die göttliche Fürsehung herfür, spricht: Lieber, daß du selig werdest, steht nicht in deiner Gewalt, sondern in der Wahl und Auserwählung Gottes; es liegt die Seligkeit nicht am Laufen oder Wollen des Menschen, sondern am Erbarmen Gottes. Wie? so wär der freie Will nichts und wären die Werke auch nichts? Ja freilich sind sie nichts und thun auch nichts zur Seligkeit, denn Gott will allein Herr sein und bleiben. Da er von Anfang dem Adam sein eigen freien Willen ließ, weiß männiglich, wie übel solches gerathen sei. Darum hat Gott die Weis und Form selig zu werden ganz in seine Hand genommen und wer selig werden will, muß von ihm zuvor dazu verordnet sein. Aber sprichst du:· sollten nicht solche Reden eher Einen in Verzweiflung führen, denn in Troft? Es wäre ganz gut, wenn wir an unsern Kräften verzweifelten, daß wir ge= drungen würden, den rechten Weg des Trostes zu suchen. Wie findt aber einer, daß er zu der Seligkeit erwählt sei? Es findt sich jezt zu der Zeit leichtlich, denn die Fürsehung Gottes ist wohl vor Zeiten verborgen gewesen, ist aber jetzt durch unsern Herrn Jesum Chriftum offenbar worden; wer in Christo sich befindet, ist zur Seligkeit verordnet; der findt sich aber in Christo, der da glaubt, wird fromm, und wird hie auf Erden geplagt, und mit viel Anfechtung wie Chriftus behängt. Welchen Gott beruft durch das Evangelion, den macht er fromm, wen er fromm macht, den verordnet er zum Kreuz, wie seinen Sohn Jesum Chriftum. Darum welcher in sich findet den Beruf, die Reinigung des Glaubens und das Kreuz, der sei nur getrost in allem seinem Leiden und Anfechtung, und wenn es zu schwer will werden, so renne er fröhlich der ewigen Fürsehung zu, sprechend: Nun weiß ich, daß mir das Leiden mehr Nuß muß bringen, denn Schaden, dieweil ich des Herrn bin und dem Herrn

von Ewigkeit eingeleibt. So aber der Herr für mich stehet, wer will wider mich sein? Hat er seinen Sohn für mich gegeben, muß er freilich mit ihm alle seine Güter uns geschenkt haben; das verleihe uns Gott! Amen."

Die drei,,Sermonen" werden wir im Anhang mittheilen, um den geschichtlichen Gang hier nicht allzusehr zu unterbrechen.

Eilfter Abschnitt.

Brenz und die Ansbach-Nürnberg'sche Kirchenordnung 1531 — 1533. Gutachten über die Privatbeichte 1533.

Schon seit mehreren Jahren sehen wir Brenz als Rathgeber des Markgrafen Georg von Brandenburg - Ansbach thätig. 1530 hat er ihn auf den Reichstag nach Augsburg begleitet. Bald darauf fand der Markgraf erneute Ur sache, sich des Raths seines Vertrauensmannes zu bedienen, als sich an seinem Hof gewichtige Stimmen für größere Nachgiebigkeit gegen die Altgläubigen ver nehmen ließen. Georg wandte sich an Brenz und Luther, vornehmlich wegen der vielfach geforderten Wiedereinführung der Privatmeffe, gegen welche sich Brenz auf's Bestimmteste aussprach. Christus habe Brod und Wein nicht zur Schau in die Hand genommen, sondern zum Heil der Seelen ausgetheilt. Die Messe ohne Communicanten wäre nur ein Mittel zur Beförderung des Aberglaubens. Ueberdieß habe der Markgraf mit den andern Fürsten in der Augsburgischen Confession die Verwerfung der Messe unterschrieben, würde also durch ihre Wiedereinführung den christlichen Ständen ganz ärgerlich. Besser wäre es, der Markgraf hielte seine Amtleute zu Durchführung der gegebenen Mandate wider Zutrinken, Tanz, öffentliche Zeche und sonstige Entweihung der Feier(Sonn-)tage und dergl. m., um dem verruchten Leben des Volkes zu wehren. Das werde mehr Zucht und Ehrbarkeit erziehen als täglich tausend Messen ohne Communicanten.

Da auch von Wittenberg übereinstimmende Gutachten einliefen, so blieb die Reaktion in Ansbach fruchtlos.

Jezt galt es aber, das Kirchenwesen des Fürstenthums vollständig zu ordnen, und hiezu leistete Brenz dem Markgrafen die wesentlichsten Dienste. Er hatte ihm durch den Canzler Vogler bereits einige von den Hall'schen Verordnungen, wie die Ehe- und Send-Ordnung mitgetheilt. Indessen fand der Markgraf gerathen, zu Herstellung der Gesammt-Kirchenordnung sich mit dem benachbarten Nürnberg zu verbinden, wo Andreas Oftander die Abfassung derselben übernommen hatte. Entwürfe von den Jahren 1528 und 1830 waren Brenz zur Begutachtung übersandt worden; ein weiterer von 1531 wurde auch den Wittenbergern vorgelegt, welche zwar Brenz's Anträgen vollkommen zustimmten, im Ganzen aber ausstellten, daß es nicht aus Einem

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