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beide in ihren inneren Einrichtungen durchaus selbständig blieben, so nahm doch Ferdinand auf Grund des beschworenen Vertrages von 1469 die Stellung eines Mitregenten seiner Gemahlin in Kastilien ein, und beide Reiche wurden seitdem in einheitlichem Sinne gelenkt.

Politische Bustände. Das kastilische Land befand sich freilich in einem traurigen Zustande. Es war durch mächtige Parteien zerrissen, sein Wohlstand zerrüttet und fast vernichtet; Hungersnoth wüthete; die empörendste Zuchtlosigkeit herrschte am Hofe und theilweise auch im Volke; die Rechtspflege war so verkommen, daß man selbst vor den ruchlosesten Gewaltthaten nicht sicher war.

Der kastilische hohe Adel, früher ricos hombres, später Granden genannt, besaß seit Jahrhunderten gleich dem von Aragonien weitgehende Rechte, die er sich troß aller An= strengungen der Könige, sie einzuschränken, nicht nur zu bewahren, sondern immer noch zu erweitern gewußt hatte. Die Granden durften Schulden halber nicht ins Gefängniß geseßt, auch in peinlichen Prozessen nicht der Folter unterworfen werden. Sie hatten das Recht, ihre persönlichen Zwistigkeiten durch Waffengewalt zu erledigen. Die öffentliche Unsicherheit war infolge dessen bei den zahllosen Fehden des Adels so groß, daß sich, wie ein Zeitgenosse sagt, Niemand ohne bewaffnete Bedeckung aus den Stadtmauern wagen konnte. In der heftigen Fehde der Häuser Guzman und Ponce de Leon wurden beispielsweise von der einen Partei allein 20,000 Mann ins Feld geführt; in der Stadt Sevilla bei dieser Gelegenheit 1500, in Toledo bei einer anderen 4000 Häuser niedergebrannt. Die größten Städte des Reiches zahlten an Raubritter gutwillig einen bedeutenden sogenannten Räuberzins, um ihr Gebiet vor Plünderung zu sichern. Eine zu gegenseitigem Schuße geschlossene Verbindung mehrerer Städte, die unter dem Namen Hermandad („Brüderschaft“) be= kannt ist, bestand zwar schon seit dem dreizehnten Jahrhundert, hatte aber troß ihrer wiederholt bewiesenen Thatkraft und Unerschrockenheit dem Adel nur geringen Schaden zufügen können und eigentlich die Verwirrung noch vermehrt.

Die Fehdelust des Adels und die überspannten, dünkelhaften Vorstellungen von Ritterlichkeit und Waffenehre arteten, wenn es keine Fehden auszufechten gab, in freilich harmlosere, aber desto lächerlichere Abenteuersucht aus, und Leute vom Schlage des Ritters Don Quixote waren während des fünfzehnten Jahrhunderts in Spanien thatsächlich keine Seltenheit. So machte sich unter Johann II. ein kastilianischer Ritter, Namens Sueño de Quenones, nebst neun Waffengefährten, ganz im Stile eines Ritterromanhelden wie Amadis oder Lanzelot, anheischig, den Engpaß von Orbigo bei Compostella gegen Jeden, der sich nahen würde, auf Tod und Leben zu vertheidigen, und führte dies in Gegenwart des Königs und des ganzen Hofes in 627 Zweikämpfen binnen 30 Tagen auch wirklich durch.

Weniger eifrig als im „Dienste der Frauen" waren dagegen die Granden im Dienste des Königs. Sie maßten sich das Recht an, für den Fall einer Beeinträchtigung von Seiten der Krone sich zu „denaturalisiren", das hieß aber nichts Anderes, als ihrem Landesherrn öffentlich den Gehorsam zu verweigern und zu seinen Feinden überzutreten, und sie übersandten ihm bei derartigen Gelegenheiten in ihrem Uebermuth zum Zeichen, daß sie ihrem Könige an souveräner Macht gleich ständen, durch einen Wappenherold eine förmliche Absage. Auch pflegten die Granden zu bewaffneten Bünden gegen den König zusammenzutreten und diese Waffenbrüderschaft durch seierliche, religiöse Ceremonien zu weihen. Ferner besaßen sie die Gerichtsbarkeit über ihre Unterthanen, betrachteten alle hohen, einflußreichen und einträglichen Staatsämter und Würden, wie die des Constabel, des Admirals von Kastilien, der Statthalter von Landschaften und Städten, der Mitgliedschaft des Geheimen. Rathes, der Großzmeisterschaft der Ritterorden u. s. w., als ihr ausschließliches Eigenthum.

Die drei kastilischen Ritterorden von Santiago (St. Jakob), Calatrava und Alcantara hatten in den Kämpfen gegen die Mauren seit Jahrhunderten Ruhm und Ansehen, aber theils durch Eroberungen im Gebiete der Ungläubigen, theils durch fromme Schenkungen in allen Gegenden des Königreiches auch ungeheuern Besiß und durch Verleihung früherer

1479.

Spanien unter den katholischen Königen“.

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frommer Regenten fast unumschränkte Regierungsbefugnisse erlangt. Der von Santiago allein besaß 84 Komthureien und 200 geringere Ordenspfründen; er konnte 400 Schwertritter und 1000 Lanzenträger ins Feld stellen; die Einkünfte seines Großmeisters beliefen sich auf 90,000 Dukaten, die der beiden anderen Großmeister auf nicht viel weniger. Die ganze Halbinsel war von ihren Schlössern, Ortschaften und Klöstern beseßt. Die Großmeister, welche über diese Pfründen verfügten, gaben sie zum großen Theil an kastilische Edelleute und machten dadurch fast den gesammten niederen Adel des Landes sich lehnspflichtig, während doch der König über die Orden so gut wie gar keine Gewalt besaß. So erscheinen diese Orden wie Staaten im Staate, ihre Großmeister unabhängig und unbotmäßig, nicht wie Unterthanen, sondern wie Genossen des Königs in der Herrschaft.

Die hohen Adeligen und die hohe Geistlichkeit standen jenen Orden an Reichthum und Macht nicht viel nach. Das Verhältniß zwischen ihrem Einkommen und dem der Krone hatte sich infolge der unüberlegten, theils freiwilligen, theils erzwungenen Schenkungen früherer Könige höchst ungün

stig gestaltet. So umfaßte das Grundeigenthum Johann's, Herrn von Biscaya, welches von Alfons XI. 1327 einge= zogen wurde, mehr als 80 Städte und Burgen. Der „gute Constabel" Davalos zur Zeit Heinrich's III. konnte den ganzen Weg von Sevilla bis Compostella, d. h. fast von dem einen Ende des Königreichs bis zum andern, durch seine eigenen Gü= ter reisen. Alvaro de Luna, der mächtigeGünstling Johann'sII., konnte 20,000 Lehnsmannen aufbringen. Ein Zeitgenosse Isabella's, der ein Verzeichniß der jährlichen Einkünfte des vornehmsten Adels, der Erz= bischöfe und Bischöfe Kastiliens gegen Ende des fünfzehnten Jahrhunderts giebt, berechnet die von zwölf Familien auf jährlich je 50-60,000 Dukaten, d. h. 1 Million Mark, die der vier Erzbisthümer auf zusammen 1 Million Dukaten, die der 29 Bisthümer auf zusammen 250,000 Dukaten, die Gesammteinkünfte des kastilischen Adels auf ein Drittel der Einkünfte des ganzen Königsreiches. Troß dieser mißlichen und verwirrten Verhältnisse, wie sie bei dem ersten großen Einfall der Sarazenen nicht schlimmer gewesen sein konnten, gelang es dem Herrscherpaare, nachdem die Herrschaft nach außen gesichert war, mit Hülfe eines ausgezeichneten Staatsmannes, des Kardinals Ximenez, durch klug berechnete und energisch durchgeführte Maßregeln die königliche Gewalt neu zu gründen und dadurch eine feste Ordnung wieder herzustellen.

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Ferdinand II. and Isabella. Nach einer Medaille.

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Wiederherstellung der Königsmacht. Bei ihrem Streben nach Machterweiterung stüßte sich die Krone auf die alten Bündnisse der Städte, die Brüderschaften" (Hermandades). Im Jahre 1476 bereits, noch während des portugiesischen Krieges, verbanden sich alle Städte Kastiliens unter königlicher Leitung zum Schuße der öffentlichen Sicherheit. Sie stellten aus eigenen Mitteln eine berittene Gensdarmerie von etwa 2000 Mann und zahlreiches Fußvolk auf. Zeigten sich Wegelagerer, so riefen die Sturmglocken diese Reiter zur Verfolgung; die

Gefangenen wurden dann den Alcalden jeder Stadt zur Aburtheilung übergeben. Doch war von ihrem Spruche Berufung an einen höheren Gerichtshof gestattet. Ein allgemeiner Städtetag (Generaljunta) regelte alljährlich die gemeinsamen Angelegenheiten. Obgleich diese ganze Einrichtung nur ganz allmählich durchgeführt werden konnte, so blieben doch die beabsichtigten Wirkungen nicht aus: Ruhe und Sicherheit wurden im Lande hergestellt, und schon 1498 konnte man das Ganze in eine einfache Polizei umwandeln.

Gestützt auf die städtische Macht konnte Isabella es wagen, den Unterhalt von Leibwachen, die Errichtung neuer Burgen und die Zweikämpfe dem Adel kurzweg zu verbieten. und dem Fehdewesen, das zu dem Allen geführt und wieder in ihm Nahrung gefunden hatte, energisch zu Leibe zu gehen. Sie selbst unterwarf die beiden mächtigen Geschlechter der Guzman und Ponce de Leon in Andalusien, dann die Herren von Cabra und Aguilar um Cordova; um weiteren Zwist zu vermeiden wurden die stolzen Edelleute angewiesen, auf ihren Gütern zu bleiben. In Galicien, wo es besonders arg aussah, ließ die Königin fünfzig Burgen brechen.

Ganz besonders bedeutsam war es dann, daß es ihr nach und nach gelang, die Großmeisterwürde der drei kastilischen Ritterorden von Santiago, Calatrava und Alcantara in den Händen ihres Gemahls zu vereinigen. So bewog sie zuerst 1476, durch einen schnellen Ritt von Valladolid nach dem 30 Meilen entfernten Ucles (bei Cuenza) gelangt, das dort versammelte Kapitel von Santiago, Ferdinand zum Großmeister zu erwählen, der diese Würde zwar Anfangs einem von ihm ganz abhängigen armen Edelmanne übertrug, im Jahre 1499 sie aber selber übernahm. Schon vorher hatte er das gleiche Amt in den beiden anderen Orden erlangt, bei den Rittern von Calatrava 1487, bei denen von Alcantara 1494. Später übertrug eine päpstliche Bulle die Großmeisterwürde der drei Orden ein für allemal dem Könige von Kastilien. So ging der ganze gewaltige Einfluß, den sie bisher auf den spanischen Adel ausgeübt, auf die Krone über.

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Unmittelbarer noch schnitt der Beschluß der Stände (Cortes) von 1490 ein, alle Krongüter, deren sich in den Zeiten der Machtlosigkeit des Königthums der Adel willkürlich bemächtigt, oder die er sich als „Geschenke" ertroßt, ihm wieder abzufordern. Nach einem umfassenden Plane durchgeführt, steigerte diese Domänenreunion“, wie sie nur ein starkes Königthum wagen kann, die Einkünfte der Krone um jährlich gegen 880,000 Realen (30 Mill. Maravedis [11 Realen bilden 1 Dukaten]), während sie beim Regierungsantritt der Königin überhaupt nur etwa 330,000 Realen betragen hatten. Durch sparsame Wirthschaft erzielte Isabella bis zum Jahre 1506 eine jährliche Gesammteinnahme von etwa 26 Millionen Realen aus den regelmäßigen Kroneinkünften, ohne daß sie eine neue Abgabe auferlegt hätte.

Mit diesen Maßregeln, welche die königliche Gewalt auf eine feste materielle Grundlage stellten, ging Hand in Hand die Neugestaltung der Rechtspflege und des Rechtswesens. Der „Rath von Kastilien“, zugleich Staatsrath und höchster Gerichtshof, blieb bestehen, nur daß jezt rechtsgelehrte Mitglieder ihn überwiegend bildeten, während früher Geistliche und Edelleute in ihm überwogen hatten; doch blieb der Vorsiß einem Prälaten. Nach alter Sitte saß Isabella aber nicht selten selbst zu Gericht, kraft des obersten Richteramtes, das dem Könige gebührte. Um eine gewisse Grundlage für die Rechtsprechung herzustellen, veranstalteten die Cortes eine Sammlung (Codifikation) sämmtlicher Statuten und Verordnungen seit Alfons X., die 1485 als Ordenanzas reales (fönigliche Befehle) erschien.

Hebung des Volkswohlstandes. Unter einer so festen uud sicheren Herrschaft hätte sich der Volkswohlstand heben müssen, auch wenn die Herrscher nicht ihm durch gefeßliche Bestimmungen und andere Maßregeln mancherlei direkte Förderung hätten zutheil werden lassen. So erleichterten sie die Einwanderung und Ansiedelung Fremder, verordneten die Anlage von Landstraßen, Brücken und Kanälen im ausgedehntesten Maßstabe, beseitigten die Schranken, die dem freien Handel zwischen Kastilien und Aragonien im Wege standen, verboten dem Adel die Erhebung von Zöllen und das Schließen der Wirthshäuser auf

1480.

Die spanische Kirchenreform und die Inquisition.

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ihrem Grundbesig, ermunterten die Schiffahrt durch Erbauung von Hafendämmen, Uferstraßen und Leuchtthürmen, durch Vertiefung und Vergrößerung der Häfen, durch gefeßlichen Schutz fremder Kauffahrer, durch sicheres Geleite der Fischerflotten, durch das Verbot der Ausübung des Strandrechtes; sie seßten ferner in allen ihnen unterthänigen Ländern gleichförmige Münze, einheitliches Maß und Gewicht durch und bemühten sich, die Städte in möglichst bequeme und angenehme Verkehrsstätten umzuwandeln.

Während heute von Madrid biz Toledo eine einzige unfruchtbare, dürre Wüste sich hinzieht, schildern italienische Reisende zur Zeit Isabella's die Umgebung Madrids als „ein schönes, weites Gefilde, das reiche Korn- und Weinernten und alle anderen Nahrungsmittel erzeugt", die Gegend von Toledo als vom Tajo künstlich bewässert und sorgfältig an= gebaut, jede Art von Früchten und Gemüsen liefernd." So hatte sich damals der Ackerbau in Spanien noch in dem blühenden Zustande erhalten, zu welchem ihn der Fleiß der Araber erhoben hatte. Danach erklärt es sich, daß nach einer Aufstellung von 1492 sich die Zahl der Hausväter in Kastilien auf etwa 11⁄2 Millionen, die gesammte Einwohnerzahl also auf gegen 6 Millionen belief, während man die der vereinigten Königreiche außer Navarra auf mindestens 10 Millionen wird veranschlagen können.

Die spanische Kirchenreform und die Inquisition. Nirgends zeigt sich die Gewalt der spanischen Krone größer, nirgends zugleich das Streben Isabella's mehr höheren Zielen zugewandt, als in ihrer Kirchenpolitik. Die spanische Kirche war im fünfzehnten Jahrhundert so verwahrlost und verweltlicht wie irgend eine, ihre Geistlichen oft ohne jede theologische Bildung, ihre besten Pfründen häufig genug nur Versorgungsstellen für italienische oder französische Faullenzer. Zahlreiche Satiren gaben der darüber im ganzen Lande herrschenden Entrüstung lebhaften Ausdruck. Aber von Rom konnte damals am wenigsten Jemand Abhülfe erwarten; denn nirgends war die Zuchtlosigkeit und Frivolität größer als am Size des Papstthums, und niemals hätte Rom sich zu Reformen bequemt ohne den Abfall Deutschlands und ohne den kräftigen Antrieb, der von Spanien ausging. Die kastilische Krone war es, welche hier ganz unabhängig von Rom das Werk der Reform in die Hand nahm. Sie konnte es, denn kaum war irgendwo die Gewalt des Staates über die Kirche größer als eben hier. Schon seit der Mitte des vierzehnten Jahrhunderts hatte die Krone auf Beschränkung der päpstlichen Gewalt und auf Vermehrung ihres eigenen Einflusses auf die spanische Kirche hingearbeitet. Sie wirkte mit bei der Beseßung der Bisthümer, forderte Steuern von der Geistlichkeit, handhabte energisch ihr Recht, die Ver= öffentlichung päpstlicher Bullen von ihrer Genehmigung abhängig zu machen. Im Gedränge des Kirchenstreites seit 1378 hatte dann Papst Clemens VII. die Anerkennung Kastiliens durch Verzicht auf seine wesentlichsten Rechte in Spanien (Reservationen, Expektanzen, Zehnten) erkaufen müssen, hatte versprochen, die Annaten, d. h. die Abgaben an den päpstlichen Stuhl für Verleihung der Kirchenpfründen, nicht über Gebühr zu steigern und alle Bisthümer mit Spaniern zu beseßen (1381). Indeß hatten seine Nachfolger sich mindestens an das letztere Versprechen nicht mehr gekehrt, auch sonst vielfach übergegriffen und so das Ihrige gethan, um den verwahrlosten Zustand der spanischen Kirche herbeizuführen.

Eine durchgreifende Aenderung war hier eben so gut im Interesse des Staates wie der Kirche selber, und wenn Ferdinand mehr das erstere im Auge hatte, so betonte Isabella besonders das leztere. So schlossen beide im J. 1482 ein Konkordat mit Rom, welches der Krone die Besetzung der wichtigsten Kirchenämter ganz überließ und die Ernennung der Bischöfe von ihrem Vorschlage abhängig machte, d. h. thatsächlich ihr ebenfalls anheimgab. Mit so weitgehender Macht ausgestattet begann die Königin die „spanische Reformation“. Nicht um eine wirkliche Neugestaltung der Kirche wie später in Deutschland handelte es sich, sondern unter Bewahrung der gesammten mittelalterlichen Grundlage in Verfassung und Lehre, um die sittliche Reform des spanischen Klerus, um Neubelebung seines geistlichen Bewußtseins, um strenge Zucht auch in den zahlreichen Klöstern. Das war

Illustrirte Weltgeschichte. V.

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das Werk vor Allem des Beichtvaters der Königin (seit 1492), des Kardinals Ximenez, des Primas der Kirche von Kastilien als Erzbischof von Toledo (seit 1495). Binnen zehn Jahren waren die untauglichen Geistlichen entfernt, durch tüchtige Männer erseßt, auch die Klöster reformirt, die gesammte Geistlichkeit mit neuer Hingebung an die Sache ihrer Kirche erfüllt. Doch der spanische Glaubenseifer begnügte sich nicht damit, ein neues Leben in der alten Kirche hervorzurufen; er wollte auch keinerlei Abweichung neben ihr dulden, ja er meinte verpflichtet zu sein, alle „Irrenden“ mit äußerster Strenge in die Gemeinschaft zurückzuführen, außerhalb deren es nur zeitliches und ewiges Verderben gab, oder wenigstens durch unnachsichtliche Bestrafung der Irrgläubigen Andere von der Nachfolge auf falschem Pfade abzuschrecken. Und wo war mehr Jrrglauben und Keßerei aufzuspüren, als auf der pyrenäischen Halbinsel, unter den vielen „,bekehrten“ Mohammedanern und Juden?

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So erklärt es sich auch, wenn die milde und menschenfreundliche Königin unter dem Einflusse ihres fanatischen Beichtvaters Torquemada ihre Zustimmung dazu gab, das ganz in Verfall gerathene Gericht gegen Keßerei wieder ins Leben zu rufen, während Ferdinand es auch im Interesse der Politik verwendete, um Adel und Volk in Unterwürfigkeit zu halten und sich an den eingezogenen Gütern der unglücklichen Opfer zu bereichern. Im Jahre 1481 wurde das Keßergericht zu Sevilla eröffnet und nach zwei Jahren auch vom Papste bestätigt. Torquemada war der erste königliche Generalinquisitor. Das Dominikanerkloster zu Sevilla reichte bald nicht mehr für die zahlreichen Verhafteten aus, und der König räumte daher dem Gericht eines seiner Schlösser ein. Der Gerichtshof zu Toledo allein brachte in einem einzigen Jahre über 3000 Prozesse gegen Kezer zu Ende. Bis zu seinem 1498 erfolgenden Rücktritt von der Generalinquisitorwürde hatte Torquemada bereits gegen 9-10,000 Menschen lebendig verbrennen, gegen 7000 Abwesende zum Tode verurtheilen und im Bilde verbrennen, gegen 100,000 Menschen durch verschiedene andere Strafen versöhnen" lassen, wie der Ausdruck für strafen bei der Inquisition lautete, und noch Jahrhunderte lang

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