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Senegal am „Grünen Vorgebirge" (Cabo Verde) Palmen und die ersten Neger sichtbar wurden. Mit dieser Wahrnehmung war der von den Alten überlieferte Wahn zerstört, daß infolge der furchtbaren Sonnenglut innerhalb der Wendekreise alles vegetabilische und animalische Leben unmöglich sei. Auch verlor das Meer durchaus nicht, wie man allgemein gefürchtet hatte, am Aequator an Tiefe, und nahm auch nicht an Salzgehalt so zu, daß die Schiffe stecken blieben.

So wuchs der Muth der Entdeckungsreisenden und trieb zu weiteren Wagnissen. Im Jahre 1446 entdeckte man die Kapverdischen Inseln, auf denen sich die Vögel mit Händen greifen ließen, weil sie noch nie von einem Menschen gestört worden waren. Vierzehn Jahre später starb der Infant Heinrich, der zwar nie persönlich an einer Entdeckungsfahrt Theil genommen hatte, aber troßdem sein kleines Volk zu dem ersten und kühnsten Seevolk der Erde erhob. König Alfons V. (1434-1481) unterbrach die Entdeckungen, weil er durch Kriege in Afrika und Kastilien vollauf beschäftigt war, nachdem man inzwischen die Insel Fernão do Po erreicht hatte (1471-72). Er begnügte sich mit den reichen Erträgen, welche die auf Madeira angelegten Zuckerrohrplantagen, die Orseille auf Porto Santo (bei Madeira), die Pacht des Handelsmonopols für Afrika und der Handel mit Negern, Elfenbein und Paradiesingwer abwarfen. Erst unter König Johann II. (1481 bis 1495) drang eine große Expedition, an der auch der Kosmograph Behaim aus Nürnberg Theil nahm, unter Diego Cano bis zum Kongo vor (1484).

Aber immer noch war man über die Gestalt und Ausdehnung des afrikanischen Festlandes im Unklaren (s. S. 31). Da König Johann sich selbst mit geographischen Problemen leidenschaftlich beschäftigte, so lag ihm daran, endlich einmal Klarheit und Bestimmtheit in die afrikanische Frage zu bringen. Dem Bartolomäus Diaz gelang es denn auch, im Jahre 1486 das äußerste Kap im Süden und damit die Möglichkeit der Umschiffung Afrika's zu konstatiren. Im St. Helenagolf (nordwestlich von der Kapstadt) warfen widrige Winde und zuleßt heftige Stürme seine beiden kleinen Fahrzeuge, die alle Segel einziehen mußten, in die hohe See, und als er nach einigen Tagen die verschwundene Küste Afrika's in östlicher Richtung wieder erreichen wollte, fand er sie nicht. Da stieg in ihm die Gewißheit auf, daß er über das füdliche Ende hinausgekommen sei; er steuerte nördlich und erreichte die Algoabucht, von der aus die Küste eine östliche Richtung zeigte. Die Weigerung seiner Leute, dieselbe weiter als drei Tage zu verfolgen, nöthigte ihn am Buschmannsflusse zur Umkehr. „Kummervoll trat er die Rückkehr an, und hell brach sein Schmerz auf, als er wieder bei der Insel da Cruz in der Algoabucht anlangte. Er klammerte sich an den Wappenpfeiler, den er dort gesezt, und nahm von ihm einen herzbrechenden Abschied, wie man einen Sohn aus den Armen läßt, der in lebenslängliche Verbannung geht" (Peschel). Erst auf der Rückreise kam ihm die Südspiße Afrika's zu Gesicht, der Alle einstimmig den Namen des „stürmischen Vorgebirges" (Cabo tormentoso) gaben, König Johann aber wandelte ihn in „Kap der guten Hoffnung" (Cabo de la buen esperanza) um, da er an dessen Entdeckung mit Recht die größten Erwartungen für die Zukunft knüpfte. Diaz fand für sein Verdienst keine Anerkennung. Nur als Kapitän durfte er unter dem Admiral Cabral an der Expedition Theil nehmen, welche, nach Westen getrieben, Brasilien entdeckte (1500). Aber ein tragisches Schicksal wollte es, daß auf der Rückfahrt nach Afrika der Entdecker des Südkaps in dem Augenblicke, wo er den hochwichtigen Punkt nach dreizehnjähriger Zwischenzeit voll Stolz und Freude wiedersah, im Angesicht desselben durch einen furchtbaren Sturm mit seinem Schiffe in den Wogen des Atlantischen zevns begraben wurde.

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Während sich die sehnlichst erhofften und mit großer Spannung verfolgten Resultate der portugiesischen Entdeckungsfahrer mit dem scheinbar endlosen afrikanischen Festlande ebenfalls noch ins Unendliche zu verzögern schienen, tauchte in Lissabon ein Mann auf, der dem als gelehrten Geographen und Forscher berühmten Könige Johann II. den Vorschlag machte, mit einer Flotte unter seiner Führung das Morgenland und dessen unermeßliche Reichthümer in westlicher Richtung aufsuchen zu lassen. Dies war Cristoforo Colombo oder, wie er mit seinem bekannten latinisirten Namen genannt wird, Christoph Columbus aus Genua.

Columbus' Herkunft und Lebenslauf. Genua bezeichnet er selbst in einer öffentlichen Urkunde als seine Vaterstadt, und es können daher die Ansprüche auf sich beruhen bleiben, welche noch neun andere italienische Ortschaften auf den Ruhm erhoben haben, ihn ihren Sohn nennen zu dürfen. Geboren wurde er im Jahre 1456 als Sohn eines Tuchwebers, der ihn nach Pavia auf die hohe Schule schickte, damit er dort die mathematischen Wissenschaften studiren sollte. Aus seinen Studien scheint aber nichts geworden zu sein, denn schon als Knabe von vierzehn Jahren ging er als Matrose zu Schiff und fuhr mit nach der Levante. Später stand er im Dienste des Königs René von Anjou, der ihn mit einem Schiffe nach dem Hafen von Tunis schickte, um dort ein Kriegsschiff wegzunehmen. Als seine Leute mitten auf der Fahrt erfuhren, daß sie dort nicht eins, sondern mehrere feindliche Kriegsfahrzeuge antreffen würden, nöthigten sie aus Furcht den Kapitän Columbus, nach Marseille zu steuern, um dort noch Verstärkungen zu holen. Dieser aber gebrauchte die Lift, in der Nacht die Zeichen der beiden Pole am Kompaß zu vertauschen, so daß man

scheinbar nach Norden, in Wirklichkeit aber im alten Kurs nach Süden fuhr und zum Erstaunen der Seeleute an der afrikanischen Küste vor Anker ging. Ueber den Erfolg des geplanten Ueberfalles sind wir nicht weiter unterrichtet, immerhin giebt aber das Geschichtchen schon einen deutlichen Beweis von Columbus' Unerschrockenheit und Beharrlichkeit im Verfolgen eines einmal gefaßten Planes. Im Jahre 1477 war er in England und machte von da mit einem Stockfischfänger eine Seereise weit über Jsland (Thule oder Tile) hinaus. Wenn er dort, was möglich ist, von der Entdeckung des amerikanischen Festlandes durch die Normannen etwas erfahren hat, so hat diese Kunde die Richtung seiner eigenen Fahrten doch niemals im Geringsten bestimmt, denn er hielt sein Augenmerk ausschließlich auf die reichen Kulturländer des Südens, auf Indien und China, gerichtet, die nach den Schilderungen der Reisenden mit jenem öden „Weinland" nichts zu thun haben konnten.

Während eines Aufenthaltes zu Lissabon, dessen Zeit sich nicht bestimmen läßt, lernte er seine nachherige Frau, die Großenkelin des ersten Lehnsträgers von Porto Santo (bei Madeira), Dona Felipa Muniz-Perestrello, kennen. Durch sie kam er nach Porto Santo ins Haus der Schwiegermutter und erhielt von dieser die Karten und Schiffsbücher Pere. strello's zur Einsicht. Perestrello hatte sich ehemals als Seefahrer rühmlich hervorgethan und in seinen Papieren schäßbare Erfahrungen, Ansichten und Pläne hinterlassen. Durch die Lektüre dieses Nachlasses sowie durch den Umgang mit dem zweiten Gatten seiner Schwiegermutter, Pedro Correo, einem alterfahrenen Kapitän, angeregt, beschäftigte sich Columbus immer eingehender mit den Problemen der damaligen Erdkunde und speziell mit dem des westlichen Seeweges nach Indien. Nachdem er von Porto Santo aus sich an mehreren Fahrten an der Küste von Guinea betheiligt und mit Kartenzeichnen beschäftigt hatte, theils um seine geographischen Kenntnisse zu erweitern, theils um seinen Lebensunterhalt zu gewinnen, war in ihm schließlich der Entschluß zur Reife gedichen, jene westliche Fahrt über den unbekannten Ozean zu wagen. An Muth dazu konnte es ihm nicht fehlen; als ein Mann, „welcher den höchsten bekannten Norden und die afrikanischen Küsten in unmittelbarer Nähe des Aequators besucht, der den Polarstern hoch über seinem Scheitel und tief am Horizonte gesehen hatte", mußte er dahin gekommen sein, jede noch so ferne Küste für erreichbar zu halten. Aber sein Plan beruhte auch auf mannichfaltigen rationellen Erwägungen und Gründen, soweit sie durch die damalige Wissenschaft und praktische Erfahrung dargeboten wurden. Diese waren nun folgende.

Der Ideengang des Columbus. Wissenschaftlich gebildeten Männern stand seit den Pythagoräern und besonders seit Aristoteles unbestreitbar fest, daß die Erde eine Kugel ist. Der Ozean konnte sich also nicht in unendliche Fernen verlieren, wie es bei einer Scheibe der Fall sein müßte, sondern er muß zur gegenüberliegenden Küste Asiens führen. Neben dieser Thatsache blieb dann nur noch die Frage offen, wie groß die Entfernung bis zu dieser Küste wol sein möchte. Ließ sich mit einiger Sicherheit oder Wahrscheinlichkeit nachweisen, daß sie sich innerhalb derjenigen Grenzen halte, die von einem gut ausgerüsteten Schiffe zurückgelegt werden konnte, ohne daß die Vorräthe zu Ende gingen, so lag in der geplanten Reise keine besondere Gefahr. Columbus suchte daher Alles zusammen, was geeignet war, diese Entfernung auf ein möglichst geringes Maß zu beschränken. Die Gradbestimmungen waren zu seiner Zeit noch äußerst ungenau und schwankend. Für Columbus kamen besonders die verschiedenen Angaben zweier Hauptauktoritäten in Betracht, die des Ptolemäus und die des Marinus von Thrus. Nach Jenem nahm die alte bekannte Welt von den Inseln der Seligen (den Kanarien) bis zur Hauptstadt China's am äußersten Ostrande eine Längenausdehnung von 1771 Erdgraden ein, also fast die Hälfte von dem 360 Grad betragenden Erdumfange, so daß über 180 Grade nach Westen zu durchfahren gewesen wären, um China's Küste zu erreichen. Nach Marinus dagegen waren nur noch 130 Grad zurückzulegen, eine Annahme, welche durch die bekannten Beschreibungen Marco Polo's und des Ritters Mandeville bestätigt wurde, die China's Ausdehnung nach Osten ungeheuer

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