Abbildungen der Seite
PDF
EPUB
[graphic][subsumed][subsumed][subsumed][subsumed]
[graphic][subsumed][subsumed][merged small][merged small][merged small]

Einleitung.

[graphic]

ittelalter und Neuzeit scheiden sich auf jedem Gebiete des äußeren und inneren Lebens. Eine neue, ungeahnte Welt taucht vor den Blicken der Europäer aus den Fluten des Ozeans. Zugleich sagt sich die europäische Menschheit los von der mittelalterlichen Idee der politischen Einheit unter dem römisch-deutschen Kaiser wie von dem mittelalterlichen Lehnswesen. An die Stelle des Kaiserthums tritt eine lebendige Vielheit selbstständiger Staaten, die, lange nach äußerlichen, rein dynastischen Gesichtspunkten geleitet, nach und nach zu nationalen Reichen sich gestalten; über den Trümmern des Lehnswesens erhebt sich die Vollgewalt der Monarchie, die langsam sich zur unumschränkten entwickelt, um endlich im neunzehnten Jahrhundert in die konstitutionelle, fürstliche Gewalt und Volksfreiheit verbindende Form überzugehen. Mit der wachsenden Ausdehnung des Handels und der zunehmenden Sicherheit, die ihm die feste monarchische Staatsordnung verschafft, tritt an die Stelle der mittelalterlichen Naturalwirthschaft die moderne Geldwirthschaft mit all ihren unabsehbaren Folgen. Wie aber Europa sich von der politischen Einheit des Mittelalters löst, so zerstört es auch die einheitliche Weltkirche des Papstthums; eine Vielheit von Glaubensbekenntnissen bildet sich heraus, und die Gewissensfreiheit des Einzelnen sezt sich der unfehl= baren Autorität einer geschlossenen Hierarchie gegenüber. Das Alles aber vollzieht sich unter der vielseitigsten Anregung antiker Ideen, die wie befruchtende Ströme über die Gefilde der europäischen Geisteskultur sich ergießen und in Verbindung mit der protestantischen Gewissensfreiheit die freie Wissenschaft der neuen Zeit begründen. Unter derselben An= regung entsteht zunächst in Italien, von da aus über alle Lande West- und MittelEuropa's sich verbreitend, eine neue Kunst, wie sie seit den glänzendsten Tagen des Alterthums nicht wieder erschienen war. Mit dem Allen verbindet sich eine tiefgehende Um= wandlung in der Auffassung von der Stellung des Einzelnen zu seiner Umgebung. Im Mittelalter galt und fühlte sich der Mensch immer nur als Glied eines Ganzen, der Körperschaft, der Gemeinde, des Standes; in der Neuzeit tritt er als scharfgeschlossene Persönlichkeit dem Ganzen im vollen Bewußtsein seines Werthes gegenüber. War der

mittelalterliche Mensch im Ganzen ein Gattungswesen, so wird der moderne Mensch eine Persönlichkeit im vollen Sinne des Wortes. Die erste moderne That ist die Auflehnung eines Einzelnen gegen die gesammte mittelalterliche Kirche.

Wie die gesammte Kultur auf dem Zusammenwirken der Völker beruht, so kann keine Nation sich rühmen, die gewaltigen Umgestaltungen der mittelalterlichen Verhältnisse aus sich allein vollbracht zu haben. Den Spaniern und Portugiesen war es vorbehalten, die neue Welt zu entschleiern, die Italiener erweckten das Alterthum zu neuem Leben und schufen die moderne Kunst; die Deutschen gründeten eine neue Kirche. Es ist unnüß zu fragen, wer das Größere vollbrachte.

Von all den großca Umgestaltungen, welche den Uebergang von Mittelalter zur Neuzeit bezeichnen, reichen am weitesten zurück die Entdeckungsfahrten der iberischen Völker, die in wenigen Jahrzehnten die unermeßlichen Weiten des Ozeans entschleierten, im Osten neue Wege nach längst bekannten Ländern, im Westen eine neue Welt auffanden, damit zum ersten Male in der Geschichte alle Erdtheile mit einander in unmittelbare Verbindung brachten und der europäischen Thatkraft einen unübersehbaren Schauplatz erschlossen. Erst seit dem Beginne der Neuzeit kann von einer Weltgeschichte wie von einem Welthandel im eigentlichen Sinne des Wortes die Rede sein.

So sehr nun auch allgemeine, bei allen europäischen Kulturvölkern mehr oder minder vorhandene Beweggründe bei jenen Unternehmungen mitgewirkt haben: das Entscheidende, dasjenige, was anderwärts längst gehegten Plänen die Ausführung sicherte, das waren doch die Zustände und Anschauungen der iberischen Völker, der Spanier und Portugiesen. Aus diesem Grunde ist hier, ein näheres Eingehen auf die Geschichte der Pyrenäischen Halbinsel in der zweiten Hälfte des funfzehnten Jahrhunderts unerläßlich.

Die historische Stellung der Pyrenäischen Halbinsel ist eine höchst eigenthümliche. Durch eine mächtige Gebirgsmauer von Mitteleuropa abgeschlossen, haben ihre Völker an der gemeinsamen europäischen Entwicklung im Mittelalter nur wenig Antheil gehabt, wenn man von den Ebro-Landschaften absieht. Ja, seit die Araber im Jahre 711 Spanien eroberten, wurde es für Jahrhunderte thatsächlich ein Theil des Orients. Dann vergingen den christ= lichen Stämmen der Halbinsel fast acht Jahrhunderte in heißem Ringen mit dem Islam, das sie so in Anspruch nahm, daß sie selbst an den Kreuzzügen, den gemeinsamen Unternehmungen aller abendländischen Völker, keinerlei Antheil gewannen. So bildeten hier fanatischer Glaubenseifer und schroffer Nationalstolz, zu einer Empfindung verschmolzen und mit ritterlicher Abenteuerlust verbunden, den Grundzug des Volkscharakters zu einer Zeit, wo Religionseifer und Ritterlichkeit mindestens im übrigen Abendlande längst erloschen und der Nationalstolz noch nirgends zu so scharfer Ausbildung gelangt war. Eben dieser ganz mittelalterliche Grundzug im spanischen wie portugiesischen Volkscharakter hat auch die moderne Geschichte des Landes noch auf lange hinaus bestimmt und damit auf ganz Europa einen tiefgreifenden Einfluß ausgeübt.

"

Dieser Grundzug trieb die Spanier und Portugiesen zu den Entdeckungsfahrten; er brachte weiter in Spanien, zuerst von allen Ländern Europa's, eine kirchliche Neugestaltung hervor, eine spanische Reformation“, die allmählich die ganze katholisch gebliebene Welt bemeisterte und auch für die protestantische von größter Bedeutung wurde; er drängte endlich die Spanier zu dem ergebnißlosen Versuche, ein katholisches Weltreich über den widerstrebenden Nationen Europa's aufzurichten.

Zu alledem wurde der Grund gelegt und Manches bereits durchgeführt unter Ferdinand und Isabella, den „katholischen Königen"; wie die Spanier das Herrscherpaar nennen, das die ruhmvollste und glücklichste Regierung führte, welche die Halbinsel jemals gesehen hat.

[graphic][merged small][merged small]

Um die Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts zerfiel die Pyrenäische Halbinsel in die Königreiche Kastilien und Leon, Navarra, Aragonien, Portugal und die arabische Herrschaft von Granada, den letzten Rest des alten Khalifats von Cordova. Als nächste politische Aufgabe mußte es erscheinen, diese Einzelstaaten zu einem großen Reiche zu verschmelzen, Granada zu erobern. Das letztere ist ziemlich rasch gelungen, das erste nur theilweise, obwol die Verschiedenheit zwischen Kastilien und Portugal kaum größer war als die zwischen Kastilien und Aragonien. Zu deren Verschmelzung aber hatte im Jahre 1469 die Vermählung Isabella's von Kastilien mit Ferdinand von Aragonien den Grund gelegt.

Isabella bestieg nach ihres Bruders Heinrich IV. Tode im Jahre 1479 unter dem Beistande ihres Gatten, Ferdinand des Katholischen von Aragonien, den kastilischen Thron, hatte denselben aber gegen einen neuen Prätendenten zu vertheidigen. König Alfons V. von Portugal nämlich verlobte sich (1475) mit Johanna Beltraneja, einer natürlichen Tochter König Heinrich's IV., deren Anrecht besser sein sollte, als das der Schwester Isabella, und gründete auf die zukünftige Ehe seinen Anspruch auf Kastilien, den er, unterstüßt von einer erheblichen Partei unter dem kastilischen Adel, mit bewaffneter Hand geltend machte. Allein er erlitt bei Toro (2. März 1476) durch Ferdinand eine so entschiedene Niederlage, daß er bald darauf (1479) Frieden schließen und sich seines Anspruchs auf Kastilien begeben mußte, worauf Johanna den Schleier nahm.

Als endlich am 20. Januar 1479 Ferdinand der Katholische den aragonischen Thron bestieg, wurde Kastilien mit Aragonien faktisch zu Einem Reiche vereint. Denn obwol

« ZurückWeiter »