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weder diesem noch jenem Theil, sondern allein seiner Wahrheit wolle beistehen, denn dieser Hader trifft an die Wort und Befehl unsers Herrn Jesu Chrifti von seinem Sacrament. Es gilt eben gleich, wer hier oben oder unten liegt; menschliche Ehre soll hier keinen Raum haben; Gott ehre allein seines lieben Sohnes Wort und Wahrheit. Amen. Spreche ein Vaterunser." Darauf fielen der Herzog und alle dabei Stehenden auf ihre Kniee und beteten. Es begann der Ritter Johann Ranzau mit der Frage an Melchior, der von seinen Anhängern Johann von Campen und Jacob Hegge aus Danzig bei sich hatte, warum er alle Prediger in seinen Büchern falsche Propheten gescholten habe? Hoffmann erwiederte: „darum weil sie Christum an sonderliche Orte und Stätte binden, denn wer da sagt, daß das Brodt Christus seh, der bindet ihn an ein sonderlich Ort u. s. w." Demnächst trat Hermann Taft auf und trug eine Auseinandersetzung der Lutherischen Lehre vom Sacrament vor, wehrte die Beschuldigungen ab, die Hoffmann wider die Prediger gemacht habe, und forderte ihn schließlich auf, irgend einen namhaft zu machen, der behauptet hätte, wie er geschrieben,,,wir rühmeten uns, daß wir Christum in ein Stück Brodtes zaubern könnten." Offenbar kämpfte Hoffmann gegen die römisch-katholische Verwandlungslehre; er maß dieselbe aber auch den Lutherischen bei, und wollte sich nicht bedeuten lassen, daß von ihnen die Abendmahlslehre anders gefaßt würde. Er blieb bei seiner Meinung von einer blos geistlichen Genießung und bediente sich heftiger Ausdrücke. Entweder, sagte er unter Anderm, müsse man eine blos geistliche Genießung annehmen, oder sonst müßte „Christus im Sacrament empfindlich mit Haut, Haar, Bein, von den Jüngern sehn gegessen und verzehrt worden“. Ferner ließ er sich dahin aus: „Wenn ich ein Geschmierter wäre und lateinisch könnte und nicht ein Körßner oder Pelzer, so würde ich wohl vor euch Larvengeistern Frieden haben“. Hermann Tast, der meistens das Wort führte, antwortete ihm sanftmüthig, jedoch nicht mit der genügenden dialektischen Schärfe. Es wurde viel hin und her disputirt, aber zu einer Verständigung war nicht zu kommen. Mitunter nahm Prinz Christian auch an der Disputation Theil. Als er fragte: „Melchior, wie stehet es mit dem Artikel von der Taufe? denn ihr sollt gelehrt haben, man könne wohl ohne Wasser taufen," wollte Hoffmann sich nicht darauf einlassen, und Bugenhagen bat den Herzog, davon abzustehen, da

ihn Niemand in diesem Artikel anklage. Bugenhagen wollte ihn überhaupt, wie es scheint, milder beurtheilt wissen, als einige der Anwesenden, die ein strenges Verfahren gegen ihn anriethen, „als der selbst so oft bei dem königlichen Gericht den Galgen, das Rad, das Feuer und Wasser, wo er in seiner Lehre unrecht erfunden würde, erwählt hätte“. Bugenhagen wollte selbst nicht bei der Publication des Urtheils zugegen sein, und fand sich nur auf Bitte des Herzogs dabei ein, um noch etwa Gelegenheit zu haben, die Frrenden zu gewinnen. Das Urtheil lautete, nachdem die Acten an den König, der sich auf Gottorf befand, eingesandt waren, auf Landesverweisung für Melchior Hoffmann und seine Anhänger, wenn sie nicht widerrufen wollten. Jacob Hegge hat nachher zu Hamburg gegen Bugenhagen, als dieser von der Kanzel zu S. Petri kam, öffentlichen Widerruf gethan. Daß auch Johann von Campen widerrufen habe, wie von Einigen behauptet ist, läßt sich nicht erweisen. Melchior Hoffmann selbst aber war am wenigsten zum Widerruf geneigt. Er gab zu Straßburg noch in demselben Jahre einen Bericht über das Colloquium in Druck. (5) Gleichfalls stellte Bugenhagen zu Wittenberg die Acten ans Licht. (®)

Die entschiedene Abweisung der durch Melchior Hoffmann erregten Spaltung war gewiß dem Fortgange des Reformationswerks in diesen Landen förderlich, und seiner Heftigkeit, die sowohl in Schriften als bei der Disputation selbst zu Tage trat, mochte er es beimessen, daß nicht gelinder mit ihm verfahren wurde. Er ist nachher völlig zu wiedertäuferischen und schwärmerischen Lehren in seiner Bahn fortgegangen. Schon Wilhelm Prawest erwähnt es in seinem Briefe 1528, er habe behauptet, das Ende der Welt werde nach fieben Jahren eintreten. Von Straßburg, wohin er sich zuerst begab, ging er noch 1529 nach Ostfriesland, wo er zu Emden eine Secte errichtete. Dann ging er wieder nach Straßburg 1532, wo er am elften Juni des folgenden Jahres eine Dis

(5) Hoffmanns Schrift ist betitelt: „Dialogus und gründliche Berichtung gehaltener Disputation im Lande zu Holstein unterm Könige von Dänemark vom hochwürdigen Sacrament oder Nachtmahl des Herrn in Gegenwerdigkeit Königl. Majestät Sohn, Herzog Kersten, samt Königl. Räthen, vieler vom Ädel und großer Versammlung der Priesterschaft.“

(6) Acta der Disputation zu Flensburg, die Sache des hochwürdigen Sacraments betreffend im Jahr 1529 des Donnerstags nach Quasimodogeniti geschehen. Wittenberg 1529. 4.

putation mit den Theologen hielt, in welcher er behauptete, die Kindertaufe sei vom Teufel; der Sohn Gottes habe keine menschliche Natur von Maria angenommen; er habe mir Eine Natur; die Seligkeit gründe sich auf den freien Willen des Menschen und dergl. m. Er gerieth darauf ins Gefängniß und ist in demselben gestorben 1543, nachdem die Haft in verschiedener Weise sehr verschärft worden war.(7) Die Anhänger Hoffmanns, die Melchioriten, verloren sich nachher unter andere Secten der Wiedertäufer. Sie Hatten übrigens immer größere Mäßigung gezeigt als die Wiedertäufer in Münster.

War somit nun freilich dem Eindringen wiedertäuferischer Meinungen durch Hoffmanns und seiner Anhänger Verbannung gleich beim Beginn der Reformation Einhalt geschehen, so haben dieselben dennoch später auf anderen Wegen wiederum sich Bahn gebrochen. Von den Mennoniten, in welchen geläutert sich das Wesen der Taufgesinnten darstellte, wird später die Rede sein, da ihnen hier zu Lande Religionsübung gestattet ward; es mag, was diesem Zeitraum angehört, hier bemerkt werden, daß der Stifter dieser Religionsgesellschaft, Menno Simonis, zulezt eine Ruhestätte auf dem Gute Fresenburg bei Oldesloe fand und dort 1561 verstarb, nachdem er viel hatte umherwandern müssen.(8) Der Besiker dieses Gutes gewährte einem Häuflein vertriebener Taufgesinnten dort einen Aufenthalt.

Eines andern merkwürdigen Mannes unter den Wiedertäufern muß auch noch hier gedacht werden, da er dieser Periode angehört, obgleich er nicht hier gelebt hat, aber weil sein Name in seinen Anhängern fortlebte, die einige Gegenden unsers Landes später in nicht geringe Bewegung versezt haben. Es ist David Joris oder David Georgii, geboren zu Delft in den Niederlanden 1501; es ist jedoch nicht unsere Absicht, auf seine Lebensgeschichte hier weiter einzugehen. Er hielt sich anfänglich zu Melchior Hoffmann, zerfiel aber nachher mit ihm, schrieb auch gegen das Unwesen und die Ausartung der Wiedertäufer in Münster. Es hat sich späterhin ergeben, daß er 1549 schon in Holstein, Eiderstedt und Dithmar

(7) Es ist jezt zu vgl.: Röhrig, Zur Gesch. der Straßburgischen Wiedertäufer u. f. w., in der Zeitschrift f. d. histor. Theol. 1860, Heft I. Die Darstellung stützt sich auf archivalische Nachrichten.

(8) Dänische Bibliothek St. IX, p. 322.

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schen Anhänger gehabt, an die er 1550, 4. Januar und wiederum 1552, 24. April besonders an seine Gemeinde in Eiderstedt und Holstein geschrieben hatte. Diese Leute aber verbreiteten ihre Lehren in der Stille, sonderten sich von der Landeskirche nicht ab, und blieben unbemerkt, bis nachher erst der Sturm wider sie ausbrach, wovon später ein Mehreres.

IV.

Vollführung des Reformationswerks unter Christian III.
Die Kirchenordnung.

König Friederich I. starb 1533 am Gründonnerstage den dritten April auf Gottorf. Schon am Stillfreitage ließ Herzog Christian die Landstände der Herzogthümer zu Pfingsten nach Kiel berufen wegen der Huldigung, die auch ihm und seinen unmündigen Brüdern geleistet wurde. Auf diesem Landtage wurden vielerlei Beschwerden vorgebracht von den Prälaten wegen des Verlustes an Einkünften, namentlich wegen vorenthaltener Zehnten, von der Ritterschaft und den Städten anderweitige Beschwerden wider die Geistlichkeit. Doch war der Adel unter sich getheilt. Einige verlangten, es sollte freigegeben werden aus den Klöstern zu gehen; Andere dahingegen, man sollte es beim Alten bleiben lassen. Die Pogwischen machten Ansprüche auf das Kloster Bordesholm, welches ihre Vorfahren gestiftet hätten, und dessen Verbitter sie waren. Der Abgeordnete des Lübecker Domcapitels auf diesem Landtage beklagt sich in seinem Bericht über die schmählichen und unziemlichen Reden Einiger von Adel, die er ungeschickt und evangelisch" nennt, wider die Prälaten und Aebte, und dieser Bericht läßt deutlich genug er= kennen, daß es, besonders in den Zusammenkünften nach Mittag, wo gut gegessen und getrunken war, nicht eben zum sanftesten herging.

Was übrigens auf diesem Landtage verabschiedet worden, ist hauptsächlich aus der Privilegienbestätigung der Landstände 1533

Trinitatis (1) wahrzunehmen. Darnach sollte der Glaube frei sein bis zur Volljährigkeit der Brüder des Herzogs, und dann von Prälaten, Räthen, Mannen und Städten mit Zuziehung der Geistlichkeit bestimmt werden, was für göttlich, ehrlich und christlich und zur Erhaltung gemeiner Eintracht anzunehmen sei. Sowohl die alte als die neue Lehre durfte gepredigt werden, aber die Prediger sollten sich des Scheltens enthalten. Die für die Bisthümer, Capitel, Klöster und geistlichen Stiftungen getroffenen Bestimmungen werden von uns nachher erwähnt werden.

Mit der Nachfolge im Königreich hatte es bekanntlich für Herzog Christian große Schwierigkeiten. Er ließ freilich für sich oder einen seiner Brüder beim Reichsrath um die Krone anhalten, aber man konnte sich nicht einigen, wen man erwählen solle. Der Grund lag aber vornehmlich in dem kirchlichen Zwiespalt. Die katholische Partei hatte auf dem Reichstage zu Kopenhagen 1530, wo eine Disputation zwischen den Päpstlichen und Lutherischen angeordnet war, eine empfindliche Niederlage erlitten. Hans Tausen, ein ehemaliger Mönch, berühmt als Dänischer Reformator, stand kräftig an der Spiße der Evangelischen, deren Zahl namentlich in den Städten beständig im Wachsen begriffen war; die nun auch in Dänemark bekannt gewordene Augsburgische Confession wirkte bedeutend; der König war 1531 dem Schmalkaldischen Bunde der Deutschen evangelischen Fürsten und Städte beigetreten, jedoch beschränkt auf Schleswig-Holstein. Dies Alles bestimmte die Bischöfe und die mit ihnen verbundenen Prälaten des Reichs, nun nach des Königs Ableben Alles daran zu setzen, um das Verlorene wieder zu gewinnen. Von Christian konnten sie für ihre Sache nichts Günstiges erwarten. Sie hatten unter Friederichs I. Söhnen ihr Augenmerk auf Johann gerichtet, der erst ein zwölfjähriger Knabe, und wie sie hofften, noch katholisch zu erziehen wäre. Von den weltlichen Reichsräthen waren die meisten für Christian gestimmt. Unter den Bürgern und Bauern aber hatte der gefangene Christian II. eine große Partei. Für ihn fochten die Lübecker; die sogenannte Grafenfehde brach aus. In dem Nothstande des Krieges berief der Adel in Jütland Herzog Christian zum König; die dortigen

(1) Christiani, Neuere Gesch. der Herzogth. unter den Oldenburgern, Bd. II. p. 61 ff. Lau, Reformationsgesch., S. 128.

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