Der Ursprung der Sprache

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M. Niemeyer, 1911 - 42 Seiten
 

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Häufige Begriffe und Wortgruppen

Beliebte Passagen

Seite 30 - Die Frage nach dem Ursprünge der Sprache kann nur auf Grundlage der Prinzipienlehre beantwortet werden. Andere Hilfsmittel zur Beantwortung gibt es nicht. Wir können nicht auf Grund der Überlieferung eine historische Schilderung von den Anfängen der Sprache entwerfen. Die Frage, die sich beantworten lässt, ist überhaupt nur: wie war die Entstehung der Sprache möglich. Diese Frage ist befriedigend gelöst, wenn es uns gelingt die Entstehung der Sprache lediglich aus der Wirksamkeit derjenigen...
Seite 30 - Diese Frage ist befriedigend gelost, wenn es uns gelingt die Entstehung der Sprache lediglich aus der Wirksamkeit derjenigen Faktoren abzuleiten, die wir auch jetzt noch bei der Weiterentwicklung der Sprache immerfort wirksam sehen.
Seite 30 - Das Wesen der Urschöpfung besteht, wie wir schon gesehen haben, darin, daß eine Lautgruppe in Beziehung zu einer Vorstellungsgruppe gesetzt wird, welche dann ihre Bedeutung ausmacht, und zwar ohne Vermittlung einer verwandten Vorstellungsgruppe, die schon mit der Lautgruppe verknüpft ist.
Seite 4 - Hör' ich noch länger, oder soll ich reden? Julia Dein Nam' ist nur mein Feind. Du bliebst du selbst, Und wärst du auch kein Montague. Was ist Denn Montague. Es ist nicht Hand, nicht Fuß, Nicht Arm noch Antlitz, noch ein andrer Teil Dem Menschen eigen. O, so heiße anders ! Was ist ein Name? Was uns Rose heißt, Wie es auch hieße, würde lieblich duften; So Romeo, wenn er auch anders hieße, Er würde doch den köstlichen Gehalt Bewahren, welcher sein ist ohne Titel.
Seite 18 - Man mufs die Sprachbildung überhaupt als eine Erzeugung ansehen, in welcher die innere Idee, um sich zu manifestiren, eine Schwierigkeit zu überwinden hat. Diese Schwierigkeit ist der Laut, und die Ueberwindung gelingt nicht immer in gleichem Grade.
Seite 17 - Gegenstände ; und wenn z. B. im Sanskrit der Elephant bald der zweimal Trinkende, bald der Zweizahnige, bald der mit einer Hand Versehene heifst, so sind dadurch, wenn auch immer derselbe Gegenstand gemeint ist, ebenso viele verschiedene Begriffe bezeichnet.
Seite 18 - Die unzertrennliche Verbindung des Gedanken, der Stimmwerkzeuge und des Gehörs zur Sprache liegt unabänderlich in der ursprünglichen, nicht weiter zu erklärenden Einrichtung der menschlichen Natur.
Seite 30 - ... in der Regel nichts in der Sprache usuell werden kann, was nicht spontan von verschiedenen Individuen geschaffen wird. Auch gehört dazu, dass es von dem gleichen Individuum zu verschiedenen Zeiten spontan, ohne Mitwirkung des Gedächtnisses geschaffen werden kann. Wenn aber der gleiche Lautkomplex sich zu verschiedenen Malen und bei verschiedenen Individuen an die gleiche Bedeutung anschliesst, so muss dieser Anschluss überall durch eine gleichmässige Ursache...
Seite 14 - Thiere stoßen zwar auch in Folge eines Anblicks Laute aus, aber es ist niemals der Gesichtseindruck als solcher, der in diesem Falle den Grund des Lautes abgibt, sondern immer ein durch diesen Eindruck veranlaßtes anderes, seelisches Gefühl, wie das der Furcht oder Begierde.
Seite 19 - ... in sich trägt. Wir haben auch nicht einmal die entfernteste Ahndung eines andren als eines individuellen Bewufstseins. Aber jenes Streben und der durch den Begriff der Menschheit selbst in uns gelegte Keim unauslöschlicher Sehnsucht lassen die Ueberzeugung nicht untergehen, dafs die geschiedene Individualität überhaupt nur eine Erscheinung bedingten Daseins geistiger Wesen ist.

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