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vier kleine Kreise), ist katholischer Confeffion (hinter dem Namen d'Angeha steht ein Kolon), leichtsinnig (unter dem Namen steht eine geschlängelte Linie), einsichtsvoll (unter dem Zeichen des Leichtfinns steht das der Einsicht), ehrliebend (über dem Zeichen des Leichtsinns stehen zwei Striche,,), verliebt (unter dem Zeichen der Einsicht steht ein Punkt), kennt Mathematik, Staatskunde und Sprachen, besonders Mathematik (denn in der Zahl 657 steht die 6 voran) und hat gründliche Bildung (unter der Zahl 657 steht das Zeichen der Einsicht).

Ein zweites Beispiel ist folgendes:

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Die Farbe des Papiers ist hier gelb. Esquire de Gray ist danach ein Engländer, 35 Jahr alt (die Einfassung ist oval), groß von Statur (die Einfassungslinien stehen weit auseinander), schön gewachsen (die Einfassungslinien find wellenförmig), schön von Gesicht, aber ernsthaft (oben in der Einfassung ist eine Tulpe), verheirathet (die Einfassung ist mit einem Bande umwunden), sehr

reich (um das Oval stehen zwölf Knöpfe), trägt eine Perrüke (hinter der Tulpe ist eine Muschel), reist als Gelehrter, um seine Kenntnisse zu erweitern (oben seitlich von der Tulpe, dem Gesichtszeichen, sind zwei Ovale), ist evangelischer Confession (hinter dem Namen steht ein Semikolon), besigt viele Kenntnisse (unter dem Namen steht das Zeichen der Einsicht), ist redlich (über dem Zeichen der Einsicht stehen zwei Striche,,), verschwiegen (das Zeichen der Einsicht ist zu beiden Seiten mit zwei Strichen versehen), liebt das Spiel (über dem Zeichen der Einsicht steht neben den Strichen noch ein Punkt), versteht sich auf Jurisprudenz und Staatswissenschaft (die Karte hat oben links die Zahl 25, und zwar sind die Kenntnisse in der Rechtswissenschaft größer als in der Staatskunde, weil die 2 voransteht), und hat gründliche Bildung (das Zeichen der Einsicht ist unter die Zahl 25 gefeßt).

Noch bestimmter als die auf so schmähliche Weise verrathenen Personen charakterisirte aber die französische Polizei sich selbst mit dieser raffinirten Gaunerschrift, indem sie sich damit als Typus hinterlistigen Verraths hinstellte. In jener Zeit der französischen Revolution, wo in brutaler Gottesvergessenheit alles geheiligte Recht, aller Glaube, alle Sitte mit Füßen getreten ward, kann es nicht befremden, daß selbst den bekanntesten und unverdächtigsten Personen solche Karten als sogenannte Sicherheitskarten“ auf gedrungen wurden, damit die geheime Aechtung zu jeder Zeit an ⚫ dem bereits schon verrathenen Opfer unter der Guillotine vollzogen werden konnte.

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Wenn aber auf demselben sittenverwüsteten Boden, an dessen Horizontlinie jezt die „Civilisation" und Nationalität“ wie eine Fata Morgana in trügerischer verkehrter Spiegelung am Wüstenrande erscheint, das neue Kaiserreich den alten Verrath auch für seine Polizei nüzlich und gut fand, so werden die ebenso ungeheuern wie räthselhaften Erfolge der kaiserlich französischen Polizei auf deutschem Boden einigermaßen erklärlich und in der deutschen Brust das Bewußtsein alles dessen lebendig angefacht, was deutscher Ernst, deutsche Ehre, deutsche Zucht und Sitte heißt. Von der Propaganda des scheußlichen geheimen Verraths mögen

Klüber's Worte, a. a. D., S. 293, Zeugniß geben. „Noch jezt“, sagt Klüber,,,pflegt zu Paris der Minister der auswärtigen Angelegenheiten manchem Fremden eine Art von Sicherheits- und Empfehlungskarten zu geben. Ich will eine derselben von dem Jahre 1806 hier beschreiben, ohne daß ich jedoch die darin muthmaßlich enthaltene Geheimschrift zu erklären vermag. Es ist ein Achteck von starker, aber dünner Pappe, überall mit feinem, gut aufgeleimtem Papier überzogen, ungefähr in der Größe einer großen Taschenuhr. Auf beiden Seiten läuft auf dem äußersten Rande zuerst eine schwarze Linie herum, an dem einen Orte stärker, an dem andern schwächer; auf diese Linie folgt eine rothgelbe Einfassung, einen starken Messerrücken breit; diese wird sodann abermals begrenzt durch schwarze Linien, die bald einfach, bald doppelt, bald dicker, bald dünner sind. Auf der Hauptseite steht auf weißem Papier in Kupfer gestochen, der französische Reichsadler, auf einem gewundenen Stabe, unter der schwebenden Reichskrone, zwischen zwei Lorberzweigen, die unten sich kreuzen, und mit einem Bande zusammengebunden sind. Zu beiden Seiten der Krone steht cirkelförmig: «Empire français». Die Kehrseite ist in der Mitte, von oben herab, durch zwei Farben getheilt; die linke (heraldisch die rechte) Hälfte ist weiß, die rechte hellgrün. Oben steht, in Kupfer gestochen, in einem Halbzirfel: «Respect au droit des gens». In diesem Halbzirkel steht, in drei geraden Linien, geschrieben (als wäre es in Kupfer gestochen) der Name und Charakter des Eigenthümers der Karte. Dann ein Querstrich, und unter diesem, in Kupfer gestochen, die Worte: «Le Ministre des Relations Extérres». Unter diesen, eigenhändig, die Signatur: «Ch. Man. Talleyrand». Hierunter, in Kupfer gestochen, in zwei Zeilen: «Par le Ministre. Le Chef de la div.on des Rel.ons Comm.les. Und darunter eigenhändig die Signatur: «D'Harmond».“

Welch' eine Beglaubigung in dem Namen Talleyrand!

Fünftes Kapitel.

b) Die chiffrirte Polizeischrift.

Die Verschiedenartigkeit der zu bezeichnenden Personen und Verhältnisse machte die Anwendung gedruckter oder in Kupfer gestochener Kartenblankets umständlich und schwierig, wenn auch solche in allgemeinen Umrissen möglich waren. Der schwierigste Uebelstand war, daß für jeden Agenten ein eigener Zeichner nothwendig und somit die Wissenschaft Dritter unvermeidlich wurde. Vergennes nahm daher seine Zuflucht zu einer andern unverdächtigern Methode, bei welcher alles Decorative beseitigt und das Nöthige blos durch Chiffern ausgedrückt wurde, wodurch die Schrift viel unverfänglicher erschien, ohne auch nur ein Minimum von dem dadurch bezweckten Verrathe einzubüßen. Die Methode war einfach folgende:

Die Statur wird durch ein N ausgedrückt, welches wie die Abbreviatur von Numero oben in die linke Ecke des Billets ge= sezt wird. Ein großes N bedeutet groß, ein kleineres N mittelgroß, n klein, und n drückt die Unbekanntschaft mit der Größe der Person aus.

Ist der Inhaber der Karte verheirathet, so werden durch das N zwei horizontale Striche gezogen. Bei Unverheiratheten. bleiben die Striche weg.

Weiß man nicht, ob der Inhaber verheirathet ist, so wird hinter das N ein o gefeßt, also No. Die Vermuthung der Verheirathung wird gleichfalls durch No. ausgedrückt, bei welchem jedoch das N mit zwei horizontalen Strichen durchzogen ist.

Das Tragen einer Perrüke wird durch das Zeichen unter dem N angezeigt. Das eigene Haar wird durch das Zeichen unter dem N angedeutet. Steht das N ohne eins dieser beiden Zeichen, so weiß der Aussteller nichts Bestimmtes über das Haar zu sagen.

Die Landsmannschaft wird durch Zahlen 1 bis 40 nach der im vorigen Kapitel aufgeführten Ordnung bezeichnet. Von 10

an werden die Zahlen dicht aneinander gefeßt, sodaß kein Zweifel über ihre Zusammengehörigkeit entstehen darf.

Das Alter wird durch die nachfolgenden Zahlen ausgedrückt:

1 bedeutet bis 25 Jahre; 2 bis 30 Jahre; 3 bis 35 Jahre; 4 bis 40 Jahre; 5 bis 45 Jahre; 6 bis 50 Jahre; 7 bis 55 Jahre; 8 bis 60 Jahre; 9 bis über 60 Jahre.

Die innern und äußern Eigenschaften werden durch einen Rechnungsbruch ausgedrückt. Der Bruch sowol im Zähler wie im Nenner hat stets vier Zahlenstellen.

Durch den Zähler werden die innern, durch den Nenner die äußern Eigenschaften ausgedrückt.

a) Zähler.

Die erste Zahl (auf der Stelle der Tausende) bezeichnet die Geisteskraft, und zwar:

5 oder 9 viel Einsicht,

2 oder 6 wenig Einsicht,

3 oder 7 dumm,

4 oder 8 närrisch,

1 bedeutet unbekannt.

Die zweite Zahl (auf der Stelle der Hunderte) bezeichnet die Sinnesart:

1 oder 3 oder 5 oder 7 oder 9 bedeutet leichtfertig,

2 oder 4 oder 6 oder 8 bedeutet gefeßt,

O bedeutet unbekannt.

Die dritte Zahl (auf der Stelle der Zehner) bezeichnet die Hauptleidenschaft, und zwar:

4 oder 7. oder 5 verliebt,

3 oder 8 oder 1 trunksüchtig,

2 oder 6 oder 9 dem Spiel ergeben,

O unbekannt.

Die vierte Zahl (auf der Stelle der Einer) bezeichnet die Vermögensverhältnisse, und zwar:

1 oder 3 oder 6 reich,

4 oder 7 oder 5 nicht arm,

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