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Baden, badisch, husisch.

Würtembergisch, joklisch.
Baierisch, bavarisch.

Schweiz, Bum.
Desterreichisch, käferisch.
Französisch, Haasib.

Zum Schluß einige kurze Hindeutungen auf die starke mundartige Verfärbung. Auswechseln: Schiferen für Chilfenen Bauernleben: Ruechengois aus Ruach und Chai; deuten: Zingiren für zinkenen; Geld: Labe für zig. Lowe; Geschüß: Buska für zig. Buschka; Klassa, jüdischdeutsch für Klesema; gestorben: Bägeret für gepegert; Heirath, Hochzeit: Kränerei, Gränerei, vom jüdischdeutschen keren; Straße: Teratt, für das gewöhnliche Terich, terra; Tuch: Dame, Bokdame, vom zig. pochtam; Uhr: Schi, Stunde: Schöde, beides jüdischdeutsch von Schoo. Nachtschwärmer (Nachtdieb): Beilygänger für jüdischdeutsch Belaile-Gänger; Mondschein: Lafoneblick für Lewoneblick; Here: Fingelschize für Finkelschikze; Kaffee: Schucha majum für Schocher-Majim; Kupfer: Bodill, Burtill, für jüdischdeutsch Bedil, eigentlich Zinn; auf, offen: Hosper vom latein. apertus; aufmachen: hospern. Auch viele Composita, namentlich längere, welche die Gaunersprache sonst gern zurückweist, sind neu, z. B. Diebshandwerk: Kanofferschinagglerei, von ganaw und schin und agole. Soldat: Susballamachonum, eigentlich berittener Soldat, von sus, Pferd, und bal milchomo, Kriegsmann; Laus: Walder, vereinfacht aus dem alten Hans Walter. Gute Nacht: Doferatte, vom jüdischdeutschen tob, gut, und zig. ratt, Nacht. Stillstehen: Beduchthauren, vom jüdischdeutschen betuach, mit Bedacht, und hauern, hocken, kauern; Schildwache: Haurigerlauninger, von hauren und Löhniger (Söldner). Schlosser: Dalmereislamminger, von Dalme, Schloß, und Flamme. Kaffee: Brauhaus, wahrscheinlich verdruckt für Braunhans, brauner Hans. Die einfachen volksthümlichen Ausdrücke mit zum Theil verschobener oder bildlicher Bedeutung sind leicht zu verstehen, z. B. gehen: posten; naschen (zigeunerisch nahschaf); scheften (im Niederdeutschen ist daraus schechen gemacht); holchen, pfichen, lezteres von pfuzen, pfuchezen, pfugezen, pfuckezen

u. s. w. von dem Keuchen wohlbeleibter Personen nach der Anstrengung des Gehens oder sonstiger Aufregung; ähnlich ist im Niederdeutschen wanken (als Folge angestrengten Gehens) für gehen, wie der Dörfler sagt: „Ick müt hüt na Lübeck wanken". Schmeller, a. a. D., I, 307, leitet es vom naturnachahmenden Laut pfuh! pfuch! ab. Heulen: Flößeln, von Floß, Wasser, fließen, und Danauseren vom jüdischdeutschen Dama (247), weinen, und Dimo, Thräne, und Osenen, thun, machen u. s. w.

Fünfunddreißigstes Kapitel.

cc) Die Kocheme Waldiwerei von Bischoff.

Nach Falkenberg, gleichzeitig mit Grolman, gab der großherzoglich sächsische Criminalgerichtsassessor Dr. Bischoff in Weida ein Wörterbuch heraus, welchem er den apokryphen Namen: „Die Kocheme Waldiwerei in der Reußischen Märtine“ gab. 1) Ueber die befremdliche Etymologie des Titels ist schon Th. III, S. 33, gesprochen worden. In der Literatur konnten die ersten Abschnitte nicht berücksichtigt werden, da Bischoff darin sehr flache und falsche Dinge zum Vorschein bringt und namentlich in der bis zur Leichtfertigkeit seichten und flüchtigen Classification der Gauner und der Gaunerkunst im hohen Grade Tadel verdient. Das Beste ist noch) der dritte Abschnitt, S. 19-23, der Nachweis einer Anzahl von Chessenpennen, welcher jedoch nur ein vorübergehendes und örtliches Interesse hatte. Die drei ersten Abschnitte erscheinen ganz wie eine dürftige prologisirende Rechtfertigung des nachfolgenden Wörterbuchs, welches jedoch nur als bloße Vocabulatur gelten

1) Der vollständige Titel ist:,,Die Kocheme Waldiwerei in der Reußischen Märtine, oder die Gauner und Gaunerarten im Neußischen Voigtlande und der Umgegend, ihre Tactik, ihre Aufenthaltsorte und ihre Sprache“ u. s. w. (Neustadt 1822).

fann und vom Verfasser selbst am Schluß der Vorrede mit Recht ,,eine flüchtige Arbeit" genannt wird. Wenn nach Bischoff's eigener Darstellung das Criminalgericht zu Weida von 1818 bis 1820 das Gaunerthum,,in der Reußischen Märtine" nur vermuthen, nicht aber entdecken konnte, so erscheint es kaum begreiflich, wie das Gaunerthum nach zwei Jahren plöglich im Christs - Töffel incarnirt vor Bischoff's Augen trat und sich in Wesen, Kunst und Sprache so mächtig darstellte, daß innerhalb zwei Jahren nicht weniger als 76 Actenbände, ohne die Acten auswärtiger Behörden zu rechnen, vollgeschrieben und dazu noch von Bischoff literarische Arbeiten, wie die Kocheme Waldiwerei" unternommen werden konnten.

In der That sieht aus jedem Theile des Wörterbuchs sehr große Flüchtigkeit hervor. Die logische Erklärung ist fast durchgehends bis zur Incorrectheit locker, einseitig und unsicher. Ein hauptsächlicher Grund davon liegt aber in der flachen Anlage des Wörterbuchs, indem Bischoff eine alphabetisch geordnete deutsche Vocabulatur in die Gaunersprache übersezte. Das ist allerdings ein leichtes Abkommen. Aber darum ward dem Wörterbuch Klarheit, Bestimmtheit und dem einzelnen Gaunerwort die prägnante Fülle der logischen Bedeutung entzogen, und somit kann auch von einem ausreichenden logischen Verständniß nicht die Rede sein. Man nehme nur z. B. eine der einfachsten Gaunervocabeln, Tuft, das jüdischdeutsche , tob, tow. Mit diesem Worte bezeichnet Bischoff folgende Begriffe: echt, Chef, ehrbar, ehrlich), einig, Führer, geschickt, gesund, Glück, klug, wachsam u. s. w. Ebenso schofel: geizig, übel, liederlich, elend, falsch, mager, einfältig u. s. w., wobei noch eine Menge steifer gemachter falscher Compositionen vorkommen, mit denen der Gauner sich auch schwerlich befassen mag, z. B.: tufte Schickfe, Jungfer; tufter Scheegs, Junggesell; tufter Kies, Juwel; tufter Dowrich, Kanaster; tufter Staubert, Weizenmehl; Tuftmäro, Weißbrod; tufter Kolatschen, Weizenkuchen; schofeler Kapper, Zänker; Schofel-paternellen, Eidbruch; schofele Stämmerlinge haben, lahm gehen; Schofel Kiebes, Platte; Schofelvennerich,

Quark u. s. w. Gleich hastig und einseitig sind auch viele einzelne Begriffe aufgefaßt, z. B.: Gallach, Beichtvater; heimthun, köpfen; grandiger schenegeln, vergrößern; Schem vom Ulmscher, Zuname; Schofelstenz, Knotenstock u. s. w. Auch ganz falsche Auffassungen entstehen durch seine Flüchtigkeit, z. B.: Flößlings-Finchen, Fischangel; Kies-Klamine, Gewölbe; More, Zulauf; ich kaschpere ihn, daß er einmuhrt, ich rede ihm zu, daß er gesteht; wir bestieben Schimmel, es wintert zu. Sehr befremdend ist die haltlose Erklärung von Aufenthalt, Benne, nämlich: 1) kocheme Benne, wenn der Hausbesizer weiß, daß der, welcher sich bei ihm aufhält, ein Gauner sey, und 2) wittische Benne, wenn der Hausbesizer nicht weiß, wer sich eigentlich bei ihm aufhält“.

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Thiele, Jüdische Gauner", S. 205, macht nun freilich dem Criminalassessor Bischoff das als billiger Gemeinplaß überall anzubringende lare Compliment,,,daß er den Gegenstand mit Aufmerksamkeit und Liebe studirt habe". Aber gerade von Studium ist bei Bischoff überall so wenig die Rede, wie bei Thiele. Wie dieser manche Ausdrücke von Gottfried Selig geradezu verpfuscht, so corrumpirt auch Bischoff manche Ausdrücke, die er von Pfister abgeschrieben hat. So macht Bischoff den unverzeihlichen Fehler, daß er S. 34 den Schottenfeller, den Pfister zutreffender mit Marktdieb gibt, synonym mit dem Kiesler, Beutelschneider, Taschendieb, zusammenstellt. Ueberhaupt läuft die ganze Zusammenstellung mit den Vocabeln von Pfister, die auch keineswegs vollständig ist, auf eine kahle Zusammenschreiberei hinaus, welche äußerst hastig, dürftig und ein offenbarer Nothgriff ist, um die vorhandenen eigenen Deficite zu decken. Von einer correcten kritischen Synonymik kann keine Rede sein. Darin hat Thiele vollkommen recht, daß er bei der großen und argen Flüchtigkeit Bischoff's findet, wie sich oft sehr wesentliche Abweichungen zwischen Bischoff und Pfister vor Augen legen". Vom Geist und Wesen der Gaunersprache hat Bischoff keine Idee. Welcher Gauner würde es verstehen, wenn man mit Bischoff (S. 45) zu ihm sagte:,, Muhr ächtig, sonst steck ich dem Schoder 'n Zinken, da

mit er den Kawehr, der hier in Dobes schemt, zopfe; der wird dir es gleich unter die Scheinlinge waldiwern"! 1)

Trotz aller gerügten schlimmen Fehler Bischoff's darf man aber auch nicht übersehen, daß er allerdings eine nicht geringe Zahl origineller und direct aus Gaunermunde geschöpfter Vocabeln gibt. In überaus bunter Fülle und Verschiedenartigkeit macht sich dazu die mundartige Modulation und, besonders vorherrschend, die niederdeutsche Mundart darin geltend, z. B.: buckeln, tragen; biwers, kalt; Schniedling, Säge, Schere, Sense, Sichel; müffen, stinken; smogen, rauchen; weghotteln, weggehen. Diese niederdeutsche Färbung verdunkelt sogar das in dieser Hinsicht wenig fügsame Judendeutsch noch weit mehr, als das bei Falkenberg der Fall ist, z. B.: beducht holchen (betuach halchenen), befchleichen; beekers (peger), krank; blöde scheffen (pleite), verschwinden; Seggel (Sechel), Verstand; Schieferer (Chilfer), Wechsler u. s. w. Wegen dieser Originalität verdient die „Kocheme Waldiwerei" Aufmerksamkeit, obschon sie immer nur mit großer Vorsicht und mit besonnener Kritik zu benußen ist. 2)

Sechsunddreißightes Kapitel.

dd) Das Wörterbuch von F. L. A. von Grolman.

Sechs Jahre später als Falkenberg und gleichzeitig mit Bischoff trat Grolman mit seinem Wörterbuch der in Teutschland üblichen

1) Bischoff überseßt dies so:,,Gestehe aufrichtig, sonst schelle ich dem Diener, damit er deinen Kameraden, welcher hier sißt, herbeihole; der wird dir es ins Gesicht sagen“.

2) Später hat Bischoff noch ein Wörterbuch unter dem Titel herausgegeben: Ergebnisse einer von dem Großherzoglich Sächsischen Criminalgerichte in Eisenach geführten Untersuchung hinsichtlich des Gaunerwesens in den Großherzoglichen Amtsbezirken Eisenach, Kreuzburg, Gerstungen, Vacha und Tiefenort“ (Eisenach 1830). Dies Wörterbuch (S. 41–156) scheint reichhaltiger zu sein. Das als Doppellerikon bearbeitete Wörterbuch ist mir nicht zugänglich

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